Landgericht Karlsruhe 1 Informationen zum Güterichterverfahren Informationen zum Güterichterverfahren 1. Gesetzliche Grundlage 278 Abs. 5 ZPO sieht in der seit 26.07.2012 geltenden Fassung vor, dass das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor den Güterichter verweisen kann. Auf dieser Grundlage besteht auch beim Landgericht Karlsruhe für die Parteien die Möglichkeit, ein Güteverfahren vor dem durch die Geschäftsverteilung des Landgerichts bestimmten Güterichter durchzuführen. 2. Was bedeutet Mediation vor dem Güterichter? Nach dem Gesetzeswortlaut kann der Güterichter bei der Güteverhandlung alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. Mediation als eine von mehreren Formen der Konfliktbewältigung und -lösung ist wegen ihrer Erfolge in vielen unterschiedlichen Bereichen zwischenmenschlicher Streitfälle anerkannt. Ihre Akzeptanz beruht darauf, dass sie zu Lösungen führt, die das Ergebnis autonomer Entscheidungen der Streitenden selbst sind und sich deshalb in besonderem Maße als befriedend und nachhaltig erweisen. Zum Verständnis dieser Konfliktlösungsmethode - insbesondere in Abgrenzung zum Streitverfahren und zum richterlichen Vergleichsgespräch - lassen sich folgende Grundprinzipien nennen: a. Erfolgreiche Mediation setzt regelmäßig voraus, dass sich die streitenden Beteiligten einschließlich ihrer Verfahrensbevollmächtigten diesem Verfahren freiwillig, also ohne jeglichen Zwang und mit positiver Erwartungshaltung stellen. Die Bereitschaft zu einem Mediationsverfahren hat keinen Einfluss auf den Fort- bzw. Ausgang des gerichtlichen Streitverfahrens, falls es nicht zu einer gütlichen Einigung kommt.
Landgericht Karlsruhe 2 Informationen zum Güterichterverfahren b. Eine Mediationsverhandlung vor dem Güterichter ist vertraulich sowie nicht öffentlich. Auch wird ein Protokoll nur auf übereinstimmenden Antrag aller Beteiligten aufgenommen ( 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Dem Güterichter steht ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu. Die Vertraulichkeit und die Nichtverwertung der in der Güterichterverhandlung getätigten Äußerungen im streitigen Verfahren kann zudem zum Gegenstand einer ausdrücklichen Vereinbarung der Beteiligten gemacht werden. c. Der Mediator ist nicht am streitigen Verfahren beteiligt. Führt der Güterichter des Landgerichts eine Mediation durch, so ist von Gesetzes wegen ( 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO) sichergestellt, dass dieser Richter nicht der entscheidungsbefugte Richter ist. d. Die Mediation beim Güterichter bezweckt, den Beteiligten eine Wiederaufnahme ihrer - durch die Konflikteskalation unterbrochenen - Kommunikation zu ermöglichen. Anders als das streitige Verfahren orientiert sich Mediation weniger an den Rechtspositionen, sondern an den Interessen der Beteiligten. Gleichwohl ist es Aufgabe des Güterichters, bei der Durchführung der Mediation für einen rechtsstaatlichen und fairen Ablauf zu sorgen. Wichtig ist auch, dass eine gütliche Einigung eine rechtsbeständige Fassung in Form eines gerichtlichen Vergleichs erhält. Sind diese Ziele - warum auch immer - gefährdet, bricht der Güterichter die Güteverhandlung ab. e. Empfehlenswert ist, dass auch im Güteverfahren die Parteien von ihren Anwälten begleitet werden. Da die Beteiligten allerdings eine eigenverantwortliche Lösung erarbeiten sollen, verschiebt sich die Rolle des Anwalts hin zu einem unterstützenden Berater.
Landgericht Karlsruhe 3 Informationen zum Güterichterverfahren 3. Wann empfiehlt sich ein Güteverfahren? Grundsätzlich sind alle Streitigkeiten für eine Mediation beim Güterichter geeignet, in denen die Beteiligten eine Einigung suchen. Denn so vielfältig die Gründe für zwischenmenschliche Konflikte sein können, sind es auch die Strategien zu deren Lösung. Allerdings gibt es einige Typen von Konflikten, die sich für einen Güteversuch vor dem Güterichter besonders gut eignen. Daher sollte ein Güteversuch erwogen werden, wenn eines oder mehrere der folgenden Kriterien vorliegen: komplexer Streit (weniger in rein rechtlicher Hinsicht als im Hinblick auf den Konflikt an sich) Vielzahl von Beteiligten oder mittelbar beteiligte bzw. dahinterstehende Dritte, die in den Rechtsstreit nicht formell einbezogen werden können oder sollen die Beteiligten streiten noch in anderen Verfahren, ggf. bereits vor Gericht, und eine Gesamtbereinigung kommt in Betracht der Konflikt geht weniger (bzw. nur vordergründig) um Geld als um persönliche/emotionale Betroffenheit die Parteien stehen in einem engen persönlichen/verwandtschaftlichen Verhältnis die Parteien bleiben unabhängig von diesem Rechtsstreit aneinander gebunden, z.b. im Rahmen von Geschäftsbeziehungen, Nachbarschafts- oder Dauerschuldverhältnissen oder bei Verwandtschaft (s.o.) es besteht ein Interesse an Geheimhaltung des Rechtsstreits oder seines Ergebnisses der Rechtsstreit kann voraussichtlich ohne aufwändige Beweisaufnahme nicht entschieden werden und verursacht bei streitiger Durchführung erheblichen Aufwand und Kosten
Landgericht Karlsruhe 4 Informationen zum Güterichterverfahren 4. Ablauf des Verfahrens Für das Verfahren gilt folgendes: a. Das Verfahren vor dem Güterichter setzt eine Verweisung durch die zuständige Einzelrichterin, den zuständigen Einzelrichter oder die Zivilkammer voraus ( 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Nach den bisherigen Erfahrungen mit gerichtlicher Mediation und nach der Begründung des Gesetzgebers (BT-Drs. 17/8058, S. 21) sollte eine Verhandlung vor dem Güterichter nur mit Einverständnis der Beteiligten durchgeführt werden. Dieses Einverständnis können die Parteien aus eigenem Antrieb dem Gericht mitteilen, oder es wird teilweise von den zuständigen Zivilkammern abgefragt. b. Das Güterichterverfahren wird grundsätzlich nur dann durchgeführt, wenn über Gesuche der Beteiligten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits entschieden ist. In Ausnahmefällen kann nach Absprache mit den Verfahrensbevollmächtigten die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch für die Dauer des Güterichterverfahrens zurückgestellt werden. c. Soll ein Güteverfahren durchgeführt werden, fasst die zuständige Einzelrichterin, der zuständige Einzelrichter oder die zuständige Zivilkammer einen Beschluss über die Verweisung des Verfahrens an den Güterichter gemäß 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO. Daneben kann auch das Ruhen des Verfahrens ( 251 ZPO) angeordnet werden, um den Fristenlauf zu beeinflussen. Der Lauf der in 233 ZPO genannten Fristen wird davon allerdings nicht berührt. d. Nach Verweisung der Sache an den Güterichter wird für das Güteverfahren ein AR- Aktenzeichen vergeben und ein Sonderheft angelegt. Dieses wird auch dann nicht zu den Verfahrensakten genommen, wenn eine gütliche Einigung scheitert.
Landgericht Karlsruhe 5 Informationen zum Güterichterverfahren e. Der Güterichter bestimmt nach Absprache mit allen Beteiligten einen möglichst kurzfristigen Termin für die Güteverhandlung und führt die Verhandlung durch. Die Verfügung über die Terminbestimmung und - soweit dies gewünscht ist - ein etwaiges Protokoll über den Inhalt der Güterichterverhandlung werden Bestandteil der AR-Akte. Etwaige weitere für die Vorbereitung der Güteverhandlung oder in deren Verlauf erstellte oder von den Beteiligten eingereichte Unterlagen werden ebenfalls zur AR-Akte genommen. f. Der weitere Verfahrensgang hängt vom Erfolg des Güterichterverfahrens ab: Wenn die Verhandlung erfolgreich ist und zu einem ausformulierten Vergleichstext führt, kann der Güterichter diesen als gerichtlichen Vergleich protokollieren ( 160 Abs. 3 Nr. 1, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Verfahrensakte ist sodann der zuständigen Kammer oder dem Einzelrichter zur Abschlussverfügung (Streitwertfestsetzung, Kosten usw.) zurückzugeben. Streitwertvorstellungen der Beteiligten sollten bereits in der Güterichtersitzung genannt und dem für die streitige Entscheidung zuständigen Spruchkörper mitgeteilt werden. Wünschen die Beteiligten bei inhaltlicher Einigung, also erfolgreichem Verlauf der Güterichtersitzung, eine andersartige Erledigung (z.b. Klagerücknahme, beiderseitige Erledigungserklärung, Anerkenntnis, Verzicht u.ä., oder auch die Protokollierung eines Vergleichs vor dem für die streitige Entscheidung zuständigen Spruchkörper oder die Feststellung eines Vergleichs durch diesen gemäß 278 Abs. 6 ZPO), so wird dem Rechnung getragen. Ebenso kann der Güterichter die Verhandlung auf Wunsch der Beteiligten in einem weiteren Termin fortsetzen. Erklärungen zum Verfahren können in das einvernehmlich errichtete Protokoll aufgenommen werden. Führt der Güterichtertermin zu keinem Ergebnis, so ist - sofern die Beteiligten nichts anderes wünschen - über den Ablauf und den Inhalt der Verhandlung
Landgericht Karlsruhe 6 Informationen zum Güterichterverfahren nichts zu dokumentieren, auch nicht in der AR-Akte. Nur die Durchführung des Termins (Beginn und Ende, erschienene Personen) und ggf. ergänzende Abreden über die Vertraulichkeit sind in der AR-Akte zu vermerken, falls die Parteien dies wünschen. Der Güterichter wird dann die Verfahrensakte an die für die Entscheidung zuständige Kammer zur Fortsetzung des Streitverfahrens zurückgeben. 5. Kosten Es fallen keine gesonderten Gerichtskosten an, das Güterichterverfahren ist mit den für das Streitverfahren anfallenden, vorzuschießenden Gerichtskosten abgegolten. Schließen die Parteien einen Vergleich, vermindern sich die Gerichtsgebühren (Nr. 1211 Nr. 3 bzw. 1222 Nr. 3 KV GKG). Auch zusätzliche Anwaltskosten entstehen den Parteien - vorbehaltlich anderslautender Vereinbarungen mit ihren Prozessbevollmächtigten - aus dem vorgeschalteten Güterichterverfahren nicht. Das Verfahren vor dem Güterichter ist für den Anwalt keine besondere Angelegenheit i.s.v. 17 Nr. 7 a, d RVG. Die Gebühr nach Nr. 2303 Nr. 1, 4 VV RVG entsteht nicht. Bei Abschluss eines Vergleichs fällt - wie im streitigen Verfahren - eine Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG an. Hinweis: Diese Informationen zum Güterichterverfahren stellen keine Rechtsberatung dar. Wenden Sie sich bei Fragen bitte an Ihre Rechtsanwältin bzw. Ihren Rechtsanwalt.