Newsletter Immobilien-, Miet- und Wohnungseigentumsrecht 02. Februar 2009 Liebe Leserin, lieber Leser, herzlich Willkommen zu unserem heutigen Newsletter für Immobilien-, Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Mietrecht: BGH erlaubt Abrisskündigung Mietrecht: Anfechtung des Mietvertrags auch nach dessen Vollzug WEG-Recht: Demnächst -Zustellung und Rettung der Beschlussanfechtungsfrist WEG-Recht: Das Problem mit der Eigentümerliste Immobilienrecht: Unverschuldeter Überbau und Baukunst Immobilienrecht: Die Sache mit der Garantiemiete Immobilienrecht: Hausverkauf per Quiz und Los Mietrecht: BGH erlaubt Abrisskündigung BGH, Urteile vom 28.1.2009, VIII ZR 7/08, VIII ZR 8/08, VIII ZR 9/08 Die Mieter haben Wohnungen in exklusiver Lage gemietet. 2005 hat der jetzige Vermieter das Gebäude (Baujahr 1914 und stark sanierungsbedürftig) erworben. Er will es abreißen und ein größeres Gebäude mit sechs Eigentumswohnungen errichten und es dann verkaufen. Nachdem er alle erforderlichen Genehmigungen beisammen hat, kündigt er die Mietverhältnisse. Der Vermieter hatte entscheidende Argumente: Eine Sanierung wäre sehr teuer und würde die Nutzungsdauer des Gebäudes kaum verlängern. Ohne Sanierung würde er lediglich 2,5% Rendite einfahren, bei der Verwirklichung seines Plans 16%.
Im Kündigungsrechtstreit gab der BGH dem Vermieter Recht. Die geplanten Baumaßnahmen stellen eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks gemäß 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB dar, weil sie von vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen getragen sind. Eine Sanierung würde Investitionen mit hohem Kostenaufwand in das vorhandene reparaturbedürftige Gebäude bei einer verhältnismäßig geringen Restnutzungsdauer erforderlich machen. Durch den bereits genehmigten Neubau wird zudem in erheblichem Umfang zusätzlicher Wohnraum geschaffen. Schließlich wären bei einer Fortsetzung der Mietverhältnisse erhebliche Nachteile für den Vermieter entstanden. Er hätte nur eine Minimalsanierung durchführen können, obwohl der Zustand des Gebäudes entweder eine umfassende Sanierung oder einen Abriss mit anschließendem Neubau geboten hätte. Mietrecht: Anfechtung des Mietvertrags auch nach dessen Vollzug BGH, Urteil vom 6. 8. 2008, XII ZR 67/06 In bestimmen Situationen ist ein Mietvertrag nicht nur kündbar, sondern auch anfechtbar. Mit der Kündigung wird der Mietvertrag erst für die Zukunft beendet, die Anfechtung wirkt auf den Vertragsschluss zurück und ist damit deutlich einschneidender. Der Vertrag wird nicht lediglich beendet, sondern muss komplett rückabgewickelt werden. Wegen dieser Rückabwicklung sind Teile der Rechtsprechung bislang davon ausgegangen, dass die Kündigungsmöglichkeit die Anfechtungsmöglichkeit jedenfalls dann verdrängt, wenn das Mietverhältnis schon in Gang gesetzt worden ist. Also die Mietsache übergeben und die Miete bezahlt worden ist. Für einen Vermieter kann sich zum Beispiel dann ein Anfechtungsrecht ergeben, wenn der Mieter falsche Angaben im Hinblick auf seine finanziellen Verhältnisse macht und der Vermieter hätte er die Wahrheit gekannt den Interessenten nicht als Mieter genommen hätte. Im jetzigen Fall des BGH hat der Mieter den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung des Vermieters angefochten. Das Objekt war jedenfalls teilweise nicht wie behauptet zur Nutzung als Gewerberaum geeignet. Der BGH stellt jetzt fest, dass auch nach Beginn des Mietverhältnisses und der Überlassung der Mietsache der Mietvertrag (mit Wirkung zum Vertragsschluss) angefochten werden kann. Das Recht zur fristlosen Kündigung verdränge die Anfechtung nicht. Die Anfechtung schütze nämlich den rechtsgeschäftlichen Entschließungswillen, während Kündigungs- und Gewährleistungsrechte sich auf eine Leistungsstörung beziehen. Die sich aus der Anfechtung ergebenden Abwicklungsschwierigkeiten (Rückzahlung der Miete durch den Vermieter Zahlung für die Nutzungsmöglichkeit durch den Mieter [was nicht der vereinbarten Miete entsprechen muss]) seien schlichtweg hinzunehmen.
WEG-Recht: Demnächst -Zustellung und Rettung der Beschlussanfechtungsfrist LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 1. 10. 2008, 14 S 4986/08 Bei einer Beschlussanfechtungsklage ist Eile geboten. Die Anfechtungsfrist beträgt lediglich einen Monat seit der Beschlussfassung. Notwendig ist eigentlich innerhalb dieser Frist die Zustellung der Klageschrift bei den Anfechtungsgegnern. Das Gesetz sieht aber eine Ausnahmeregelung vor: Wird die Klage rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist bei Gericht eingereicht und erfolgt die Zustellung bei den Anfechtungsgegnern demnächst, ist die Frist auch damit gewahrt. Demnächst bedeutet aber, dass alle weiteren Verzögerungen nicht in den Risikobereich des Anfechtenden fallen dürfen. Im Fall des Landgerichts Nürnberg-Fürth erhebt die Klägerin vor Ablauf der Monatsfrist Beschlussanfechtungsklage. Den später angeforderten Gerichtskostenvorschuss zahlt sie aber nicht sofort, sondern erst nach drei Wochen. Die Klage wird wegen Versäumens der Anfechtungsfrist abgewiesen. Das Gericht hat die Zustellung (berechtigterweise) so lange hinausgezögert, bis die Kosten einbezahlt worden sind. Das Landgericht hat ihr nur eine Frist von 14 Tagen zugebilligt. WEG-Recht: Das Problem mit der Eigentümerliste LG Stuttgart, Beschluss vom 14. 8. 2008, 19 T 299/08 Nicht nur die Monatsfrist macht im Beschlussanfechtungsverfahren zu schaffen. Spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung muss der Anfechtende eine Liste aller Wohnungseigentümer vorlegen. Einfach wäre es dann, wenn der Verwalter der WEG der Bitte des Anfechtenden nachkommen würde, einfach eine Eigentümerliste zur Verfügung zu stellen. In einigen Verfahren verweigern sich aber die Verwalter. Demjenigen, der einen (im Zweifel vom Verwalter initiierten) Beschluss anfechten möchte, soll nicht noch geholfen werden. Der Eigentümer muss sich also selbst darum kümmern. Einige Grundbuchämter sind insoweit aber recht zurückhaltend. Sie berufen sich auf Datenschutzgesichtspunkte jedenfalls dann, wenn der Anfechtende selbst nachfragt und nicht sein Anwalt. Nachdem sich wesentliche Rechtsprechung zu diesem Punkt noch nicht gebildet hat, hat ein Anfechtender es einfach mit einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe einer Eigentümerliste versucht. Vor dem Landgericht Stuttgart ist er aber schließlich gescheitert. Da die Eigentümerliste für die Klageerhebung selbst nicht notwendig ist, komme vor deren Einreichung ein einstweiliges Verfügungsverfahren auf Übergabe der Liste nicht in Betracht. Das Landgericht findet für den Anfechtenden allerdings einen Ausweg: Das Gericht soll eben im Anfechtungsverfahren den Verwalter nach 142 ZPO zur Herausgabe der Eigentümerliste verpflichten.
Immobilienrecht: Unverschuldeter Überbau und Baukunst BGH, Urteil vom 19. 9. 2008, V ZR 152/07 Hat ein Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so muss der Nachbar den Überbau (gegen eine Entschädigung) dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung dem Überbau widersprochen hat ( 912 BGB). Mit dieser Regelung soll die Vernichtung wirtschaftlicher Werte vermieden werden. Im Fall des BGH errichtet der Nachbar allerdings nicht ein neues Haus, sondern setzt unter anderem sein Dach instand. Dabei lässt er ein Anschlussblech (das bauordnungsrechtlichen Vorgaben widerspricht) so anbringen, dass es auf das Nachbargrundstück ragt. Der BGH wendet zwar die Regelung von 912 BGB nicht direkt an (der Nachbar baut schließlich kein neues Gebäude), aber entsprechend. Die Vorschrift sei schließlich Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes wonach die Zerschlagung wirtschaftlicher Werte vermeiden werden soll, die dadurch entsteht, dass sich der Abbruch eines überbauten Gebäudeteils meist nicht auf diesen beschränken lässt, sondern zu einer Beeinträchtigung und Wertminderung auch des bestehen bleibenden, auf eigenem Grund gebauten Gebäudeteils führt. Der BGH wirft dem Nachbar hier allerdings grobe Fahrlässigkeit vor: Ist einem Grundstückseigentümer bewusst, dass er im Bereich der Grenze baut, handelt er grob fahrlässig, wenn er sich vor der Bauausführung nicht vergewissert, dass der für die Bebauung vorgesehene Grund ihm gehört bzw. während der Bauausführung nicht darauf achtet, dass die Grenzen seines Grundstücks nicht überschritten werden. Die Duldungsverpflichtung des Nachbarn scheitert hier aber auch an einem anderen Punkt. Eine solche, aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis abgeleitete, Duldungspflicht kann nur gegenüber ordnungsgemäßen, den Regeln der Baukunst entsprechenden Maßnahmen des Grundstücksnachbarn bestehen. Maßnahmen aber, die ohnehin dem Bauordnungsrecht zuwider laufen, seien nicht schutzwürdig. Immobilienrecht: Die Sache mit der Garantiemiete BGH, Urteil vom 10. 10. 2008, V ZR 175/07 Der Kläger erwirbt eine Eigentumswohnung als Anlageobjekt. Ihm wird erklärt, dass auch bei einer vollständigen Kreditfinanzierung nach Steuern die Belastung gerade einmal 68 DM betrage. Für die Mieten werde auf die Dauer von drei Jahren garantiert. Das Geschäftskonzept ist brüchig. Dem Garantiegeber war bekannt, dass die Erträge der Wohnung wegen Leerstands nicht auskömmlich sind, um die Belastungen zu tragen. Nachdem die Garantiezeit abgelaufen ist, kann der Investor die anfallenden Kosten nicht mehr aufbringen. Er will jetzt Schadensersatz.
Der BGH gibt ihm Recht. Er wurde nicht ordnungsgemäß über die Vertragssituation aufgeklärt oder auf Leerstände und Mindereinnahmen hingewiesen. Das Bild, dass ihm von den Renditechancen gemalt worden war, brach bei einer Überprüfung in sich zusammen. Auch die Mietgarantie ändert hieran nichts. Denn diese ist bei einer Vollfinanzierung des Kaufpreises für das Objekt keine adäquate Sicherheit. Auch mit dem Argument der Mietgarantie kann sich daher die Veräußererseite nicht aus der Verantwortung stehlen. Dennoch bleibt die Rechtsprechung insgesamt beim Ersatz von Schäden, die durch solche völlig unzureichenden Steuersparmodellen verursacht werden, sehr zurückhaltend. Immobilienrecht: Hausverkauf per Quiz und Los Wer heutzutage sein Haus oder Wohnung verkaufen will (muss), hat es nicht leicht. Käufer (mit einer sicheren Finanzierung) zu finden, gestaltet sich zunehmend schwer. Die - nicht ganz neue - aber immer noch bahnbrechende Idee: Es werden viele Lose verkauft, die insgesamt auch den vom Verkäufer gewünschten Preis geben. Ein Hausverkäufer aus Deutschland bietet Lose zu 19 Euro pro Stück an. Die Behörden in Bayern haben die Sache jetzt untersagt. Es gilt nämlich gleichzeitig noch ein paar deutschen Gesetzen gerecht zu werden, damit die Sache funktioniert. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass zum Schluss wegen verbotenen Glückspiels ermittelt wird. Das Problem ist schlichtweg, dass sowohl die Veranstaltung ( 284 StGB), wie auch die Beteiligung ( 285 StGB) an einem nicht staatlich konzessionierten Glücksspiel strafbar ist. Das Glücksspiel gilt es also zu vermeiden und das Ganze so auszugestalten, dass es nur noch ein Gewinnspiel ist. Vom Grundsatz her gäbe es hier wohl zwei Ansatzpunkte. Zum einen dreht man entweder am sog. erheblichen Einsatz oder an der Zufallskomponente des Systems. Ihnen allen eine erfolgreiche Woche. Ihr Alexander Fuß --- Kanzlei Fuß Rechtsanwälte Alexander Fuß, Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Waaghausstraße 5-7, 78532 Tuttlingen Telefon 07461/77330, Fax 77488