Alkoholismus: Wie viel Gene und wie viel Umwelt?



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Transkript:

UNIVERSITÄTSKLINIKUM DES SAARLANDES Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie D 66421 Homburg/Saar Alkoholismus: Wie viel Gene und wie viel Umwelt? Peter Falkai Homburg/Saar Wissenschafts-Matinee bigeppel, Eppelborn, 12. März 2006

Übersicht Alkoholabhängigkeit: Ein altes Problem? Definition und Grenzen der substanzgebundenen Abhängigkeit Epidemiologie: Das wahre Ausmaß! Alkoholikertypen Folgen der Alkoholabhängigkeit Ätiologie Genetische Faktoren Umweltfaktoren Pathogenese: Das gestörte Reward-System Motivation Sensitivierung Toleranz Entzug Behandlungsstrategien und Behandlungsketten Zusammenfassung

Die Wirkung des Alkohols ist schon seit langem bekannt Ägyptischer Weinkelter (um 1420 v. Chr.) Altägyptische Schrift (um 1500 v. Chr.): Mach dich nicht selber hilflos durch Trinken in der Kneipe, damit sich nicht die Worte deiner Rede wiederholen und aus deinem Mund herausquellen, ohne dass du weißt, dass du sie geäußert hast. Du fällst hin, brichst dir die Knochen, und keiner deiner Saufkumpanen gibt dir die Hand, um dir aufzuhelfen. Sie werden aufstehen und sagen: Raus mit dem Trunkenbolde! (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Definition Sucht Sucht ist nach WHO ein Zustand periodischer oder chronischer Intoxikation, verursacht durch wiederholten Gebrauch einer natürlichen oder synthetischen Substanz, der für das Individuum und die Gemeinschaft schädlich ist. (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Definition Abusus oder Missbrauch Abusus oder Missbrauch beinhaltet den unangemessenen Gebrauch einer Substanz / Droge, das heißt überhöhte Dosierung und / oder Einnahme ohne medizinische Indikation. Wiederholtes Einnehmen führt zur Gewöhnung, psychisch durch Konditionierung, körperlich in der Regel mit der Folge der Dosissteigerung. Unter Polytoxikomanie (polyvalente Sucht) wird eine Mehrfachabhängigkeit, also die gleichzeitige Einnahme verschiedener Suchtmittel, verstanden. (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Suchtmittel (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Definition Abhängigkeit Psychische Abhängigkeit ist definiert als übermächtiges, unwiderstehliches Verlangen, eine bestimmte Substanz / Droge wieder einzunehmen (Lust-Erzeugung und / oder Unlust-Vermeidung). Physische (körperliche) Abhängigkeit ist charakterisiert durch Toleranzentwicklung (Dosissteigerung) sowie das Auftreten von Entzugserscheinungen. (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Stufenschema zum Erkennen von erhöhtem Alkoholkonsum, riskantem und problematischem Trinken sowie einer Alkoholabhängigkeit (Brunnhuber S, Frauenknecht S, Lieb K. Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2005)

Prävalenzwerte substanzinduzierter Störungen in Deutschland (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Epidemiologische Daten zu Alkoholabhängigkeit (Brunnhuber S, Frauenknecht S, Lieb K. Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2005)

Stufenmodell der Entwicklung des Alkoholismus (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Übersicht über die Alkoholikertypen nach Jellinek (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Pro-Kopf-Konsum an Alkohol in Litern pro Jahr in verschiedenen Ländern (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Alkohol: Angebot und Verführung (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Alkoholgehalt verschiedener Getränke Gefährlich wird ein täglicher Konsum reinen Alkohols von 40 g für Männer und 20 g für Frauen. (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Körperliche Folgen der Alkoholabhängigkeit (Brunnhuber S, Frauenknecht S, Lieb K. Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2005)

Diffuse Atrophie von Kortex ( ) und Kleinhirn ( ) bei chronischem Alkoholismus im CCT (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Pathologischer Befund bei Wernicke- Enzephalopathie Atrophie der Corpora mamillaria (Brunnhuber S, Frauenknecht S, Lieb K. Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2005)

Mögliche psychosoziale Folgen des Alkoholismus (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Modellvorstellungen zur Sucht-Entstehung (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Ätiologie Es gibt keine prädisponierende "Alkoholikerpersönlichkeit" Größeres Risiko bei impulsivem und aggressivem Verhalten (antisoziale Persönlichkeiten) Multifaktorielles Bedingungsgefüge individuelle Faktoren Biographie Genetik Umweltbedingungen spezifische Wirkung der Droge Alkohol Bei hoher biologischer Disposition genügen geringe pathogene Umwelteinflüsse Bei ungünstigen Umweltbedingungen genügt niedrige biologische Disposition (z.b. genetische Belastung)

Dispositions-Expositions-Modell zur Suchtentstehung

Disposition

Genetische Disposition (1) - Die Evidenz - Familienstudien (Metaanalyse aus 39 Studien): Einer von drei Alkoholkranken haben einen alkoholkranken Elternteil Zwillingsstudien Konkordanzrate zwischen 0,3 bis 0,6 Häufigkeit der Kontakte untereinander: kein Einfluss auf die Erkrankungsrate Männer (50 %) > Frauen (25 %) Adoptionsstudien Mit alkoholkrankem (biologischem) Elternteil: 18 % Risiko zu erkranken Ohne alkoholkrankem (biologischem) Elternteil: 5 % Risiko zu erkranken

Genetische Disposition (2) - Subgruppen - Typ I nach Cloninger: Das Erkrankungsalter liegt bei 25 Jahren Relative Unfähigkeit zur Abstinenz Bezüglich bestimmter Persönlichkeitsmerkmale ist die Risikovermeidung (harm avoidance) ausgeprägt Typ II nach Cloninger: Das Ersterkrankungsalter liegt bei 25 Jahre (späte Pubertät) Impulsivität und leichte Erregbarkeit Weit überwiegend Männer Der Drang nach neuen Erfahrungen (novelty seeking) ist im Vergleich zu anderen Persönlichkeitsmerkmalen ausgeprägt RR 2 (Anteil 75%) RR 9 (Anteil 25%)

Umweltbedingte Risikofaktoren High-Risk Studien (z. B. Schuckit & Smith 1996) 40 % der Söhne von alkoholkranken Vätern: Reaktion auf Probetrunk mit Ethanol Empfinden betrunken zu sein Standsicherheit Elektrophysiologische Korrelate Anstieg von ACTH, Prolaktin und Cortisol geringer ( blunting ) 20 % (der 40 %) der unempfindlichsten Söhne hatten > 50 % Wahrscheinlichkeit nach 10 Jahren alkoholkrank zu sein Fazit: Höhere Alkoholtoleranz ist zum einen eine Schutzfunktion des Körpers, zum anderen müssen höhere Alkoholmengen getrunken werden, um den gleichen Effekt zu spüren. Frühkindliche Deprivation: Broken-Home-Situation

Fehlreguliertes serotonerges System bei frühkindlicher Deprivation 380 360 340 5-HIAA im Liquor (pmol/ml) 320 300 280 260 240 220 200 180 0,50 0,70 0,90 1,10 1,30 1,50 1,70 Quotient der spezifischen zur unspezifischen ß-CIT Bindung im Hirnstamm (V3") 110 100 90 5-HIAA im Liquor (pmol/ml) 80 70 60 50 40 30 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 Effektives Bindungspotential (Bmax/Kd) (Heinz et al., Am. J. Psychiatr. 1998, & Pharmacopsychiatr. 2002)

Umweltbedingte Schutzfaktoren Defizit eines Isoforms der Aldehyddehydrogenase (Rommelspacher & Schuckit 1996) Alkoholkonsum führt zur Flush-Reaktion Übelkeit und Kreislaufstörungen Aber: Der Beitrag zum Erkrankungsrisiko einer einzelnen genetischen Variante ist gering (ca. 1 4 %). Multiple Schutzfaktoren: Z. B. Persönlichkeitsstil Lebensumstände: Emotional warme, verlässliche Kindheit Aber: Risikopaket aus aversiven Umweltfaktoren

Neuronale Korrelate der Alkoholabhängigkeit - Das neuroanatomische Substrat der (Alkohol-) Abhängigkeit: Mesolimbischmesokortikales dopaminerges Wohlbefindlichkeitssystem = reward-system - (Gastpar M, Mann K, Rommelspacher H. Lehrbuch der Suchterkrankungen. Thieme Verlag, Stuttgart 1999)

Neuronale Korrelate der Alkoholabhängigkeit - Motivation - Motivation ist das zielgerichtete Verhalten eines Organismus, um die Umgebung im Hinblick auf seine eigenen Bedürfnisse zu kontrollieren Lernprozess: Welche Reize sind im Sinne des Ziels nützlich? Meiden von schädlichen Reizen Nutzlose Reize nicht beachten Erlernen von relevanten Reizen (z. B. die Stammkneipe) und Hinweisreizen auf die relevanten Reize (z. B. Reklame für alkoholische Getränke) Funktion des mesolimbischen Systems: Übermittlung, Ordnung und Integration / Abgleich der relevanten Stimuli mit vorhandenen Reizmustern verstärkte Ausschüttung von Dopamin und Serotonin bzw. erhöhte Empfindlichkeit für diese Transmitter

Das Reward-System und die assoziierten Gene (Comings DE, Blum K. Progress in Brain Research 129, 2000: 325-341)

Alkohol und die Reward-Kaskade Dopamine and other neurotransmitters involved in the reward cascade of ethanol. This figure illustrates the action of alcohol on the brain and the way that different neurotransmitters work in concert to create the rewarding effects of alcohol.wehypothesize that the main neurotransmitter involved in the reward system is dopamine. When dopamine is released in response to alcohol ingestion, and then interacts with its receptors (DRD2), other neurotransmitters, especially GABA, glutamate, and serotonin, are affected. Alcohol also has a direct influence on the release of GABA (inhibitory), glutamate (excitatory), and serotonin (both excitatory and inhibitory, depending upon its receptor type). Alcohol s interaction with GABA receptors inhibits the release of GABA onto the dopaminergic neurons. Glutamate increases dopamine release. Serotonin stimulates enkephalin reslease, which then inhibits GABA which fine tunes dopamine release. Dopamine alone, and in harmony with the other transmitters, creates a resultant reward cascade. (Bowirrat A, Oscar-Berman M. Am J Med Genet 132, 2005: 29-37)

Sensitivierung

Neuronale Korrelate der Alkoholabhängigkeit - Sensitivierung - Sensitivierung führt nach wiederholter Applikation von Drogen zu qualitativen, aber auch quantitativen Veränderungen einzelner Wirkungen Quantitativ: stereotypes Verlangen der Einnahme Qualitativ: Der maximal erzielbare Effekt wird größer Nach Absetzen werden größere Mengen zugeführt

Sensitivierung der DA Neurotransmission Akuter Alkoholkonsum DA DA-Produktion DRD2 Chronischer Alkoholkonsum DA DA-Produktion DRD2 (Heinz et al., Arch Gen Psychiatry, 1996)

Aktivierung des Reward-Systems bei Suchterkrankungen (Heinz A et al. Arch Gen Psychiatry 62, 2005: 57-64)

Toleranzentwicklung & Entzugssymptomatik

Neuronale Korrelate der Alkoholabhängigkeit - Toleranz - Rechtsverschiebung der Dosis-Wirkungskurve Mechanismen: Down-Regulation von Rezeptorsystemen Verstärkung der Stresssysteme des Gehirns Kontrollverlust: Abkopplung kortikaler Systeme

GABAerge Neurotransmission in der frühen Abstinenz Chronischer Alkoholkonsum GABA GABA-artig GABA-A Frühe Abstinenz GABA GABA-artig GABA-A (Abi-Dargham et al., Am J. Psychiatry 1998)

Neuronale Korrelate der Alkoholabhängigkeit - Entzug - Entzug = negative Verstärkung Entzug von Alkohol wirkt anxiogen nimmt unter wiederholten Entzügen zu Aktivierbarkeit des reward-systems Ausschüttung von Dopamin

Vier verschiedene, für die Behandlungsstrategie entscheidende Motivationsstufen (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Behandlungskette für Alkoholkranke (Möller HJ, Laux G, Deister A. Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart 2005)

Zusammenfassung Alkoholabhängigkeit: Ein altes Problem? Definition und Grenzen der substanzgebundenen Abhängigkeit Epidemiologie: Das wahre Ausmaß! Alkoholikertypen Folgen der Alkoholabhängigkeit Ätiologie Genetische Faktoren Umweltfaktoren Pathogenese: Das gestörte Reward-System Motivation Sensitivierung Toleranz Entzug Behandlungsstrategien und Behandlungsketten

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Peter Falkai, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Homburg/Saar