Üble Nachrede Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften ( 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 51 Verleumdung Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zugefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ( 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 52
Strafantrag, 194 StGB (1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift ( 11 Abs. 3), in einer Versammlung oder durch eine Darbietung im Rundfunk begangen, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verletzte als Angehöriger einer Gruppe unter der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt wurde, diese Gruppe Teil der Bevölkerung ist und die Beleidigung mit dieser Verfolgung zusammenhängt. 53 Strafantrag, 194 StGB (3) Ist die Beleidigung gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Richtet sich die Tat gegen eine Behörde oder eine sonstige Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so wird sie auf Antrag des Behördenleiters oder des Leiters der aufsichtführenden Behörde verfolgt.... 54
Ehrbegriff Dualistischer Ehrbegriff innere Ehre Geltungswert äußere Ehre Wertschätzung, Ruf 55 Beleidigung A. Tatbestand I. Objektiver Tatbestand - Handlung: Kundgabe einer Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung - Kundgabeerfolg: Äußerung ist zur Kenntnis eines anderen gelangt II. Subjektiver Tatbestand - bedingter Vorsatz B. Rechtswidrigkeit C. Schuld D. Strafantrag 56
Beleidigung ist die Beleidigung Kundgabe der Geringschätzung, Missachtung oder Nichtachtung einer Person 57 Ehrverletzende Äußerungen Vorwurf elementarer menschlich-personaler Unzulänglichkeiten Vorwurf des Begehens einer strafbaren Handlung Vorwurf, der Betroffene werden den fachlichen oder moralischen Anforderungen seines Berufs- oder Gesellschaftskreises nicht gerecht 58
Personengemeinschaften Beleidigung des Kollektivs als Kollektiv? Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung? Beleidigung innerhalb des Familienkreises? 59 Beleidigung des Kollektivs anerkannt: Personengemeinschaften der in 194 StGB genannten Art darüber hinaus, wenn die Personengesamtheit eine rechtlich anerkannte Funktion erfüllt einen einheitlichen Willen bilden kann 60
Beleidigung unter Kollektivbezeichnung Mit einer Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung erfasst der Täter sämtliche Mitglieder der Personengesamtheit nur bestimmte Mitglieder der Personengesamtheit eine Mehrheit von Personen kann unter einer Kollektivbezeichnung (Sammelbezeichnung) beleidigt werden, wenn betroffener Personenkreis klar umgrenzt und überschaubar ist ein Bezug auf bestimmte, individualisierbare Personen gegeben ist (allgemeines Werturteil reicht nicht) 61 Beleidigung im Familienkreis unstreitig, dass Beleidigung im engsten Familienkreis nicht dem Anwendungsbereich von 185, 186 StGB unterfallen Ausnahme: es bestehen Umstände, die ein Vertrauen auf Vertraulichkeit nicht begründen bzw. ausschließen Familienmitglieder beleidigen sich untereinander Problem: Ausdehnung auf engsten Freundeskreis? 62
Üble Nachrede A. Tatbestand I. Objektiver Tatbestand - Handlung: Behauptung einer ehrenrühigen Tatsache gegenüber einem Dritten, also einem anderen als dem Beleidigten - Kundgabeerfolg: Äußerung ist zur Kenntnis eines anderen gelangt II. Subjektiver Tatbestand - bedingter Vorsatz III. Objektive Bedingung der Strafbarkeit Tatsache ist nicht erweislich wahr B. Rechtswidrigkeit C. Schuld D. Strafantrag 63 Formalbeleidigung Der Beweis der Wahrheit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache schließt die Bestrafung nach 185 nicht aus, wenn das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder Verbreitung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht. 64
Beleidigung und üble Nachrede Tatsachenbehauptung Werturteil gegenüber dem Beleidigten 185 185 gegenüber Dritten 186 185 65 Rechtfertigung bei Ehrdelikten
Satire und Karikatur Satire ironisch-aggressive Darstellungsform Verfremdung, Übertreibung, Verzerrung Spannungsfeld zwischen Ehrenschutz/Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 I, 5 II GG Kunst- und Meinungsfreiheit, Art. 5 I, III GG 67 Satire und Karikatur Grenze: Verletzung der Menschenwürde Schmähkritik Diffamierung der Person steht im Vordergrund keine Sachauseinandersetzung mehr 68
193 StGB Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung von berechtigten Interessen gemacht werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht. 69 Rechtfertigungsgrund Wahrnehmung berechtigter Interessen Anwendbarkeit bei 185, 186 StGB keine Anwendung bei 187, 189 StGB 192 StGB Verleumdung unter vier Augen (bes. Fallgruppe des 185 StGB) 70
Wahrnehmung berechtigter Interessen Anforderungen berechtigtes Interesse Wahrnehmungsbefugnis Geeignetheit und Erforderlichkeit Angemessenes Mittel Handeln in Kenntnis der Situation 71 Wahrnehmung berechtigter Interessen Wahrnehmungsbefugnis eigenes Interesse Beauftragung zur Interessenwahrnehmung Allgemeininteressen? jeder Bürger ist befugt, Interessen der Allgemeinheit wahrzunehmen Kritisierung öffentlicher Missstände Anzeige von Straftaten Einflussnahme auf die politische Willens- und Meinungsbildung 72
Wahrnehmung berechtigter Interessen Geeignetheit/Erforderlichkeit ehrverletzende Äußerung muss erfolgversprechend bzw. förderlich in Bezug auf die Zweckverfolgung sein ehrverletzende Äußerung muss zur Interessendurchsetzung notwendig sein grundsätzlich: mildestes Mittel Einschränkung: Art. 5 I GG bei 186 StGB Beachtung der Prüfungs- und Sorgfaltspflichten 73 Abwägung Spannungsverhältnis Meinungsfreiheit individuelle Selbstverwirklichung Überwindung irriger Annahmen Entfaltung in der Öffentlichkeit Kontrolle des Staatsapparats Verhinderung von Gewalt, Terror, Bürgerkrieg Legitimität der demokratischen Verfassungssystems Recht der persönlichen Ehre 74
Vermutungsregel Je mehr es sich um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit berührenden Frage durch einen dazu Legitimierten handelt, spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede dies gilt in besonderem Maße, wenn es um Auseinandersetzungen im Wahlkampf geht Supervermutung 75 Folgerungen für die Presse Pflicht alle Nachrichten und Berichte vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit, Inhalt und Herkunft zur prüfen strenge Maßstäbe Umfang abhängig von verfügbaren Info-Quellen Aktualität, Gefahr im Verzug Rang des wahrgenommenen Interesses Schwere der Behauptung Zuverlässigkeit des Informanten 76
Folgerungen für die Presse evt. Berichterstattung mit Hinweis auf Mangel an Bestätigung oder Distanzierung bei ehrenrührigen Werturteilen Verdachtsberichterstattung strenge Maßstäbe 77 Schlussfolgerung je größer das Gewicht der fraglichen Angelegenheit für die Allgemeinheit desto höher Schutz der Meinungsfreiheit zulässig: einprägsame und starke Formulierungen übertreibende und verallgemeinernde Äußerungen drastisch und beißende Kritik auch Kritik am rechtmäßigen Behördenverhalten Recht zum Gegenschlag Aufmerksamkeit erregen Reizüberflutung 78
Grenzen Schmähkritik Diffamierung der Person steht im Vordergrund Kränkungen Unterschieben unrichtiger Zitate 79 Schutz der Privatsphäre
Schutz der Privatsphäre Schutzrichtung Wahrung der Privatsphäre vor ungewolltem Eindringen und Erforschen von Geheimnissen Teilweiser Schutz des Selbstdarstellung nach außen Verfahrensrechtliche Absicherung Zeugnisverweigerungsrecht, 53, 53a StPO Beschlagnahmeverbot, 97 StPO 81 Einschlägige Strafrechtsnormen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, 201 StGB Verletzung der Intimsphäre durch Bildaufnahmen, 201a StGB Verletzung des Briefgeheimnisses, 202 StGB Ausspähen von Daten, 202a StGB Verletzung von Privatgeheimnissen, 203 StGB Verwertung fremder Geheimnisse, 204 StGB Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses, 206 StGB 82
Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ( 201 StGB) (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt 1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder 2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht. 83 Nichtöffentliche Äußerung Nichtöffentlich Personenkreis nach Zahl und Individualität bestimmt Personenkreis durch persönliche oder sachliche Beziehungen miteinander verbundenen Nicht geschützt Sprecher wendet sich an die Öffentlichkeit Äußerungen sind faktisch öffentlich 84
gesprochene Wort Gesprochen lautlich wahrnehmbare Gedankenäußerung Umstritten Gesang Sprechgesang nicht: sonstige stimmliche Äußerungen wie Seufzen - Stöhnen Gähnen 85 Tonträger Gegenstände enthalten bestimmte technisch gespeicherte Laute machen diese mittels Wiedergabegeräte für das Ohr wahrnehmbar 86
Tathandlungen Aufnehmen Festhalten des gesprochenen Wortes auf einem Tonträger Gebrauchen Ausnutzen der technischen Möglichkeiten des Tonträgers Zugänglichmachen Möglichkeit des Gebrauchs durch körperliche Übergabe oder Möglichkeit der Kenntnisnahme der akustischen Reproduktion 87 Unbefugt Unbefugt bedeutet die Aufnahme muss ohne Wissen des Sprechers gemacht worden sein oder nur ein Hinweis auf die allg. Rechtswidrigkeit befugt handelt der Täter nur, wenn er gerechtfertigt ist 88
Abhörgeräte Technische Vorrichtungen jeglicher Art, die das gesprochene Wort über dessen normalen Klangbereich hinaus durch Verstärkung oder Übertragung unmittelbar wahrnehmbar machen. Anzapfen des Telefons Mikrofonanlagen Stethoskop 89 Öffentliche Mitteilung Der Inhalt der Mitteilung kann von einem größeren Personenkreis, der nach Zahl oder Individualität unbestimmt durch persönliche oder sachliche Beziehungen nicht verbundenen ist unmittelbar zur Kenntnis genommen werden. 90
Problem Bezugsobjekt der jeweiligen Nr. 2 so hergestellte Aufnahme das nach Abs. 1 Nr. 1 aufgenommene das nach Abs. 2 Nr. 1 abgehörte überwiegende Meinung Erfasst sind nur die unbefugt hergestellten Aufnahmen bzw. die unbefugt abgehörten Worte 91 Verletzung der Intimsphäre durch Bildaufnahmen ( 201a StGB) (1) Wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine Tat nach Absatz 1 hergestellte Bildaufnahmen gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht. 92
Verletzung der Intimsphäre durch Bildaufnahmen ( 201a StGB) (3) Wer eine unbefugt hergestellte Bildaufnahme von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, wissentlich unbefugt einem Dritten zugänglich macht und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. 93 (1) Wer unbefugt Verletzung des Briefgeheimnisses ( 202 StGB) 1. einen verschlossenen Brief oder ein anderes verschlossenes Schriftstück, die nicht zu seiner Kenntnis bestimmt sind, öffnet oder 2. sich vom Inhalt eines solchen Schriftstücks ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in 206 mit Strafe bedroht ist. 94
Brief oder Schriftstück Brief Jede schriftliche Mitteilung einer Person an eine andere, unabhängig von der Art der Übermittlung und dem Vorhandensein einer Unterschrift. Schriftstück Jede Verkörperung eines gedanklichen Inhalts durch Schriftzeichen 95 Öffnen/Kenntnisverschaffung Öffnen Das Überwinden oder Aufheben des Verschlusses derart, dass eine Kenntnisnahme vom Inhalt möglich ist. Kenntnisverschaffung tatsächlich Kenntnis vom Schriftstück strittig Bloße visuelle Wahrnehmung ausreichend? Mindestens teilweises Lesen des Schriftstücks? Verstehen der Wortbedeutung des Gelesenen? 96
Verletzung des Briefgeheimnisses (2) Ebenso wird bestraft, wer sich unbefugt vom Inhalt eines Schriftstücks, das nicht zu seiner Kenntnis bestimmt und durch ein verschlossenes Behältnis gegen Kenntnisnahme besonders gesichert ist, Kenntnis verschafft, nachdem er dazu das Behältnis geöffnet hat. (3) Einem Schriftstück im Sinne der Absätze 1 und 2 steht eine Abbildung gleich. 97 Kenntnisnahmesicherung Behältnis Ein umschlossener Raum, der zur Verwahrung und Sicherung von Sachen dient, jedoch nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden. Das Behältnis muss verschlossen sein. 98
Ausspähen von Daten ( 202a StGB) (1) Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Daten im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden. 99 Daten Informationen durch Zeichen oder kontinuierliche Funktionen dargestellt Gegenstand oder Mittel der Datenverarbeitung für eine Datenverarbeitungsanlage oder die das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs Einschränkung durch 202a II keine unmittelbare Wahrnehmbarkeit Daten sind gespeichert oder werden übermittelt 100