Schmähbriefe, Hassmails und Bedrohungen mit rechtsmotiviertem Hintergrund. Strafbarkeit und Umgang



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Transkript:

Schmähbriefe, Hassmails und Bedrohungen mit rechtsmotiviertem Hintergrund Strafbarkeit und Umgang Aus aktuellem Anlass wollen wir Hinweise zum Umgang mit Hetzmails, Hassbriefen und Bedrohungen mit rechtsextremen, rassistischen und diskriminierenden Inhalten geben. Wir wollen Euch auch Anhaltspunkte für strafbare Inhalte geben, damit Ihr erkennen könnt, wo die Grenze zur Strafbarkeit beginnt und die Meinungsäußerung endet und welche weiteren Schritte empfehlenswert sind. Wir raten Euch, Schreiben und Mails, die strafrechtlich relevant sein könnten, auch zur Anzeige zu bringen und Strafantrag zu stellen, um sich dieser Anwürfe zu erwehren und ein deutliches Signal zu setzen, dass wir diese Hetze nicht hinnehmen. Welche Tatbestände durch solche Schreiben erfüllt sind, kann jeweils nur im Einzelfall festgestellt werden. Das ist Aufgabe der Ermittlungsbehörden. Die Staatsanwaltschaft ist eine objektive Behörde und dazu berufen, den Sachverhalt aufzuklären. Im Zweifel also ein hetzerisches Schreiben an die Behörden geben, Ihr müsst das nicht prüfen. Stellen eines Strafantrages Ohne Anzeige keine Urteile! Wenn Polizei und Staatsanwaltschaft nichts von einer Straftat erfahren, kann es auch keine Strafurteile geben. Der Staatsanwaltschaft bzw. Polizei sollten deshalb grundsätzlich die entsprechenden Sachverhalte zur Anzeige gebracht werden mit der Bemerkung, dass wegen aller in Betracht kommenden Delikte Strafanzeige und Strafantrag erstattet wird. Strafanzeige: Mit einer Strafanzeige wird den Strafverfolgungsbehörden eine - möglicherweise - strafrechtlich relevante Tat mitgeteilt. Die Strafanzeige ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Oft legt die Polizei für ihre Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft Formblätter vor. Möglich ist auch, die Strafanzeige telefonisch oder im Internet zu Seite 1 von 6

äußern. Anzeige kann direkt bei der Staatsanwaltschaft, bei der Polizei oder bei den Amtsgerichten ( 158 Abs. 1 StPO) erstattet werden. Die Anzeige kann auch anonym erfolgen. Ratsam ist es, die Anzeige bei der Polizei zu erstatten, da die Polizei auch die dann beginnenden Ermittlungen durchführt. Eine Strafanzeige kann nicht zurückgenommen werden, denn wenn Polizei und Staatsanwaltschaft erst einmal von einer Straftat wissen, kann man ihnen dieses Wissen auch nicht mehr nehmen. Strafantrag: Ein Strafantrag ermöglicht bei Antragsdelikten wie Beleidigung, Üble Nachrede, Verleumdung, Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener erst die Strafverfolgung. Bei Offizialdelikten erfolgt die Strafverfolgung von Amts wegen. Bei Antragsdelikten verfolgt die Staatsanwaltschaft nicht von selbst (= von Amts wegen), sondern grundsätzlich nur auf Antrag. Sollte die Staatsanwaltschaft feststellen, dass ein besonders öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, kann sie auch ohne den normalerweise erforderlichen Strafantrag die Tat verfolgen. Antragsberechtigt ist die durch eine Straftat verletzte Person (abzustellen ist auf eine Rechtsgutverletzung, nicht körperliche Verletzung notwendig!) oder dessen gesetzliche Vertreter/in oder Erben bzw. Dienstvorgesetzte. Der Strafantrag muss innerhalb einer Frist von drei Monaten gestellt werden ( 77b StGB). Im Gegensatz zur Strafanzeige kann der Antrag wieder zurückgenommen werden ( 77d StGB). Muster für Strafantrag Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit erstatte ich Strafanzeige gegen Unbekannt wegen aller in Betracht kommenden Delikte und stelle Strafantrag. Beigefügt übersende ich Ihnen eine Schmähmail, die an mich gesendet wurde. Die entsprechenden Headerdaten sind angefügt. Ich bitte Sie daher, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und mich über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu informieren. Mit freundlichen Grüßen (Unterzeichnung durch verletzte Person) Seite 2 von 6

Sollte eine persönliche Unterzeichnung durch den Empfänger eines hetzerischen Schreibens nicht oder nur mit Verzögerung möglich sein, kann auch zunächst nur Strafanzeige erstattet werden mit dem Vorbehalt des Strafantrags. Muster für Strafanzeige: Sehr geehrte Damen und Herren, anliegend übersenden wir Ihnen eine Schmähmail, die bei uns eingegangen ist. Die entsprechenden Headerdaten sind angefügt. Soweit der Verdacht eines Offizialdeliktes besteht, bitten wir Ermittlungen einzuleiten. Sollten die Täter ermittelt werden, behalten wir uns vor, Strafantrag zu stellen. Aus diesem Grund bitten wir Sie, uns möglichst zeitnah über den Stand der Ermittlungen zu informieren. Wir übersenden den Vorgang auch zur Abrundung Ihres Bildes der Gefahrenlage. Soweit Sie zu dem Schluss kommen, dass Hinweise auf eine Gefährdung von Schutzpersonen vorliegen, bitten wir das jeweils zuständige Personenschutzkommando zu verständigen. Mit freundlichen Grüßen Wichtig Bei Hetzmails: Schnelle Weitergabe! In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass zumindest kurzfristig alle verfügbaren Daten, die einer evtl. Identitätsfeststellung des Täters dienen könnten, gesichert werden (z.b. IP-Adressen bei Mails). Nach unserer Kenntnis werden die eingehenden Headerdaten derzeit sieben Tage gespeichert. Wenn ein entsprechendes Schreiben eingeht, müsste deshalb schnell agiert werden, damit die Staatsanwaltschaft oder aber die Polizei dann entsprechend die Daten sichern lassen kann. Bei Bedrohung: Schnelle Information der Sicherheitsbehörden! Anrufe, E-Mails und Briefe mit Bedrohungen oder sonstigen Anhaltspunkten für eine konkrete Gefährdung bitte sofort an die Polizei weiterleiten. Bei jeglichem Verdacht oder Zweifel für eine Bedrohung, dh Androhung eines Verbrechens, nicht zögern, sondern jeden Vorgang weitergeben. Bei entsprechender Gefährdungslage sollte auch unbedingt das zuständige Personenschutzkommando verständigt werden. Seite 3 von 6

Womit muss ich rechnen, wenn ich einen Strafantrag stelle? Wichtig ist, dass Ihr alle beweisrelevanten Unterlagen übermittelt. Ggf. übermittelt die Polizei Euch einen Fragenkatalog, dieser ist auszufüllen. Möglicherweise kommt es auch zu Rückfragen und Zeugenvernehmungen - meist allerdings schriftlich durch Übersendung eines sogenannten Zeugenfragebogens. Unter Umständen kann es zur Ladung als Zeuge/Zeugin bei Staatsanwaltschaft oder Gericht kommen. Mit einer persönlichen Ladung der meist prominenten Empfänger/innen von Hetzmails und - briefen ist aber eher nicht zu rechnen. Sollte es aber doch mal dazu kommen, kann dies durch den Hinweis vermieden werden, dass die betreffende Person zum fraglichen Sachverhalt keine Auskunft aus eigener Wahrnehmung geben kann, sondern dass hierzu eher der/die entsprechende Sachbearbeiter/in in der Lage ist. Zumeist wird allerdings in solchen Fällen die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen weniger auf Zeugenaussagen, sondern vielmehr auf die Aktenlage stützen, zumal die eingehenden Schreiben/Pamphlete die angesprochenen strafrechtlichen Tatbestände verwirklichen. Leider ist es allerdings so, dass in einer Vielzahl von Fällen der Täter nicht zu ermitteln ist, so dass die Staatsanwaltschaft letztlich das Verfahren zunächst einstellen wird. Sollten sich dann allerdings neue Erkenntnisse ergeben, kann das Ermittlungsverfahren auch jederzeit wieder aufgenommen werden. Mögliche Straftatbestände - Woran erkenne ich, dass ich Strafanzeige erstatten und Strafantrag stellen sollte? Bedrohungen nach 241 StGB Anrufe, E-Mails und Briefe mit Bedrohungen oder sonstigen Anhaltspunkten für eine konkrete Gefährdung bitte sofort an die Polizei weiterleiten. Unter eine Bedrohung isd StGB fällt das konkrete Androhen eines Verbrechens gegen eine Person bzw. eine nahestehende Person. Es reicht es aus, dass die Bedrohung vorgetäuscht wird. Es muss sich um eine ernstliche Drohung handeln; ob der Bedrohte diese ernst nimmt, ist unerheblich. Ebenso ist nicht relevant, ob der Täter die Drohung tatsächlich umsetzen kann oder will. Eine Bedrohung kann auch durch konkludentes Verhalten erfolgen. Seite 4 von 6

Bei jeglichem Verdacht oder Zweifel nicht zögern, sondern jeden Vorgang weitergeben. Bei entsprechender Gefährdungslage sollte auch das jeweils zuständige Personenschutzkommando verständigt werden. Beleidigung nach 185 StGB: Strafrechtlich relevant sind insbesondere beleidigende, ehrverletzende und herabsetzende Äußerungen sowie Schmähkritiken, d.h. Äußerungen, bei denen ein sachlicher Anlass nur vorgegeben oder als Vorwand genutzt wird und die Diffamierung und Herabsetzung der Person die eigentliche Zielrichtung ist. Hier kommt eine Beleidigung nach 185 StGB, der die persönliche Ehre schützt, in Frage. Grundsätzlich ist hier zur Strafverfolgung ein Strafantrag des Betroffenen erforderlich. Volksverhetzung nach 130 StGB: Bei diskriminierenden und rassistischen Äußerungen gegen Gruppen bestimmter Herkunft könnte eine Volksverhetzung nach 130 StGB vorliegen. Nach 130 StGB kann derjenige wegen Volksverhetzung verurteilt werden, der in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert (Nr.1) oder die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet (Nr. 2) Nach 130 Abs. 2 StGB wird bestraft, wer Schriften verbreitet oder herstellt, die zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden. Im Absatz 3 des 130 StGB ist festgeschrieben, dass das Billigen, Verharmlosen oder Leugnen der systematischen Vernichtung von Juden zur Zeit des Nationalsozialismus, sofern dies öffentlich oder in einer Versammlung geschieht, strafbar ist; Stichwort Auschwitz-Lüge. Mit Teile der Bevölkerung sind alle im Inland lebenden Personengruppen gemeint, die sich auf Grund gemeinsamer äußerer und innerer Merkmale (z.b. Volkszugehörigkeit, Religion, politische oder weltanschauliche Überzeugung, soziale und wirtschaftliche Verhältnisse, Beruf etc.) als unterscheidbarer Teil von der Gesamtheit der Bevölkerung darstellen und zahlenmäßig nicht unerheblich sind. Bevölkerungsteile in diesem Sinne sind nach der Seite 5 von 6

Rechtsprechung beispielsweise politische Gruppen, Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen, Arbeitslose, Punker, Behinderte, Juden, in Deutschland lebende Ausländer, Gastarbeiter/innen, Asylbewerber/innen, Sinti und Roma oder Menschen anderer Hautfarbe. Aufstacheln zum Hass im Sinne des Gesetzes ist eine auf die Gefühle des Adressaten abzielende, über bloße Äußerung von Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizes zu einer feindseligen Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil. Ausreichend ist hier z.b. Darstellung von Asylbewerbern als betrügerische Schmarotzer oder als Sozialparasiten, bedauernde Äußerung über die Schließung von NS-Vernichtungslagern im Hinblick auf Ausländer, Enthüllungen von angeblichen Verschwörungen gegen das deutsche Volk, gegen die man sich wehren müsse, Äußerungen Ausländer solle man vergasen wie die Juden. Die Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen bedeutet ein über bloßes Befürworten hinausgehendes, Einwirken auf andere mit dem Ziel, in ihnen den Entschluss zu Gewalttätigkeiten oder sonstigen rechtswidrigen, diskriminierenden, auf Schädigung oder Benachteiligung abzielende Behandlungen hervorzurufen. Dabei ist das Diffamieren von Bevölkerungsgruppen sowohl durch Tatsachenbehauptungen wie auch durch Werturteile erfasst. Erforderlich ist zusätzlich ein Angriff auf die Menschenwürde. Zur Erfüllung des Tatbestands ist deshalb grundsätzlich erforderlich, dass der Angriff gegen den Persönlichkeitskern des Opfers, gegen dessen Menschsein als solches gerichtet ist. Dass etwa Ausländern lediglich das Aufenthaltsrecht bestritten wird, wird diesen Anforderungen meist nicht genügen, wohl aber wenn sie beispielsweise als "Untermenschen" oder "minderwertige Menschen" bezeichnet oder mit Tieren oder Sachen auf eine Stufe gestellt werden. In der politischen Auseinandersetzung wird der Meinungsäußerungsfreiheit zwar großes Gewicht eingeräumt, aber diese Freiheit findet ihre Grenzen im Strafrecht. Eine Meinungsäußerung darf nicht beleidigend sein und die andere Person herabwürdigen. Die Rechtsprechung spricht von der "Schmähkritik", die nicht der sachlichen Auseinandersetzung dient, sondern die die genannte Person kränken und diffamieren soll. Rückfragen gerne an die Justiziarin des Parteivorstandes: Saskia Freiesleben, Tel. 030 25991 282, Mail: Saskia.Freiesleben@spd.de Seite 6 von 6