Block C (Fr., 17.10.2003, 14:00-18:00 Uhr; Stephan Dreyer)



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Transkript:

Fachbereich Informations- und Kommunikationswesen: Medienrecht WS 2003/2004 Stephan Dreyer, Dr. Benjamin Korte Block C (Fr., 17.10.2003, 14:00-18:00 Uhr; Stephan Dreyer) A. Einführung B. Recht am eigenen Bild 1. Verfassungsrechtliche Grundlagen - Recht am eigenen Bild als spezielle Ausprägung des APR - Verfassungsrechtlicher Persönlichkeitsschutz umfasst das Recht, die Darstellung der eigenen Person anderen gegenüber grundsätzlich selbst zu bestimmen 2. Gesetzliche Vorgaben: KUG a) Entstehung b) Regelungsstruktur - 22: Einwilligungserfordernis 23 Abs. 1 Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis 23 Abs. 2: konkrete Interessenabwägung bei Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis c) Anwendbarkeit - 22 KUG: Verbreitung und Zurschaustellung von Bildnissen - Bildnisse sind Abbildungen, die Personen erkennbar wiedergeben; Merkmal der Erkennbarkeit ist weit auszulegen - Art der Abbildung ist unerheblich: auch Zeichnungen oder Karikaturen können Bildnisse isv 22 KUG sein - Relevante Handlung: Verbreiten und öffentlich zur Schau stellen d) 22 KUG : Grundsatz des Einwilligungserfordernisses - Form der Einwilligung: an keine Form gebunden; ausdrücklich oder konkludent möglich o In der Praxis meist konkludente Einwilligung: daher sind Indizien wichtig, die auf den Inhalt der Erklärung schließen lassen o Entscheidend ist, ob der Erklärungsempfänger das Verhalten des Betroffenen nach Treu und Glauben überhaupt als Einwilligung verstehen konnte

o Umfang und Zweck der stillschweigend erteilten Einwilligung sind durch Auslegung zu ermitteln; entscheidend: das konkrete Medium, Anzahl der Veröffentlichungen, Kontext der Veröffentlichung - Unwirksamkeit und Nichtigkeit: o Einwilligung Minderjähriger (<18 Jahre; 107 BGB) ohne gesetzliche Vertreter ist unwirksam; ab dem 14. Lebensjahr soll Einwilligung von Kind und Erziehungsberechtigten vorliegen o Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot führt zu Nichtigkeit ( 134): z.b. - Anfechtung: - Widerruf: pornographische Aufnahmen isd 184 Abs. 3 StGB o Grunds. können Einwilligungen angefochten werden ( 119 ff. BGB); Folge: Einwilligung wird als nicht abgegeben behandelt; aber ggf. Schadensersatz gem. 122 BGB Erklärungsirrtum: Irrtum über die Sendung, in der die Aufnahme erscheint Eigenschaftsirrtum: krasser Irrtum über die Veröffentlichungsreichweite Täuschung: Publizierender täuscht, Betroffener willigt daraufhin ein o Zulässigkeit nur in Einzelfällen o Vergleichbar mit Kündigung, Unproblematisch bei Widerrufsvorbehalt o Folge: mögliche Schadensersatzpflicht des Widerrufenden e) 23: freie Verbreitungsmöglichkeit - 23 KUG sieht Ausnahmen von dem grundsätzlichen Einwilligungserfordernis für folgende Sachverhalte vor (1) Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG - Vermutung, dass das Berichterstattungsinteresse das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten überwiegt - Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte? Klärung unter Bezug auf abgebildete Person und unter Berücksichtigung des Informationsinteresses der Bevölkerung - Etabliert hat sich die Differenzierung der bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte abgebildeten Personen in

o absolute Person der Zeitgeschichte Menschen, die aus der Masse der Mitmenschen herausragen und daher dauerhaft im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen können in aller Regel ohne Einwilligung veröffentlicht werden o Relative Person der Zeitgeschichte relative Personen der Zeitgeschichte treten nur in Zusammenhang mit einem bestimmten Geschehen in das Blickfeld der Öffentlichkeit können nur dann ohne Einwilligung veröffentlicht werden, wenn das Bildnis in Zusammenhang mit dem zeitgeschichtlichen Ereignis veröffentlicht und so ein Informationsinteresse befriedigt wird - Problematik: Begleiter, Lebensgefährten, Partner von absoluten Personen der Zeitgeschichte (2) Personen als Beiwerk, 23 Abs. 1 Nr. 2 - Entscheidend für die Ausnahme vom Einwilligungserfordernis in diesen Fällen: Charakter und Gegenstand des Bildnisses ändern sich bei Wegfall der Personenabbildung nicht; Person hat untergeordnete Bedeutung, ist nicht prägender Bestandteil des Bildes (3) Bilder von Personenansammlungen, 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG - Kein Einwilligungserfordernis bei Bildnissen von Versammlungen, Aufzügen etc. (auch: Sportveranstaltungen, Empfänge, Bälle) - Grund: Teilnehmer wenden sich an und agieren in der Öffentlichkeit, daher auch meist Einwilligung in Publikation vorausgesetzt - Problem Teilnahme von Polizisten bei Demonstration (4) Ausnahmen im Interesse der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit, 24 KUG - nicht unter Abwägungsvorbehalt ( 23 Abs. 2 KUG) - Voraussetzung: dringender Tatverdacht im Hinblick auf eine schwerwiegende Tat (5) 23 Abs. 2 KUG: konkreter Interessenausgleich - 23 Abs. 2 KUG schreibt für die Ausnahmen des Einwilligungserfordernisses eine konkrete und abschließende Interessenabwägung vor - Betroffen könne sich bei dieser Abwägung auf verschiedene Fallgruppen berufen o Körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Eigentum o APR und Sphärentheorie

Intimsphäre; umfasst den letzten unantastbaren Bereich menschlicher Freiheit, der auch der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist Privatsphäre; umfasst den Bereich, der in der Regel nur dem engeren Bekanntenkreis der Person zugänglich ist Sozial- und Öffentlichkeitssphäre - Sozialsphäre ist der Bereich, in dem der Betroffene mit anderen Menschen interagiert, ohne sich in die Privatsphäre zurückgezogen zu haben, aber auch ohne auf eine öffentliche Präsentation seines Handelns bedacht zu sein - Öffentlichkeitssphäre ist der Bereich, in dem der Betroffene sich wissentlich in das Rampenlicht der Öffentlichkeit stellt o Vermögen als berechtigtes Interesse 3. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das KUG - 33 KUG: Straftatbestand - 37 Abs. 1, 38 KUG: Anspruch auf Vernichtung oder Übernahme der Negative und Abzüge 4. Sonstige Schranken bei Bildrecherche und -anfertigung a) Allg. Gesetze b) Gesetzliche Aufzeichnungsverbote c) Exkurs: Erwerb von Bildrechten und Urheberrecht

Prüfungsschema bei mögl. Verletzungen des Rechts am eigenen Bild Bildnis? ( 22 KUG) (Abbildung einer individuell erkennbaren Person) nein Keine Verletzung Einwilligung? ( 22 KUG) 1. Vorliegen einer Einwilligung (explizit o. konkludent) 2. des Berechtigten 3. Deckung der beabsichtigten Veröffentlichung durch die Einwilligung Steckbrief? ( 24 KUG) - Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte? ( 23 I Nr. 1 KUG) - Abgebildete Person nur Beiwerk ( 23 I Nr. 2 KUG) - Bild einer Versammlung, eines Aufzugs oder eines ähnlichen Vorgangs? ( 23 I Nr. 3 KUG) - Dient die VÖ einem höheren Interesse von Kunst oder Wissenschaft? ( 23 I Nr. 4 KUG) Verletzung eines berechtigten Interesses des Abgebildeten? ( 23 II KUG) ja ja nein ja nein Keine Verletzung Veröffentlichung gerechtfertigt Veröffentlichung ungerechtfertigt Veröffentlichung unzulässig Kein Verstoß gegen das KUG

C. Strafrechtliche Grenzen der Berichterstattung 1. Ehrschützende Bestimmungen des StGB a) Einführung - Begriff der Ehre folgt aus dem Grundsatz, niemandem dessen berechtigten menschlichen Geltungsanspruch zu bestreiten. - Geltungsanspruch folgt aus seinem unveräußerlichen Kern in seiner Eigenschaft als Mensch (Menschenwürde) jeder Mensch kann ein Mindestmaß an Achtung verlangen. - Fallgruppen: o Jemandem werden seine elementaren menschlichen Eigenschaften bestritten. o Jemandem werden zu Unrecht Pflichtverletzungen im sittlichen, rechtlichen oder sozialen Bereich vorgeworfen. o Jemandem werden tatsächlich erworbene Dienste abgesprochen. b) Anwendungsbereich StGB - Schriften isd. 11 Abs. 3 StGB umfassen alle Tonträgermedien, wodurch Straftatbestände, die an die Verbreitung gedruckter Medien anknüpfen, automatisch auch etwa Bild- und Tonträger, Abbildungen und andere Darstellungen; seit 1997 auch Datenspeicher (Online-Medien, CD-ROMs, Cache) c) Einzelne Tatbestände (1) 185: Beleidigung - Beleidigung: Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung der Ehre eines anderen - Träger des Ehrenschutzes (Beleidigungsfähigkeit): o jede natürliche Person (von Geburt bis Tod); Ehrverletzung muss nicht durch Opfer erkannt werden (auch Säuglinge, geistig Behinderte geschützt) o keine Verstorbenen; da nur 189 o Personengemeinschaften als solche, unabhängig vom Ehrenschutz der einzelnen Mitglieder o Kollektivbeleidigung - Erkennbarkeit des Betroffenen - bei direktem Kontakt: durch herabsetzende Werturteile oder durch ehrenrührige Tatsachenbehauptung möglich

- Die Äußerung unrichtiger ehrenrühriger Tatsachen gegenüber einem anderen als dem Betroffenen fällt allerdings nicht unter den Tatbestand der Beleidigung (sondern der üblen Nachrede, 186 StGB). Daher kann bei Medienberichterstattung der Beleidigungstatbestand nur durch die Verbreitung ehrenrühriger Werturteile erfüllt werden. (2) 186: Üble Nachrede / Formalbeleidigung - Norm zielt auf unwahre Tatsachenbehauptungen (nicht auf Meinungsäußerungen), und zwar solche, durch deren Äußerung oder Verbreitung die Verletzung der Ehre des Betroffenen in Betracht kommt - Spezielle Vermutung des Wahrheitsbeweises in 190 bei verurteilten Straftätern - Nach 192 möglich: Bestrafung wegen Beleidigung trotz Wahrheitsbeweis (3) 187: Verleumdung - Aufstellung einer unwahren Behauptung in positiver Kenntnis der Unwahrheit (4) 189: Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener - Begriff des Verunglimpfens: Tatbestände der Beleidigung / üblen Nachrede / Verleumdung - nur schwerwiegende Beeinträchtigung oder Gefährdung des Ansehens Toter (5) Sonstige - Beleidigungsdelikte zu Lasten des Staates o 90 Verunglimpfung des Bundespräsidenten; nur erhebliche Ehrenkränkung o 90a Verunglimpfung, Beschimpfung oder Verächtlichmachung des Staates; o 188 Politische üble Nachrede: üble Nachrede gem. 186, die öffentlich zum Nachteil einer im politischen Leben des Volkes stehenden Person begangen wird o 103 Beleidigung von Vertretern ausländischer Staaten (ähnlich wie für Inland 188) 2. Jugendschützende Bestimmungen des StGB a) 184: Pornographie - 184 Abs. 3: harte Pornografie; vollständiges Herstellungs- und Verbreitungsverbot; Schutzgut neben Jugendschutz vor allem Menschenwürde - 184 Abs. 1: einfache Pornografie; Herstellung und gesetzeskonforme Verbreitung erlaubt

b) 131: Gewaltverherrlichung - Schriften ( 11 Abs. 3), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt - Freistellung der Berichterstattung über Vorgänge der Zeitgeschichte ( 131 Abs. 3) 3. Verwendung rechtswidrig erlangter Informationen - 201: Abhörprotokolle - 353 d Nr. 1 Gerichtsverhandlungen - 353 d Nr. 3 Aktenbestandteile - 44 StUG Stasi-Unterlagen 4. Sonstige strafrechtliche Grenzen - 94, 95: Landesverrat - 130: Volksverhetzung - 166: Beschimpfung religiöser Bekenntnisse

Literaturhinweise Standardwerke: - Brahnal: Medienrecht, 4. Aufl. (2002) - Prinz/Peters: Medienrecht, 1. Aufl. (1999) - Soehring: Presserecht, 3. Aufl. (2000) - Wenzel: Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Auflage (1994) Grundlegende Aufsätze: - Frömming/Peters, Die Einwilligung im Medienrecht, NJW 1996, 958 - Schulz/Jürgens, Das Recht am eigenen Bild, JuS 1999, 664 u. 770 Materialien & Folien zum Kurs im Internet unter http://www.ikmrecht.de