Christine Brandt Wintersemester 2004/2005 Abteilung Wirtschaftspolitik Helmholtzstr. 20, Raum E 01 Tel. 0731 50 24266 UNIVERSITÄT DOCENDO CURANDO ULM SCIENDO Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften Universität Ulm christine.brandt@mathematik.uni-ulm.de Übung 1 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Hörsaal H14 Mi 8.30-10 Uhr 1 Einführung Makroökonomie, BIP 2 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der wirtschaftliche Kreislauf - in der geschlossenen Volkswirtschaft ohne Staat, - in der offenen Volkswirtschaft mit Staat 3 Andere Einkommensmaße BSP, Nettonationaleinkommen, Volkseinkommen Literatur Mankiw, N. G., Makroökonomik, Schäffer-Poeschel, 4. Auflage 2000, Teil 1. Weitere Unterlagen auf der Web-Seite der Abteilung Wirtschaftspolitik: http: //www.mathematik.uni-ulm.de/wipo. 1
A.1 Einführung Makroökonomie: Wissenschaft der gesamtwirtschaftlichen Vorgänge wichtige makroökonomische Größen Inflationsrate Arbeitslosenquote Außenhandel Bruttoinlandsprodukt A.2 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) VGR ist eine makroökonomische, periodenbezogene, buchhalterische und zahlenmäßige Ex-post-Darstellung der in den Sektoren zusammengefassten Wirtschaftssubjekte eines Landes untereinander und im Verkehr mit der übrigen Welt. Dabei sind folgende Wirtschaftssubjekte zu unterscheiden: Unternehmen Haushalte Staat Ausland 2
Die VGR dient dem Verständnis für gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge. Sie erfasst die Entstehung, Verwendung und Verteilung des BIP. Drei Wege zur Berechnung des BIP: Entstehungsrechnung: Was ist wo von wem erzeugt worden? Verwendungsrechnung: Wofür werden die Einkommen verwendet? Verteilungsrechnung: Wem fließen welche Einkommen aus der Produktionstätigkeit zu? Bruttoinlandsprodukt (BIP): = der Wert aller Güter und Dienstleitungen zu Marktpreisen, die während einer Periode und innerhalb der Landesgrenzen entstehen und an den Endnutzer verkauft werden. = der Wert aller Einkommen zu Marktpreisen, die während einer Periode und innerhalb der Landesgrenzen entstehen. = die Summe der Wertschöpfung zu Marktpreisen, die während einer Periode und innerhalb der Landesgrenzen entstehen. Bruttonationaleinkommen (BNE) bzw. Bruttosozialprodukt (BSP): = der Wert aller Güter und Dienstleitungen zu Marktpreisen, die während einer Periode und durch Aktivitäten der Inländer entstehen und an den Endnutzer verkauft werden. = der Wert aller Einkommen zu Marktpreisen, die während einer Periode und durch Aktivitäten der Inländer entstehen. = die Summe der Wertschöpfung zu Marktpreisen, die während einer Periode und durch Aktivitäten der Inländer entstehen. 3
A.2.1 Der wirtschaftliche Kreislauf in der geschlossenen Volkswirtschaft ohne Staat In einem einfachen Kreislauf stehen sich Unternehmen und Haushalte gegenüber: Abb 1 realer Wirtschaftskreislauf Haushalte verfügen über die Produktionsfaktoren Arbeit L und Kapital K. Mittels L und K produzieren die Unternehmen Güter und Dienstleistungen. Diese Güter und Dienstleistungen werden wiederum von den Haushalten nachgefragt. monetärer Wirtschaftskreislauf Die Haushalte erhalten für die Bereitstellung ihrer Produktionsfaktoren Einkommen (Löhne W, Gewinne) Dieses Einkommen wird entweder für Konsumgüter ausgegeben C oder gespart S HH. Auch die Unternehmen können (einen Teil ihrer Gewinne anstatt sie auszuschütten) sparen. In Höhe der gesamten Ersparnis können die Unternehmen Kredite aufnehmen, um ihre Investitionen I zu finanzieren. Was passiert, wenn die Unternehmen mehr Güter anbieten möchten? Wie werden gebrauchte Güter, Lagerhaltung bzw. verderbliche Ware, Zwischenprodukte, selbstgenutzer Wohnraum und Eigenleistungen behandelt? 4
Tabelle 1: Zu- und Abflüsse im einfachen Wirtschaftskreislauf Pol Zuflüsse Abflüsse Haushalte W U + Gewinne HH = C + S HH Unternehmen C + I = W U + Gewinne HH + S U Vermögensänderung S HH + S U = I U A.2.2 Der wirtschaftliche Kreislauf in der offenen Volkswirtschaft mit Staat In diesem Kreislauf werden alle Wirtschaftssektoren erfasst (Abb. 2) Tabelle 2: Zu- und Abflüsse im Wirtschaftskreislauf Pol Zuflüsse Abflüsse Haushalte W U + Gewinne HH C + S HH + THH D +W ST + T r Unternehmen C + I+ W U + Gewinne HH + S U + Z + G U + EX TU D + T IND + IM + D Staat T D HH + T D U + T IND T r + Z + S ST + G U Ausland IM + (EX IM) EX Vermögensänderung S HH + S U + S ST + D I + (EX IM) 5
A.3 Andere Einkommensmaße A.3.1 Entstehungsseite Tabelle 3: Bruttoproduktionswert, BIP, NIPM, NIPF Summe der Bruttoproduktionswerte von Unternehmen und Staat - Summe der inländischen Vorleistungen = volkswirtschaftliche Gesamtangebot - Summe der ausländischen Vorleistungen = Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen - Summe der Abschreibungen = Nettoinlandprodukt zu Marktpreisen - indirekte Steuern + Subventionen = Nettoinlandprodukt zu Faktorpreisen Tabelle 4: BIP, BNE, Volkseinkommen Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen BIP 2 184,7 Mrd. Euro + empfangene Einkommen aus dem Ausland - geleistete Einkommen an das Ausland = Bruttonationaleinkommen zu Marktpreisen BNE 2 175,5 Mrd. Euro - Abschreibungen D = Nettonationaleinkommen zu Marktpreisen 1 853,0 Mrd. Euro - indirekte Steuern + Subventionen = Nettonationaleinkommen zu Faktorpreisen = Volkseinkommen 1 621,3 Mrd. Euro 6
A.3.2 Verwendungsseite Tabelle 5: Volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage Privater Konsum C 1 276, 6 Mrd. Euro + öffentlicher Konsum G 406, 3 Mrd. Euro + private und öffentliche Investitionen I 376, 2 Mrd. Euro + Export 849, 0 Mrd. Euro = Volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage - Importe 725, 3 Mrd Euro = Bruttoinhaltsprodukt zu Marktpreisen 2 184, 7 Mrd. Euro A.3.3 Verteilungsseite Fazit VGR Zwecke der VGR Tabelle 6: Volkseinkommen Löhne und Gehälter + Zinsen + Mieten und Pachten + Unternehmensgewinne = Volkseinkommen Darstellung und Analyse der zeitlichen Entwicklung Internationale und interregionale Vergleiche Prognose Entscheidungsgrundlage der Wirtschaftspolitik Überprüfung volkswirtschaftlicher Theorien 7
Defizite der VGR: Mess- und Schätzfehler Bewertungsprobleme und Doppeltzählungen Nichterfassung der Selbstversorgungs- bzw Schattenwirtschaft Informationsverlust und Fehlinterpretation durch Aggregation Wohlfahrt (Wohlstand) und VGR: BIP versus BSP: Produktion versus Einkommen Real statt nominal BIP pro Kopf statt BIP Nichtberücksichtigung des Gesundheitsniveaus, des Umweltzustandes, der Freizeit, des Freiheitsgardes, der kulturellen Interaktion... Trotzdem BIP = entscheidende makroökonomische Größe 8