Examensvorbereitung Zivilverfahrensrecht. Dozentenkurs im Januar 2009 Prof. Dr. Burkhard Hess Abschnitt 5



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Transkript:

Examensvorbereitung Zivilverfahrensrecht Dozentenkurs im Januar 2009 Prof. Dr. Burkhard Hess Abschnitt 5

5. Abschnitt: Rechtsmittel und Rechtsbehelfe I. Überblick 1. Begriff und Funktion der Rechtsbehelfe 2. Aufbau der Rechtsmittelklausur 3. Allgemeines Fragestellungen II. Die Berufung, 511 ff. ZPO 1. Funktion 2. Zulässigkeit 3. Begründetheit 4. Neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz III. Hinweis: Die Revision, 542 ff. ZPO

Rechtsmittel und Rechtsbehelfe I. Überblick 1. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel Rechtsbehelfe ermöglichen die Korrektur einer gerichtlichen Entscheidung (sog. Reformationszweck) Rechtsmittel sind Rechtsbehelfe mit - Devolutiveffekt (höheres Gericht entscheidet) - Suspensiveffekt (Eintritt der Rechtskraft wird gehemmt).

Rechtsmittel und Rechtsbehelfe 2. Der Prüfungsaufbau der Rechtsmittelklausur (1) Zulässigkeit des Rechtsmittels (2) Begründetheit des Rechtsmittels (a) Zulässigkeit der angefochtenen Entscheidung (b) Begründetheit der angefochtenen Entscheidung

Rechtsmittel und Rechtsbehelfe Die Zulässigkeit des Rechtsmittels (1) Statthaftigkeit (2) Form (3) Frist (4) Beschwer Hinweis: Die Zulässigkeit des Rechtsmittels wird vorab geprüft ( 522 I 2, 552 I 2, 572 II 2 ZPO)

Rechtsmittel und Rechtsbehelfe 3. Übergeordnete Fragestellungen a) Beschwerdegegenstand und Beschwer 511 II Nr.1 ZPO: Der Wert des Beschwerdegegenstands muss 600 übersteigen: berechnet sich aus der Differenz zwischen erstinstanzlichem Urteil und Berufungsantrag. 511 IV Nr. 2 ZPO: Zulassung der Berufung setzt nach 511 IV Nr. 2 ZPO voraus, dass eine Partei durch das Urteil mit mehr als 600 beschwert ist (= Differenz aus dem erstinstanzlichem Antrag und dem Urteil)

BGH NJW 1999, 3564 = Schwab Fall Nr. 98. Die klagende Klinik verlangt vom Bekl., einer Reinigungsfirma, Ersatz von 14.000 wegen der Benutzung eines gefährlichen Lösungsmittels. Sie trägt vor, das Mittel habe die Böden der Klinik zerstört; hilfsweise macht sie geltend, ein Patient habe schwere Gesundheitsschäden durch das Mittel erlitten. Das LG spricht 14.000 wegen der Schädigung des Patienten zu. Mit der Berufung verlangt der Kl. weitere 14.000 wegen der Beschädigung des Bodens. Der Beklagte bestreitet die Beschwer des Klägers.

Rechtsmittel und Rechtsbehelfe 3. Übergeordnete Fragestellungen b) Meistbegünstigung Eröffnet bei inkorrekter Bezeichnung der Entscheidung dem Rechtsmittelführer die Anrufung des zuständigen und des nach der Falschbezeichnung zuständigen Gerichts. Erklärt sich aus dem Fehlen einer allgemeinen Rechtsmittelbelehrung im Zivilprozess Gilt auch bei unrichtiger Belehrung der Partei, BGH NJW 2004, 1049.

Rechtsmittel und Rechtsbehelfe 3. Übergeordnete Fragestellungen c) Das Verbot der reformatio in peius 528 S. 2 ZPO: Das erstinstanzliche Urteil darf nur insofern abgeändert werden, als die Abänderung beantragt wurde. Hinweis: Anschlussrechtsmittel ( 524, 554, 567 III, 574 IV ZPO). Zweck: schaltet die reformatio in peius aus. Erleichterte Fristerfordernisse.

Rechtsmittel und Rechtsbehelfe 3. Übergeordnete Fragestellungen BGH MDR 2004, 706 f. K klagt gegen B auf Feststellung, dass ihm dieser alle künftigen Schäden aus einem Unfall verantwortlich sei. Das LG weist die Klage zurück, weil die Entstehung künftiger Schäden ausgeschlossen sei und dem K das Feststellungsinteresse fehle. Das OLG weist die Berufung hingegen mit der Begründung ab, dass B. gar nicht für den Unfall veranwortlich sei und daher nicht hafte. K legt Revision ein und rügt die Verletzung von 528 ZPO.

1. Zulässigkeit a) Statthaftigkeit aa) gegen Endurteile der 1. Instanz, 511 I ZPO, bb) als Wert- oder als Grundsatzberufung, 511 II, IV ZPO. b) Zuständiges Gericht aa) Beim AG: 72 GVG: das LG bb) Beim LG: 119 I Nr. 2 GVG: immer das OLG

1. Zulässigkeit c) Form: Beim iudex ad quem durch Einlegung einer Berufungsschrift, 519 ZPO d) Frist: 517 ZPO: 1 Monat nach Zustellung e) Berufungsbegründung, 520 ZPO aa) 2 Monate nach Urteilszustellung, spätestens 5 Monate nach Erlass des angefochtenen Urteils bb) Darlegung der Berufungsgründe nach 520 III Nr. 2 4 ZPO, nämlich Rechtsfehler; unvollständige Tatsachenfeststellung und (zulässiges) neues Vorbringen.

ad a) Statthaftigkeit der Berufung, 511 II ZPO aa) Nr. 1: Streitwertberufung: Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 600 bb) Nr. 2: Zulassungsberufung: durch das AG unter den Voraussetzungen des 511 IV ZPO - Grundsätzliche Bedeutung - Fortbildung des Rechts - Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

Die Zulassung der Berufung, 522 ZPO Prüfung durch die volle Kammer/Senat - 522 I ZPO: Bei Unzulässigkeit durch Beschluss, anfechtbar nach 522 I 4, 574 I Nr. 1 ZPO (Rechtsbeschwerde) - 522 II ZPO: Einstimmig, wenn die Sache keine Erfolgsaussichten (Nr.1 )oder keine grundsätzliche Bedeutung (Nr. 2 und 3) hat. Damit Vorschaltung eines schriftlichen Verfahrens.

Zurückweisung der Berufung, 522 ZPO 522 II ZPO: Einstimmig, wenn die Sache keine Erfolgsaussichten oder grundsätzliche Bedeutung hat. Rechtliches Gehör ist zu gewähren, 522 II 2 ZPO keine Anfechtbarkeit, 522 III ZPO dazu BVerfG, NJW 2005, 659; dagegen Krüger, NJW 2008, 945. Neuregelung ist geplant. Möglich: 321a ZPO: Gehörsrüge, sofern kein Gehör vor der Zurückweisung erfolgte

2. Die Begründetheit der Berufung Bezieht sich auf Zulässigkeit ( 513 II ZPO) und Begründetheit ( 513 I ZPO) des erstinstanzlichen Urteils. Der erstinstanzliche Vortrag wirkt fort. Erfordert seit der ZPO-Reform (2002) jedoch einen nach 513 I ZPO relevanten Grund: a) Rechtsverletzung ( 546 ZPO) b) Unrichtige Tatsachenfeststellung der ersten Instanz ( 529 I Nr.1 ZPO) c) Zulässiger neuer Tatsachenvortrag ( 529 I Nr. 2 ZPO)

a) Fehlerhafte Rechtsanwendung ( 513 I, 546 ZPO) Berufungsgrund liegt vor, wenn eine prozessuale oder materielle Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet wurde. Bei der Prüfung ist das Gericht nicht auf die vorgebrachten Berufungsgründe beschränkt, 529 II 2 ZPO. Ausnahmen: Verzichtbare Rügen, 529 II 1 ZPO. Örtliche und sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts, 513 II ZPO, Rechtsweg, 17a GVG

b) Unrichtige Tatsachendarstellung im angefochtenen Urteil, 513 I Fall 2, 529 I Nr. 1 ZPO Die Bindung an die Tatsachenfeststellungen der 1. Instanz entfällt, wenn erhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit vorliegen. Zweifel erfordern eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden. Folge: Wiederholung der Verhandlung und der Beweisaufnahme.

3. Die Zulassung neuen Tatsachenvortrags, 529 I Nr. 2, 531 ZPO Neuer Tatsachenvortrag ist zulässig: - wenn das Berufungsgericht den Fall anders beurteilt als das erstinstanzliche Gericht. - wenn Angriffs- oder Verteidigungsmittel aufgrund eines Verfahrensmangels des erstinstanzlichen Gerichts nicht vorgebracht wurden. - wenn Angriffs- oder Verteidigungsmittel ohne Fahrlässigkeit der Partei in der ersten Instanz nicht vorgebracht wurden.

Zulässige neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, 529 I Nr. 2, 531 II ZPO Nr. 1. betreffen einen Gesichtspunkt, den das erstinstanzliche Gericht übersehen hat Nr. 2. wurden infolge eines gerichtlichen Verfahrensfehlers erstinstanzlich nicht geltend gemacht Nr. 3: fehlende erstinstanzliche Geltendmachung beruht auf keinem Fehler der Partei (neu aufgetretene Tatsachen)

Die Einschränkungen des 533 ZPO Klageänderung, Prozessaufrechnung und Widerklage sind nur zulässig - bei Sachdienlichkeit oder Einwilligung des Prozessgegners und - wenn sie auf Tatsachen gestützt werden, die nach 529 ZPO sowieso berücksichtigt werden können.

BGH (GSZ) JZ 2009, 104 unstreitige nova Die Klägerin gewährte der Hauptschuldnerin einen Kredit, für den der Beklagte eine Bürgschaft übernahm. Nach Kündigung des Kreditvertrags forderte die Klägerin vom Beklagten Zahlungen in Höhe des Bürgschaftsbetrages. Da der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, erhob sie schließlich Klage. Nach Klageerhebung lief die Verjährungsfrist hinsichtlich der Hauptforderung ab. Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Dessen Berufung, mit der er erstmals auch die Verjährung der Hauptforderung geltend gemacht hat, wies das OLG zurück. Dabei hat es unter anderem ausgeführt, die Hauptforderung sei zwar verjährt, die Verjährungseinrede sei jedoch als neues Verteidigungsmittel des Beklagten nach 531 II ZPO nicht zu berücksichtigen. Die Verjährung der Hauptforderung ist unstreitig. Wie ist zu entscheiden?

4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts - Verwerfung durch Beschluss als unzulässig, 522 I, dagegen 544 ZPO - Zurückweisung durch Beschluss als offensichtlich unbegründet und ohne Allgemeininteresse, 522 II ZPO keine Anfechtungsmöglichkeit Kennzeichen: Keine mündliche Verhandlung, daher Beschluss

4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts Zulässige und begründete Berufung wird nach Verhandlung durch Urteil entschieden, dieses kann auf das angefochtene Urteil Bezug nehmen, 540 I ZPO. - Unbegründete Berufung wird zurückgewiesen - Ganz oder teilweise begründete Berufung führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils (ggf. zur Zurückweisung im Übrigen).

4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts - Regelmäßig ändert das Berufungsgericht das angefochtene Urteil ( 528 ZPO) und entscheidet selbst ( 538 I ZPO) - Ausnahmsweise hebt das Berufungsgericht nur auf und verweist den Rechtsstreit zurück: 538 II ZPO, insbesondere wenn das erstinstanzliche Urteil an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet (Nr.1)

III. Die Revision, 542 ff. ZPO 1. Allgemeines Kennzeichen: Rechtsmittel im Allgemeininteresse, statthaft nur bei Verfahren, die über den Anlassfall hinaus bedeutsam sind. Revision bedarf immer der Zulassung, 543, 544 ZPO. Ausschließliche Rechtsinstanz, 545, 546 ZPO, das Revisionsgericht prüft die Rechtsverletzung auf der Basis der Feststellungen der Berufungsinstanz, 559 ZPO.

III. Die Revision, 542 ff. ZPO 2. Prüfungsschema 542 ff. ZPO a) Zulässigkeit der Revision aa) Statthaftigkeit - Berufungsurteile von OLG und LG - Zulassung nach 543 f. ZPO Nichtzulassungsbeschwerde erfordert nach 26 Nr. 8 EGZPO mehr als 20.000 Wert d. Beschwerdegegenst. bb) Form, 549 I ZPO cc) Frist, 548 ZPO: 1 Monat dd) Beschwer ee) Revisionsbegründung, 551 ZPO