Soziale Beziehungen und Unterstützung: Veränderungen nach dem Tod des Ehepartners



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Transkript:

DZA Deutsches Zentrum für Altersfragen 3 Soziale Beziehungen und Unterstützung: Veränderungen nach dem Tod des Ehepartners Der Deutsche Alterssurvey (DEAS): Älterwerden und der Einfluss von Kontexten 1996 2002 2008 2011 Einführung Während des gesamten Lebens sind enge und unterstützende Beziehungen von großer Bedeutung für die individuelle Lebensqualität. Besonders wichtig sind sie bei Veränderungen und Krisen im Leben. Der Tod des Ehepartners oder der -partnerin ist so ein gravierender Einschnitt. Meist sind es Frauen, die einen solchen Verlust erleben. Weil Männer eine geringere Lebenserwartung als Frauen haben und zudem oftmals etwas älter sind als ihre Partnerinnen, sterben sie häufig vor ihren Frauen. Verliert man seine Partnerin oder seinen Partner im Alter, dann verliert man mit ihr oder ihm meist diejenige Person, mit der man einen großen Teil des Lebens verbracht hat. In dieser Situation wird besonders deutlich, was ein langjähriger Partner für das eigene Leben bedeutet: Durch ihn fühlt man sich zugehörig, erlebt Intimität, Verbundenheit und Geselligkeit. Der Partner ist aber auch die Person, die da ist, wenn man Hilfe braucht: Bei ihm findet man Trost und emotionale Zuwendung, ganz praktische Hilfe im Alltag und auch finanzielle Unterstützung. Plötzlich ohne die Partnerin oder den Partner leben zu müssen stellt deshalb eine große Herausforderung für die Betroffenen dar. Die Hinterbliebenen müssen nicht nur den Verlust selbst und die damit einhergehende Trauer bewältigen. Sie stehen nun auch allein vor Aufgaben, die zuvor der Partner übernommen hat oder die gemeinsam erledigt wurden. Das reicht von Erledigungen im Alltag über die Regelung finanzieller Angelegenheiten bis hin zur Sorge für Kinder oder andere Familienangehörige. In einer solchen Situation können bedeutsame Personen aus dem sozialen Umfeld der Ver-

witweten einspringen. Enge Vertraute können Trost spenden, emotionalen Beistand leisten oder einfach für Ablenkung sorgen. Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn können bei der Erledigung bürokratischer Angelegenheiten helfen und Aufgaben des Verstorbenen zumindest teilweise übernehmen. Gerade im Fall von Verwitwung zeigt sich ganz besonders, wie wichtig die sozialen Beziehungen sind, die eine Person hat. Wie stark ein Mensch in soziale Beziehungen eingebunden ist, hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab. Einer davon ist die Bildung: Je höher ein Mensch gebildet ist, umso eher hat er ein großes und vielfältiges Netzwerk aus sozialen Beziehungen. Und dieser Kreis aus Freunden, Familie und Bekannten ist dabei offenbar auch verlässlich, sodass höher ge - bil dete Menschen tatsächlich auch mehr Unterstützung erhalten als weniger Gebildete. Die Bildung eines Menschen kann also eine Rolle dabei spielen, wie er den Verlust der Ehepartnerin oder des Ehepartners bewältigen kann. Zusammenhänge wie diese erforscht der Deutsche Alterssurvey (DEAS). In dieser Studie werden Menschen in verschiedenen Phasen ihres Lebens zu ihren sozialen Beziehungen befragt. Erfasst wird etwa, wie viele Menschen der oder dem Befragten nahestehen. Zudem ist es von Interesse zu erfahren, wie die Menschen die mögliche Unterstützung durch Freunde und Familie für einen Krisenfall einschätzen, und welche Unterstützung sie tatsächlich in einer Krisensituation erfahren. Auf diese Weise lassen sich Veränderungen nach dem Tod des Partners oder der Partnerin beobachten und für Menschen aus unterschiedlichen Bildungsschichten vergleichen. Es können Antworten auf folgende wichtige Fragen gegeben werden: Wie verändern sich soziale Beziehungen nach dem Tod der Ehepartnerin oder des Ehepartners? Verändert sich die Unterstützung, die eine Person aus ihrem Verwandten- und Freundeskreis erhält? Sind derlei Veränderungen von kurzer Dauer oder sind sie langfristig zu beobachten? Welche Rolle spielt dabei die Bildungsschicht? 2 Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) Älterwerden und der Einfluss von Kontexten

Nach dem Tod der Ehepartnerin oder des Ehepartners steigt zunächst die Anzahl der engen Beziehungen zu anderen Personen an und die Unterstützung nimmt zu Grundsätzlich reagiert das soziale Umfeld der en unterstützend auf deren Verlusterfahrung. So nimmt nach einer Verwitwung die Anzahl enger Beziehungen, die sich durch regelmäßigen Kontakt auszeichnen, zu. Offen bleibt dabei allerdings, ob Witwen und Witwer dabei lang gepflegte Kontakte intensivieren, aus den Augen verlorene Beziehungen wiederbeleben, oder ob sie neue Ansprechpartner und Vertraute suchen. Es ist zu vermuten, dass unmittelbar nach der Verwitwung Hilfe und Trost hauptsächlich in bestehenden Beziehungen gesucht werden. Die Forschung hat gezeigt, dass es vor allem Beziehungen zu den eigenen Kindern und anderen Familienmitgliedern sind, die nach dem Tod der Partnerin oder des Partners zunächst an Bedeutung gewinnen. Gänzlich neue enge Beziehungen kommen häufig erst später hinzu. Die steigende Zahl der engen Beziehungs - personen geht auch mit einem Anstieg an Unterstützung einher. Nach einer Verwitwung nehmen die Hinterbliebenen zum einen mehr Personen wahr, die ihnen zur Seite stehen würden, wenn sie Aufmunterung benötigen oder einen Rat suchen, als vor der Verwitwung. Zum anderen erhalten e tatsächlich auch mehr und vielfältigere Unterstützung. Das kann Ratschläge, Trost, Hilfe im Haushalt sowie finan zielle Unterstützung beinhalten. Der Verlust der Ehepartnerin oder des Ehepartners wird nur teilweise nachhaltig ausgeglichen Der allgemeine Bedeutungszuwachs sozialer Beziehungen ist allerdings nicht von Dauer. Vielmehr konzentriert er sich auf die ersten beiden Jahren nach der Verwitwung. So steigt die Anzahl der sozialen Beziehungen kurzfristig an, doch ab dem dritten Jahr nach der Verwitwung ist die Zahl der Kontaktpersonen rückläufig (siehe Abbildung 1a). Im sechsten Jahr nach der Verwitwung haben die Menschen ähnlich viele nahestehende Personen wie vor dem Verlust der Ehepartnerin oder des Ehepartners. Das bedeutet, dass die nach dem Tod dieser zentralen Bezugsperson entstehende Lücke offenbar nicht nachhaltig durch andere nahe stehende Menschen geschlossen werden kann. Soziale Beziehungen und Unterstützung: Veränderungen nach dem Tod des Ehepartners 3

Abbildung 1: Entwicklung der Anzahl enger Beziehungen und der sozialen Unterstützung nach Verwitwung Quelle: Deutscher Alterssurvey 1996 2011, Deutsches Zentrum Abbildung für 1: Altersfragen. Entwicklung der Anzahl enger Beziehungen und der sozialen Unterstützung nach Verwitwung a) Anzahl enger Beziehungen (ohne Partnerin/Partner) Anzahl enger Beziehungen 6 5 4 3 2 1 0 0-2 Jahre nach Verwitwung 3-5 Jahre 6 und mehr Jahre nach Verwitwung nach Verwitwung Günstiger gestalten sich die Veränderungen im Unterstützungsbereich (siehe Abbildung 1b). Auch hier wachsen zunächst das wahrgenommene Unterstützungspotenzial sowie der Umfang erhaltener Unterstützung deutlich an, um in den Folgejahren in einen Rückgang überzugehen. Allerdings geht das Unterstützungspotenzial nicht bis auf das Niveau vor der Verwitwung zurück, sondern pendelt sich langfristig auf einem höheren Niveau ein. Auch noch mehrere Jahre nach der Verwitwung nennen die Menschen mehr Personen, an die sie sich bei Bedarf wenden könnten, als zu dem Zeitpunkt, als die Ehepartnerin oder der Ehepartner noch lebte. Auch für die tatsächlich erhaltene Unterstützung zeigen sich langfristig zumindest keine Verluste: Hinterbliebene erhalten auch sechs Jahre nach ihrer Verwitwung fast genau so viel Unterstützung wie vor ihrer Verwitwung. Insgesamt betonen die Befunde die Notfallfunktion sozialer Beziehungen. Gerade in der ersten Zeit nach der Verwitwung, in der sich das Wohlbefinden der Hinterbliebenen bekanntermaßen deutlich verschlechtert, nehmen die Anzahl enger Beziehungen sowie das Ausmaß der Unterstützung merklich zu. Soziale Beziehungen variieren zwischen den Bildungsschichten b) Soziale Unterstützung Soziale Unterstützung 6 5 4 3 2 1 0 0-2 Jahre nach Verwitwung Erhaltene Unterstützung Unterstützungspotenzial (ohne Partnerin/Partner) 3-5 Jahre 6 und mehr Jahre nach Verwitwung nach Verwitwung Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bildungsschicht spielt eine Rolle für die sozialen Beziehungen der Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Je höher die Bildungsschicht, der eine Person angehört, desto mehr enge Beziehungen jenseits der Ehepartnerbeziehung werden gepflegt. Daneben fallen auch das wahrgenommene Unterstützungspotenzial sowie die tatsächlich erhaltene Unterstützung höher aus. Die Zugehörigkeit zu einer Bildungsschicht ist also nicht 4 Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) Älterwerden und der Einfluss von Kontexten

Quelle: Deutscher Alterssurvey 1996-2011, Deutsch unerheblich für das Ausmaß der sozialen Integration und die Einbettung in unterstützende informelle Beziehungsnetze. Je höher die Bildung, desto stärker wachsen nach einer Verwitwung die Anzahl enger Beziehungen und das Unterstützungspotenzial Abbildung ABBILDUNG 2: Bildungsspezifische 2: BILDUNGSSPEZIFISCHE Ent wick lung der Anzahl der engen Beziehungen ENGEN BEZIEHUNGEN und der U sozialen Unterstützung nach NACH Verwitwung VERWITWUNG Quelle: Deutscher Alterssurvey 1996 2011, Deutsches Zentrum für Altersfragen. a) Anzahl enger Beziehungen (ohne Partnerin/Partner) 5.0 4.5 Nach einer Verwitwung bleibt die durchschnittliche Anzahl enger Beziehungen bei Menschen aus unteren Bildungsschichten beinahe konstant. Menschen mit mittlerer und hoher Bildung können hingegen auf eine steigende Zahl von Vertrauten bauen (siehe Abbildung 2a). Personen 3.5 2.5 1.5 0.5 Dieser bildungsschichtspezifische Zuwachs zeigt sich auch für das wahrgenommene Unterstützungspotenzial (siehe Abbildung 2b). Bei Menschen mit niedriger Bildung steigt die durchschnittlich wahrgenommene Anzahl an potenziellen Unterstützungspersonen zwar an, aber in geringerem Maße als bei Menschen mit mittlerer oder hoher Bildung. Die bereits vor der Verwitwung bestehenden Unterschiede in der Anzahl enger und verlässlicher Beziehungen zwischen den Bildungsgruppen vergrößern sich infolge dieses Ereignisses (siehe Abbildungen 2a und 2b). Das Netz aus Freunden, Familienmitgliedern und Bekannten kann den Verlust an sozialer Einbindung nach Verwitwung bei niedrig Gebildeten offenbar weniger gut ausgleichen als bei höher Gebildeten. Personen b) Unterstützungspotenzial (ohne Partnerin/Partner) 5.0 Soziale Beziehungen und Unterstützung: Veränderungen nach dem Tod des Ehepartners 5 Erhaltene Unterstützung

5.0 4.5 3.5 Personen 2.5 1.5 0.5 In unteren Bildungsschichten nimmt die erhaltene Unterstützung nach einer Verwitwung zu b) Unterstützungspotenzial (ohne Partnerin/Partner) 5.0 Ein umgekehrtes Bild zeigt sich für die Entwicklung der tatsächlich erhaltenen Unterstützung (siehe Abbildung 3). Nunmehr sind es die en aus unteren Bildungsschichten, die den stärksten Anstieg erfahren. Dagegen fallen die Zuwächse bei den mittel und hoch Gebildeten nur gering aus. Personen Die sozialen Beziehungen in unteren Bildungsschichten sind möglicherweise besser geeignet, die durch Verwitwung entstandenen Versorgungslücken zu füllen. Dies könnte durch deren geringere Mobilität bedingt sein, die die Pflege räumlich naher Beziehungen erleichtert. Es sind gerade diese Beziehungen, die auf den im Zuge der Verwitwung entstandenen Mehr bedarf an Unterstützung schnell und effizient reagieren können. Eine weitere Erklärung könnte ein höherer Bedarf an Unterstützung bei niedrig Gebildeten sein vor allem was die Sicherung des Lebensunterhaltes sowie die Alltagsorganisation anbelangt. Im Vergleich zu ihnen sind höher Gebildete aufgrund von Ersparnissen oder privater Vorsorge in Notfällen wie diesem finanziell möglicherweise besser abgesichert. Das wiederum erleichtert die Inanspruchnahme privat finanzierter Haushaltshilfen oder Pflegedienste. Abbildung 3: Bildungsspezifische Entwicklung der erhaltenen Unterstützung nach Verwitwung Quelle: Deutscher Alterssurvey 1996 2011, Deutsches Zentrum für Altersfragen. Erhaltene Unterstützung Anzahl der Unterstützungsarten 3.5 2.5 1.5 0.5 6 Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) Älterwerden und der Einfluss von Kontexten

Resümee: Soziale Beziehungen mildern die Folgen einer Verwitwung vor allem aber kurz- und mittelfristig sowie bildungsschichtspezifisch Der Tod der Ehepartnerin beziehungsweise des Ehepartners ist für die Betroffenen ein Einschnitt, der oftmals mit einem starken Rückgang ihres subjektiven Wohlbefindens einhergeht. Ihr Bedarf an emotionaler Zuwendung und Unterstützung unterschiedlichster Art steigt an. Die Ergebnisse des DEAS zeigen, dass im Umfeld der Betroffenen auf diesen Bedarf schnell reagiert wird: Es ist nicht nur ein Anstieg der Unterstützung nach einer Verwitwung zu beobachten, sondern auch eine Zunahme der Anzahl nahe stehender Personen. Es erfolgt eine schnelle und durchaus umfängliche Mobilisierung sozialer Beziehungen, die die Hinterbliebenen bei der Bewältigung des Verlustes unterstützen können. Damit stellen die Befunde die Bedeutung, aber auch die Notwendigkeit s ozialer Beziehungen angesichts einer Verwitwung heraus. Allerdings erweist sich das Potenzial sozialer Beziehungen als begrenzt. Insgesamt deutet sich langfristig eine Verschlechterung der sozialen Integration von en an: Auch wenn die Unterstützung durch andere langfristig nicht unter das Ausgangsniveau vor der Verwitwung zurückgeht, so hinterlässt die verstorbene Partnerin beziehungsweise der verstorbene Partner zahlenmäßig eine Lücke, die vom Netzwerk nicht geschlossen werden kann. Dies betrifft vor allem e mit niedriger Bildung. Handlungsbedarf zeichnet sich vor allem dort ab, wo die Möglichkeiten, auch in dieser Lebensphase sozial eingebunden zu sein, eingeschränkt sind. Dieser Handlungsbedarf könnte sich zudem zukünftig noch vergrößern. Familienbeziehungen, die ein wesentlicher Bestandteil der Beziehungsnetze von Menschen in der zweiten Lebenshälfte sind, werden zukünftig aufgrund steigender Kinderlosigkeit und größeren räumlichen Distanzen zwischen Familienmitgliedern an Bedeutung eher verlieren. Die Zusammensetzung und auch die Qualität der sozialen Beziehungen, die die Menschen über den Lebensverlauf hinweg begleiten, werden sich verändern. Welche Konsequenzen sich hieraus für die soziale Integration und damit für das Wohlbefinden der Menschen angesichts kritischer Lebensereignisse ergeben, ist bislang offen. Dass sich soziale Beziehungen hinsichtlich ihrer Stabilität und Funktionalität verändern, ist insofern erwartbar, als sich Beziehungen zu Nichtverwandten von Familienbeziehungen unterscheiden: Beziehungen zu Freunden oder Nachbarn sind weitaus weniger durch implizite wie explizite Verpflichtungen gekennzeichnet und basieren stärker auf Freiwilligkeit als die Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Es wird also zu klären sein, wie gut solche nicht-familiale Beziehungen familiale Beziehungen ergänzen oder sogar ersetzen können, wenn es darum geht, den Tod der Ehepartnerin oder des Ehepartners zu bewältigen. Soziale Beziehungen und Unterstützung: Veränderungen nach dem Tod des Ehepartners 7

DZA Deutsches Zentrum für Altersfragen Pressetext Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) Der Deutsche Alterssurvey ist eine umfassende Untersuchung der zweiten Lebenshälfte, also des mittleren und höheren Erwachsenenalters. Ziel der Untersuchung ist es, Informationsgrundlagen für politische Entscheidungsträger und die interessierte Öffentlichkeit einerseits sowie Daten für die wissenschaftliche Forschung andererseits bereitzustellen. Die Studie wurde bisher in den Jahren 1996, 2002, 2008 und 2011 durchgeführt. Die Förderung des DEAS erfolgt mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Die Verantwortung für die Inhalte dieser Veröffentlichung liegt bei der DEAS- Projektgruppe. Dieser Pressetext wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Folgende Pressetexte sind online über www.dza.de/deas-pressetexte beziehbar: Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) Älterwerden und der Einfluss von Kontexten Übergang in den Ruhestand und Renteneinkommen Freizeitaktivitäten und Ruhestand: Die Bedeutung der Bildung und der Art des Ruhestandsübergangs Soziale Beziehungen und Unterstützung: Veränderungen nach dem Tod des Ehepartners Veränderungen der Gesundheit im Alter Aktives und gesundes Leben im Alter: Die Bedeutung des Wohnortes Eine Broschüre, die hier alle aufgeführten Pressetexte enthält, wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgegeben (www.bmfsfj.de). Mehr Informationen erhalten Sie über das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) sowie online über www.deutscher-alterssurvey.de Herausgeber: Deutsches Zentrum für Altersfragen Manfred-von-Richthofen-Str. 2 12101 Berlin Telefon 030 / 260 74 00 Telefax 030 / 785 43 50 www.dza.de