Eröffnungsrede von Ronald Grätz, Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen Sehr geehrter Herr Staatsminister Dr. Hoyer, sehr geehrte Mitglieder des Bundestages, sehr geehrte Vertreter des Auswärtigen Amtes, Exzellenzen, meine Damen und Herren, und natürlich vor allem liebe Partner und Gäste aus den zivik-projekten weltweit! In Europa stehen Menschen mit zehn Jahren an der Schwelle vom Kind zum Jugendlichen. Zivik mit seinen zehn Jahren ist hier schon sehr viel weiter, es ist ein ausgewachsenes, reifes Programm zur Förderung von Friedensprojekten. Und es will sich trotzdem noch weiter entwickeln. Dennoch ein kurzer Blick zurück: Kinder verändern ja auch das Elternhaus. So hat zivik auch das Institut für Auslandsbeziehungen, das ifa verändert. Obwohl bereits 1917 als Werk des Friedens gegründet wurde, fand sich dies vor zehn Jahren nur vage als Völkerverständigung in unserer Satzung wieder. Zivik war der Anlass, als eines der ifa-ziele klar die Friedensförderung zu formulieren. zivik fing an, wie alle Kinder, klein, mit drei Mitarbeiterinnen in Berlin. Ich freue mich, dass eine Mitarbeiterin aus jenen Tagen heute noch Teil des zivik-teams ist, Christa Boldorf, dass die Leiterin aus der entscheidenden Aufbauphase heute zu unseren Gästen zählt, nämlich Cornelia Brinkmann, und dass viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heute mit uns feiern. Sie alle haben zum Wachstum und zum Erfolg des Programms beigetragen. Bitte verzeihen Sie mir, dass ich nicht alle
namentlich aufzählen kann. Auf jeden Fall, Ihnen gebührt höchste Anerkennung und großer Dank für das Aufbauwerk, das Sie geleistet haben. Eine Anekdote ist vielleicht typisch für zivik. Das kleine zivik-team, das Startteam, hat das Erstaunliche vollbracht, bereits nach sechs Wochen die ersten Leistungen, wenn man so will, nach außen zu erbringen. Der damalige verantwortliche Referatsleiter im Auswärtigen Amt, Martin Fleischer, sagte später, er hätte diese Zeitspanne in seinen kühnsten Träumen um den Faktor vier länger erwartet. Auch ihm, der derzeit in der Deutschen Botschaft in Beijing auf Posten ist, gebührt großer Dank, und mit ihm, gewissermaßen als zweiter Teil der Elterngemeinschaft, dem Abteilungsleiter Dialoge im ifa, meinem Kollegen Rainer Nolte. Er hat mit zivik sowohl günstige Winde wie auch stürmische See erlebt und den Kurs bis zur heutigen Position gehalten. Heute kümmern sich sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Leitung von Peter Mares um die Belange von Projektentwicklern und durchführenden Organisationen. Für ihren Erfolg sprechen die Zahlen an geförderten Projekten und Finanzvolumina und die große Anerkennung, die das Programm im Auswärtigen Amt und, so haben wir am heutigen Tag bereits erleben dürfen, bei seinen Projektpartnern genießt. Ich danke heute auch dem Deutschen Bundestag für die politischen und die Haushaltsentscheidungen, die zivik ermöglicht haben und weiter ermöglichen, und ich danke dem Auswärtigen Amt für die vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit über die Jahre hinweg. Besonders danken möchte ich den internationalen Partnern von zivik, die zum Teil eine beschwerliche Reise auf sich genommen haben, um heute hier sein zu können. Auch wenn der zehnte Geburtstag ein schöner Anlass ist, hier und heute zusammen zu kommen, zivik ist kein Geschenk der Politik an das Institut für Auslandsbeziehungen. Wir dürfen nicht vergessen,
dass der Anlass für die Notwendigkeit der Friedensförderung alles andere als erfreulich ist, und dass zivik ein Teil deutscher Friedenspolitik ist, einer notwendigen Politik. zivik ist unter anderem ein Zeichen dafür, dass beim Frieden Wunschdenken nicht ausreicht. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Es bedarf großer Anstrengung, mit Konflikten gewaltfrei umzugehen und weit über staatliche Instanzen hinaus die gesellschaftlichen Akteure einzubeziehen und zu unterstützen. Wen auch immer man fragt, jeder würde aus tiefer Überzeugung zustimmen, dass Frieden zu fördern eine gute Sache ist. Aber der Begriff der zivilen Konfliktbearbeitung klingt nicht nur sperrig, sondern in diesem Begriff steckt, zumindest in der deutschen Version, das Wort Arbeit. Das hat zivik von Anfang an als hohen Anspruch an Professionalität und an Qualität verstanden. Die Projektpartner heute, die zivile Konfliktbearbeitung in ihren Ländern und Regionen verkörpern, sind Zeugnis für die Professionalität der Friedensarbeit. Ich nenne das heutige Jubiläum daher einen Friedensgipfel, und ich möchte, dass es nicht bei diesem einen Friedensgipfel bleibt. Frieden ist Daueraufgabe. Ich sprach von der Professionalität, auch der Professionalität von zivik. Natürlich gibt es viele professionelle Konfliktexperten und auch einige internationale Zusammenkünfte, regional und global. zivik schließt aber den Kreis der Beteiligten mit seinem Praktiker- und Forscher- und Förderer-Dialog. Das ist es, was zivik so besonders macht. Diese Art der Multilateralität entspricht dem Anspruch des ifa, Menschen zusammenzuführen, die ohne das ifa nicht zusammen kämen, und zwar um neue Lösungen zu entwickeln, nicht als Selbstzweck. Die Effekte solcher Lerngemeinschaften sind unabsehbar, ein Effekt ist aber überdeutlich. Die Rückbindung zwischen zivik und seinen Projektpartnern steigert die Qualität der Arbeit, und dies nicht nur für zivik, sondern mit einer Zusatzchance für die Politik, die zivik trägt. Daher brauchen wir weitere Friedensgipfel.
Das ifa will, ich sagte es, Menschen zusammenbringen, die ohne das ifa nicht zusammen kämen. Die Begegnung und der Austausch zwischen einem Friedensmacher aus dem Kongo und einer Aktivistin aus Guatemala - auch wenn diese jetzt leider nicht da ist - ist nicht selbstverständlich. Kulturaustausch, meine Damen und Herren, ist auch Austausch von Expertise in der Kultur des Friedens, wie sie Kofi Annan einmal genannt hat. Kulturaustausch wird de facto zu einem globalen Austausch und Verständnis der verschiedenen Risikokulturen - der Wahrnehmung und Bewertung ökologischer, technologischer und ökonomischer Risiken. Das erleben wir gerade auf dramatische Weise. Kulturaustausch wird zu einer globalen Lerngemeinschaft über die Verschiedenheit in der Risikobehandlung und deren Chancenreichtum. Und als Teil davon ist Kulturaustausch eben auch - und dies ganz dringend - eine globale Lerngemeinschaft über die Kulturen der Friedensarbeit. Dieses Lernen wirkt ausgesprochen krisenpräventiv, und daher brauchen wir auch neue Friedensgipfel. Der Konflikt- und Friedensjournalismus ist noch nicht auf der Höhe seiner Aufgaben. Niemand Geringeres als die bekannte deutsche Journalistin Petra Gerster hat gefordert, dass der Journalismus endlich und tatsächlich umfassend über Konflikte und auch über gewaltfreie Konfliktbeilegung berichten muss. Dazu brauchen wir auch Friedensgipfel. Sie bieten den Medien anschauliche Anlässe, sie bringen auch - gestatten Sie mir die Formulierung - Friedensmacher zum Anfassen in den medialen Fokus. Und die mediale Aufmerksamkeit bildet den Nährboden für die Vermittlung und Akzeptanz der Friedenspolitik, um die auch der neue Unterausschuss des Deutschen Bundestages kämpft. Auf Friedensgipfeln legen Friedensmacher nicht nur anschaulich Rechenschaft gegenüber Parlament, Politik, Geldgebern und Öffentlichkeit ab, sie bieten ihnen die ganze Geschichte und das volle Spektrum und nicht nur einen je projektspezifischen Teilaspekt. Es entstehen Gesprächschancen, die in Amtsstuben und Plenarsälen kaum entstehen dürften.
Vor allem aber geben Friedensgipfel den Friedensmachern ein Gesicht, verschaffen ihnen und ihrer Arbeit ein Forum für die Verfechtung ihrer Anliegen. Sie verleihen der Friedenspolitik Fleisch und Blut, Seele und Glaubwürdigkeit. Neben allem unbestreitbaren sachlichen Nutzen sind Friedensgipfel daher auch ein nötiges politisches Symbol. Vor allem sind sie ein Zeichen des Respekts und der Anerkennung für die Kraft, den Mut und den Willen von Menschen, die sich - oft unter riskanten Bedingungen - für gewaltfreie Konfliktbeilegung, kurz: für Frieden einsetzen. Ihnen, den Friedensmachern, ist der heutige Tag und der größte Teil des heutigen Abends gewidmet. Ihnen gebührt unser aller Dank. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.