Bedeutung und Beurteilung von Grundfutter in der Pferdefütterung Dr. Patricia Leberl, Landesanstalt für landwirtschaftliche Chemie Universität Hohenheim
Einteilung der Futtermittel Grundfutter Saftfutter Kraftfutter Gras Heu Grassilage Maissilage Stroh Cobs Briketts Rüben Möhren Rote Beete Hafer Gerste Körnermais Melasseschnitzel Sojaextraktionsschrot Leinsamen Mischfutter
Warum ist Grundfutter wichtig? Voraussetzung für eine ungestörte Verdauung, da der Verdauungsapparatdes Pferdes an eine kontinuierliche Aufnahme faserreichen, strukturierten Futters adaptiert ist Speicher für Elektrolyte Befriedigung des Kaubedürfnisses Beschäftigung Kauzeit ca.10 Min. Kauzeit ca. 40 Min.
Der Begriff Futtermittelstruktur Heuprobe für Pferde Holz ist nicht strukturwirksam Unter der Futtermittelstruktur versteht man bestimmte physikalische Eigenschaften (z.b. Partikelgröße, Härte) in Kombination mit Strukturstoffen aus der chemischen Analyse (Rohfaser, NDF, ADF), wobei Grundfutter aufgrund ihrer hohen Gehalte an Strukturstoffen als Strukturfutter bezeichnet werden.
Folgen bei ungenügender Aufnahme von Strukturstoffen Hakenbildung infolge ungenügender Kauintensität Fehlgärungen in Magen und Darm Geringe Syntheseleistung Darmbakterien Begünstigung von Obstipationen (fehlender Einfluß Darmperistaltik) Vermehrtes Aufnehmen Einstreu (Hygiene) Dünnbreiiger Kot, Durchfall Untugenden (Weben, Koppen) Anteil strukturierter Rohfaser in Gesamtration 16-22% TS
Heubereitung Optimaler Schnittzeitpunkt in der Mitte bis Ende der Blüte der Hauptgräser pferdegerechtes Heu 30-33% Rohfaser in der TS Früherer Schnitt zu eiweißreich und strukturarm (blattreich) Späterer Schnitt zwar noch Strukturfutter, aber zu geringer Futterwert, oft sind Bestände dann auch stärker verpilzt Heu das während der Feldliegezeit verregnet und für die erneute Trocknung mehr als 4 Tage benötigt, weist deutlich höhere Staubanteile auf und eignet sich deshalb nicht mehr optimal als hochwertiges Pferdefutter
Heubereitung Verfahren der Heubereitung: Preßverfahren: Bodentrocknung Reutertrocknung Belüftungstrocknung HD- Ballen Rundballen Quaderballen Frisch eingebrachtes Heu nichtverfüttern, Gefahr von schweren Verdauungsstörungen und Koliken!!!
Ein Fall aus der Praxis Urteil Landgericht Karlsruhe vom 17.1. 2008 Schlagzeile: Pferd mit frischem Heu tot gefüttert Tierfreund hatte trächtiger Stute frisches umher liegendes Heu gefüttert Stute erlitt Kolik und musste eingeschläfert werden 8000 Euro Schadensersatz
Heulagerung Dauer Schwitzphase abhängig vom Wassergehalt bei der Einfuhr und Lagerungsdichte (6-8 Wochen), bei Wassergehalt <15% ist Reifeprozeß abgeschlossen Fällt Wassergehalt während Lagerung nicht unter 15%: -Schimmelpilze - Nährstoffverluste - toxische Substanzen Gefahr des Auftretens von Durchfällen, Koliken, Allergien, Atembeschwerden und Aborten Mit zunehmender Lagerungsdauer kommt es zu einer Steigerung des Staubanteils im Heu, kein überjähriges Heu verfüttern, notfalls wässern
Prinzip: Mikroorganismen wandeln unter Luftabschluss pflanzliche Kohlenhydrate in organische Säuren um Voraussetzungen: Genügend Feuchtigkeit Ausreichend vergärbare Kohlenhydrate (Zucker) Viele siliertaugliche Milchsäurebakterien Rasche Befüllung Gute Verdichtung Grassilagebereitung Schnelle Schaffung sauerstofffreier Bedingungen
Grassilagebereitung Optimaler Schnittzeitpunkt: zu Beginn bis Mitte der Blüte der Hauptgräser etwa 27 % Rohfaser sowie Rohproteingehalt <12% TS
Einteilung von Grassilagen 10 20 30 40 50 60 Nassilage Anwelksilage Heulage Trockensubstanz (TS) in % Für Pferde darf eine Häcksellänge von 5cm nicht unterschritten werden Ein Anwelken auf mind 30% TS, besser 40-45% TS sollte erfolgen Problem: Pferdesilagenweisen meist TS-Gehalte über 50 % auf (Heulagen), hier erfolgt keine Gärung sondern eine Konservierung durch Luftabschluss. Erhöhtes Risiko der Nacherwärmung
Silagelagerung Ballen mit mind. 6-8 Lagen Silofolie umwickeln Siloschutzfolie verwenden
Vergleich Silage-Heu Silage Vorteil: Geringere Nährstoffverluste Geringeres Wetterrisiko Kein Staubproblem (Allergiker) Weniger arbeitsaufwändig Carotin Nachteil: Nachgärung (Hefen), Hygieneprobleme Schimmel, Botulismusrisiko Vorschub, Anschnittsfläche 3-5m 2 das heißt 200-350kg Futter bei 700kg m 3 >20 Pferde Fahrsilo kostenintensiver Heu Vorteil Gutes Strukturfutter Diätetische Wirkung Gute Akzeptanz Niedrigere Kosten Nachteil Staubproblem arbeitsaufwändig Höheres Wetterrisiko
Trockengrünprodukte Durch Belüftungstrocknung hergestellt, geeignet wenn verdauliches Rohprotein <10 % in der TS Rohfaser 25-28% in der TS Rohasche <12% in der TS Grünmehl/Grünmehlpellets: Mahlen nach dem Trocknen, ggf.pelletieren Heubriketts: Heu lang gehäckselt1-8cm und in Stempelpressen zu etwa 2 cm dicken Scheiben von 7 cm Länge verarbeitet Heucobs: Aus kürzer gehäckseltemmaterial mit 1,5-2,5cm Durchmesser
Verzehrverhalten Pferd 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Heu Heulage Briketts Cobs Verzehrdauer min/kg FS Kaufrequenz Kauschläge/min Lengwenat, 1997 Heucobsbesitzen im Vergleich zu Heu und Heulage eine deutlich geringere Strukturwirksamkeit
Leistungsmerkmale der Grundfutteruntersuchung Informationen über Bedarfsdeckung (z.b. Nährstoffe, energetischer Futterwert) Imbalancen (z.b. Mineralstoffe) Diätetische und verzehrsbestimmendeeigenschaften (z.b. Strukturversorgung, Geruch und Geschmack, Hygiene und Verderbnis, Gift- und Schadstoffe) Bewirtschaftung (z.b. Düngung, Nutzungsintensität, Erntemanagement, Konservierungserfolg)
Untersuchungsspektrum von Grundfuttermitteln
Sinnenprüfung Heu Parameter Futterwert Hygienestatus bzw gesundheitliche Risiken Griff Geruch Farbe Verunreinigungen Weich, blattreich Blattärmer Sehr blattarm Stengelreich Sperrig, strohig Angenehm aromatisch Leichter Heugeruch Flach Kräftig grün Leicht ausgeblichen Stark ausgeblichen Makroskopisch frei Geringer Sand/Erdeanteil Höherer Sand/Erdeanteil Trocken Leicht Klamm (Nester) Klamm Ohne Fremdgeruch Dumpf-muffig Schimmelig-faulig Schmutzig grau Nesterweise grau-weiß Diffus verfärbt Besatz mit Schimmel, Käfern, Milben Besatz mit Giftpflanzen Kamphues et al., 2004
Praxisbeispiele Heuqualität
Chemische Zusammensetzung von Grundfuttermitteln Grundfutter Wasser Trockenmasse Sand, Ton Organische Substanz Reinasche (Mengen- und Spurenelemente) berechnet Rohasche Rohprotein Rohfett Rohfaser Stickstoff-freie Extraktstoffe Berechnung des verdaulichen Rohproteins Berechnung der verdaulichen Energie Modifiziert nach Kirchgessner, 2004
Einflussfaktoren auf den Nährstoffgehalt Botanische Zusammensetzung Vegetationsstadium Düngung Heuprobe Nutzungsintensität Standort Witterung
Botanische Zusammensetzung Gräser: 70-80% Obergräser: hochwüchsige Arten mit hohem Stängel-und geringem Blattanteil, z.b. Knaulgras, Glatthafer Untergräser: niedrige Wuchshöhe mit kürzeren Halmen und dadurch höherem Blattanteil, z.b. Dt.Weidelgras, Wiesenrispe Kräuter: 10-15% Zweikeimblättrige Pflanzen außer Schmetterlingsblütler kalzium-und magnesiumreich z.b. Löwenzahn, Hahnenfuß Leguminosen: 5-10% reich an Eiweiß, Calcium und Magnesium z.b. Wiesenrotklee, Zaunwicke
Änderung der Nährstoffgehalte im Heu in Abhängigkeit vom Vegetationsstadium g/kg TS 400 300 200 100 0 Schossen Ähren/Ris pensch. Beginn- Mitte Ende Blüte überst. XP 128 114 101 89 88 XF 241 283 313 342 373 DE 10,87 9,82 9,29 8,53 7,42 12 10 8 6 4 2 0 MJ /kg TS Mit zunehmendem Alter nimmt Stängelanteil der Pflanze im Verhältnis zu den Blattanteilen zu. Dies führt zu höherem Rohfasergehalt, niedrigerem Protein und Energiegehalt
Vorläufige Auswertung Nährstoffgehalte Pferdeheu 1. Schnitt,LAChemie Erntejahr 2011 Mittelwert Spannbreite Trockenmasse g/kg 886 (861-905) Rohasche g/kg TM 77 (61-111) Rohfaser g/kg TM 325 (271-371) Rohprotein g/kg TM 82 (58-121) Verdauliches Rohprotein Verdauliche Energie g/kg TM 49 (33-75) MJ/kg TM 8,2 (6,7-9,4) Leberl, 2011
Ration Erhaltungsbedarf Pferd 600kg Ein Pferd kann etwa 1-3% seiner Lebendmasse an Futter bezogen auf Trockensubstanz aufnehmen: Abhängig von Größe + Nutzung Energiebedarf: 73 MJ DE Proteinbedarf 363g DP 9,2 kg Heu 1. Schnitt: Mittlere Gehalte 8,0 MJ DE und 55g DP 74 MJ DE 506g DP oder 11,4 kg Heu 1. Schnitt: 6,5 MJ DE und32g DP 74 MJ DE 365gDP oder 8,6 kg Heu 1. Schnitt 8,5 MJ DE und 61g DP 73 MJ DE 525gDP Mineralstoffergänzung berücksichtigen
Ration Freizeit Pferd 600kg LM Energiebedarf: 87 MJ DE Proteinbedarf 435g DP inkl. Erhaltung 8,0 kg Heu 1. Schnitt: Mittlere Gehalte 8,0 MJ DE und 55g DP 2,0 kg Stroh 5,4 9g DP 1,0 kg Hafer 12,1 85g DP Summe 87MJ DE und 543g DP Energiebedarf: 87 MJ DE Proteinbedarf 435g DP inkl. Erhaltung 5,0 kg Heu 1. Schnitt: Mittlere Gehalte 8,0 MJ DE und 55g DP 2,0 kg Stroh 5,4 9g DP 3,0 kg Hafer 12,1 85g DP Summe 87 MJ DE und 548g DP Mineralstoffergänzung berücksichtigen
Fruktangehalteim Heu Erntejahr 2010 80 70 60 Fruktan g/kg TM 50 40 30 20 10 0 25 26 27 32 33 35 37 38 39 40 41 43 44 47 48 Schneider, (2012, in Vorbereitung) Der Mittelwert der Fruktangehalteim Pferdeheu 2010 lag bei 48g/kg TM, einmalig wurde ein Gehalt von 83g/kg TM erzielt. Nach vorläufiger Auswertung liegt 2011 der Mittelwert bei 69g/kg TM, die Häufigkeit des Auftretens von Proben mit Gehalten von über 80 g/kg TM ist deutlich gestiegen!! Dementsprechend ist besonders auf Einhaltung einer Grenze in der Fruktanaufnahmevon 1,5g/kg LM zu achten, um der Gefahr einer Hufreheerkrankung vorzubeugen (Huntington und Pollit, 2002)
Orientierungswerte für Nährstoffgehalte in Grassilagenfür Pferde Parameter Trockenmasse g/kg 450 550 Rohasche g/kg TM < 100 Rohfaser g/kg TM 270-300 Rohprotein g/kg TM < 120 Verdauliches Rohprotein g/kg TM < 80 Verdauliche Energie MJ/kg TM > 9,5
Hygienische Qualität Grundfutter
Futtermittelmikroskopie Staublaus Milbe Milbeneier Aspergillus Schwärzepilze Fusariumsporen
Futtermittelmikroskopie Kot Herbstzeitlose Samen Herbstzeitlose Wasserkreuzkraut Jakobskreuzkraut
Fazit Es ist nicht tunlich nur mit Beihilfe chemischer Analysen den Nährwert der verschiedenen Futtermittel festzustellen. Jedes Futtermittel muss natürlich eine gewisse Menge nährender Bestandteile enthalten; aber hieraus folgt durchaus nicht dass ein Futtermittel, welches Nährwerte in größter Menge enthält, auch am meisten nutzbringend für das Tier sein wird. Die Schmackhaftigkeit, Verdaulichkeit, Freiheit von allen gesundheitsschädlichen Eigenschaften müssen ebenfalls berücksichtigt werden, wenn es gilt den praktischen Wert eines Futtermittels zu beurteilen. Graf Wrangell: Das Buch vom Pferde 1895
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!