Vollmachten im Geschäftsverkehr (i.a., i.v., ppa.) (Sept. 2014) 1. Warum werden Vollmachten erteilt und welche gibt es? Die GmbH wird als juristische Person durch den Geschäftsführer vertreten. Erklärungen, die er als natürliche Person in seiner Eigenschaft als GmbH-Geschäftsführer abgibt, wirken rechtlich für oder gegen die GmbH. Wenn ein Unternehmen eine gewisse Größe erreicht hat, kann die Geschäftsleitung nicht mehr alle Schriftstücke selbst unterzeichnen. Dann bedient sich die Geschäftsleitung der Vollmacht. Diese ist geregelt in 164-181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Durch die Erteilung der Vollmacht erhalten Mitarbeiter zu bestimmten Geschäften die Erlaubnis (Innenverhältnis) und die Möglichkeit namens und im Auftrag des Unternehmens für dieses rechtlich verbindliche Verträge zu schließen. Man unterscheidet folgende Arten der Vollmacht: Prokura Gesamtvollmacht Art- /Gattungsvollmacht Einzel- /Sondervollmacht Durch die verschiedenen Unterschriftenzusätze und die Eintragung einer Prokura ins Handelsregister können auch Außenstehende (beispielsweise Ihre Kunden und Lieferanten und andere Geschäftspartner) erkennen, welcher Art die Vollmacht eines Mitarbeiters ist. Üblicherweise werden folgende Unterschriftenzusätze benutzt: ppa. (auch pp.) = per prokura i. V. = in Vollmacht i. A. = im Auftrag 2. Die Prokura Die Prokura wird in den 48 ff. des Handelsgesetzbuches - HGB geregelt. Sie ist die umfassendste Bevollmächtigung für einen Mitarbeiter. Sie ermächtigt den Prokuristen zu allen Geschäften, die der Betrieb des Unternehmens mit sich bringt. Prokuristen müssen ins Handelsregister eingetragen werden. Die Prokura ist eine handlungsrechtliche Vollmacht. Sie legt gesetzlich fest, welchen Umfang diese Vollmacht hat. Sie muss im Gegensatz zur Handlungsvollmacht ausdrücklich erteilt werden. Dadurch wird der Inhaber zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen
ermächtigt, die in irgendeiner Weise mit irgendeinem Handelsgewerbe vorkommen können. Folgende Dinge sind damit allerdings nicht verbunden: die Geschäftsauflösung, der Verkauf des Unternehmens, die Aufnahme von Gesellschaftern, die Erteilung einer Prokura, das Unterschreiben von Inventar und / oder Bilanz. Den Verkauf oder die Belastung von Grundstücken kann der Prokurist vornehmen, bedarf aber der besonderen ausdrücklichen Bevollmächtigung. Erteilen darf die Prokura ausschließlich der Vollkaufmann, wobei er auch beschränkt Geschäftsfähige, z. B. Minderjährige, bevollmächtigen darf. Die Prokura wird im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht, z. B. durch Rundschreiben an die Geschäftspartner. Die Prokura unterscheidet sich nach folgenden Kriterien: Einzelprokura: Eine Person kann alleine die gesamte Vertretungsmacht ausüben. Filialprokura: Die Vollmacht erstreckt sich nur auf die Vertretung einer Niederlassung und deren Geschäfte. Gesamtprokura: Die Vollmacht kann nur durch zwei oder mehrere Personen gemeinsam ausgeübt werden. ->Unterschriftenzusatz: ppa. 3. Handlungsvollmachten Mit einer Handlungsvollmacht wird die Art der Vertretungsmacht eines Mitarbeiters festgelegt. Die Handlungsvollmacht wird häufig auch als "kleine Prokura" bezeichnet. Sie reicht weniger weit als die Prokura. Ihren Umfang kann der Geschäftsinhaber - anders als bei der Prokura - selbst festlegen. Die Handlungsvollmacht wird nicht in das Handelsregister eingetragen und kann ohne Formerfordernisse, z. B. auch mündlich, erteilt werden. Schon aus Beweisgründen ist aber eine schriftliche Erteilung zu empfehlen. Man unterscheidet: Generalvollmacht: Unterschriftszusatz i.v. Sie gilt wie die Prokura für alle Geschäfte, die der Betrieb des Unternehmens mit sich bringt, allerdings sind z. B. Immobilienkäufe oder -verkäufe, die Vertretung in Prozessen und Darlehensgeschäfte nicht enthalten. Unterschriftenzusatz: i. V. Gattungs- oder Artvollmacht: Unterschriftszusatz i.a. Hier wird die Vollmacht für eine bestimmte Art (Gattung) von Geschäften erteilt, das können auch Aufgaben einer Sekretärin sein, wie z. B. der Einkauf von Büromaterial oder das Buchen von Geschäftsreisen. Diese Art der Vollmacht kann von jedem erteilt werden, der mindestens die gleiche Vollmacht besitzt. Unterschriftenzusatz: i. A. Beispiele für Artvollmachten: - Postvollmacht - Bankvollmacht
Einzelvollmacht: Unterschriftszusatz i.a. Diese Vollmacht berechtigt zu ganz bestimmten einmaligen Geschäften und erlischt anschließend wieder. Sie kann von jedem erteilt werden, der mindestens die gleiche Vollmacht besitzt. Unterschriftenzusatz: i. A. 4. Was passiert, wenn die Kürzel weggelassen oder falsch verwendet werden? Werden die Kürzel für die Zeichnungsvollmachten weggelassen oder falsch verwendet, kann das weitreichende Konsequenzen haben, denn der Empfänger darf, sofern er es nachweislich nicht besser weiß, davon ausgehen, dass der Unterzeichner die entsprechenden Vollmachten hat, um im Namen des Unternehmens zu handeln (sogenannte Anscheinsvollmacht ). Ist der Mitarbeiter auch tatsächlich bevollmächtigt und lässt er lediglich den Unterschriftenzusatz weg, so ist dies nicht weiter problematisch. Der Erklärungsempfänger (z.b. der Kunde) geht ja aufgrund der Anscheinsvollmacht davon aus, dass der Mitarbeiter für das Unternehmen nach außen handeln darf und im Innenverhältnis des Unternehmens ist dies auch tatsächlich so. Problematisch ist aber der Fall, dass der Erklärungsempfänger aufgrund der Anscheinsvollmacht davon ausgeht und ausgehen darf, dass der Mitarbeiter für das Unternehmen nach außen handeln darf, tatsächlich aber im Innenverhältnis eine solche Bevollmächtigung gar nicht erfolgte. Nach außen wird die Erklärung wirksam (z.b. ein Vertragsschluss), nach innen entsteht aber u.u. ein Schadensersatzanspruch des Unternehmens gegen den Mitarbeiter. Praxis-Beispiel: Assistentin B im Unternehmen U ist grundsätzlich nicht befugt, Kunden eigenständig Angebote zu machen. Trotzdem macht sie dem Kunden K ein Angebot über die Lieferung von Produkten des Hauses. Dabei nennt sie einen viel zu niedrigen Preis und unterschreibt die Bestellung mit i. A. und Namen. Für den Kunden ist durch diesen Zusatz klar, dass B berechtigt ist, ein Angebot dieser Art zu unterbreiten. K bestellt die Produkte. Das Unternehmen U muss die Produkte zum genannten Preis liefern. Da der Firma U ein Schaden entstanden ist, kann Assistentin B schadensersatzpflichtig gemacht werden, weil es ihr nicht erlaubt war, mit i. A. zu unterschreiben. Daraus können Sie erkennen, dass die Wirkungen eines Handelns der Mitarbeiter nach außen (Außenverhältnis) sehr viel weiter gehen kann, als das "Dürfen" gegenüber dem Unternehmen (Innenverhältnis). 5. Wer unterschreibt wo? Immer wieder gibt es Unklarheiten, wer wo einen Geschäftsbrief unterschreibt. Welche Regelungen gibt es, wenn zwei Personen einen Brief unterschreiben? Wo unterschreibt der Ranghöhere? Wo unterschreibt derjenige, der für den Inhalt des Briefes verantwortlich ist? In vielen Unternehmen gilt das 4-Augen-Prinzip, d. h. Schriftstücke, die nach außen gehen, müssen grundsätzlich von zwei Mitarbeitern unterzeichnet werden. Unterschrieben wird dann z. B. in der Form, dass der Ranghöhere - oder bei gleichem Rang - der für den Inhalt Verantwortliche links
unterschreibt. Der Prokurist unterschreibt links mit dem Zusatz ppa., der Handlungsbevollmächtigte rechts daneben mit dem Zusatz i. V. Wenn zwei Handlungsbevollmächtigte gemeinsam unterschreiben, unterzeichnet derjenige, der sich für den Inhalt des Schreibens verantwortlich zeigt, links. 6. Beispielschreiben für Vollmachten Falls es in Ihrem Unternehmen noch keine Unterschriftenregelung gibt, helfen Ihnen die unten aufgeführten Formulierungsvorschläge gewiss weiter. 6.1 Formulierungshilfe Unterschriftenregelung An alle Mitarbeiter Für an Dritte gerichtete Briefe und Schriftstücke werden folgende Regelungen mit Wirkung ab festgelegt: Entsprechend der jeweils erteilten Vollmacht sind Schriftstücke mit folgenden Zusätzen zu unterzeichnen: Geschäftsführer: ohne Zusatz Prokuristen: ppa. Handlungsbevollmächtigte: i.v. alle anderen Mitarbeiter: i.a. Die Zeichnungsbefugnis ist auf das vereinbarte und festgelegte Aufgabengebiet des einzelnen Mitarbeiters beschränkt. Briefe und sonstige an Dritte gerichtete Schriftstücke sind immer von 2 Mitarbeitern zu unterzeichnen. Die zweite Unterschrift erfolgt durch den jeweiligen Vorgesetzten, wobei der Ranghöhere links, der andere rechts daneben unterschreibt. Verfügen beide Unterzeichner über die gleiche Art der Vollmacht, unterzeichnet der für den Inhalt Verantwortliche auf der linken Seite. Mit freundlichen Grüßen 6.2 Formulierungshilfe Handlungsvollmacht Sehr geehrte Frau Musterfrau, die Geschäftsführung hat beschlossen, Ihnen mit Wirkung zum 01.01.20XX für Ihr Arbeitsgebiet Handlungsvollmacht im Sinne der 54-57 HGB in Verbindung mit 164 ff. BGB zu erteilen. Sie sind ermächtigt, in Ihrem Arbeitsbereich alle Geschäfte und Rechtshandlungen für die Mustermann GmbH vorzunehmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt, und zwar wichtige Rechtshandlungen gemeinsam mit einem Geschäftsführer (bei dessen Abwesenheit mit einem zur Vertretung des Geschäftsführers bevollmächtigten Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten), ansonsten gemeinsam mit einem Prokuristen, einem Handlungsbevollmächtigten oder einem anderen von der Geschäftsführung Bevollmächtigten.
Die Vollmacht gilt nicht zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozessführung Sie sind ab diesem Datum ermächtigt, für die Mustermann GmbH Briefe und sonstige Schriftstücke mit i. V. (in Vollmacht) vor Ihrer Unterschrift zu unterzeichnen. Mit freundlichen Grüßen