Das neue Fusionsgesetz



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Mathias Oertli, Thomas Christen Das neue Fusionsgesetz Ein zivil- und steuerrechtlicher Überblick Fusion und Spaltung (1. Teil) Alle Fusionen, Spaltungen, Umwandlungen und Vermögensübertragungen werden in der Schweiz voraussichtlich ab dem 1. Juli 2004 nach dem neuen Bundesgesetz über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung (kurz: Fusionsgesetz oder FusG) abzuwickeln sein [1]. Das Gesetz wird damit bei Umstrukturierungen von Grossbetrieben wie Klein- und Mittelunternehmen (KMU) grosse Bedeutung erlangen. Der Artikel gibt einen Überblick über die neuen zivil- und steuerrechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Fusionsgesetz. Der vorliegende erste Teil behandelt die Fusion und Spaltung. Im zweiten Teil (folgt im ST 3/04) werden die Umwandlung und Vermögensübertragung dargestellt. 1. Fusion von Gesellschaften 1.1 Begriff und Wesen Als Fusion wird die rechtliche Vereinigung von zwei oder mehreren Gesellschaften durch Vermögensübernahme ohne Liquidation bezeichnet. Die übertragende Gesellschaft wird aufgelöst, und die Gesamtheit ihrer Aktiven und Passiven geht durch Universalsukzession auf die übernehmende über. Die Übernahme einer Gesellschaft durch eine andere, bereits bestehende (Absorptionsfusion), und der Zusammenschluss mehrerer Gesellschaften zu einer neuen (Kombinationsfusion) ist im Fusionsgesetz explizit vorgesehen [2]. Während Zusammenschlüsse zwischen Tochter- und Muttergesellschaften sowie zwischen Schwestergesellschaften zivilrechtlich unter den Begriff Fusion fallen, sind auf die im Steuerrecht bekannten fusionsähnlichen Zusammenschlüsse (Quasifusionen) die zivilrechtlichen Vorschriften der Vermögensübertragung anwendbar. Mathias Oertli, Dr. iur. et lic. rer. pol., Partner, Ernst & Young AG, St.Gallen 1.2 Zivilrechtliche Aspekte 1.2.1 Zulässige Fusionen Gegenüber der im geltenden Recht geringen Zahl von ausdrücklich vorgesehenen Fusionen erweitert das Fusionsgesetz diese Zahl ganz wesentlich. So sind neu insbesondere Fusionen zwischen Kapitalgesellschaften unbeschränkt möglich. Daneben können Kapitalgesellschaften jedoch auch Personenunternehmungen übernehmen. Ist eine Fusion gesetzlich nicht vorgesehen, so steht in der Regel mit dem neuen Rechtsinstitut der Vermögensübertragung ein Auffanginstrument zur Erreichung des wirtschaftlich gleichen Resultats zur Verfügung. Neu ist gesetzlich ebenfalls geregelt, dass eine Gesellschaft mit Kapitalverlust oder Überschuldung von einem anderen Unternehmen übernommen werden kann [3]. Voraussetzung ist jedoch, dass der übernehmende Rechtsträger über frei verwendbares Eigenkapital im Umfang der Unterdeckung resp. Überschuldung verfügt oder die Gläubiger der an der Fusion beteiligten Gesellschaften im Rang hinter alle anderen Gläubiger zurücktreten. 1.2.2 Fusionsvertrag Nach Prüfung der Zulässigkeit der Fusion haben die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane im Fusionsvertrag die Grundsätze des Vorhabens festzulegen. Art. 13 FusG schreibt vor, welche objektiv wesentlichen Punkte festzuhalten sind. Der Vertrag bedarf der schriftlichen Form und der Zustimmung der Generalversammlung. Dabei genügt die einfache Schriftform selbst dann, wenn Grundstücke übertragen werden. Den Gesellschaftern des übertragenden Rechtsträgers sind im Zuge der Fusion Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der übernehmenden Gesellschaft einzuräumen. Die Möglichkeit, Der Schweizer Treuhänder 1 2/04 105

das Umtauschverhältnis der Anteilsrechte durch eine ergänzende Barabgeltung auszugleichen, ist im Fusionsgesetz ausdrücklich vorgesehen. Diese Ausgleichszahlung wird neu auf zehn Prozent des wirklichen Werts der gewährten Anteile beschränkt [4]. Ausnahmsweise kann ein Wahlrecht zwischen Anteilsrechten und einer Abfindung eingeräumt werden. Sofern mindestens 90 Prozent der stimmberechtigten Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft zustimmen, kann die Gegenleistung sogar nur in der Auszahlung einer Abfindung bestehen (sog. Barfusion oder Squeeze-out) [5]. 1.2.3 Fusionsbericht, Prüfung und Einsichtsrecht Noch vor der Beschlussfassung über die Fusion sind im Fusionsbericht die rechtlichen und die wirtschaftlichen Aspekte des Zusammenschlusses schriftlich darzulegen. Art. 14 FusG schreibt den Mindestinhalt des Berichts vor und trägt damit zum Schutz der Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer bei. Die Prüfung des Fusionsvertrages und -berichtes durch einen besonders befähigten Revisor stellt zusätzlich eine verlässliche Information sicher [6]. Während 30 Tagen vor dem Fusionsbeschluss ist den Gesellschaftern Einsicht in den Fusionsvertrag, den Fusionsund Prüfungsbericht sowie die Jahresrechnungen und -berichte der letzten drei Geschäftsjahre zu gewähren [7]. 1.2.4 Fusionsbeschluss Nach Ablauf der Einsichtsfrist hat die Generalversammlung über den Fusionsvertrag zu befinden. Zur Genehmigung sind dabei je nach der an der Fusion beteiligten Rechtsträger Mehrheiten von zwei Dritteln bis Zustimmung aller Gesellschafter notwendig. Ist der Zusammenschluss einer Muttergesellschaft mit einer zu mindestens 90 Prozent beherrschten Tochtergesellschaft oder die Fusion von vollständig beherrschten Schwestergesellschaften geplant, kann auf die Genehmigung durch die Generalversammlung verzichtet werden [8]. Es genügt in diesen Fällen die Zustimmung der obersten Leitungsorgane. Der Fusionsbeschluss 106 bedarf jedoch in allen Fällen der öffentlichen Beurkundung. 1.2.5 Eintragung im Handelsregister Sobald die Fusionsbeschlüsse aller beteiligten Gesellschaften vorliegen, hat das oberste Leitungsorgan den Zusammenschluss dem Handelsregisteramt zur Eintragung anzumelden [9]. Wird anlässlich der Fusion eine Kapitalerhöhung notwendig, so sind zusätzlich die geänderten Statuten sowie die Feststellungen über die Kapitalerhöhung einzureichen. Die übertragende Gesellschaft wird im Gegensatz zum bisherigen Recht bereits mit Eintragung der Fusion im Handelsregister gelöscht und die Fusion rechtswirksam. 1.2.6 Gläubiger- und Arbeitnehmerschutz Gegenüber geltendem Recht entfallen bei Fusionen zukünftig der Schuldenruf und die getrennte Verwaltung des Vermögens der vereinten Rechtsträger. Dafür sind die Gläubiger durch dreimalige Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt auf ihr Recht zur Sicherstellung der Forderungen hinzuweisen. Diese Pflicht entfällt nur, falls ein besonders befähigter Revisor bestätigt, dass sämtliche Verbindlichkeiten vollständig gedeckt sind. Einen weiteren Schutz für die Gläubiger stellt die Bestimmung dar, dass eine gegebene persönliche Haftung der bisherigen Gesellschafter des gelöschten Rechtsträgers während der drei der Thomas Christen, lic. oec. HSG, dipl. Steuerexperte, Vizedirektor, Ernst & Young AG, Kreuzlingen/TG Fusion folgenden Jahre weiterbesteht. Der Schutz der Arbeitnehmer wird im Fusionsgesetz durch Verweis auf die Art. 333 sowie Art. 333a des Obligationenrechts (OR) sichergestellt; das heisst, das Arbeitsverhältnis geht mit allen Rechten und Pflichten auf die übernehmende Gesellschaft über, sofern der Arbeitnehmer den Übergang nicht ablehnt. Die Arbeitnehmervertretung kann zusätzlich die Eintragung der Fusion ins Handelsregister unterbinden, sofern sie vor dem Fusionsbeschluss nicht konsultiert wurde. 1.2.7 Erleichterte Fusionen KMU können auf die Erstellung und Prüfung des Fusionsberichtes sowie das Einsichtsverfahren verzichten, sofern sämtliche Gesellschafter zustimmen. Als KMU gelten dabei Gesellschaften, die keine Anleihensobligationen ausstehend haben, nicht börsenkotiert sind und zwei der nachfolgenden Grössen in den beiden dem Fusionsbeschluss vorangegangenen Geschäftsjahren nicht überschreiten: Bilanzsumme von 20 Mio. Franken; Umsatzerlös von 40 Mio. Franken; 200 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Da rund 99% der schweizerischen Unternehmen unter den Begriff der KMU fallen [10], wird dieser Vereinfachung in der Praxis grosse Bedeutung zukommen [11]. Weitere Erleichterungen sind für Zusammenschlüsse von Kapitalgesellschaften vorgesehen, die zu über 90 Prozent durch dieselben oder miteinander verbundene Gesellschafter kontrolliert werden. 1.3 Steuerrechtliche Aspekte Im Bereich der direkten Steuern wird neu und anders als bisher zwischen den Steuerfolgen auf der Ebene der Gesellschaften und denjenigen bei den Beteiligten unterschieden. 1.3.1 Einkommens- bzw. Gewinnsteuer auf Ebene übertragende Gesellschaft Stille Reserven können steuerneutral übertragen werden, soweit die Steuer- Der Schweizer Treuhänder 1 2/04

pflicht in der Schweiz fortbesteht und die massgeblichen Einkommens- bzw. Gewinnsteuerwerte übernommen werden [12]. Nicht verlangt wird, dass die Beteiligungsverhältnisse gleich bleiben oder die Gesellschafter des untergehenden Rechtsträgers durch Beteiligungsrechte der übernehmenden Gesellschaft abgegolten werden [13]. Auch eine Sperrfrist wird nicht auferlegt. Lediglich bei der fusionsweisen Übernahme von Personenunternehmen durch juristische Personen ist für die steuerneutrale Abwicklung Voraussetzung, dass ein Betrieb resp. Teilbetrieb übertragen und eine Veräusserungssperrfrist von fünf Jahren eingehalten wird [14]. Verlustvorträge gehen bei der Fusion von juristischen Personen wie bisher von der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende über und können mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden, sofern keine Steuerumgehung oder Mantelfusion vorliegt. Dies gilt auch bei interkantonalen Zusammenschlüssen. 1.3.2 Einkommens- bzw. Gewinnsteuer auf Ebene übernehmende Gesellschaft Ergibt sich im Rahmen einer Fusion ein Fusionsagio, so bildet dieses eine steuerneutrale Kapitaleinlage [15]. Dies gilt auch für übernommene stille Reserven, die eine verdeckte Kapitaleinlage darstellen. Ein bei einer Mutter-Tochter-Fusion entstehender Fusionsgewinn ist nach wie vor steuerbar, wobei allenfalls der Beteiligungsabzug geltend gemacht werden kann. Ein sogenannter unechter Fusionsverlust ist steuerlich nicht abzugsfähig. Dagegen ist ein echter Verlust weiterhin anzuerkennen [16]. 1.3.3 Einkommens- bzw. Gewinnsteuer auf Ebene Gesellschafter Wie bisher ist entscheidend, ob die Anteilseigner der fusionierenden Gesellschaften die Beteiligungsrechte im Privat- oder Geschäftsvermögen halten. Dabei sind gesetzlich lediglich die Steuerfolgen geregelt, wenn sich die Beteiligungsrechte im Geschäftsvermögen befinden [17]. Werden die Beteiligungsrechte vom Gesellschafter im Geschäftsvermögen gehalten, ergeben sich beim Tausch «Eine Spaltung in eine oder mehrere Personengesellschaften ist nicht zulässig, da dadurch die Liquidationsvorschriften für juristische Personen umgangen werden könnten.» von Beteiligungsrechten keine Steuerfolgen, soweit die bisherigen Einkommens- bzw. Gewinnsteuerwerte beibehalten werden. Allfällige durch die Fusion bewirkte Nennwertzuwächse sind irrelevant. Ausgleichszahlungen sowie Abfindungen der übernehmenden oder der übertragenden Gesellschaft stellen dagegen beim Gesellschafter Vermögens- bzw. Beteiligungsertrag dar. Kapitalgesellschaften und Genossenschaften steht in diesem Zusammenhang wie bisher der Beteiligungsabzug offen. Die Steuerfolgen beim Tausch von Beteiligungsrechten im Privatvermögen sind im geltenden wie im revidierten Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Aus den Materialien und Beratungen zum Fusionsgesetz ergeben sich keine Anhaltspunkte für gewollte Änderungen gegenüber dem bisherigem Recht bzw. der bisherigen Praxis. Der Tausch von Beteiligungsrechten im Privatvermögen löst bei den Beteiligten keine Steuerfolgen aus, soweit keine Nennwertzunahme erfolgt [18]. Beim Bund und bei denjenigen Kantonen, welche dem Nominalwertprinzip folgen, werden Nominalwertzuwächse wie bisher analog der Regelung bei Gratisaktien als steuerbares Einkommen gelten. In denjenigen Kantonen (z. B. ZH, SG, GR), die Gratisaktien erst bei der Liquidation der Gesellschaft besteuern, sind fusionsbedingte Nominalwertzunahmen wie bisher steuerfrei. Ausgleichszahlungen und Abfindungen durch die Gesellschaft stellen in sämtlichen Kantonen steuerbaren Vermögensertrag dar [19]. Eine andere Beurteilung ergibt sich, wenn die Ausgleichszahlung von den Anteilsinhabern der übernehmenden Gesellschaft geleistet wird. In diesem Fall liegt ein Kapitalgewinn vor, der steuerfrei ist. Obwohl fusionsähnliche Tatbestände (Quasifusionen) zivilrechtlich nicht unter den Begriff Fusion fallen, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich unseres Erachtens in bezug auf die steuerliche Behandlung dieser Tatbestände gegenüber geltendem Recht keine Änderungen ergeben. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung stellt der Beteiligungstausch bei Quasifusionen ein Veräusserungsgeschäft dar, womit allfällige Nominalwertzuwächse oder Ausgleichszahlungen beim Gesellschafter steuerfreie private Kapitalgewinne darstellen. 1.3.4 Emissionsabgabe Beteiligungsrechte, die bei Fusionen von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften begründet oder erhöht werden, sind nach wie vor von der Emissionsabgabe ausgenommen [20]. Die Voraussetzungen für die Steuerneutralität sind grundsätzlich weiterhin aufgrund des Merkblatts der Eidg. Steuerverwaltung (Stand August 2002) zu beurteilen [21]. Fusionsbedingte Nominalwertzunahmen werden dabei unter dem Gesichtspunkt der Steuerumgehung geprüft. Auch die bisher im Steuerrecht bekannten unechten Fusionen und fusionsähnlichen Zusammenschlüsse sollten weiterhin ohne Abgabefolgen möglich sein. Auf die meisten durch das Fusionsgesetz neu vorgesehenen Fusionsarten, wie z.b. die Übernahme einer Kollektivgesellschaft durch eine Aktiengesellschaft, kommt Art. 9 Abs. 1 lit. e rev. StG zur Anwendung. Sofern der untergehende Rechtsträger während mindestens fünf Jahren bestanden hat, ist die Emissionsabgabe nur noch auf dem Der Schweizer Treuhänder 1 2/04 107

neu geschaffenen Nennwert geschuldet. Über den Mehrwert der übertragenen Vermögenswerte wird lediglich abgerechnet, soweit während der fünfjährigen Sperrfrist Beteiligungsrechte veräussert werden. 1.3.5 Umsatzabgabe Neu sind sämtliche Übertragungen von steuerbaren Urkunden im Rahmen einer Fusion von der Umsatzabgabe ausgenommen [22]. 1.3.6 Verrechnungssteuer Gegenüber dem geltenden Recht ergeben sich bei der Verrechnungssteuer keine Änderungen. Falls die Reserven der übertragenden Gesellschaft in die Reserven der übernehmenden übergehen, ist keine Verrechnungssteuer geschuldet [23]. 1.3.7 Mehrwertsteuer Die Steuerpflicht ist wie bisher durch Meldung zu erfüllen, falls alle Bedingungen des Merkblatts Nr. 11 erfüllt sind [24]. Da im Rahmen einer Fusion stets ein Gesamt- oder Teilvermögen übertragen und damit grundsätzlich ein Reorganisationstatbestand angenommen wird, ist in der Praxis lediglich noch zu prüfen, ob auch die Steuerbarkeit der Übertragung sowie die Steuerpflicht aller beteiligten Gesellschaften gegeben ist. 1.3.8 Grundstückgewinnsteuer Kantone, die bei der Grundstückgewinnsteuer das monistische System kennen, haben den Handwechsel von Grundstücken im Zusammenhang mit Fusionen als steueraufschiebende Veräusserung zu behandeln und dürfen keine Grundstückgewinnsteuer erheben [25]. 1.3.9 Handänderungssteuer Neu ist nach dem Willen des Gesetzgebers die Erhebung von kantonalen oder kommunalen Handänderungsabgaben bei Umstrukturierungen ausgeschlossen [26]. Es bleiben lediglich kostendeckende Gebühren vorbehalten. Die Kantone Basel-Landschaft, Graubünden, Waadt, Genf, Jura und Tessin 108 werden innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Fusionsgesetzes ihre Steuergesetze dementsprechend anpassen müssen [27]. 2. Spaltung von Gesellschaften 2.1 Begriff und Wesen Bei einer Spaltung überträgt ein Rechtsträger Teile seines Vermögens auf eine oder mehrere andere Gesellschaften gegen Gewährung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten an die Inhaber der übertragenden Gesellschaft. Während das Zivilrecht den Begriff Spaltung bisher nicht kannte, sind im Fusionsgesetz die Auf- und die Abspaltung explizit vorgesehen [28]. Bei der Aufspaltung teilt die übertragende Gesellschaft ihre Aktiven und Passiven in zwei bzw. mehrere Teile und überträgt diese auf bereits bestehende oder neu zu gründende Gesellschaften. Die übertragende Gesellschaft wird dabei aufgelöst und im Handelsregister gelöscht. Bei der Abspaltung, bei der ein Teil der Aktiven und Passiven auf die übernehmende Gesellschaft übertragen wird, besteht die übertragende Gesellschaft nach der Spaltung weiter. Begrifflich wurde auch die Unterscheidung zwischen symmetrischer und asymmetrischer Spaltung ins Fusionsgesetz übernommen [29]. Von einer symmetrischen Spaltung wird gesprochen, wenn die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft an allen übernehmenden Rechtsträgern Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte entsprechend dem Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung erhalten. Bei der asymmetrischen Spaltung weichen die zugewiesenen Rechte an den übernehmenden Gesellschaften von den bisherigen Beteiligungsverhältnissen ab. Auf die Ausgliederung einer Tochtergesellschaft gelangen nach dem Fusionsgesetz die Vorschriften der Vermögensübertragung und nicht diejenigen der Spaltung zur Anwendung. 2.2 Zivilrechtliche Aspekte 2.2.1 Zulässige Spaltungen Im Fusionsgesetz ist die Spaltung von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften vorgesehen. Dabei kann sich bspw. eine Aktiengesellschaft in eine GmbH und Genossenschaft aufteilen. Eine Spaltung in eine oder mehrere Personengesellschaften ist dagegen nicht zulässig, da dadurch die Liquidationsvorschriften für juristische Personen umgangen werden könnten. Es ist zu beachten, dass die abzuspaltenden «Der Gesetzgeber hat auf eine Veräusserungssperrfrist bei Auf- und Abspaltungen von juristischen Personen bewusst verzichtet.» Teilvermögen zwingend einen Aktivenüberschuss aufweisen müssen. Die im Spaltungsinventar festgehaltenen Aktiven und Passiven werden uno actu auf die übernehmende Gesellschaft übertragen. Damit müssen die allgemeinen gesetzlichen Formvorschriften für die Übertragung der einzelnen Aktiven nicht eingehalten werden. Ist eine Spaltung gesetzlich nicht möglich, so kann mit dem Rechtsinstitut der Vermögensübertragung in der Regel ein wirtschaftlich ähnliches Resultat erreicht werden. 2.2.2 Spaltungsvertrag bzw. Spaltungsplan und Zustimmung Die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane haben einen Spaltungsvertrag zu erstellen, wenn ein Teilvermögen auf eine bereits bestehende Gesellschaft übertragen werden soll. Ist vorgesehen, Vermögen auf eine neu zu Der Schweizer Treuhänder 1 2/04

gründende Gesellschaft zu übertragen, so ist ein Spaltungsplan aufzustellen. Sowohl Vertrag als auch Plan bedürfen der schriftlichen Form und der Zustimmung der Generalversammlungen der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften. Die einfache Schriftform genügt selbst dann, wenn im Zuge der Spaltung die Übertragung von Grundstücken vorgesehen ist. Der Gesetzgeber hält dabei in Art. 37 FusG fest, welche objektiv wesentlichen Punkte festzuhalten sind. Erwähnenswert ist, dass nebst anderen Punkten auch eine Liste der übergehenden Arbeitsverhältnisse und ein Spaltungsinventar zu erstellen sind. Dabei ist eine eindeutige Zuordnung der zu übertragenden Aktiv- und Passivpositionen empfehlenswert, um von Beginn weg Unklarheiten zu vermeiden. 2.2.3 Spaltungsbericht, Prüfung und Einsichtsrecht Im Spaltungsbericht haben sich die obersten Führungs- und Verwaltungsorgane schriftlich über die rechtlichen und die wirtschaftlichen Aspekte der Spaltung zu äussern [30]. Der durch einen besonders befähigten Revisor geprüfte Spaltungsvertrag und -bericht sowie die drei letzten Jahresrechnungen und der Prüfungsbericht selbst sind den Gesellschaftern zur Einsicht aufzulegen. Im Unterschied zur Fusion gilt bei der Spaltung eine längere Einsichtsdauer von zwei Monaten. Zudem muss im Schweizerischen Handelsamtsblatt auf die Möglichkeit der Einsichtnahme aufmerksam gemacht werden. 2.2.4 Gläubiger- und Arbeitnehmerschutz Die Gläubigerschutzbestimmungen kommen, im Gegensatz zur Fusion, vor der Eintragung der Spaltung im Handelsregister zum Tragen. Die an der Spaltung beteiligten Gesellschaften haben ihre Gläubiger im Schweizerischen Handelsamtsblatt dreimal auf das Recht zur Sicherstellung der Forderungen aufmerksam zu machen. Das Begehren um Sicherstellung hat innerhalb von zwei Monaten zu erfolgen [31]. Erst wenn eine allfällig verlangte Sicherstellung erfolgt ist, kann der Spaltungsvertrag oder -plan der Generalversammlung zum Beschluss vorgelegt werden. Eine weitere Sicherheit für die Gläubiger besteht darin, dass die an der Spaltung beteiligten Gesellschaften für die durch den Spaltungsvertrag oder -plan zugeordneten Verbindlichkeiten subsidiär und solidarisch haften. Auch die persönliche Haftung der Gesellschafter bleibt wie bei der Fusion während dreier Jahre bestehen. Werden im Zuge der Spaltung Arbeitsverhältnisse übertragen, kommt Art. 333 OR zur Anwendung. Daneben können die Arbeitnehmer der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften wie normale Gläubiger die Sicherstellung ihrer Forderungen verlangen. Auch im Falle der Spaltung ist die Arbeitnehmervertretung vor dem Spaltungsbeschluss zu konsultieren. 2.2.5 Spaltungsbeschluss Spaltungen können neue Beteiligungsverhältnisse, die Schaffung neuer Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte oder eine Vermögensreduktion bis hin zur Auflösung der übertragenden Gesellschaft zur Folge haben. Wegen dieser weitreichenden Konsequenzen ist der Spaltungsvertrag bzw. -plan auf alle Fälle von der Generalversammlung zu genehmigen und der Beschluss öffentlich zu beurkunden. Die zur Annahme notwendigen Mehrheiten sind im Fusionsgesetz festgehalten. Eine asymmetrische Spaltung ist in jedem Falle nur dann möglich, wenn mindestens 90% aller Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft zustimmen. Wird im Zuge einer Spaltung den Rechten von Gesellschaftern mit Minderheitsbeteiligungen nicht angemessen Rechnung getragen, kann neu gerichtlich eine angemessene Ausgleichszahlung festgelegt werden [32]. 2.2.6 Eintragung im Handelsregister Sobald der Spaltungsbeschluss vorliegt, hat das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan diesen dem Handelsregisteramt zur Eintragung anzumelden. Wurde anlässlich der Spaltung eine Kapitalherabsetzung beschlossen, so sind zusätzlich die geänderten Statuten einzureichen, und die Kapitalherabsetzung ist gleichzeitig mit der Spaltung im Handelsregister einzutragen. Die Spaltung wird mit der Eintragung ins Handelsregister rechtswirksam und im Falle der Aufspaltung die übertragende Gesellschaft gleichzeitig gelöscht. 2.2.7 Erleichterte Spaltung Analog den Regeln zur Fusion können KMU auch bei der Spaltung auf die Erstellung und Prüfung des Spaltungsberichtes sowie das Einsichtsverfahren verzichten, sofern sämtliche Gesellschafter zustimmen. 2.3 Steuerrechtliche Aspekte 2.3.1 Einkommens- bzw. Gewinnsteuer auf Ebene Gesellschaft Obwohl nach dem Fusionsgesetz lediglich die Spaltung von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften zulässig ist, wird der Ausdruck Spaltung im Steuerrecht auch im Zusammenhang mit Personenunternehmungen verwendet [33]. Zivilrechtlich ist diese Art von Spaltung neu mit dem Rechtsinstitut der Vermögensübertragung abzuwickeln. Der steuerrechtliche Begriff der Spaltung beruht auf einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise und kann von demjenigen des Zivilrechts abweichen [34]. Für die Steuerneutralität ist folglich nicht nur die zivilrechtliche Abwicklung, sondern das wirtschaftliche Ergebnis entscheidend. Im wesentlichen wird die bisherige Praxis weitergeführt, indem stille Reserven bei Spaltungen nicht besteuert werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind [35]: Fortbestand der Steuerpflicht in der Schweiz; Übernahme der massgeblichen Einkommens- bzw. Gewinnsteuerwerte; Übertragung eines oder mehrerer Betriebe oder Teilbetriebe [36]; Weiterführung eines Betriebes oder Teilbetriebes durch die übertragende und die übernehmende Gesellschaft. Eine quoten- wie auch wertmässige Änderung der Beteiligungsverhältnisse steht der Steuerneutralität nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat zudem auf eine Veräusserungssperrfrist bei Aufund Abspaltungen von juristischen Der Schweizer Treuhänder 1 2/04 109

Personen bewusst verzichtet. Eine offene Frage ist, was mit bestehenden Sperrfristen geschieht. Nach dem Grundsatz der Anwendung des günstigsten Rechts (lex mitior) sollten solche Sperrfristen mit der Inkraftsetzung des Fusionsgesetzes entfallen. Bei der Übertragung von Betrieben oder Teilbetrieben auf inländische Tochtergesellschaften sowie von Personenunternehmungen auf juristische Personen (zivilrechtlich als Vermögensübertragung definiert) ist eine fünfjährige Veräusserungssperrfrist zu beachten [37]. Wie bisher wird dem Kriterium «Übertragung und Weiterführung eines Betriebes bzw. Teilbetriebes» für die Steuerneutralität einer Spaltung grosses Gewicht beigemessen. Aus dem Gesetzestext und den Beratungen im National- und Ständerat wird klar, dass eine Spaltung lediglich dann steuerneutral durchgeführt werden kann, wenn bei der übertragenden Gesellschaft ein Betrieb bzw. Teilbetrieb zurückbleibt und zusätzlich mindestens ein Teilbetrieb auf die übernehmende Gesellschaft übertragen wird. Ansonsten ist über die stillen Reserven des keinen Betrieb bzw. Teilbetrieb darstellenden Teils abzurechnen. Dies wird in denjenigen Kantonen, in welchen die zurückbleibenden Aktiven und Passiven für die Steuerneutralität keinen Teilbetrieb darstellen müssen, zu einer Praxisänderung führen. Als Teilbetrieb kann eine aus eigenen Mitteln funktionsfähige wirtschaftliche Einheit gelten [38]. In der Praxis werden sich in diesem Zusammenhang wie bisher Auslegungsund Ermessensfragen stellen. Eine enge Auslegung des Begriffes «Teilbetrieb» widerspricht dem Willen des Gesetzgebers [39]. Bereits in der Botschaft zum Fusionsgesetz sowie in den parlamentarischen Beratungen wurde immer wieder auf die Zielsetzung des Gesetzes hingewiesen, wonach Neustrukturierungen erleichtert, die optimale Organisation von Unternehmensträgern ermöglicht und auch die Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandortes Schweiz verbessert werden sollten [40]. Im Ständerat wurde entsprechend festgehalten, dass auch bei der Bildung von Joint Ventures, bei Sanierungen und bei der Spaltung von 110 Immobiliengesellschaften steuerneutrale Lösungen möglich sein und diese nicht am Kriterium Teilbetrieb scheitern sollten [41]. In bezug auf die Frage, ob eine einzelne Liegenschaft einen Betrieb darstellen kann, wurde von Bundesrat Villiger eine neue Praxis angekündigt. Danach soll ein Immobilienkomplex schon als Betrieb anerkannt werden, wenn es die Vollzeitstelle eines Verwalters gibt und der Lohn maximal fünf Prozent der Mieterträge beträgt. Neu wird nicht mehr von einer unveränderten Weiterführung, sondern lediglich von Weiterführung des Betriebs gesprochen. Damit sind betriebsnotwendige und begründbare Anpassungen möglich, ohne dass sie zu einer nachträglichen Besteuerung von stillen Reserven führen. Die Übernahme von bestehenden Verlustvorträgen bei Spaltungen wurde in den Steuergesetzen nicht speziell geregelt. Zivilrechtlich gehen jedoch alle im Inventar aufgeführten Aktiven und Passiven mit der Eintragung der Spaltung im Handelsregister von Gesetzes wegen auf die übernehmende Gesellschaft über. Demnach hat die Aufteilung der Verlustvorträge entsprechend dem Spaltungsinventar und der Zuordnung zu den Geschäftsbereichen zu erfolgen. Die steuerlich noch nicht verrechneten Verluste können danach im Rahmen der siebenjährigen Verlustverrechnungsperiode mit steuerbaren Gewinnen verrechnet werden. 2.3.2 Einkommens- bzw. Gewinnsteuer auf Ebene Gesellschafter Wie bisher hängen die Steuerfolgen davon ab, ob die Beteiligungsrechte beim Gesellschafter Privat- oder Geschäftsvermögen darstellen. Werden die Beteiligungsrechte vom Gesellschafter im Geschäftsvermögen gehalten, ergeben sich durch die Spaltung keine Steuerfolgen, sofern die bisherigen Einkommens- bzw. Gewinnsteuerwerte beibehalten werden. Auch Nennwertzuwächse werden nur besteuert, wenn sie entsprechend verbucht werden. Ausgleichszahlungen stellen dagegen beim Gesellschafter Vermögens- oder Beteiligungsertrag dar. Falls die Voraussetzungen erfüllt sind, können Aktiengesellschaften und Genossenschaften den Beteiligungsabzug geltend machen. Werden die Beteiligungsrechte im Privatvermögen gehalten, löst der Tausch von Aktien beim Gesellschafter trotz formaler Entgeltlichkeit in der Regel keine Einkommenssteuerfolgen aus. Im Unterschied zur geltenden Praxis sollte neu sogar eine Veräusserung der Beteiligungsrechte kurz nach der Aufoder Abspaltung einer juristischen Person steuerfrei möglich sein [42]. Nominalwertzunahmen werden wie bei der Fusion analog der Gratisaktien behandelt. Sie stellen beim Bund und denjenigen Kantonen, die dem Nennwertprinzip folgen, steuerbaren Vermögensertrag dar. In Kantonen, welche die Ausgabe von Gratisaktien nicht besteuern, sind sie dagegen steuerfrei. Ausgleichszahlungen, die im Rahmen einer Spaltung an die Gesellschafter geleistet werden, bilden bei diesen steuerbaren Vermögensertrag. 2.3.3 Emissionsabgabe Beteiligungsrechte, die im Zusammenhang mit Spaltungen von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften begründet oder erhöht werden, sind von der Emissionsabgabe ausgenommen [43]. Die Eidg. Steuerverwaltung hält im Merkblatt betreffend Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Bst. a bis des StG (Stand August 2002) fest, dass nach einer Auf- oder Abspaltung während fünf Jahren 66 2 /3 Prozent der Stimmrechte der übernehmenden und übertragenden Gesellschaft von den bisher Beteiligten gehalten werden müssen, damit die Umstrukturierung von der Emissionsabgabe befreit ist. Es ist unklar, ob weiterhin an dieser Bedingung festgehalten wird, nachdem der Gesetzgeber bei den direkten Steuern bewusst auf die Beibehaltung jeglicher Veräusserungssperrfrist verzichtet hat. Werden bei der Spaltung einer Personenunternehmung Aktiven und Passiven auf eine juristische Person übertragen und damit Beteiligungsrechte begründet, kommt neu Art. 9 Abs. 1 lit. e rev. StG zur Anwendung. Sofern der bisherige Rechtsträger während mindestens fünf Jahren bestanden hat, ist Der Schweizer Treuhänder 1 2/04

die Emissionsabgabe lediglich auf dem neu geschaffenen Nennwert geschuldet. Über den Mehrwert der übertragenen Vermögenswerte wird nur abgerechnet, soweit während der fünfjährigen Sperrfrist Beteiligungsrechte veräussert werden. 2.3.4 Umsatzabgabe Die Übertragung von steuerbaren Urkunden im Rahmen einer Spaltung ist neu generell von der Umsatzabgabe ausgenommen [44]. 2.3.5 Verrechnungssteuer Spaltungen können weiterhin ohne Verrechnungssteuerfolgen durchgeführt werden, wenn die Reserven und Gewinne einer Kapitalgesellschaft im gleichen Umfang erhalten bleiben [45]. 2.3.6 Mehrwertsteuer Die mehrwertsteuerlichen Bestimmungen bleiben gegenüber dem geltendem Recht unverändert. In der Regel wird die Steuerpflicht im Meldeverfahren zu erfüllen sein. In diesem Zusammenhang sei auf die Ausführungen zur Fusion verwiesen. 2.3.7 Grundstückgewinnsteuer Kantone, die das monistische System kennen, sind verpflichtet, Spaltungen als steueraufschiebende Tatbestände anzuerkennen, und dürfen keine Grundstückgewinnsteuer erheben [46]. 2.3.8 Handänderungssteuer Wie bei Fusionen müssen die Kantone auch bei Spaltungen innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Fusionsgesetzes die Handänderungssteuer abschaffen [47]. 3. Fazit Das Fusionsgesetz erweitert die zulässigen Fusionstatbestände und führt die Spaltung als neues gesellschaftsrechtliches Restrukturierungsinstrument ein. Trotz der Erleichterung von Neustrukturierungen werden die Gläubiger-, Arbeitnehmer- sowie Gesellschafterrechte tendenziell gestärkt. Aus steuerlicher Sicht sind Zusammenschlüsse und Spaltungen bei Einhaltung gewisser Voraussetzungen steuerneutral möglich. National- und Ständerat haben mit der Einführung von wesentlichen Neuerungen, wie z. B. dem Wegfall der Sperrfrist bei Spaltungen, überrascht. Es bleibt zu hoffen, dass die umsetzenden Behörden die Absicht des Gesetzgebers aufnehmen und an auslegungsbedürftige, für die Steuerneutralität verlangte Bedingungen (wie z. B. das Betriebskriterium bei Spaltungen) nicht allzu hohe Anforderungen stellen. Anmerkungen 1 Die letzten Differenzen zwischen Nationalund Ständerat wurden am 15. September 2003 ausgeräumt. Die Referendumsfrist läuft am 22. Januar 2004 ab. 2 Art. 3 FusG. 3 Art. 6 FusG. 4 Art. 7 Abs. 2 FusG. 5 Art. 8 i.v.m. Art. 18 Abs. 5 FusG. 6 Art. 15 FusG. 7 Art. 16 FusG. 8 Art. 24 FusG. 9 Art. 21 FusG. 10 Vgl. Amtliches Bulletin (AB) Ständerat (S) 21.3.01 (2001), Ständerat Rolf Schweiger, S. 148. 11 Vgl. auch Meier-Schatz Christian J./Gasser Urs, Der Vorentwurf zum FusG aus der Sicht der Familiengesellschaft, SZW 1/99, S. 17ff. 12 Art. 19 Abs. 1 bzw. Art. 61 Abs. 1 rev. Bundesgesetz über die direkten Steuern (rev. DBG); Art. 8 Abs. 3 bzw. Art. 24 Abs. 3 rev. Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (rev. StHG). 13 Vgl. auch Gurtner Peter, FusG und Steuerrecht, Jusletter 20. Oktober 2003, S. 11. 14 Art. 19 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 rev. DBG; Art. 8 Abs. 3 lit. b und Abs. 3 bis rev. StHG. 15 Art. 60 DBG; Art. 24 Abs. 2 StHG. 16 Vgl. auch Spori Peter/Gerber Reto, Fusionen und Quasifusionen im Recht der direkten Steuern, ASA 71 Nr. 11/12 2003, S. 697f. sowie Gurtner Peter, FusG und Steuerrecht, Jusletter 20. Oktober 2003, S. 11. Zum Begriff Betrieb resp. Teilbetrieb vgl. Anm. 37. 17 Art. 19 Abs. 1 lit. c bzw. Art. 61 Abs. 1 lit. c rev. DBG; Art. 8 Abs. 3 lit. c bzw. Art. 24 Abs. 3 lit. c rev. StHG. 18 Vgl. auch Gurtner Peter, FusG und Steuerrecht, Jusletter 20. Oktober 2003, S. 11. 19 Die Abfindung von Privataktionären wird in der Differenz zwischen der Zahlung und dem Nennwert der Beteiligungsrechte zu steuerbarem Vermögensertrag führen. Zwangsweise abgefundene Anteilsinhaber werden dadurch mitgliedschaftlich und fiskalisch «bestraft»; vgl. auch Spori Peter/Gerber Reto, Fusionen und Quasifusionen im Recht der direkten Steuern, ASA 71 Nr. 11/12 2003, S. 708. 20 Art. 6 Abs. 1 lit. a bis des rev. Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (rev. StG). 21 Das Merkblatt dürfte durch das geplante Kreisschreiben der Eidg. Steuerverwaltung ersetzt werden. 22 Art. 14 Abs. 1 lit. i rev. StG. 23 Art. 5 Abs. 1 lit. a des rev. Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (rev. VStG). 24 Bedingungen des Merkblatts Nr. 11: Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, Steuerbarkeit der Übertragung, Steuerpflicht der Beteiligten und Vorliegen eines Reorganisationstatbestandes. Bei genauer Betrachtungsweise dürfte eine Anpassung des Merkblattes Nr. 11 erforderlich sein. 25 Art. 12 Abs. 4 rev. StHG; Art. 72e rev. StHG sieht dazu eine Übergangsfrist von drei Jahren vor. 26 Art. 103 FusG; Art. 111 Abs. 3 FusG sieht dazu eine Übergangsfrist von fünf Jahren vor. 27 Vgl. AB Nationalrat (N) 16.6.03 (2003), Bundesrätin Ruth Metzler, S. 1036. 28 Art. 29 FusG. 29 Art. 31 FusG. 30 Art. 39 FusG. 31 Art. 46 FusG. 32 Art. 105 FusG; gilt auch bei Fusionen und Umwandlungen. 33 Art. 19 Abs. 1 rev. DBG; Art. 8 Abs. 3 rev. StHG. 34 Vgl. auch Lissi Alberto/Duss Pascal, Übertragung im Konzern und Ersatzbeschaffung von Beteiligungen, ST 10/03, S. 869. 35 Art. 19 Abs. 1 bzw. Art. 61 Abs. 1 rev. DBG; Art. 8 Abs. 3 bzw. Art. 24 Abs. 3 rev. StHG 36 Das Betriebserfordernis ist bei der Übertragung von Vermögenswerten zwischen Personengesellschaften nicht erforderlich (Art. 19 Abs. 1 lit. a rev. DBG; Art. 8 Abs. 3 lit. a rev. StHG). 37 Art. 61 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 bzw. Art. 19 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 rev. DBG; Art. 24 Abs. 3 lit. d und Abs. 3 ter rev. StHG bzw. Art. 8 Abs. 3 lit. b und Abs. 3 bis rev. StHG. 38 Vgl. auch Behnisch Urs R., Spaltung im Recht der direkten Steuern, ASA 71 Nr. 11/12 2003, S. 727; Gurtner Peter, FusG und Steuerrecht, Jusletter 20. Oktober 2003, S. 12; Reich Markus, Steuerrechtliche Aspekte des FusG, IFF Forum für Steuerrecht 1/2001, S. 9. 39 Zur Betriebseigenschaft von Beteiligungen vgl. auch Lissi Alberto/Duss Pascal, Übertragung im Konzern und Ersatzbeschaffung von Beteiligungen, ST 10/03, S. 868. 40 Vgl. Botschaft zum FusG vom 13. Juni 2000 (BBl 2000), 4338. 41 Vgl. AB S 2001, Ständerat Eugen David, S. 143 und 166, sowie Bundesrat Kaspar Villiger, S. 166. 42 Vgl. auch Behnisch Urs R., Spaltung im Recht der direkten Steuern, ASA 71 Nr. 11/12 2003, S. 730. 43 Art. 6 Abs. 1 lit. a bis rev. StG. 44 Art. 14 Abs. 1 lit. i rev. StG. 45 Art. 5 Abs. 1 lit. a rev. VStG. 46 Art. 12 Abs. 4 lit. a i.v. m. Art. 72e rev. StHG. 47 Art. 103 i.v. m. Art. 111 Abs. 3 FusG. Der Schweizer Treuhänder 1 2/04 111