Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin www.meduniwien.ac.at/tropenmedizin In Referenzzentrale für Impfungen, Reise-und Tropenmedizin des BMG Impfungen für MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens Empfehlungen als Erweiterung des Österr. Impfplans Ursula Wiedermann Institut f. Spezifische Prophylaxe u. Tropenmedizin, MedUniWien Bildungstag der Österr. Plattform Patientensicherheit, 3. Okt. 2013 /tropenmedizin 1
Autoren Mitglieder des Nationalen Impfgremiums: Univ. Prof. Dr. U. Wiedermann (Vorsitzende), Univ. Prof. Dr. H. Holzmann (1. Stlvtr.), Univ. Prof. Dr. H. Kollaritsch (2. Stlvtr), Dr. E. Bechter, Mag. P. Falb, Univ. Prof. Dr. M. Kundi, Dr. B. Tucek, Univ. Prof. Dr. W. Zenz, Univ. Prof. Dr. K. Zwiauer BM f. Gesundheit: SC Priv.-Doz. Dr. P. Rendi-Wagner, Hon-Prof.SC Dr. G. Aigner BM f. Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: SC Prof. Dr. E. Szymanski Bioethikkommission und Vizerektorat f. Klinische Angelegenheiten der MedUniWien: Dr. C. Druml Kl. Institut f. Krankenhaushygiene AKH Wien/MedUniWien: Univ. Prof. Dr. E. Presterl Arbeitsmedizin (MedUniWien) Dr. G. Karbus (Unterstützt durch einen unrestricted research grant des ÖVIH an das ISPTM der MedUni Wien) Hintergrund Epidemiologische Daten zu Durchimpfungsraten stellt die Statistik Austria zu Verfügung allerdings nur auf Basis von Befragung und für ausgesuchte Impfungen (Influ.,Tet, Di, Polio, FSME, Hep B, Hep A) Generell wenig Daten zu Durchimpfungsraten und Infektionsrisiko bei Gesundheitspersonal Ausnahme Influenza! Ausführlichere Empfehlungen zu Impfungen für Gesundheitspersonal von ACIP und Schweizer Empfehlungen Im Österreichischen Impfplan bislang grobe Übersicht über empfohlene Impfungen in diesem Bereich Mögliche Verunsicherung über nötige Impfungen in definierten Bereichen des Gesundheitswesens und mögliche offene Fragen hinsichtlich der Zuständigkeit in der Umsetzung 2
Ziele der Impfempfehlungen Definition der nötigen Impfungen auf der Basis epidemiologischer Daten, bei fehlender Datenlage auf der Basis von Erfahrungswerten im internationalen Vergleich Definition der Risikobereiche (Schwerpunkt: Spitäler, Institute, Labors und medizinische Universitätseinrichtungen) Definition der betroffenen Personengruppen ( Patienten-nah; Patientenfern ) Vereinheitlichung der Empfehlungen für ganz Österreich als Erweiterung des Österreichischen Impfplans Vorschlag zur Vorgehensweise bei Einstellung von Gesundheitspersonal und bei bestehendem Gesundheitspersonal Ethische Grundlagen zu Impfungen des Gesundheitspersonals ( Schutz des Gesundheitspersonal vor Infektionen, Schutz des Patienten vor Ansteckung ) Rechtliche Aspekte hinsichtlich Arbeitnehmer/Patientenschutz, Kostenübernahme und Haftungsfragen Epidemiologischer Hintergrund für Impfempfehlung: DiTetPert MMR Varicellen Influenza Hepatitis B Hepatitis A Meningokokken Pneumokokken /tropenmedizin 3
Massenimpfung bei Kindern gegen Pertussis: 1995-2000: Reduktion der Pertussisinzidenz bei geimpften und nicht geimpften Personen Taranger J et al, 2001 Clinical Infectious Disease Weltweiter Anstieg von Pertussisfällen bei Erwachsenen: Inzidenz von Pertussis in USA, 1980-2011 In den 1970iger 50% der gemeldeten Fälle bei Kleinkindern und Kindern < 10 Jahre; In den letzten Jahren 65% der Fälle bei Personen > 10 Jahre; Anstieg der gemeldeten Fälle von < 1/100.000 auf 9/100.000 Cherry J.D., Clin. Infect Dis. 2010 4
Durchschnittsalter von Pertussisfällen in D: 42,5 Jahre Staug S, FRT 2012, 19; 17-20 RKI/STIKO 2012: Ca. 70 75% aller gemeldeten Pertussisfälle betreffen Erwachsene Der Altersdurchschnitt der Erkrankten liegt bei >42 Jahren Empfehlung der Pertussisimpfung für Erwachsene und besondere Indikation für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen und Im Gesundheitsdienst arbeiten Pertussismeldungen in Ö Paulke-Korinek et al, 2011, Jahresbericht impfpräventable Erkrankungen 2010 Pertussisfälle 2011 3455 Fälle; Anstieg von 375% gegenüber den Durchschnittszahlen von 2000-2010; Inzidenz 42/100.000 (gegenüber 12/100.000) 5
Altersverteilung gemeldeter Pertussisfälle in Ö Paulke-Korinek et al, 2011, Jahresbericht impfpräventable Erkrankungen 2010 Pertussisfälle bei Kleinkindern: 0-3 Monate i.e. noch nicht geimpft Paulke-Korinek et al, 2011, Jahresbericht impfpräventable Erkrankungen 2010 6
Empfehlung für alle HCW Routinemäßige Auffrischung laut Österreichischem Impfplan für alle Menschen alle 10 Jahre mit DiTetPert (Pertussis soll mit DiTet alle 10 Jahre aufgefrischt werden, da die Immunität innerhalb 5-10 Jahre abnimmt) Aufgrund von eventuellem Kontakt mit Patienten aus Endemiegebieten, Kombinationsimpfung mit Polio sinnvoll. Personal (Ärzte, Pflegepersonal, administrative Bereiche) an allen klinischen Abteilungen Personal an allen Instituten und Labors StudentInnen PraktikantInnen, PflegeschülerInnen Putzpersonal Masern und Röteln Eliminationsprogramm in Europa: Ziel 2015 Masern: 2009-2012: > 95.000 F. 2012 deutlicher Rückgang gegenüber 2011 (>35.000), aber immer noch 8230 Fälle (Frankreich, Italien, Spanien, UK) 83% der Fälle (77% von Kleinkindern) ungeimpft 2012 keine Todesfälle 7
Anzahl an Fällen innerh 12 Monatsperiode (Jan-Dez 2012) und 2 Dosen Impfabdeckung in Europa 8
Masern in Österreich 2003 bis 2012 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Masernfälle 2003-2012 443 122 99 52 50 14 10 25 20 30 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2011: EMS gemeldete Fälle: 122 NRZ Bestätigte Fälle : 80 2012: EMS gemeldete Fälle: 30 NRZ Bestätigte Fälle : 9 H. Holzmann, Dept Virologie MedUniWien, Nat. Referenzzentrum Stand 31.12.2012 Masern in Österreich 2012 Altersverteilung und Geschlecht Fallzahl 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0-4 5-9 10-14 15-19 20-24 25-29 30-39 >39 Alter männlich weiblich gesamt Fälle EMS, N = 30 H. Holzmann, Dept Virologie MedUniWien, Nat. Referenzzentrum 9
Masern in Österreich 2012 Alter und Impfstatus N = 21 H. Holzmann, Dept Virologie MedUniWien, Nat. Referenzzentrum Maserninfektionen von HCWs OP-Gehilfe onkologische Patienten die behandelnde Assistenzärztin Medizinstudentin, die auf Neonatologie eingesetzt war Dermatologe! Rettungssanitäter, die Masernpatienten transportierten Krankenpfleger/-schwestern Behandelnde Ärzte Etc. April 2013, Baden: > 6 Masernfälle unter Gesundheitspersonal!! Fazit: Das Risiko ist hoch! 10
MMR: Empfehlungen für HCWs MMR Impfung empfohlen für das gesamte empfängliche Personal im Gesundheitswesen insbesondere: Gynäkologie und Einrichtungen zur Betreuung von Schwangeren Gesamte Pädiatrie (vor allem Neonatologie, pädiatrische Onkologie) Innere Medizin, Onkologie Einrichtungen zur Betreuung von immundefizienten Personen Chirurgie Dermatologie Notfallmedizin Rettung / Krankentransport Alternativ: Impfpasskontrolle bzw. Immunitätsbestimmung bei der Einstellungsuntersuchung Immunstatus sollte vor Einsatz in besonders heiklen Bereichen der Leitung bekannt sein Nationaler Aktionsplan Masern/Röteln-Elimination (NAP MR-Elimination) Ziel der WHO und der Mitgliedsstaaten ist die Elimination von Masern und Röteln und die Verhütung der Rötelnembryopathie in Europa bis 2015 Strategieachsen zur Erreichung des WHO-Ziels: Durchimpfungsrate mit zwei Dosen eines Masern- und mind. einer Dosis eines Rötelnimpfstoffes 95 % Ergänzende Impfmaßnahmen wie Nachholkampagnen besonders für Hochrisikogruppen Surveillance - rigorose Falluntersuchungen und Laborbestätigungen Erfassung von unerwünschten Nebenwirkungen der Impfung Hochwertige Informationen über Nutzen und die Risiken von Masern- und Rötelnimpfungen 11
Durchimpfungsraten: Influenza Seasonal influenza vaccination in Europe, 07/08, Th. Szucs, Univ. Zürich Seasonal influenza vaccination in Europe, 07/08, Th. Szucs, Univ. Zürich 12
Influenzarisiko und Schutzwirkung der Impfung Impfeffektivität 80-100 % Impfeffektivität 50% Wilde J et al, JAMA, 1999 Impfung von Pflegepersonal in Spitälern u. Seniorenheimen führt zu einer: 20% geringeren Mortalität der kranken Senioren 31% geringere ILI ( influenza like illness ) bei den kranken Senioren 42% geringere Krankenstände des Personals Lemaitre M et al, J Am Geriatr Soc 2009, 57: 1580 13
Influenzaimpfempfehlung für HCW http://www.bmgf.gv.at/ bzw. http://www.meduniwien.ac.at/hp/tropenmedizin/; Stand: September 2012." Hepatitis vaccination coverage (A+B) in Austria Percent subjects vaccinated per age group 2008 2006 TOTAL 52% (+6) 46% 15-29 yrs 71 (+8) 63 30-39 yrs 58 (+7) 51 40-49 yrs 51 (+6) 45 50-59 yrs 45 (+6) 39 60-69 yrs 44 (+4) 40 70 yrs+ 32 (+4) 28 Zahlen zu Durchimpfungsraten des Gesundheitspersonals liegen nicht vor GfK group, Health Care Austria,2010 /tropenmedizin 14
Hochrisikogruppenliste Hepatitis B - I Definition der Risikobereiche /tropenmedizin 15
Risikobereiche Definition nach Krankenhaushygienischen Maßstäben /tropenmedizin 16
Fortsetzung: medizinische Personengruppen und Impfindikation nach Impfung und Bereichen /tropenmedizin Ethische Aspekte Es besteht keine Impfpflicht, aber das Prinzip des Nichtschadens und Wohltuns (die Verhinderung der Ansteckung mit einer Infektionskrankheit beim Geimpften und anvertrauten Personen/Patienten) gilt ganz besonders für das Gesundheitspersonal und ist eine moralische Verpflichtung Spannungsfeld: Selbstbestimmung des Einzelnen und Allgemeines Wohl : ist es vertretbar die Autonomie des Einzelnen zu beschränken, wenn Nutzen für die Gemeinschaft besteht? Ethische Legitimation für Präventionsprogramme basieren auf: Nachgewiesener Effektivität Günstiges Nutzen/Risiko Verhältnis Akzeptables Kosten/Nutzen-Verhältnis Öffentliches Statement PRO Impfungen (Vorbildwirkung, positive Meinungsbildung) 17
(ausgearbeitung: Prof. Aigner und Prof. Szymanski) Antworten zu Fragen wie: Wie ist eine Pflichtimpfung für Gesundheitspersonal aus der Sicht des ArbeitnehmerInnenschutzes zu bewerten? Impfpflicht nach ArbeitnehmerInnengesetz nicht möglich Dürfen ArbeitgeberInnen einen bestimmten Impfstatus verlangen und bei Weigerung des/der Arbeitnehmers/- nehmerin Konsequenzen bis hin zur Kündigung ziehen? Verlangen eines bestimmten Impfstatus nicht möglich, Nachfragen jedoch erlaubt bei fehlendem Impfschutz jedoch arbeitsbereichliche Restriktionen nach den ArbeitnehmerInnen- und PatientInnenschutzgründen möglich Wer übernimmt die Kosten für die Impfungen? Kostenübernahme durch die ArbeitgeberInnen nach Evaluierung der arbeitsbedingten Gefahrenexposition Wer haftet, wenn ein Patient durch ein Mitglied des GP mit einer impfpräventablen Erkrankung angesteckt wurde? Wie viel Verantwortung trifft dabei den nichtgeimpften Mitarbeiter und wie viel den Dienstgeber? im Allgemeinen keine persönliche Haftung der HCW Vorschlag zur Vorgehensweise bei Neueinstellungen und bestehenden Gesundheitspersonal /tropenmedizin 18
Zusammenfassung Diese Empfehlungen: stellen eine Erweiterung der Impfempfehlung für das Gesundheitspersonal im Österr. Impfplan dar geben eine Übersicht über Risikobereiche, betroffenes Gesundheitspersonal und empfohlene Impfungen schlagen eine Vorgehensweise für routinemäßige Impfversorgung der Mitarbeiter vor Informieren über die ethischen Grundlagen Informieren über rechtliche Fragen und Zuständigkeiten aus der Sicht des Arbeitnehmers/Patienten und des Arbeitgebers unter http://www.bmgf.gv.at/ bzw. http://www.meduniwien.ac.at/hp/tropenmedizin/; Stand: September 2012. /tropenmedizin Kennen SIE Ihren Impfstatus? Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 19