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Transkript:

Individuelle Lernstandsanalysen: Individuelle Lernstandsanalyse im Anfangsunterricht: Im Schuljahr 2005/06 werden erstmals eine individuelle Lernstandsanalyse sowie individuelle Lernpläne in den ersten Klassen eingeführt. Mit einheitlichen Verfahren für eine pädagogische Diagnostik soll festgestellt werden, mit welchen Vorkenntnissen die Kinder in die Schule kommen. In daraufhin individuell erstellten Lernplänen werden die in den Grundfertigkeiten einzelnen Lernziele und entsprechende pädagogische Angebote vermerkt. Frühzeitig soll so gezielt mit pädagogischen Angeboten auf die individuellen Stärken und Schwächen von Schülern reagiert werden. http://www.lisum.brandenburg.de/sixcms/media.php/3355/ilea1.pdf

I L e A 1 Individuelle Lernstandsanalysen 1 Ein Leitfaden für die ersten sechs Schulwochen und darüber hinaus Wissenschaftliche Mitarbeit:

I L e A 1 Individuelle Lernstandsanalysen Ein Leitfaden für die ersten sechs Schulwochen und darüber hinaus Wissenschaftliche Leitung: Annedore Prengel Projektleitung: Katrin Liebers Wissenschaftliche Evaluation: Ute Geiling/ Edwin Luntz Autorinnen und Autoren: Annedore Prengel (Einleitung, Mathematik), Katrin Liebers (Einleitung, Sprache und Schriftsprache, Gesamtredaktion), Ursula Carle (externe Beratung), Martina Klunter (Mathematik), Heike Kroner (Gesamtredaktion, Lernpläne), Gerald Matthes (externe Beratung), Christina Peschel (Gesamtredaktion, Lernpläne), Monika Raudies (Mathematik), Christiane Ritter (phonologische Bewusstheit), Martin Rudnick (externe Beratung), Ada Sasse (Sprache und Schriftsprache), Gerheid Scheerer-Neumann (phonologische Bewusstheit), Charlotte Zwack- Stier (externe Beratung)

Herausgeber: Landesinstitut für Schule und Medien Brandenburg (LISUM Bbg), 14974 Ludwigsfelde- Struveshof Tel.: 03378 209-177, Fax: 03378 209-304, katrin.liebers@lisum.brandenburg.de Internet: www.lisum.brandenburg.de Autorinnen und Autoren: Annedore Prengel (Wissenschaftliche Leitung) und Katrin Liebers (Projektleitung), Ursula Carle, Martina Klunter, Heike Kroner, Gerald Matthes, Christina Peschel, Monika Raudies, Christiane Ritter, Martin Rudnick, Ada Sasse, Gerheid Scheerer-Neumann, Charlotte Zwack- Stier Grafik: Diana Fürch, Katja Rinas, Ulrike Schöder Layout: Steffi Woyach Mitarbeit an der Erprobung: Schulen aus dem Schulamtsbereich Wünsdorf, Schulen aus dem Schulamtsbereich Brandenburg an der Havel, Fachberaterinnen FLEX und Teilleistungsstörung Landesinstitut für Schule und Medien Brandenburg (LISUM Bbg); 2005 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte einschließlich Übersetzung, Nachdruck und Vervielfältigung des Werkes vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des LISUM Bbg in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Eine Vervielfältigung für schulische Zwecke ist erwünscht. Das LISUM Bbg ist eine Einrichtung im Geschäftsbereich des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg (MBJS). Der Leitfaden" wird vom LISUM Bbg im Auftrag des MBJS herausgegeben. Er stellt jedoch keine verbindliche amtliche Verlautbarung des MBJS dar. ISBN 3-00-016339-5

Inhalt Vorwort 7 1 Leitideen für Lernstandsanalysen am Schulanfang 9 1.1 Warum und für wen wurde dieser Leitfaden entwickelt?...9 1.2 Welche Prinzipien liegen diesem Leitfaden zugrunde?...11 1.3 Welche Dokumentationsformen empfiehlt dieser Leitfaden?...14 2 Sprache und Schriftsprache 15 2.1 Einleitung...15 2.2 Übersicht zu den Aufgaben während der ersten sechs Schulwochen...15 2.3 Durchführung, Auswertung und pädagogische Angebote im Bereich Sprache und Schriftsprache...16 3 Mathematik 37 3.1 Einleitung...37 3.2 Übersicht zu den Aufgaben während der ersten sechs Schulwochen...38 3.3 Durchführung, Auswertung und pädagogische Angebote im Bereich Mathematik...41 4 Individueller Lernplan 62 5 Anlagen 67 Literatur, Materialien, Internetadressen 75 Der Leitfaden wird ergänzt durch das Schülerarbeitsheft mit den Aufgabenblättern und den Vordrucken für den Lernplan, das Beobachtungsheft zur psychosozialen Gesamtsituation sowie den Reader Sieben diagnostisch-pädagogsiche Verfahren für den Schulanfang.

Alle, die sich in Praxis, Fortbildung und Wissenschaft mit dem hier vorliegenden Instrument befassen, sind herzlich gebeten, uns ihre kritischen oder zustimmenden Gedanken dazu zu übermitteln, denn wir möchten es weiter verbessern und sind gespannt, welche Erfahrungen an anderen Orten damit gemacht werden. (Kontakt über E-Mail: aprengel@rz.uni-potsdam.de und E-Mail: katrin.liebers@lisum.brandenburg.de

Vorwort Liebe Lehrerinnen und Lehrer der Schulanfängerinnen und Schulanfänger, wir freuen uns, Ihnen das Material ILeA 1 Individuelle Lernstandsanalysen Ein Leitfaden für die ersten sechs Schulwochen und darüber hinaus übergeben zu können. Das Material wurde von einer Projektgruppe entwickelt, in der Personen mit unterschiedlichen Kompetenzen eng zusammengearbeitet haben: praxiserfahrene Lehrerinnen sowie Fachleute aus der Lehrerfortbildung, der Schulverwaltung und der Wissenschaft. Mit diesem Leitfaden will das Land Brandenburg seine Lehrkräfte darin unterstützen, einen guten Anfangsunterricht für alle Kinder ihrer Klasse zu gestalten. Dazu sind Kenntnisse über die Lernausgangslagen der Schulanfänger unerlässlich. Das Material soll dazu beitragen, dass Lehrkräfte auf möglichst zeitsparende und praxistaugliche Weise die Lernausgangslagen der Kinder ihrer Klassen in den ersten sechs Schulwochen erfassen, verstehen und dokumentieren. Auf der Basis einer möglichst genauen Kenntnis der Lernausgangslagen einzelner Kinder können individuelle Lernpläne entwickelt und kann ein effektiver Unterricht für alle Kinder gestaltet werden. Der Leitfaden wurde in einem ersten Schritt im Schuljahr 2003/2004 an zehn brandenburgischen Schulen erprobt, evaluiert und überarbeitet. Im Schuljahr 2004/2005 erfolgte darauf aufbauend eine erneute Erprobung der überarbeiteten Fassung an allen Grundschulen im Schulamtsbezirk Wünsdorf. Diese Erprobung wurde von Wissenschaftlern der Universität Halle evaluiert und Vorschläge für weitere Verbesserungen wurden unterbreitet. Mit ILeA 1 wird hier eine sehr kompakte Fassung präsentiert, die vor allem in der Praxis alltagstauglich und einfach zu handhaben sein soll. Ausführliche Fassungen pädagogischer Diagnostika stellen wir Ihnen ergänzend in der Publikation Sieben diagnostisch-pädagogische Verfahren für den Anfangsunterricht (Reader) zur Verfügung. Der Leitfaden beschränkt sich auf zwei zentrale Bereiche des Lernens: Sprache und Schriftsprache sowie Mathematik. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele Anregungen für die Neugestaltung des Schulanfangs in Ihrer 1. Klasse. Dr. Götz Bieber Leiter der Abteilung zentrale Prüfungen, Evaluation, Curriculum des LISUM Bbg Prof. Annedore Prengel Universität Potsdam Institut für Grundschulpädagogik

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Leitideen für Lernstandsanalysen am Schulanfang 1 Leitideen für Lernstandsanalysen am Schulanfang 1 Annedore Prengel und Katrin Liebers 1.1 Warum und für wen wurde dieser Leitfaden entwickelt? Mit diesem Leitfaden wird ein Verfahren für pädagogische Lernstandsanalysen und Lernpläne für die ersten sechs Wochen im Anfangsunterricht und für die kontinuierliche Arbeit darüber hinaus vorgelegt. Die vorliegenden individuellen Lernstandsanalysen ILeA 1 sind keine Tests. Sie wurden vielmehr entwickelt, um Lehrkräfte bei der Unterrichtsarbeit zu unterstützen. Wenn der Leitfaden nach seiner Verwendung in den ersten sechs Schulwochen im laufenden Schuljahr weiter genutzt wird, um die sich verändernden Lernstände zu dokumentieren, erleichtert er Elterngespräche und das Schreiben von Zeugnissen erheblich. Dieser Leitfaden beruht auf einem Ansatz der didaktischen Diagnostik, denn bei diesen Lernstandsanalysen geht es darum zu erfassen, was jedes einzelne Kind kann unabhängig davon, was bereits im Unterricht durchgenommen wurde und was nicht. Der Leitfaden wurde erstellt für alle in Jahrgangsstufe 1 unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer. Er richtet sich vor allem an die Klassenlehrerinnen und -lehrer, aber auch an das ganze, den Anfangsunterricht gestaltende, pädagogische Schulteam. Das Instrument erfasst eine weite Spanne schulischer Leistungsniveaus, denn es soll einem Unterricht dienen, der der Heterogenität der Kinder gerecht wird. Der Leitfaden kann in allen Grundschulen unabhängig von der jeweiligen Konzeption der Schuleingangsphase verwendet werden und die Neugestaltung des Anfangsunterrichts unterstützen. Er ist sowohl für Regelklassen als auch für Integrationsklassen und jahrgangsübergreifende Klassen geeignet. Folgende Begründung ist für die Entwicklung des Leitfadens ausschlaggebend: Wenn Unterricht die Leistungen der Schülerinnen und Schüler besser fördern soll, so kann er sich nicht länger ausschließlich an einem für alle Kinder gleichschrittig gedachten Lernweg orientieren, sondern muss anknüpfen an den individuellen Lernausgangslagen in der heterogenen Schülergruppe. Ausgehend von den Leistungsständen der verschiedenen Kinder soll ein passendes pädagogisches Angebot gestaltet werden, sodass Kinder weder über- noch unterfordert werden. Der Leitfaden zur didaktischen Lernstandsanalyse unterstützt Lehrkräfte dabei, im Unterrichtsalltag die Lernausgangslagen der Kinder, die sie unterrichten, zu erfassen und ein für jedes Kind angemessenes Lernangebot bereitzustellen. Der Leitfaden ILeA 1 ist wie folgt von anderen Verfahren der Diagnostik und der Leistungsevaluation abzugrenzen: Im Spektrum der unterschiedlichen Modelle der Evaluation von Schulleistungen eröffnen didaktische Lernstandsanalysen eine besondere Perspektive, die klar von anderen Perspektiven zu unterscheiden ist: Es geht hier ausschließlich um das Erfassen des erreichten Kompetenzstandes und um die nächsten Lernschritte des einzelnen Kindes im Hinblick auf einen Lerngegenstand. Andere Perspektiven der Leistungsevaluation 1 Literaturangaben zu dieser Einleitung finden sich im Anhang. 9

Leitideen für Lernstandsanalysen am Schulanfang werden in diesem Verfahren nicht berücksichtigt, dazu gehören Vergleiche von Schülerleistungen auf mehreren Ebenen, z. B. auf der Klassen-, Schul-, Regional- oder Nationalebene oder auf der Ebene aller Gleichaltrigen, die in üblichen psychologischen oder sonderpädagogischen Tests eine Rolle spielen. Diese Abgrenzung ist folgenreich für die Gestaltung des diagnostischen Instruments und beeinflusst die im Folgenden aufgeführten Ziele und Prinzipien, die für didaktische Lernstandsanalysen kennzeichnend sind. Der Leitfaden zur didaktischen Lernstandsanalyse dient sechs Zielen: 1. Der Leitfaden soll Lehrerinnen und Lehrer darin unterstützen, so früh wie möglich nach Schuljahresbeginn, spätestens aber innerhalb der ersten sechs Wochen herauszufinden, in welcher Lernausgangslage sich jedes Kind befindet. Darüber hinaus dient er dazu, im Laufe des ganzen Schuljahres wichtige Entwicklungsschritte zu dokumentieren. 2. Der Leitfaden soll Lehrerinnen und Lehrer darin unterstützen, ihren Unterricht auf die Lernmöglichkeiten der Kinder ihrer Klasse abzustimmen. Dafür wird eine Auswahl von passenden pädagogischen Angeboten für jede Kompetenzstufe vorgestellt. 3. Der Leitfaden soll Lehrerinnen und Lehrer darin unterstützen, einfache individuelle Lernpläne für alle Kinder, vor allem aber für solche, die in ihren Leistungen den Klassendurchschnitt über- oder unterschreiten, zu erstellen. Er stellt dafür Vordrucke in den Schülerarbeitsheften bereit, die durch weiterführende Materialien ergänzt werden können (siehe Reader, u. a. Kinder mit besonderen Förderansprüchen von Gerald Matthes und Psychosoziale Gesamtsituation von Annedore Prengel). 4. Für ausgewählte Lernthemen wird der Leitfaden um Schülermaterialien zur Selbstevaluation hinsichtlich der bereits erreichten und noch zu bewältigenden Lernstufen ( Lesepass, Rechenpass, Schreibpass ) ergänzt, damit Kinder und Eltern selbst in die Lage versetzt werden, die Lernentwicklung zu reflektieren (siehe Reader, Lernpässe zur Selbstevaluation ). 5. Der Leitfaden soll dazu beitragen zu klären, wann Hilfe von anderen Stellen gebraucht wird, z. B. sonderpädagogische oder sozialpädagogische Unterstützung der Kinder beziehungsweise Supervision oder Beratung der Lehrkräfte. 6. Der Leitfaden unterstützt Lehrerinnen und Lehrer darin, Zeugnisse und Lernentwicklungsberichte zu verfassen. In den Auswertungstabellen stehen Formulierungen zur Verfügung, die genau ausweisen, was das Kind derzeit kann, welchen Lernweg es bereits zurückgelegt hat und welcher Lernweg vor ihm liegt. 10

Leitideen für Lernstandsanalysen am Schulanfang 1.2 Welche Prinzipien liegen diesem Leitfaden zugrunde? Den einzelnen Teilen des Leitfadens liegen sechs handlungsleitende Prinzipien zugrunde, die mit den Begriffen Anerkennung, didaktische Diagnostik, didaktische Stufenmodelle, Kind- Umfeld-Diagnose, Arbeitshypothesen, sowie Förderung der Selbstevaluation umrissen werden können. Die sechs Prinzipien beruhen auf schulpraktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und lassen sich wie folgt beschreiben: 1. Prinzip: Anerkennung Jedes Kind soll im Unterricht immer wieder erleben, dass es kompetent und liebenswert ist und geachtet wird. Daraus folgt: Jedes Kind ist auf seiner Kompetenzstufe kompetent. Es gilt, diese Kompetenzen herauszufinden, um auf ihnen aufzubauen. Diese Sichtweise schließt aus, dass bestimmte Kinder als schlechte" Schülerinnen oder Schüler etikettiert, ausgegrenzt oder missachtet werden. Jedes Kind sollte alltäglich die Erfahrung von Zugehörigkeit und Achtung machen. Aktuelle Ergebnisse der Neurophysiologie bestätigen, dass eine Voraussetzung effektiven kognitiven Lernens emotionales Wohlbefinden ist. Die Autorinnen und Autoren dieses Leitfadens machen darum keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen langsamer oder schneller lernenden Kindern, Kindern mit Lernstörungen oder Kindern mit Hochbegabungen: Es geht darum, alle Kinder gleichermaßen zu achten, allen Chancengleichheit zukommen zu lassen, die besonderen Kompetenzen jedes Kindes kennen zu lernen und im Unterricht die Potenziale aller sich entfalten zu lassen. 2. Prinzip: Didaktische Diagnostik Lernstände von Kindern werden analysiert, um den Unterricht zu verbessern. Daraus folgt: Mit dem vorliegenden Leitfaden werden ausschließlich Befunde erhoben, die sich in ein pädagogisches Angebot überführen lassen. Der Leitfaden beruht auf aktuellen Forschungsergebnissen, die das Fördern von schulnahen, so genannten proximalen" Fähigkeiten favorisieren, weil sie das Fördern von eher schulfernen, so genannten distalen" Fähigkeiten als nicht effektiv genug analysiert haben. Deshalb werden Fähigkeiten, die nicht unmittelbar pädagogisches Handeln begründen können, nicht erhoben. Pädagogische Diagnostik wird hier als Teil der Didaktik angesehen. Die durch die Analyse der Lernstände gewonnenen Hypothesen zum aktuellen Entwicklungsstand des Kindes fließen direkt wieder in Lernpläne und didaktische Entwürfe ein. In einer zukunftsweisenden Pädagogik bildet die Analyse des Lernstandes der Kinder ein zentrales Handlungselement. Lernprozesse stehen im Zentrum des Unterrichts. 11

Leitideen für Lernstandsanalysen am Schulanfang 3. Prinzip: Didaktische Stufenmodelle Der Analyse der Lernstände von Kindern dienen didaktische Stufenmodelle des Schriftspracherwerbs und der Zahlerarbeitung. Sie werden um nicht chronologische Bausteine, die innerhalb einzelner Stufen angesiedelt sind, ergänzt. Daraus folgt: Grundlagen unserer pädagogischen Lernstandserhebung sind Modelle, die aus didaktischen Stufen des Schriftspracherwerbs und der Zahlerarbeitung bestehen. Es geht um die Feststellung der konkreten Lernziele, die das Kind schon erreicht hat. So gelingt es der pädagogischen Diagnostik, lernzielnahe Fähigkeiten zu erheben und zu Ergebnissen zu kommen, die unmittelbar die nächsten Lernschritte begründen. Die Chance gerade für benachteiligte Grundschulkinder liegt darin, dass rechtzeitig festgestellt werden kann, ob Vorläuferfähigkeiten" für die jeweils als nächstes anstehenden Lernschritte fehlen. Für den Lernplan können die entsprechenden Übungen ausgewählt werden. Der Lernplan hilft auch den schnell lernenden Kindern, auf ihrem Niveau arbeiten zu können. Die Vorteile der Arbeit mit lernzielnahen, didaktisch orientierten Modellen bestehen zum einen darin, dass auf weiter gehende diagnostische Zuschreibungen verzichtet und damit der Gefahr des Etikettierens vorgebeugt wird; zum anderen bestehen sie darin, dass die Lehrkräfte mit ihrem am Zeigen der Sache orientierten didaktischen Know-how zum Zuge kommen und unmittelbare Entscheidungen für das nötige pädagogische Angebot ableiten können. Selbstverständlich können die hier um ihrer Handhabbarkeit willen einfach und linear gehaltenen Stufenmodelle nicht die Komplexität kindlicher Lernprozesse abbilden. Die Stufenmodelle dienen aber als wertvolles Hilfsmittel, um sicherzustellen, dass alle Kinder elementare und unverzichtbare Kompetenzen aufbauen können. Eine Reihe von Lernstufen umfasst mehrere parallele Bausteine, die nicht unbedingt chronologisch aufeinander aufbauen. In diesen Fällen werden innerhalb einzelner Stufen parallele Bausteine formuliert, deren Reihenfolge nicht vorgegeben ist. 4. Prinzip: Kind-Umfeld-Diagnose Die Analyse des Lernstandes erfasst Wechselwirkungen zwischen Kind und Umfeld. Daraus folgt: Lernstandsanalysen in Schulanfangssituationen nehmen nicht ausgewählte Merkmale eines Kindes in den Blick, sondern das Kind und sein Umfeld mit seinen Wechselwirkungen. Es geht also darum, das Verhalten und die Entwicklung des einzelnen Kindes ebenso zu reflektieren wie das eigene methodisch-didaktische Wissen der Lehrerin, die Qualität von Unterricht, die Situation in der Peergroup und die sozioökonomische Situation der Herkunftsfamilie. Die Analyse des Lernstandes ist also nie objektiv, sondern immer relativ, situativ und subjektiv. Es stellt sich immer auch die Frage, in welchen Situationen bzw. mit welchen Materialien, mit welchen Menschen ein Kind mehr oder weniger blockiert bzw. frei zum Lernen ist. In den individuellen Lernstandsanalysen gehen daher die didaktischen Diagnosen mit der Analyse der psychosozialen Gesamtsituation einher. (Siehe dazu das Beobachtungsheft zur psychosozialen Gesamtsituation.) 12

Leitideen für Lernstandsanalysen am Schulanfang 5. Prinzip: Arbeitshypothesen Ergebnisse von Lernstandsanalysen sind Bilder, die wir uns von Kindern machen, sie können nicht unmittelbar Realität abbilden und beziehen sich nur auf Teilbereiche kindlichen Lernens. Daraus folgt: Lernstandsanalysen können nicht Fakten über Kinder hervorbringen, sondern Bilder und Vermutungen, die von den Alltagstheorien und wissenschaftlichen Theorien des Betrachters abhängig sind. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich das Kind stets verändert und dass immer nur Aspekte dieser komplexen Entwicklung erfasst werden können. Das heißt: Lernstandsanalysen können immer nur vorläufige, begrenzt gültige Aussagen im Sinne von Arbeitshypothesen erbringen. Sie sollen nicht dazu benutzt werden, Kinder mit einem Etikett zu versehen und in Schubladen" einzuordnen. Pädagogische Lernstandsanalysen ermöglichen es, Arbeitshypothesen darüber zu bilden, auf welcher Entwicklungsstufe sich das Kind gerade bewegt. Dabei betreffen die Leitfäden zur Lernstandsanalyse immer nur einen Teil der Lernprozesse: Sie sind geeignet, den Erwerb elementarer Kompetenzen, die zuvor von Erwachsenen definiert wurden, abzusichern. Das kindliche Lernen im Primarbereich (auch im Elementar- und Sekundarbereich) benötigt aber zugleich gesicherte Freiräume für nicht von Erwachsenen antizipiertes kreatives Handeln. Im Freispiel, beim freien Experimentieren und beim Gestalten mit kreativen Medien bringen Kinder Produkte hervor, die zugleich aber auch Rückschlüsse auf erreichte fachliche Kompetenzstände zulassen. Wenn Lehrkräfte fachliche Kompetenzstufenmodelle im Hinterkopf haben, können sie sehr verschiedene Kinderprodukte diagnostisch analysieren. Unentbehrlich sind in Schulen Freiräume für kindliche Kreativität, wenn Lernprozesse gelingen sollen. 6. Prinzip: Förderung der Selbstevaluation Vorschläge zur Selbstevaluation werden im Reader angeboten, um Kinder bei der Reflexion ihrer Lernprozesse zu unterstützen. Daraus folgt: Ergänzend zu den Instrumenten für die Hand der Lehrerin bzw. des Lehrers bieten wir im Reader Vordrucke zur Selbstevaluation für Kinder und zur Information für Eltern an. Die Lese-, Schreib- und Rechenpässe versuchen, Kompetenzstufen in für Kinder verständlicher Sprache zu fassen. Sie dienen zugleich als Dokumente für erreichte Kompetenzen und als Lernpläne, die die nächsten Stufen verdeutlichen. Ihr Einsatz empfiehlt sich in der zweiten Schuljahreshälfte. 13

Leitideen für Lernstandsanalysen am Schulanfang 1.3 Welche Dokumentationsformen empfiehlt dieser Leitfaden? Der Leitfaden wurde so konzipiert, dass Lehrerinnen und Lehrer auf einfache Weise im Schulalltag selbst die Erhebungen und Auswertungen durchführen, Lernpläne erstellen und passende pädagogische Angebote auswählen oder selbst gestalten können. Um als Beobachtungs- und Planungshilfe nützlich zu sein, schlägt der Leitfaden folgende Dokumentationsformen vor: 1. Schülerarbeitsheft: Dieses bildet die Grundlage für die individuellen Diagnosen und beinhaltet die Vorlagen für die individuellen Lernpläne in Form von Auswertungstabellen sowie die Aufgabenblätter. Das Schülerarbeitsheft liegt in Heftform vor. 2. Lehrertagebuch: Als Ergänzung zu den Vordrucken dient ein Lehrertagebuch, in das Beobachtungen und Erfahrungen mit eigenen Worten frei geschrieben eingetragen werden. 3. Sammelmappen: Sammelmappen für jedes Kind bilden direkte Leistungsvorlagen, da hier Arbeitsergebnisse aller Art aufbewahrt werden. In die Sammelmappen können auch die Schülerarbeitshefte mit den individuellen Ergebnissen gelegt werden. 4. Überblickstabellen: In diesen wird bei Bedarf mit einem Blick Einsicht in die Lernstände der ganzen Klasse ermöglicht. Die Überblickstabellen befinden sich im Reader. 5. Lernpässe: Diese sind für die Hand der Kinder geschaffen worden, um Selbstevaluation und Elternbegleitung zu unterstützen. Anregungen und Vordrucke für die Lernpässe finden sich im Reader. 14

Sprache und Schriftsprache 2 Sprache und Schriftsprache 2.1 Einleitung In diesem Kapitel werden Aufgaben vorgestellt, die Lehrerinnen und Lehrer bei der Erkundung von besonderen Interessen und individuellen Fähigkeiten jedes einzelnen Kindes in den Bereichen Sprache und Schriftsprache unterstützen sollen. Es geht darum, die besonders fortgeschrittenen Kinder wie auch Kinder mit dem umfangreichsten Entwicklungsbedarf herauszufinden, um Unter- und Überforderung von Anfang an zu vermeiden. 2.2 Übersicht zu den Aufgaben während der ersten sechs Schulwochen Die folgenden Aufgaben ermöglichen der Lehrerin bzw. dem Lehrer sehr schnell, nach Schulbeginn den Lernstand zum Schriftspracherwerb und mündlichen Sprachhandeln festzustellen. Aufgaben empfohlener Zeitpunkt Für wen? Analysen der bereits erworbenen Schriftsprachstrategien Aufgabenbereich 1 Grobanalyse Erfassen von Spontanschreibungen auf einem leeren Blatt schreiben oder zeichnen (Aufgabe 1) 1. Schultag oder in der kleinen Stunde am Einschulungstag alle Kinder Überprüfung der phonologischen Bewusstheit Mündliches Sprachhandeln Aufgabenbereich 2 Feinanalyse, differenziert für die Gruppen A-C (Aufgaben 2-4) Aufgabenbereich 3 Erkennen von Reimwörtern Gliedern von vorgesprochenen Wörtern in Silben Heraushören des gleichen Anlautes Heraushören eines Lautes (Aufgaben 5-8) Aufgabenbereich 4 Eine Geschichte erzählen (Aufgabe 9) 2. Schulwoche drei Kleingruppen: Bildung nach Auswertung der Spontanschreibungen 3. 6. Schulwoche alle Kinder 6. Woche Kinder, die Probleme haben, verständlich zu sprechen, oder die nur sehr wenig sprechen 15

Sprache und Schriftsprache Die diagnostische Erfassung der Lernausgangslage am Anfang des Schriftspracherwerbs ist im Rahmenlehrplan Deutsch Grundschule verbindlich festgeschrieben (vgl. Rahmenlehrplan Deutsch S. 25). Lernstandsanalysen sind damit notwendige Schritte, um die Anforderungen, die sich aus dem Rahmenlehrplan ergeben, pädagogisch umsetzen zu können. Lernstandsanalysen, Beobachtungen und Dokumentation sind auch im weiteren Verlauf des ersten Schuljahres notwendig. Im alltäglichen Unterricht können Lehrerinnen und Lehrer die Lernentwicklung ständig beobachten. Diese Beobachtungen sollen durch systematische Lernstandsanalysen ergänzt werden. Weitere Zeitpunkte sind in der schuleigenen Planung zu vereinbaren. Dazu können die hier vorgeschlagenen Aufgaben variiert eingesetzt werden, ebenso selbst entwickelte Aufgaben sowie Materialien, die Schulbuchverlage zu den entsprechenden Leselehrgängen anbieten. Mit Kindern, die Probleme in einzelnen Aufgabenbereichen der phonologischen Bewusstheit gezeigt haben, sind die entsprechenden Überprüfungen im ersten Schuljahr zu wiederholen, um Lernfortschritte zu erkennen und Förderangebote zu optimieren. 2.3 Durchführung, Auswertung und pädagogische Angebote im Bereich Sprache und Schriftsprache 2 Aufgabenbereich 1: Grobanalyse der bereits erworbenen Schriftsprachstrategien Kinder durchlaufen auf dem Weg zum Lesen und Schreiben aufeinander aufbauende Entwicklungsschritte, die in Stufenmodellen des Schriftspracherwerbs" beschrieben werden. Ziel dieser Aufgabe ist es herauszufinden, auf welcher Stufe des Schriftspracherwerbs sich jedes einzelne Kind befindet. Diesem Leitfaden zur Feststellung der Lernausgangslage im Bereich Sprache/Schriftsprache liegt ein Modell mit vier Stufen des Schriftspracherwerbs zugrunde. Die Aufgabe 1 und auch die Aufgabenserie 2 dienen der Ermittlung des Entwicklungstandes des Kindes, bezogen auf dieses Modell (vgl. Auswertung). Aufgabe 1: Auf einem leeren Blatt schreiben oder zeichnen Gruppe: Klasse Zeit: Material: Erwartete Leistung 3 : ca. 20 Minuten Papier oder Leeres Blatt im Schülerarbeitsheft, Stift Die meisten Kinder werden voraussichtlich einzelne Buchstaben und einige Wörter schreiben, andere werden kritzeln oder eine Vielfalt von Wörtern schreiben. Durchführung: Diese Aufgabe sollte innerhalb der ersten Schulwoche, z. B. am ersten Schultag durchgeführt werden, um die Spontanität zu gewährleisten. Sie kann aber auch schon früher, z. B. im Rahmen des Begegnungs- oder Schnuppertages oder in der ersten kleinen Stunde nach der 2 Die Aufgaben zur Analyse der Schriftsprachstrategien wurden von Ada Sasse entwickelt. 3 Zu jeder Aufgabenstellung wird eine erwartete Leistung benannt. Diese Erwartungen beziehen sich auf durchschnittlich lernende Kinder. Sie dienen auch dazu, langsamer oder schneller lernende Kinder zu erkennen. 16

Sprache und Schriftsprache Einschulungsfeier durchgeführt werden. Vor jedem Kind liegen ein Stift und ein Blatt Papier. Die Lehrerin fordert die Kinder auf, alles aufzuschreiben (alle Buchstaben und alle Wörter), was sie schon schreiben können. Kinder, die nichts schreiben, werden aufgefordert, etwas zu zeichnen. Die Lehrerin sagt: Schreibe alles auf, was du schreiben kannst! Auswertung: Anhand der vorliegenden Ergebnisse auf dem nun nicht mehr leeren Blatt kann ein erster Rückschluss darauf erfolgen, welche Strategie des Schriftspracherwerbs durch das Kind bereits erworben wurde. Wenn die Kinder vor dem Beginn der Schulzeit bereits auf den Aufbau und die Funktion von Schriftsprache aufmerksam geworden sind, haben sie bei Schuleintritt die logographemische Stufe des Schriftspracherwerbs erreicht. Diese Kinder können einzelne Buchstaben oder Wörter schreiben, ohne die Laut-Buchstaben-Verbindung zu beherrschen. Andere Kinder sind bereits in der Lage, mithilfe der alphabetischen Strategie zu lesen und zu schreiben. In Ausnahmefällen haben Kinder als so genannte Frühleserinnen und Frühleser noch weiter reichende schriftsprachliche Kompetenzen. Andererseits gibt es in nahezu jeder 1. Klasse auch Kinder aus schriftfernen Milieus, die zu Schulbeginn noch kaum Interesse und Verständnis für den Aufbau der Schriftsprache entwickeln konnten. Diese Kinder bewältigen die Aufgabe durch Kritzeln oder durch Zeichnen. Entscheiden Sie anhand der Merkmale, auf welcher Stufe sich das Kind vermutlich befindet. Stufe Schreiben Lesen Vorstufe 1. Stufe Logographemische Strategie 2. Stufe Alphabetische Strategie 3. Stufe Orthografische/ morphematische Strategie - Malen und Kritzeln - eine Schreibstrategie im engerensinn ist noch nicht erkennbar - Als-ob-Schreiben - Schreibverhalten wird imitiert - einzelne Buchstaben und/oder Wörter werden aus dem Gedächtnis notiert - Lautwert der einzelnen Buchstaben kann nicht angegeben werden - phonetische Schreibweise Schreibe, was du hörst. - von der Skelettschreibung zur alphabetischen Schreibung (z. B.: FT für Fahrrad) - mehr oder weniger vollständige Verschriftlichung der Lautabfolge der Wörter nimmt zu (z. B.: Fart oder Farat für Fahrrad) - Beginn der Berücksichtigung orthografischer Regeln und des Wissens über die Struktur von Wörtern z. B.: Auslautverhärtung, Doppelkonsonanten, Groß- und Kleinschreibung, - Als-ob-Lesen - Leseverhalten wird imitiert - Erkennen von Wortbildern nach dem Prinzip des Ganzwortlesens - Lautwert der einzelnen Buchstaben kann nicht korrekt benannt werden - Fähigkeit, zunehmend längere Wörter zu erlesen - korrektes Erlesen besonders dann, wenn der Kontext bekannt ist - Erfassen größerer Segmente wie Silben und Wörter 17

Sprache und Schriftsprache Stufe Schreiben Lesen Vor- und Nachsilbe, Wortstämme 4. Stufe Wortübergreifende Strategie - orthografisch korrekte Gestaltung und Wahl sprachlicher Mittel durch Orientierung am ganzen Satz, jeweiligen Abschnitt oder gesamten Text - Gewinnen der Fähigkeit, flüssig und zugleich sinnentsprechend zu lesen durch automatisiertes Worterkennen Aufgabenbereich 2: Feinanalyse von Spontanschreibungen Die Beobachtung der Kinder bei der Bewältigung der Aufgabe 1 sowie weitere Beobachtungen im Unterricht ermöglichen es, die Kinder grob drei Gruppen zuzuordnen. In jeder dieser Gruppen ist eine weiterführende Bestimmung der Lernausgangslage möglich und auch notwendig. Dazu sollte innerhalb der Schule nach Möglichkeiten gesucht werden, sodass eine zweite Grundschullehrkraft für diese Zeit unterstützend wirken kann, z. B. durch den Einsatz der für Förderunterricht geplanten Lehrkraft, Absprachen zwischen Parallelklassen oder auch gemeinsam organisiertes Lernen an Stationen. Vielleicht können zugleich Eltern gewonnen werden, die in diesen drei Stunden mit den Kindern der anderen Gruppen kleine Vorhaben durchführen. Gruppe A (Vorstufe): Kinder, die malen und kritzeln, haben vermutlich noch keinen Zugang zur logographemischen Strategie entwickelt. Einzelne wenige Kinder kommen aus so schriftfernen Elternhäusern, dass sie bislang überhaupt keinen Zugang zu einer Schriftkultur aufbauen konnten. Diese Kinder gilt es sicher zu identifizieren, um mit ihnen Grundlagen für eine elementare Schriftkultur zu erarbeiten. Gruppe B (logographemische Stufe): Kinder, die den eigenen Namen und/oder einige Buchstaben notieren, nutzen die logographemische Strategie. Gruppe C (alphabetische Stufe): Kinder, die neben dem eigenen Namen auch einige andere Wörter sowie acht oder mehr Buchstaben schreiben können, nutzen die alphabetische Strategie, eventuell ebenso Elemente der weiteren Stufen. Hier gilt es herauszufinden, welche Kinder bereits so selbstständig lesen können, dass sie zusätzlich individuelle Angebote benötigen. Je nach Gruppenzugehörigkeit wird eine der nachfolgenden Aufgaben bearbeitet. 18

Sprache und Schriftsprache Aufgabe 2: Lesen und Schreiben als Tätigkeiten erkennen Gruppe: Kleingruppe A Kinder, die vermutlich noch keinen Zugang zur logographemischen Strategie entwickelt haben Zeit: ca. 15 Minuten Material: Anlage 1 in diesem Heft: acht Bildkarten, auf denen die Tätigkeiten lesen" und schreiben" zu erkennen sind; 20 Bildkarten, auf denen je ein Buchstabe oder ein buchstabenähnliches Zeichen oder eine Ziffer abgebildet ist Erwartete Leistung: Die Kinder benennen anhand der Abbildungen die Tätigkeiten lesen" und schreiben"; sie wählen aus 20 Bildkarten diejenigen aus, auf denen Buchstaben abgebildet sind. Durchführung: Zunächst legt die Lehrkraft dem Kind/den Kindern nacheinander acht Bildkarten vor, auf denen Personen abgebildet sind, die in unterschiedlichen Situationen lesen oder schreiben. Die Lehrerin fordert das Kind auf, zu benennen, was diese Personen tun. Wenn dem Kind die Benennung nicht gelingt, dann gibt sie jeweils die Benennung vor und lässt das Kind zeigen (Zeige mir jemanden, der liest!). Anschließend legt die Lehkraft dem Kind/den Kindern insgesamt 20 Bildkarten vor, auf denen je ein Buchstabe oder ein buchstabenähnliches Zeichen oder ein anderes Symbol abgebildet ist. Die Lehrkraft fordert die Kinder auf, alle Buchstaben herauszusuchen. Bildkarten Auswertung: Wenn Kinder die Aufgaben gut bewältigen, werden ihnen die Aufgaben der nächstfolgenden Gruppe angeboten. Auf diesem Weg kann die Lehrkraft einen genauen Einblick in die schriftsprachlichen Fähigkeiten der Kinder gewinnen. 19

Sprache und Schriftsprache Kindern, die diese Anforderungen nicht bewältigen, fehlen vermutlich Einsichten in die Funktion und Struktur der Schrift. Sie benötigen elementare Erfahrungen in der Schriftkultur, damit der Erwerb für sie persönlich bedeutsam werden kann. Pädagogische Angebote: Vorlesen, Kritzelbriefe schreiben, Kinderbücher betrachten, vorlesen, Struktur des Textes betrachten/besprechen, Lieblingsbuchstaben und -wörter in einer Schatzkiste sammeln, älteren Kindern/Erwachsenen etwas diktieren und es sich vorlesen lassen, Situationen benennen, in denen etwas geschrieben oder gelesen werden muss, pantomimische Darstellungen von Lesen und Schreiben in unterschiedlichen Situationen darstellen und erraten lassen, vereinbarte Symbole und bekannte Buchstaben/Wörter für Notizen und Nachrichten verwenden, Firmenlogos, Autokennzeichen usw. sammeln, spielerisch Formulare ausfüllen ( Als-ob-Schreiben : Post, Sparkasse, Quittungen, Lottoscheine, Kreuzworträtsel usw.) Herstellen von Kindervisitenkarten, Kinderausweisen usw., Arbeit mit Magnetbuchstaben, Holzbuchstaben, Buchstabenmemory, Buchstabenlotto, Buchstabenfest, Buchstabenstempel, Schuldruckerei, Buchstabenstempel selbst herstellen (Moosgummi, Kartoffeldruck), Monogramm für jedes Kind gestalten, Fühlbuchstaben, Buchstaben kneten, formen, backen, Buchstabennudeln unter der Lupe untersuchen, Buchstaben auf Tastaturen entdecken (Computer, Schreibmaschine), Buchstaben im Klassenraum, im Schulhaus, zu Hause und draußen entdecken und notieren, Arbeit mit der Anlauttabelle, Buchstabenausstellung, Sammeln von verschiedenen Schriftformen in Katalogen, Zeitschriften und Zeitungen, auf Plakaten und in Büchern, unterschiedliche Materialien zum Schreiben und Malen ausprobieren (verschiedene Papiere und Stifte, Schiefertafel, Straßenkreide usw.). 20

Sprache und Schriftsprache Aufgabe 3: Bekannte Buchstaben benennen und beschreiben Gruppe: Kleingruppe B Kinder, die vermutlich die logographemische Struktur nutzen Zeit: Material: ca. 10 Minuten Papier und Stift Erwartete Leistung: Die Kinder notieren die ihnen bekannten Buchstaben und benennen diese. Durchführung: Vor jedem Kind liegen ein Stift und ein Blatt Papier. Die Lehrkraft fordert die Kinder auf, ihren Namen, die Wörter Oma, Opa, Mama und Papa sowie einige andere Wörter, die sie bereits schreiben können (siehe leeres Blatt ), aufzuschreiben. Anschließend fordert die Lehrkraft die Kinder auf, die notierten Wörter vorzulesen. Bei denjenigen Wörtern, die die Kinder richtig benennen, fragt die Lehrkraft nach, ob die einzelnen Buchstaben des Wortes schon benannt werden können. Auswertung: Stellt sich heraus, dass Buchstaben und auch Wörter nicht benannt werden können, sind die Angebote der Gruppe A sinnvoll einzusetzen. Wenn Kinder Buchstaben und einzelne Wörter bereits schreiben können, sind für sie pädagogische Angebote geeignet, die Einsichten in die Buchstabe-Laut-Beziehung unterstützen. Pädagogische Angebote: Laut-Buchstabe-Zuordnungsspiele wie Buchstabenmemory und Buchstabenlotto spielen, in Zeitungen/Zeitschriften auf die Suche nach vorgegebenen/bekannten Buchstaben gehen, verschiedene Varianten ausschneiden und sammeln, aus Wortkärtchen (z. B. Vornamen, Gegenstände) Wörter heraussuchen, deren Anfangsbuchstaben bekannt sind und die mit dem gleichen Buchstaben beginnen, Wörter sammeln, die aus dem Gedächtnis schon geschrieben werden können bzw. die Kinder gern schreiben möchten. Wenn Kinder bei solchen Angeboten keine Schwierigkeiten haben, können ihnen die Aufgaben der Gruppe C vorgelegt werden. Aufgabe 4: Wörter aus bekannten Buchstaben erlesen und schreiben Gruppe: Kleingruppe C Kinder, die vermutlich bereits die alphabetische Strategie benutzen Zeit: Material: Erwartete Leistung: ca. 20 Minuten Papier und Stift, 10 Wortkarten (selbst zusammenzustellen) Die Kinder können Wörter, die aus den ihnen bekannten Buchstaben bestehen, erlesen und andere Wörter, die ebenfalls aus den ihnen bekannten Buchstaben bestehen, schreiben. 21

Sprache und Schriftsprache Durchführung: Schreibaufgabe: Vor jedem Kind liegen ein Stift und ein Blatt Papier. Die Lehrerin fordert die Kinder auf, den eigenen Namen, weitere Namen aus der Familie sowie einige andere Wörter aufzuschreiben. Dabei beobachtet sie, wie die Kinder vorgehen: Versuchen sie, die Wörter nach der alphabetischen Strategie selbst zu konstruieren" oder notieren sie das auswendig eingeprägte Wortbild? Leseaufgabe: Den Kindern werden Wörter aus häufig benutzten Buchstaben vorgelegt. Diese Wörter sollen aus den Buchstaben der Wörter gebildet werden, die das Kind auf seinem leeren Blatt aufgeschrieben hat. Auswertung: Diese Kinder nutzen, sofern sie die Aufgaben gut bewältigt haben, schon die alphabetische Strategie. Ihren Lernvoraussetzungen kommen im Unterricht pädagogische Angebote entgegen, die sie dabei unterstützen, die alphabetische Strategie weiter auszubauen. Pädagogische Angebote: mit der Anlauttabelle arbeiten, damit das Schreiben neuer Wörter eigenständig ausprobiert werden kann, Gelegenheiten zum Schreiben von Notizen anbieten (Einkaufsliste, Wunschzettel, Nachrichten usw.), kurze Brief- und Postkartentexte verfassen und senden, im Alltag zum sinnvollen, kontextgebundenen Er-Lesen von Wörtern auffordern (Etikette, Firmenlogos, Namen usw.), Namenskärtchen und Tischkärtchen für die Kinder der Klasse herstellen: Erlesen und Erschreiben der Vornamen der Mitschülerinnen und Mitschüler, einfache Texte zum Selbstlesen anbieten (z. B. Goldene Bücher und Regenbogen- Lesekiste siehe Literaturverzeichnis), Wörter (Bezeichnungen für Gegenstände im Klassenraum) auf Klebezettel schreiben, lesen, an die Gegenstände heften; verkehrte Welt: Klebezettel haften an falschen Gegenständen und müssen wieder an ihren richtigen Platz, andere Kinder beim Schreiben und Benennen der Buchstaben unterstützen. Für Kinder, bei denen sich herausstellt, dass sie fließend und sinnerfassend lesen können, sind weitere Möglichkeiten zu prüfen, wie z. B. Kinderbücher nach einfachen Leseplänen lesen, Teilnahme am Deutschunterricht der nächst höheren Jahrgangsstufe. 22

Sprache und Schriftsprache Aufgabenbereich 3: Überprüfung der phonologischen Bewusstheit 4 Die phonologische Bewusstheit ist die wichtigste Vorläuferfähigkeit für das Erlernen des Lesens und Schreibens. Um beim Erlernen unserer lautbezogenen deutschen Schrift in die unerlässliche zweite Stufe der alphabetischen Strategie eintreten zu können, müssen Kinder zunächst lernen, einzelne Silben und Laute aus gesprochenen Wörter herauszuhören. Mit anderen Worten, sie müssen lernen, auf den Klang sprachlicher Elemente, also auf die phonologischen Merkmale von Wörtern wie Silben und Phoneme, zu achten und dabei zeitweilig die inhaltliche Bedeutung der Wörter zu vernachlässigen. Die phonologische Bewusstheit ist häufig beim Schulanfang angebahnt und entwickelt sich im Unterricht rasch weiter. Bei einzelnen Kindern müssen die Lehrkräfte die phonologische Bewusstheit durch Übungen gezielt fördern. Die Aufgaben unterstützen das rasche Erkennen dieser Kinder. Erreicht ein Kind weniger Lösungen als erwartet, ist durch einige analoge mündliche Aufgaben sicherzustellen, dass das Aufgabenverständnis gegeben ist. Zu den folgenden Aufgaben werden spezifische Übungen zur mündlichen Sprachanalyse vorgeschlagen. Bei Kindern, die auch über die ersten Wochen hinaus noch Förderung im Bereich der phonologischen Bewusstheit benötigen, ist es sinnvoll, zur Analyse des gesprochenen Wortes auch die geschriebene Wortform heranzuziehen. Ein Wort wie /rot/ ist leichter zu analysieren, wenn die Laute an den Buchstaben <r> <o> und <t> verankert werden können. Aufgabe 5: Erkennen von Reimwörtern Gruppe: Zeit: Material: Erwartete Leistung: Klasse ca. 15 Minuten Aufgabenblatt Erkennen von Reimwörtern im Schülerarbeitsheft, Wortliste (Lehrkraft), Stift fünf richtige Lösungen bei sieben Aufgaben Erläuterung der Aufgabe: Zu den Wörtern liegen den Kindern die entsprechenden Bilder in Reihen zu drei Bildern vor. Bei zwei von drei Bildern, die jeweils von der Lehrkraft benannt werden, reimen sich die entsprechenden Wörter. Sie sollen angekreuzt werden (z. B. Haus, Käse, Maus). Die Lehrkraft benennt die Bilder einzeln und lässt dann Zeit, damit die Kinder die beiden Wörter/Bilder, die am ähnlichsten klingen und sich reimen" ankreuzen können. D. h., alle Kinder arbeiten in der Gruppenfassung im gleichen Tempo. (Jeweils die ersten drei Reihen sind Probedurchgänge. Bei den Probedurchgängen werden die Aufgaben erklärt und Hilfestellungen gegeben. Dann folgen die eigentlichen Aufgaben.) 4 Die Aufgaben zur phonologischen Bewusstheit wurden von Gerheid Scheerer-Neumann und Christiane Ritter entwickelt. Dazu liegt auch ein ausführlicher Beitrag im Reader vor. 23

Sprache und Schriftsprache Durchführung: Probedurchgang: Demonstrieren Sie direkt am Bogen oder mithilfe einer Folie: Auf diesem Bogen seht ihr Bilder. Ich spreche euch die Wörter in jeder Reihe einmal vor, sodass ihr sie nachsprechen könnt. Dann werdet ihr merken, dass immer zwei Wörter besonders ähnlich klingen; sie reimen sich. Das erste Bild in der ersten Reihe ist ein Fisch, dann kommen ein Tisch und ein Stuhl. Tisch und Fisch klingen sehr ähnlich, sie reimen sich. Stuhl klingt anders. Deshalb wurden die Kreuze bei Fisch und Tisch gemacht. Die nächste Aufgabe ist schon etwas schwieriger: Die Wörter zu den Bildern sind: Hand Mund Sand. Welche klingen am ähnlichsten und reimen sich?" Das dritte Beispiel erfolgt analog zum zweiten Beispiel. Bei falschen Antworten korrigieren Sie im Probedurchgang und betonen die gleichen Wortteile. Bei den weiteren Aufgaben liest die Lehrkraft die Wortreihen vor, beim Erkennen darf nicht mehr geholfen werden. Erkennen von Reimwörtern Wortübersicht: Fisch Tisch Stuhl Hand Mund Sand Drachen Tasche Flasche Suppe Schippe Puppe Schlange Zange Hammer Nase Rose Vase Zwerg Berg Zahn Arm Wurm Turm Rüssel Deckel Schüssel Ohr Mond Tor 24

Sprache und Schriftsprache Auszug aus dem Aufgabenblatt Erkennen von Reimwörtern 5 X X Auswertung: Die ersten drei Probedurchgänge werden nicht gewertet. Jede richtig gelöste Aufgabe erhält einen Punkt. Wurden in einer Reihe alle Bilder angekreuzt, gilt die Aufgabe als nicht gelöst. Es werden bei sieben Aufgaben fünf richtige Antworten erwartet. Kinder, die vier oder weniger als vier richtige Lösungen finden, sollen gefördert werden. Pädagogische Angebote: Ordnen von Bildkarten nach Reimwörtern, Reime zu Schlüsselwörtern suchen, Beschäftigung mit Abzählversen und kurzen Gedichten. 5 Das vollständige Aufgabenblatt mit allen 10 Bilderreihen ist im Schülerarbeitsheft enthalten. Zur besseren Übersichtlichkeit wurde hier nur ein Ausschnitt gewählt. 25

Sprache und Schriftsprache Aufgabe 6: Gliedern von vorgesprochenen Wörtern in Silben Gruppe: Zeit: ca. Material: Erwartete Leistung: Klasse 15 Minuten Aufgabenblatt Gliederung von vorgesprochenen Wörtern in Silben im Schülerarbeitsheft, Stift fünf oder mehr richtige Lösungen bei sieben Aufgaben Erläuterung der Aufgabe: Den Kindern liegen Bogen mit je einem Bild in einer Reihe und einer Linie zum Schreiben vor. Die Silbenbögen oder alternativ Striche oder Punkte sollen neben das Bild gezeichnet werden. Die Lehrkraft benennt die Bilder einzeln und lässt dann Zeit, die Silbenbögen entsprechend der Anzahl der Silben eines Wortes zu zeichnen. D. h., alle Kinder arbeiten in der Gruppenfassung im gleichen Tempo. Das Zeichnen von Silbenbögen sollte schon einmal geübt worden sein. Als Vorübung (nicht am gleichen Tag) bietet sich Silbenklatschen an. (Auch ohne Vorübung wird diese Aufgabe problemlos bewältigt.) Die ersten drei Bilder/Wörter auf Seite 1 des Bogens sind Probedurchgänge, bei denen Hilfestellungen beim Erkennen der Silbenanzahl gegeben werden können. Bei den folgenden Aufgaben darf keine Hilfe mehr gegeben werden. Die Lehrkraft liest nur die Wörter vor und wartet ab, bis alle Kinder angemessen Zeit hatten, die Aufgabe zu lösen. Durchführung: Probedurchgang: Demonstrieren Sie direkt am Bogen oder mithilfe einer Folie: Ihr wisst, dass man zu jedem Wort klatschen kann. Für Do-mi-no kann ich dreimal klatschen. Ro-se hat zwei Klatscher (jeweils vormachen). Für Hund kann ich nur einmal klatschen. Heute wollen wir aber nicht klatschen, sondern für jeden Klatscher einen Bogen (alternativ auch einen Strich oder einen Punkt) zeichnen. Auf dem Blatt seht ihr Bilder und neben jedem Bild eine Linie (Kästchen). Darauf sollt ihr so viele Bogen/Striche/Punkte zeichnen, wie man für das Wort klatschen kann. Das erste Wort ist Tiger. Ti-ger, dafür kann man zweimal klatschen. Deswegen sind zwei Bogen auf der Linie eingetragen. Wie oft kann man bei Papagei klatschen? (Kinder antworten lassen). Richtig, dreimal, deshalb zeichne ich drei Bogen/Striche/Punkte auf die Linie (an der Tafel oder auf der Folie demonstrieren). Wie oft kann ich bei Gans klatschen? (Kinder antworten lassen). Nur einmal, deshalb zeichne ich nur einen Bogen." (Erfahrungsgemäß treten bei einsilbigen Wörtern am ehesten Schwierigkeiten auf. Evtl. darauf hinweisen, dass man /gans/ und nicht /ga-ans/ sagt.) Bei falschen Antworten korrigieren und die richtige Gliederung vorsprechen. Bei den folgenden Aufgaben darf nicht mehr bei der Erkennung der Silbenanzahl geholfen werden. Gliederung von vorgesprochenen Wörtern in Silben Wortübersicht: Tiger Papagei Gans 26

Sprache und Schriftsprache Hose Tomate Lampe Krokodil Bett Kinderwagen Tulpe Auszug aus dem Aufgabenblatt Gliederung von vorgesprochenen Wörtern in Silben 6 6 Das vollständige Aufgabenblatt mit allen 10 Bilderreihen ist im Schülerarbeitsheft enthalten. 27

Sprache und Schriftsprache Auswertung: Wird die Anzahl der Silben richtig wiedergegeben, so ist die Aufgabe richtig gelöst. Die drei Probeaufgaben werden nicht gewertet. Jede weitere richtige Lösung erhält einen Punkt. Insgesamt können sieben Punkte erreicht werden. Bei vier und weniger richtigen Lösungen benötigen Kinder zusätzliche Förderung. Pädagogische Angebote: Silbenklatschen, Silben skandieren, Silbenschreiten/Silbentanzen, Silbenbogen zu Bildern schreiben, Sortieren von Bildkärtchen nach der Silbenzahl der entsprechenden Wörter, Geräuschelotto spielen. Aufgabe 7: Heraushören des gleichen Anlautes Gruppe: Zeit: Material: Erwartete Leistung: Klasse ca. 15 Minuten Aufgabenblatt Heraushören von Anlauten im Schülerarbeitsheft, Stift Unmittelbar nach Beginn des 1. Schuljahres werden nur vier richtige Antworten bei sieben Aufgaben erwartet. Erläuterung der Aufgabe: Zu den Wörtern liegen den Kindern die entsprechenden Bilder in Reihen mit je drei Bildern vor. Bei zwei von drei vorgegebenen Bildern beginnen die entsprechenden Wörter mit dem gleichen Anlaut. Sie sollen angekreuzt werden (z. B. Apfel-Birne-Affe). Die Lehrkraft benennt die Bilder einzeln und lässt dann Zeit, damit die Kinder die beiden Wörter/Bilder, die am Anfang gleich klingen", ankreuzen können. D. h., alle Kinder arbeiten in der Gruppenfassung im gleichen Tempo. Jeweils die ersten drei Reihen sind Probedurchgänge; in der ersten Reihe wurde die richtige Lösung schon angekreuzt. Bei den Probedurchgängen werden die Aufgaben erklärt und Hilfestellungen gegeben. Dann folgen die eigentlichen Aufgaben. Durchführung: Demonstrieren Sie direkt am Bogen oder mithilfe einer Folie: Auf diesem Bogen seht ihr Bilder. Sprecht euch die Wörter zu den Bildern in einer Reihe vor. Ihr werdet dann merken, dass immer zwei Wörter am Wortanfang gleich klingen. Das erste Bild in der ersten Reihe ist ein Zelt, dann kommen ein Zaun und ein Reh. Zzzzelt und Zzzaun klingen am Wortanfang gleich. Rrreh klingt am Wortanfang anders. Deshalb wurde ein Kreuz bei Zaun und bei Zelt gemacht. Die nächste Aufgabe ist schon etwas schwieriger: Die Wörter zu den Bildern sind: Tür Gabel Teller. Welche klingen am Wortanfang gleich? Die Kinder antworten lassen. Drittes Beispiel analog zum zweiten Beispiel durchführen. Bei falschen Antworten korrigieren und den Anlaut betonen. Bei den folgenden Aufgaben darf nicht mehr geholfen werden. Die Lehrkraft liest die Wörter so, dass alle Kinder im Gruppentempo arbeiten können. 28

Sprache und Schriftsprache Heraushören des gleichen Anlautes Wortübersicht: Zelt Zaun Reh Tür Gabel Teller Löwe Milch Maus Sonne Sieb Kaktus Blume Bett Gans Kinderwagen Tulpe Tomate Krokodil Kirsche Lampe Pinguin Tiger Papagei Buch Ball Roller Ente Wurst Wolke Auszug aus dem Aufgabenblatt Heraushören des gleichen Anlautes 7 X X 7 Das vollständige Aufgabenblatt mit allen 10 Bilderreihen ist im Schülerarbeitsheft enthalten. 29

Sprache und Schriftsprache Auswertung: Die drei Probeaufgaben werden nicht gewertet. Jede richtig gelöste Aufgabe erhält einen Punkt. Wurden in einer Reihe alle Bilder angekreuzt, gilt die Aufgabe als nicht gelöst. Es können insgesamt sieben Punkte erreicht werden. Kinder, die weniger als fünf richtige Lösungen aufweisen, benötigen Förderung. Pädagogische Angebote: Wörter zu einem vorgegebenen Anlaut finden (eventuell mit Bildalternativen), Wort-zu-Wort-Vergleiche in Bezug auf den Anlaut durchführen, Kinderspiel Ich sehe was, was du nicht siehst, und das fängt mit /p/ an spielen, entsprechende Anlaute deutlich artikulieren und die Mundbewegungen erspüren lassen. Aufgabe 8: Heraushören eines Lautes Gruppe: Zeit: Material: Erwartete Leistung: Klasse ca. 15 Minuten Aufgabenblätter Laute heraushören im Schülerarbeitsheft, Stift 12 Antworten pro Bogen; 36 richtige Antworten summiert über alle drei Bogen Erläuterung der Aufgabe: Diese Aufgabe aus dem Bereich Laute heraushören" sollte erst eingesetzt werden, wenn die entsprechenden Phonem-Graphem-Korrespondenzen (PGK) schon eingeführt und geübt wurden. Da die Buchstaben <M,m>, <A,a> und <L,I> in der Regel zu den ersten Buchstaben gehören, die im Erstleseunterricht vermittelt werden, kann die Aufgabe durchaus schon in den ersten Wochen des ersten Schuljahres durchgeführt werden. Die drei Aufgaben zu den Phonemen /m/, /l/ und /a/ sollten an verschiedenen Tagen durchgeführt werden. Die Reihenfolge kann von der Lehrkraft je nach der Einführung der Phonem-Graphem- Korrespondenzen im Unterricht bestimmt werden. Zu den kritischen Phonemen liegt jeweils ein Aufgabenbogen mit drei Übungsbilderreihen und Aufgabenbildern vor, von denen einige Wörter das kritische Phonem enthalten, andere dagegen nicht. Die Position des kritischen Phonems (Anlaut, Teil des Silbenbeginns, im Reim, Endlaut) wurde variiert. Je drei Bilder sind in Reihen angeordnet. Die ersten drei Bilder sind Probedurchgänge. Bei den Probedurchgängen werden die Aufgaben erklärt und Hilfestellungen gegeben. Im Gegensatz zu den anderen Aufgaben können die Kinder bei dieser Aufgabe nach eigenem Tempo und selbstständig arbeiten. Kindern, denen die Bilder nicht geläufig sind, können die Wortreihen vorgelesen werden. Durchführung: Probedurchgang: Demonstrieren Sie direkt am Bogen oder auf einer Folie: Auf diesem Bogen seht ihr Bilder. Ihr sollt heute Detektive für den Laut (je nach Aufgabe /m/ wie in Mama, ein /l/ wie Lisa oder ein /a/ wie in Anna) sein. Macht immer ein Kreuz zu dem Bild, wenn in dem Wort ein /m/ (/l/, /a/) vorkommt. Sprecht euch die Wörter zu den Bildern gut vor. Manche 30