Erysimum hungaricum ZAP AL. - auch in den Ostalpen

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Transkript:

Ann. Naturhistor. Mus. Wien 75 103-109 Wien, Oktober 1971 Erysimum hungaricum ZAP AL. - auch in den Ostalpen Von Helmut MELZER, Judenburg und Adolf POLATSCHEK, Wien (Mit 1 Textabbildung) Manuskript eingelangt am 2. Februar 1971 Erysimum hungaricum galt bisher als Endemit der Ostkarpaten, wie die Autoren PAWLOWSKI (1946), KONÉTOPSKY (1963) und BALL in TUTIN et al. (1964) betonen. 1968 entdeckte MELZER in N-Kärnten, Stangalpen, SE Turracher Höhe ein prachtvolles Erysimum, bei dessen Bestimmung sich Schwierigkeiten ergaben. Es erwies sich als das aus den Alpen bisher nicht bekannte E. hungaricum. Daraufhin war angebracht, drei weitere Vorkommen aus dem Alpenraum zu überprüfen : jene beiden in den Schladminger Tauern, die von F. G. STROBL 1869 entdeckt, von HAYEK (1908) recht ungenau zitiert, sowohl von MARK- GRAF in HEGI (1959 1963) als auch JANCHEN (1956 1966) gar nicht berücksichtigt worden waren und jenes im unteren Stubachtal in Salzburg, von FUGGER und KASTNER (1899) unter E. odoratum EHRH. veröffentlicht, das von JANCHEN (1956 1966) zu E. virgatum ROTH gestellt worden war. MELZER überprüfte alle diese Fundorte, fertigte Fixierungen zur cytologischen Untersuchung an und nahm die Begleitvegetation auf. Einen wichtigen Beitrag für das Zustandekommen dieser Arbeit leisteten die Kollegen F. HODAC und R. KLAUS (Alpengarten im Belvedere/Wien) durch das Kultivieren von Pflanzen, wodurch das Studium verschiedener Entwicklungsstadien ermöglicht wurde; dafür möchten wir ihnen danken; auch Herrn L. HAUTZINGER (Salzburg) verdanken wir einige Hinweise. Nach SAGORSKI und SCHNEIDER (1891) wächst E. hungaricum im Bereich der Belaer Tatra in der subalpinen und Krummholzregion zwischen 900 und 1900 m Seehöhe über Kalk, Mergel, Sandstein und Quarzit. Nach PAWLOWSKI (1946) siedelt E. hungaricum in der Belaer Tatra (Tatry Bielskie) in lockerem Rasen über Kalkschutt vor allem an sekundären Stellen wie Waldrändern und Waldrichtungen in der oberen Bergregion (Piceetum) bis an die obere Waldgrenze in etwa 1600 m Seehöhe. Im locus classicus-bereich (Montes Czywczynenses) siedelt die Art nach ZAPALOWICZ (1913) zwischen 1400 und 1600 m Seehöhe über Kalk. PAWLOWSKI (1946) führt für dieses Gebiet die Assoziationen von Festuca saxatilis und Carex sempervirens an. PAWLOWSKI (1969) stellt E. wahlenbergii = E. hungaricum zu den i gesellschaftsvagen Karpatenende-

104 H. MELZER und A. POLATSCHEK miten. Die ostalpinen Vorkommen befinden sich nach MELZER zwischen 950 und 1920 m Seehöhe (es zeigt sich hier eine sehr auffallende Übereinstimmung mit den karpatischen Vorkommen) und gedeihen über Gneis (mit Amphibolit), Schiefer, Phyllit und karbonatreichem Karbon-Schiefer. Nach MELZER sind die Wuchsorte der österreichischen Vorkommen wie folgt zu charakterisieren: an Felsbändern, am Fuße der Felswände oder deren Überhängen in Lägern, Hochstaudenfluren, unter Grünerlen und in Grauerlengehölzen. SILLINGER (1933) fand das E. hungaricum (er bestimmte es als E. wittmannii) im Calamagrostidetum arundinaceae; seine weiteren Angaben aus diesem Gebiet müßten alle überprüft werden. KONÉTOPSKY (1963) bestimmte den Beleg von Velky Bok als E. odoratum. Nachfolgend ein Vergleich der Begleitvegetation, wobei MELZER vor allem solche Pflanzen berücksichtigte, die sich ± im unmittelbaren Wurzelbereich befanden. Jene Arten, die SAGORSKI und SCHNEIDER (1891) auch für die Belaer Alpen als Begleiter anführen, sind besonders gekennzeichnet (*): a) SE der Turracher Höhe zwischen Schönebennock und Kaserhöhe : Athyrium filix-femina*, Dryopteris dilatata*, Juniperus communis ssp. nana, Picea excelsa*, Larix decidua*, Pinus cembra*, Alnus viridis, Urtica dioica*, Rumex arifolius*, R. scutatus, Polygonum viviparum*, Cerastium fontanum, Silène dioica*, S. nutans*, S. vulgaris, Aconitum variegatum, Delphinium elatum*, Thalictrum aquüegifolium*, Clematis alpina*, Ribes petraeum, Chrysosplenium alternifolium, Rosa pendulina*, Viola bißora, Hypericum maculatum, Hedysarum hedysaroides*, Trifolium pratense*, Epilobium alpestre, Geranium sylvaticum*, Imperatoria ostruthium, Heracleum sphondylium ssp. montanum, Chaerophyllum villarsii, Pleurospermum austriacum*, Rhinanthus aristatus, Valeriana montana, Knautia intermedia, Phyteuma zahlbruckneri, Hieracium prenanthoides*, Crépis conyzifolia, Hypochoeris uniflora, Saussurea alpina*, Carduus personata*, Carlina acaulis, Adenostyles alliariae, Doronicum austriacum*, Senecio nemorensis s. str.*, Erigeron alpinus, Chrysanthemum clusii*, Veratrum album, Lilium martagon*, Polygonatum verticillatum, Luzula albida, Festuca nigrescens, F. norica, Poa hybrida, P. nemoralis, Deschampsia caespitosa, Calamagrostis villosa, Agrostis agrostiflora, Milium effusum, Phleum alpinum* ; an trockeneren und nährstoffärmeren Stellen werden die hier kleinwüchsigeren Erysimum-Jüxemplare von Cerastium lanatum*, Draba carinthiaca, Sedum roseum*, Saxifraga aspera, S. paniculata*, Sempervivum montanum ssp. styriacum, Libanotis montana*, Campanula cochlearifolia*, Lappula deflexa, Erigeron atticus und Festuca varia* begleitet. b) Schladminger Tauern, Sattental : Asplenium septentrionale, Polypodium vulgäre*, Chenopodium bonus-henricus*, Dianthus carthusianorum, Draba dubia, Sempervivum arachnoideum, Verbascum thapsus, Taraxacum laevigatum, Artemisia mutellina und Achillea millefolium ssp. sudetica*. c) Schladminger Tauern, Weiße Wand : Urtica dioica*, Stellaria nemorum, Thesium alpinum*, Silène rupestris, S. vulgaris, S. dioica*, Potentilla aurea*, Imperatoria ostruthium, Chaerophyllum villarsii, Myosotis decumbent ssp. variabilis, Lappula deflexa, Aster bellidiastrum*, Gnaphalium norvegicum*, Erigeron schleichen, Senecio fuchsii s. str.*, Sesleria varia* und Festuca varia*.

Erysimum hungaricum ZAPAX. auch in den Ostalpen 105 d) Stubachtal, Wiedrechtshausen : Dryopterisfilix-mas*, Humulus lupulus, Urtica dioica*, Rumex arifolius*, Moehringia trinervia, Stellaria graminea*, Cerastium holosteoides, Silène dioica*, Mercurialis perennis, Alnus incana, Corylus avellana, Thalictrum aquilegifolium*, Ranunculus acris, R. repens, Cardamine impatiens*, Geum urbanum, Rubus idaeus, Vicia sepium, Geranium robertianum, Epilobium montanum*, Impatiens noli-tangere*, Rhamnus frangula, Acer pseudoplatanus*, Pimpinella maior*, Aegopodium podagraria, Angelica sylvestris, Fraxinus excelsior, Myosotis sylvatica, Stachys alpina*, Origanum vulgäre, Glechoma hederacea, Verbascum nigrum, Digitalis grandiflora, Veronica urticefolia, V. chamaedrys*, Scrophularia nodosa, Cruciata laevipes, Scabiosa lucida*, Campanula trachelium, Lapsana communis, Hieracium sylvaticum, Carduus personata*, Arctium nemorosum, Senecio nemorensis*, Solidago virgaurea*, Achillea millefolium*, Luzula albida, Bromus asper, Brachypodium sylvaticum, Melica nutans, Poa nemoralis, Dactylis glomerata, Calamagrostis varia* und Deschampsia caespitosa; am nahen Bachufer: Arabis alpina*, Saxifraga aizoides*, Aruncus vulgaris*, Chaerophyllum hirsutum, Valeriana montana, Cirsium palustre und Crépis paludosa*. Nomenklatur: Erysimum hungaricum ZAPAL., Bull. Inter. Acad. Sei. Cracovie, ser. B, nr. 3: 49 (1913) und in Consp. Fl. Galic. crit. XXVII: 46 (1913). Synonyme: Cheiranthus helveticus WAHLBG. non JACQ., Fl. Carp. Princ. : 205 (1814) Erysimum hieraeifolium L. var. strictum Fl. Wett. subvar. wahlenbergii ASCHERS, et ENGL., Beiträge Fl. Westgaliziens u. Zentralkarpaten, Österr. Bot. Ztschr. IX: 278 (1865); Holotypus B! Erysimum wahlenbergii (ASCHERS, et ENGL.) BORBAS, Math. Term. Közl. XV: 174 (1878) nom. prov. (nach Art. 34, 2 des Code ungültig!). Erysimum pannonicum CR. ssp. wahlenbergii (ASCHERS, et ENGL.) SIMON- KAI, Enum. Fl. Transsilv.: 85 (1886). Holotypus: Lostun, 16. 8. 1912, H. ZAPALOWICZ, nr. 226. 15 (drei Belege mit gleichlautender Etikette), KRA! Da nach dem Code die Kombination bei BORBAS ungültig ist und vor der Beschreibung des E. hungaricum keine Validierung von BORBAS (im Artrang) erfolgte, kann der eingebürgerte Name des E. wahlenbergii für diese Art nicht mehr verwendet werden. E. hungaricum ZAPAL., das sich bei genauer Untersuchung ident mit E. wahlenbergii erwies, ist der korrekte Name. Für die Hilfe bei der nomenklatorischen Klarstellung dieses Taxons bin ich den Kollegen R. K. BRUMMIT (Kew) und W. GREUTER (Genf) sehr zu Dank verpflichtet. Cytologie: JANKUN (1965) untersuchte E. hungaricum erstmals, Herkunft: CSSR, Belaer Tatra, Valley to 7 Springs, 1300 m und fand die Zahl 2n = 48. Die cytologische Überprüfung aller vier Vorkommen in Österreich ergab einheitlich die gleiche Zahl: 2n = 48 (Stubachtal; SE Turracher Höhe; Sattental und Weiße Wand). In der Fixierung vom Fundort Weiße Wand/Kessel konnten PMZ (Meiosen, II. Meta) untersucht werden, wobei schwere Störungen festgestellt wurden. In

106 H. MELZER und A. POLATSCHEK den Pollentetraden" befanden sich jeweils zwischen zwei und acht Mikrosporen, wobei die normale Zahl vier ausnahmslos fehlte. Die Mikrosporen wiesen an Stelle der 24 nur 8 bis 19 Chromosomen auf. Auf Grund dieser Feststellung wurde eine pollenanalytische Untersuchung (in Karminessigsäure) angeschlossen, bei welcher Belege sämtlicher österreichischer Vorkommen sowie drei Belege aus der Belaer Tatra (Drechslerhäuschen, Faixblöße und Javorinka) berücksichtigt wurden. Während bei drei Belegen (Stubachtal, Javorinka u. Drechslerhäuschen) ca.30% der vorhandenen Pollenkörner fertil schienen, war der Pollen bei allen anderen Belegen extrem gestört und jeweils nur einzelne Körner intakt". Pollenmessungen an intakten Pollenkörnern" ergaben eine entsprechend starke Streuung der Mittelwerte von (27,6) 29,4 39,52 (j. (größte Länge incl. Exine). Da der Frucht- und Samenansatz der Pflanzen immer sehr günstig ist, liegt die Vermutung nahe, daß E. hungaricum ähnlich wie E. inconspicuum (S. WATS.) Mac. M. eine zumindest fakultativ agamosperme Art darstellt; man vergleiche in diesem Zusammenhang die Veröffentlichung von MULLIGAN (1966), es wäre dies der zweite Fall innerhalb der Gattung. E. hungaricum (2n = 48 = hexaploid) gehört in die E. hieracifolium- Gruppe mit E. hieracifolium L. (2n = 32 = tetraploid), E. virgatum ROTH (2n = 48, POLATSCHEK unpubl.), E. durum PRESL (2n = 48, POLATSCHEK unpubl.) und E. marschallianum ANDRZ. (2n =?). Jene von MULLIGAN und FRANKTON (1967) in Canada untersuchte Sippe aus diesem Formenkreis dürfte mit großer Sicherheit das relativ leicht verschleppbare E. virgatum ROTH sein. Beschreibung der Pflanze: MADALSKI (1967): tab. 1125 und 1126 bringen ein gutes Habitusbild und mehrere Detailabbildungen. Die Art ist zweijährig, in seltenen Fällen vielleicht mehrjährig (eine Untersuchung darüber ist noch im Gange). Grundfarbe der Pflanze (lebend) grün bis gelblichgrün, herbarisiert gelbgrün; Wurzel 40 100 mm lang, einköpfig, selten zwei- oder mehrköpfig, vor allem dann, wenn die Pflanze in ihrem Wachstum gestört wurde ; Nebenwurzeln schwach ausgebildet bis fehlend; Pflanzenhöhe (blühend) 360 670 mm, fruchtend 450 1300 mm; Stengelbasis: Tunika nur schwach ausgebildet (aus breiten Blattbasen), Basisdurchmesser 5 8 mm ; Stengel an der Basis häufig kurz-bogig aufsteigend (ein Merkmal, das kein weiterer Vertreter dieser Gruppe aufweist) ; Stammaufbau: im oberen Stengeldrittel verzweigt, nur schwache Exemplare ohne Seitenäste ; manchmal Nebenrosetten vorhanden ; Stengelbehaarung: 2+3 (d. h. es sind zwei- und dreiteilige Haare vorhanden, wobei die zweiteiligen klar überwiegen, ca. 2 / 3 ) ; Stengelbeblätterung locker bis mäßig dicht, selten Blattbüschel in den Blattachseln der obersten Stengelblätter vorhanden, Blätter zum Stengel auf-

Erysimum hungaricum ZAPAT,. auch in den Ostalpen 107 recht abstehend; unterste Stengelblätter zur Blütezeit abgestorben, oft schon gänzlich fehlend ; je nach Größe der Pflanze 8 und 60 Stengelblätter ; Stengelblattform: untere obovat bis oblong, mittlere und obere breitlanceolat bis lanceolat; nur im unteren Stengeldrittel deutlich gestielt; Blattspitze bei den unteren Blättern obtus, bei den mittleren und höheren Blättern cuspidat ; Stengelblattrand von repand-dentat über repand-denticulat bis + integra; vorhandene Zähnchen abstehend und p. p. gegen die Blattspitze gerichtet. Stengelblatt: Länge zwischen 30 und 120 mm, Breite zwischen 6 und 29 mm. Stengelblattbehaarung: OS+US: (2)+3+4 + (5) (d.h. drei- und vierteilige Haare überwiegen klar, zusammen etwa 90% (je 45%), während zwei- und fünfteilige nur vereinzelt vorkommen); Infloreszenz: normale Exemplare (voll ausgewachsen) weisen zwischen einem und zehn Nebenäste (mit drei bis sechs Stengelblättern) auf, nur schwache Exemplare mit einfacher Traube; Blütenzahl pro Hauptinfloreszenz 20 70; die obersten Blüten werden von den Schoten klar überragt; Blütenfarbe der lebenden Pflanze gelb bis dunkelgelb; Blüte deutlich nach Honig duftend; Blütezeit (je nach Höhenlage) zwischen 28. VI. und 18. VIII., fruchtend zwischen 20. VII. und 5. IX. ; während das Filament immer kahl ist, kann das Konnektiv eine Behaarung aufweisen: 2+3; Pedicelluslänge der Blüte: 3 bis 4 mm, der reifen Schote 6 12 mm; Pedicellusbehaarung(2)-(-3-f(4) (Erklärung dazu siehe vorher!); die Schoten sind vom Pedicellus deutlich abgesetzt; Kelchblattform : schmal ovat bis schmal elliptisch; Kelchblattlänge 5,5 bis 8,5 mm; Breite 1,5bis 1,8 mm; Kelchblattbehaarung: (Außenseite): 3+4+(5); Kronblattform: cuneiform bis spatulat; Kronblattlänge 10 bis 16 mm, Breite 3,2 bis 5 mm ; Kronblattbehaarung (Außenseite, Mittelnerv : Platte und Nagel) : 2 + 3+(4); diese Behaarung kann speziell bei Terminalblüten und bei stärker abgeblühten Blüten i vollständig fehlen! Schotenlänge (reif, ohne Griffel und Pedicellus) 53 bis 90 mm; Breite zwischen 1,2 und 1,8 mm; die vier Kanten der Schote sind gut sichtbar, da die Behaarung schwächer ist; Schotenbehaarung (Klappenteil): 3+4_+(5); Griffellänge (bei reifer Schote) 1,2 bis 2 mm, Griffel deutlich abgesetzt; Griffelbehaarung (Schnabelteil): 3+4-f-(5) + (6); Narbe kopfig; Winkel 1 (zwischen Stengel u. Pedicellus): 25 bis 55 ; Winkel 2 (zwischen Stengel u. Schote): 0 (Schoten stehen parallel zum Stengel) bis 20 ; Samenform: ca. 2,3x0,8 mm, oblong-elliptisch ; hellbraun ; Samenzahl pro Schote zwischen 35 und 60. Untersuchte Belege: Die Belege stammen aus folgenden Herbarien, deren Leitern bzw. Kuratoren ich hier meinen Dank aussprechen möchte: ADMONT, B, BP, BRNM, BRNU, KRA, PRO, W und WU. Österreich : Salzburg: Stubachtal, nahe dem Ausgang an der rechten Talseite oberhalb des

108 H. MELZER und A. POLATSCHEK Weilers Wiedrechtshausen in einem Erlengehölz unterhalb einer Felswand und am Ufer eines Wildbaches im schluchtartigen Tal, H. MELZER, W! Steiermark: Schladminger Tauern: An Felswänden rechts vom Aufstieg aus dem Sadental bei Gröbming zur Gamskarscharte der Hochwildstelle, ca. 4500', F. G. STROBL, ADMONT! Sattental, an der E-Seite der Hochwildstelle an einer von der Gamsscharte herabziehenden Felswand, ca. 1500 m, H. MELZER, W! Am Fuß der Weißen W r and des Kessel ob dem Schwarzen See bei Kleinsölk, bei 5000', F. G. STROBL, ADMONT! am Fuß kalkiger Gneisfelsen am Kesselberg, in der Sölk bei Gröbming, F. G. STROBL, WTJ! Weiße Wand am Kessel oberhalb des Schwarzsees bei Kleinsölk, ca. 1800 m, am Grund der Felswand, H. MELZER, W! Kärnten: Stangalpen: SE der Turracher Höhe zwischen Schönebennock und Kaserhöhe an der steilen E-Seite von 1880 bis 1920 m (mit einer Längserstreckung von ca. 150 m), H. MELZER, W! Gesamtverbreitung von Erysimum hungaricum ZAPAt ÖSSR: Tatra: Belaer Kalkalpen = Belanské Tatry = Tatry Bielskie: Lange Wand der Javorinka bei Podspady, K. RONNIGER, W! Tal des Drechslerhäuschen, J. PANTOCSEK, W! A. W. SCHERPBL, W! J. KLEIN, W! WOLOSZCZAK, W! J. SCHNEIDER, W! KALCHBRENNER, W! J. MÜLLER, BRNU! L. BAKSAY, BP! H. LAUS, BP! M. SOUÖOKOVÄ, BRNM! TEUBER, BRNM! V. KRAJINA, PRC! KIRLIGET, PRC! K. PREIS, PRC! K. RUDOLPH, PRC! B. KOTULA, KRA! Holobyho dui, 1500 m, J. VICHERAC, BRNU! A. HRABETOVÀ, BRNU! F. SVESTKA, BRNM! V. KRAJINA, PRC! in Wäldern am Weg von der Nesselblöße ins Drechslerhäuschen, KORB, W! in Wäldern der Nesselblöße, KORB, W! FR. NABÉLEK, BRNU! in Wäldern der Faixblöße, KORB, W! B. KOTULA, W! J. SUZA, BRNU! K. DOMIN et V. KRAJINA, PRC! B. PAWLOWSKI, KRA! Stirnberg, B. KOTULA, W! Wasserschlucht bei Bela-Höhlenhain, V. GRBSCHIK, PRC! DOMIN et KRAJINA, PRC! PULCHAR et SOUC'EK, BRNM! M. SMEJKAL, BP! Husar, DOMIN, PRC! ser. nach Havram, K. DOMIN, PRC! Zelazne Wrota, W. KULCZYNSKI, KRA!

Erysimum hungaricum ZAP AL. auch in den Ostalpen 109 Zips: Großwald, J. ULLEPITSCH, Hb. HALACSY, W! PRC! ( Velky. mestsky bei der Gem. Rakusy). Nizké Tatry : Velky Bok, 1200 m (vâpenec), P. SILLINGER, PRC! USSR: Carpati orientales, districtus Pocutico-Marmarossicus: Lostun (Lozdun), H. ZAPALO- \VICZ, nr. 226.15, KRA! Loztun, G. Czywczyriskie, ZPL, KEA! Zusammenfassung Erysimum hungaricum ZAPAL. wurde neu für die Ostalpen entdeckt, Ökologie und Soziologie der ostalpinen und karpatischen Standorte verglichen, die Typifizierung vorgenommen: E. hungaricum =,,E. wahlenbergii" (Kombination von BORBAS ungültig, daher besitzt im Artrang E. hungaricum Priorität!); die bekannte Chromosomenzahl von 2n = 48 (hexaploid) wird an allen ostalpinen Vorkommen bestätigt; Untersuchungen der Méiose und pollenanalytische Ergebnisse weisen auf eine mögliche Agamospermie bei E. hungaricum hin; die zur E. hieracifolium-gruppe gehörige Art wird genau beschrieben (mit Abbildungshinweis) und die untersuchten Belege zitiert; eine neue Verbreitungskarte wurde entworfen (auf das Vorkommen in der Nizké Tatry soll besonders verwiesen werden); anhangsweise wurden zwei erstmalige Chromosomenzählungen für E. durum und E. virgatum (beide 2n = 48 = hexaploid) bekanntgegeben sowie ein Hinweis auf eine in Canada cytologisch untersuchte Sippe aus diesem Formenkreis. Literaturverzeichnis BALL, P. W. in T. G. TUTIN et al.: Erysimum. Fl. Europaea, Bd. I: 270 274 (1964). FUGGER, E. und K. KASTNER: Mitt. Ges. Salzburger Landeskunde 39: 72 (1899). HAYEK, A.: Fl. Steiermark, Bd. I: 464 (1908), Berlin. JANCHEN, E.: Catalogus Florae Austriae I., dazu 4 Ergänzungshefte (1956 66). JANKUN, A. : Karyological studies in the genus Erysimum L. Act. Biol. Cracov. ser. Bot. Vol. VIII: 245-248 (1965). KONËTOPSKY, A.: Die wichtigsten Ergebnisse taxonomischer Revision der tschechoslowakischen Arten der Gattung Erysimum L. Preslia 35: 135 145 (1963). MADALSKI, J. : Atlas Flory Polskiej i Ziem Osciennych. Tom. IX. Gruciferae, pars 5 (1967). MARKGRAF, FR. in G. HEGI: Illustr. Fl. Mittel-Europa, 2. Aufl., Bd. IV/1: 135 151 (1959-63). MULLIGAN, G. A. : Chromosome numbers of the family Gruciferae III. Canad. Journ. Bot., Vol. 44: 309-319 (1966). and C. FRANKTON : Present status of tall Wormseed Mustard, Erysimum hieracifolium, in Canada, Canad. Journ. Bot., Vol. 45: 755 56 (1967). PAWLOWSKI, B. : De Erysimis carpaticis, Erysimo hieraciifolio L. affinibus. Act. Soc. Bot. Pol., Vol. XVII: 95-128 (1946), Krakow. in Mitt, ostalpin, din. pflanzensoz. Arbeitsgem. 9: 170 (1969). SAGORSKI, E. und G. SCHNEIDER: Flora der Centralkarpaten. Bd. I und II (1891), Leipzig. SiLLiNGER, P. : Monograficka Studie o vegetaci Nizkych Tater, Praha, Knihovna Sboru pro vyzkum Slovenska a Podkarpatské Rusi pri Slovanském üstavu v Praze, No. 6: 1-339 (1933). ZAPALOWICZ, H.: Revue critique de la flore de Galicie XXVII. Bull. Inter. Acad. Sci. Cracovie, ser. B, nr. 3: 49 (1913).