IV-Vertrag Früherkennung von Vorhofflimmern Dem Schlaganfall vorbeugen der KKH

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Transkript:

IV-Vertrag Früherkennung von Vorhofflimmern Dem Schlaganfall vorbeugen der KKH Autoren: Birgit Kielblock und Elisabeth Siegmund-Schultze

IV-Vertrag Früherkennung von Vorhofflimmern Dem Schlaganfall vorbeugen der KKH Autoren: Birgit Kielblock und Elisabeth Siegmund-Schultze Management Summary Es ist das Ziel des Projekts Früherkennung von Vorhofflimmern Dem Schlaganfall vorbeugen, Patienten mit Vorhofflimmern durch ein innovatives Elektrokardiogramm frühzeitig zu erkennen und so das Schlaganfallrisiko signifikant zu senken. Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) initiierte 2008 den Integrierten Versorgungsvertrag nach 140 a d SGB V. Das Konzept erarbeitete sie gemeinsam mit dem Münsteraner Kompetenznetz Vorhofflimmern. Im Rahmen des Vertrags kooperiert die KKH bundesweit mit 430 Hausärzten und 171 Fachärzten sowie dem Gerätehersteller apoplex medical technologies GmbH. Das Vorhofflimmern wird mit Hilfe der sogenannten Schlaganfall-Risiko-Analyse (SRA) frühzeitig erkannt. Der Patient kann so zeitnah leitliniengerecht behandelt werden, das Schlaganfallrisiko sinkt um bis zu 70 Prozent. Damit steigt nicht nur die Lebensqualität der Patienten; auch die Sterblichkeit geht zurück, es sinken die Folgekosten für das Gesundheitssystem. Bis Ende 2013 wurden über 5.000 Screenings durchgeführt. Aktuell sind rund 4.000 Patienten eingeschrieben. Auf Basis der Evaluationsergebnisse wird derzeit an einer Optimierung des IV-Vertrages gearbeitet. Einleitung Die Ursachen des Schlaganfalls sind sehr vielfältig. Die bekanntesten Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind Bluthochdruck, Übergewicht und Rauchen. Diese Faktoren können von den Menschen selbstständig beeinflusst werden, indem sie sich für eine entsprechend gesunde Lebensweise entscheiden. Es existieren aber auch weitestgehend unbekannte Risikofaktoren für Schlaganfall, die die betroffenen Patienten nicht eigenständig beeinflussen können. Zu diesen Faktoren zählt das Vorhofflimmern des Herzens. Diese Herzrhythmusstörung ließ sich bisher nur dann diagnostizieren, wenn sie genau während des Elektrokardiogramms auftrat. Das Ziel des Projektes Vorhofflimmern des Herzens Dem Schlaganfall vorbeugen ist es, Patienten mit Vorhofflimmern durch ein innovatives Elektrokardiogramm frühzeitig zu erkennen und so das Schlaganfallrisiko signifikant zu senken. Das neuartige Versorgungskonzept ermöglicht es, betroffene Patienten frühzeitig individuell zu behandeln sowie ihre Lebensqualität und Sicherheit zu steigern. 2

Versorgungsherausforderung In Deutschland leiden rund 800.000 Menschen unter Vorhofflimmern (Schuchert, Gerth et al. 2005). Das Vorhofflimmern ist ein bedeutender Risikofaktor für Schlaganfälle. In Deutschland erleiden jährlich rund 196.000 Menschen einen erstmaligen Schlaganfall, 66.000 Menschen einen wiederholten (Stand 2008). Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache (Heuschmann, Busse et al. 2010). Folgen können lebenslange Behinderungen sein bis hin zur Pflegebedürftigkeit (Schuchert, Gerth et al. 2005; Khaw and Kessler 2006; Lopez, Mathers et al. 2006). Ebenso wirkt sich die Erkrankung gesundheitsökonomisch aus: Die gesamten direkten medizinischen Kosten liegen im Jahr bei etwa 7,1 Milliarden Euro (Kolominsky-Rabas, Heuschmann et al. 2006). Viele Schlaganfälle sind vermeidbar, indem man gesund lebt und die Risikofaktoren frühzeitig erkennt. So gehören zu den Risikofaktoren etwa Übergewicht, Rauchen und Bluthochdruck. Diese Risikofaktoren kann jeder selbst durch den eigenen Lebensstil beeinflussen. Durch eine frühzeitige Erkennung des Vorhofflimmerns könnte auch dieser Risikofaktor entschärft werden; schwerwiegende Komplikationen ließen sich vermeiden (Schuchert, Gerth et al. 2005). Wird der Patient rechtzeitig behandelt, kann das Risiko für einen Schlaganfall um bis zu 70 Prozent gesenkt werden. In der Regel besteht die leitliniengerechte Behandlung aus der Gabe gerinnungshemmender Medikamente (Antikoagulantien). Das Tückische am Vorhofflimmern ist allerdings, dass diese Herzrhythmusstörung von den Betroffenen häufig nicht selbst bemerkt wird. Suchen die Patienten auf Grund unspezifischer Herzbeschwerden doch einen Arzt auf, kann in einem normalen Elektrokardiogramm (EKG) das Vorhofflimmern des Herzens nur dann diagnostiziert werden, wenn es genau im Moment der Aufzeichnung auftritt. Entstehungsgeschichte Der Gerätehersteller und Kooperationspartner apoplex medical technologies GmbH entwickelte eine innovative Untersuchungsmethode, um ein Vorhofflimmern des Herzens zu diagnostizieren. Diese zeichnete die KKH 2007 mit dem Innovationspreis der Kasse aus. Aufgrund dessen entwickelte die KKH das Projekt Früherkennung von Vorhofflimmern Dem Schlaganfall vorbeugen und bietet es seither ihren Versicherten an. Kernelemente Versorgungskonzept Die KKH erarbeitete gemeinsam mit der apoplex medical technologies GmbH, Hausärzten und Kardiologen ein Versorgungskonzept, um Vorhofflimmern frühzeitig zu erkennen, zu diagnostizieren und leitliniengerecht zu therapieren. Die Umsetzung erfolgte über einen Vertrag nach 140 a-d SGB V, in dem über 600 Ärzte fachübergreifend eng zusammenarbeiten (Hausärzte, Kardiologen und Neurologen). Das Screeningprogramm wurde entwickelt, um ein Vorhofflimmern des Herzens zu diagnostizieren. An dieser Behandlungsweise ist neu, dass sie die Diagnostik sowohl für den Patienten als auch für den Arzt zugleich vereinfacht und sicherer macht. Das Versorgungskonzept ist klar strukturiert und sieht folgende Behandlungsschritte bei einer akuten Verdachtsdiagnose vor: Für Risikopatienten ordnet der behandelnde Arzt ein einstündiges EKG an. Die 3

aufgezeichneten Herzströme des Patienten werden anschließend mit Hilfe eines speziellen Verfahrens aus der nicht-linearen Mathematik analysiert. Aus den Ergebnissen dieses einstündigen EKGs kann der behandelnde Arzt ermitteln, ob bei dem betroffenen Patienten in der Vergangenheit bereits ein Vorhofflimmern aufgetreten ist. Abbildung 1 Darstellung des Herzrhythmus nach der Schlaganfall-Risiko-Analyse (SRA) Sinusrhythmus (Normalbefund) 2,0 1,5 1,0 0,5 0,5 1,0 1,5 2,0 2,0 Paroxysmales Vorhofflimmern 1,5 1,0 0,5 0,5 1,0 1,5 2,0 2,0 Akutes Vorhofflimmern 1,5 1,0 0,5 0,5 1,0 1,5 2,0 Quelle: Eigene Darstellung. 4

Diese Untersuchungsmethode hat große Vorteile gegenüber den konventionellen Methoden: Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird ein bereits aufgetretenes Vorhofflimmern diagnostiziert, obwohl das Herz während der EKG-Aufzeichnung im normalen Rhythmus schlägt. Der Patient erhält abschließend eine auf ihn zugeschnittene Therapie. Das individuelle Schlaganfallrisiko jedes Patienten kann auf diese Weise vorbeugend vermindert werden. Zielgruppe An der Integrierten Versorgung können KKH-Versicherte im Alter ab 50 Jahren teilnehmen. Darüber hinaus sollten die Teilnehmer mindestens einen weiteren Risikofaktor aufweisen, der das Herz und das Gefäßsystem betrifft, zum Beispiel: Medikamentös behandelter Bluthochdruck Koronare Herzkrankheit (KHK) Herzinsuffizienz Diabetes mellitus Übergewicht (BMI >27) Schlafapnoesyndrom Auch Leistungssportler unabhängig vom Alter können an dem Versorgungsprogramm teilnehmen. Versorgungselemente Die Organisation des Projektes Früherkennung von Vorhofflimmern Dem Schlaganfall vorbeugen ist klar strukturiert und sowohl für die Patienten und die Ärzte transparent gestaltet (vgl. Abbildung 2). 1. Modul Screening: Zunächst führt ein teilnehmender Hausarzt die Schlaganfall-Risiko-Analyse (SRA) durch. Die entsprechende Untersuchung ist für den Patienten gut planbar und zugleich völlig schmerzfrei. Für die Dauer von einer Stunde trägt der betroffene Patient ein EKG-Gerät. Während dieser Zeit kann der Patient seinen gewohnten Tätigkeiten nachgehen. Anschließend werden die EKG-Daten von der Arztpraxis an den Analyseserver der apoplex medical technologies GmbH übermittelt aus Datenschutzgründen pseudonymisiert und verschlüsselt. Dort werden die Daten vollständig automatisiert analysiert. Die Arztpraxis erhält die Ergebnisse innerhalb weniger Minuten per E-Mail. Der Hausarzt kann nun gemeinsam mit dem Patienten den weiteren Behandlungsweg in einem Beratungsgespräch erörtern. 2. Modul Diagnostik: Leidet der Patient akut unter Vorhofflimmern des Herzens oder besteht der Verdacht darauf, überweist der behandelnde Arzt seinen Patienten zur weiteren Diagnostik und Behandlung an einen Kardiologen. In diesem Fall führt der Kardiologe weitere Untersuchungen durch, etwa ein Langzeit-EKG und eine Ultraschalluntersuchung des Herzens. Diese weiterführenden Untersuchungen dienen dazu, die Verdachtsdiagnose Vorhofflimmern des Herzens gegebenenfalls zu verwerfen oder zu bestätigen. 5

3. Modul Therapie: Wird die Verdachtsdiagnose bestätigt, erhält der betroffene Patient eine entsprechende, auf ihn zugeschnittene Therapie. Abbildung 2 Prozess der Integrierten Gesundheitsversorgung Untersuchung mit SRA Analyzer (Hausarzt, Internist) Auswertung durch Dokumentationsstelle Ergebnis an behandelnden Arzt & Beratungsgespräch Modul Screening Befund auffällig Kein Vorhofflimmern (Ende; Wiedervorstellung in 2 Jahren möglich) Modul Diagnostik Weitere Diagnostik durch Kardiologen (bis zu 2 Langzeit EKGs, Echokardiographie) Befund auffällig Kein Vorhofflimmern (Ende; Wiedervorstellung in 2 Jahren möglich) Modul Therapie Therapieeinleitung durch Kardiologen Quelle: Eigene Darstellung. Mehrwert Von dem Projekt IV-Vertrag Früherkennung von Vorhofflimmern Dem Schlaganfall vorbeugen profitieren zwei Ebenen: 1. Die Patienten Mit Hilfe der Schlaganfall-Risiko-Analyse (SRA) kann ein bisher unbekanntes Vorhofflimmern bei betroffenen Patienten erkannt werden. Das Schlaganfallrisiko sinkt somit nachhaltig. Die Patienten können auf Grund der verbesserten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ihre Lebensqualität deutlich steigern und gewinnen Sicherheit in Bezug auf ihre Gesundheit. 2. Die Gesellschaft Die vorgestellte Versorgungsstruktur des IV-Vertrages Früherkennung von Vorhofflimmern Dem Schlaganfall vorbeugen ermöglicht darüber hinaus, die gesamtgesellschaftlichen Kosten bei Schlaganfällen deutlich zu senken. Jeder Schlaganfall kostet allein im ersten Jahr rund 43.000 Euro. Schlaganfälle, die durch Vorhofflimmern des Herzens bedingt sind, verlaufen in den meisten Fällen schwer und sind dadurch in der Therapie wesentlich kostenintensiver. 6

Finanzierung Die Finanzierung des Versorgungsprogrammes übernimmt die Kaufmännische Krankenkasse. Management Die Kaufmännische Krankenkasse bietet ihren Versicherten das Screening an; die am Vertrag teilnehmenden Ärzte führen das Screening durch. Evaluation Das innovative Schlaganfall-Risiko-Analyse-Verfahren wurde bereits in mehreren wissenschaftlichen Studien untersucht und evaluiert. Die Ergebnisse dieser Evaluationsstudien machen eines deutlich: Die neuartige Untersuchungsmethode des vorgestellten IV-Vertrages ist gegenüber dem konventionellen Langzeit-EKG sichtbar überlegen hinsichtlich der frühzeitigen Erkennung von Vorhofflimmern des Herzens. Unabhängig von den externen Studien zur Schlaganfall-Risiko-Analyse-Methode hat die KKH folgende Aspekte im Rahmen des Projektes untersucht: Inwieweit wurde bei den Teilnehmern der Integrierten Versorgung nach dem Screening durch den Hausarzt die Diagnose Vorhofflimmern dokumentiert? Sind die betroffenen Patienten anschließend medikamentös behandelt worden? Bis Ende 2013 wurden über 5.000 Screenings durchgeführt. Bei rund zehn Prozent der Teilnehmer wurde im Anschluss an die Untersuchung die Diagnose Vorhofflimmern des Herzens dokumentiert. Auffällig ist jedoch, dass nur jeder zweite Patient, bei dem die Diagnose des Vorhofflimmerns des Herzens erstmals festgestellt wurde, in die kardiologische Behandlung überwiesen wurde. Die Überweisung zu einem Kardiologen ist in diesen Fällen aber unabdingbar, um festzustellen, ob die im Screening ersichtlichen Hinweise auf Vorhofflimmern des Herzens auch tatsächlich bestätigt werden können. In Bezug auf die medikamentöse Behandlung zeigte sich, dass nach dem Screening rund 40 Prozent der Patienten mit Vorhofflimmern mit Antikoagulantien therapiert werden. Wird der Kardiologe zusätzlich hinzugezogen, werden noch mehr Patienten medikamentös behandelt. Dieses Ergebnis der internen KKH-Studie bestätigt den Erfolg des Konzeptes, wenn wie es das Versorgungskonzept vorsieht ein Kardiologe in den weiteren Behandlungsprozess eingebunden ist. Nächste Schritte Auf der Grundlage dieser Evaluationsergebnisse wird derzeit daran gearbeitet, den IV-Vertrag zu optimieren. Im Mittelpunkt steht dabei in erster Linie, dass die betroffenen Patienten in ihrem weiteren Behandlungsprozess von einem Kardiologen betreut werden. Dieses Patienten-Facharzt-Verhältnis muss sowohl auf einer vertraglichen als auch auf einer prozessualen Ebene weiter stärker unterstützt werden. Damit einhergehend soll die auf den einzelnen Patienten individuell zugeschnittene Behandlung weiter verbessert werden. Eine zusätzliche Herausforderung besteht aufgrund der Neuentwicklung von Medikamenten. In den letzten drei Jahren sind verbesserte Arzneimittel auf den Markt gekommen, die für den Patienten leichter zu 7

handhaben sind als das herkömmliche Medikament Marcumar. Allerdings verursachen diese sogenannten NOAK (neue orale Antikoagulantien) 16-mal höhere Ausgaben. Für die KKH ist das Screening auf Vorhofflimmern des Herzens bereits jetzt ein innovatives Erfolgsmodell und damit ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg hin zu einer noch stärker an der Qualität ausgerichteten Versorgung ihrer Versicherten. Ansprechpartner Birgit Kielblock Leistungs- und Versorgungsmanagement KKH Kaufmännische Krankenkasse Karl-Wiechert-Allee 61 30625 Hannover Telefon: 0511 280 236 71 E-Mail: birgit.kielblock@kkh.de Dr. med. Elisabeth Siegmund-Schultze Abteilungsleiterin Leistungs- und Versorgungsmanagement KKH Kaufmännische Krankenkasse Karl-Wiechert-Allee 61 30625 Hannover Telefon:0511 280 236 01 E-Mail: elisabeth.siegmund-schultze@kkh.de Literatur Heuschmann, P. U., Busse, O. et al. (2010). Schlaganfallhäufigkeit und Versorgung von Schlaganfallpatienten in Deutschland. Akt Neurol 37: 333 340. Khaw, A. V., Kessler, C. (2006). Schlaganfall. Epidemiologie, Risikofaktoren und Genetik. Hämostaseologie 4: 287 297. Kolominsky-Rabas, P. L., Heuschmann, P. U. et al. (2006). Lifetime cost of ischemic stroke in Germany: results and national projections from a population-based stroke registry: the Erlangen stroke project. Stroke 37: 1179 1183. Lopez, A. D., Mathers, C. D. et al. (2006). Global and regional burden of disease and risk factors 2001: systematic analysis of population health data. Lancet 367: 1747 1757. Schuchert, A., Gerth, A. et al. (2005). Vorhofflimmern. Epidemiologie, Klinik und Prognose. Med Welt 9: 361 365. 8