Musée international d horlogerie Ausstellung offen vom 17. Februar bis 22. Oktober 2006



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Die Uhrmacherei der Belle Epoque, vom Atelier in den Garten Zur 100-Jahrfeier des Kurses «Art et décoration» der Kunstgewerbeschule von La Chaux-de-Fonds tragen die kulturellen Institutionen der Stadt bei. Die Hauptausstellung «Mon beau sapin» zeigt vom 13. Mai bis 17. September 2006 im Musée des Beaux-Arts das Phänomen Jugendstil im Neuenburger Jura. Der Zeitabschnitt von 1890 bis 1914 ist eine erfolgreiche Epoche für die Uhrmacherei; zwei ganz unterschiedliche Strömungen charakterisieren die Produktion der damaligen Uhrenindustrie : während die guillochierten, gravierten, mit aufgemaltem oder durchsichtigem Email verzierten Uhrenschalen die Kreationen des Jugendstils hervorheben, ist die Qualität der Fabrikation der Werke auf einem Höhepunkt angelangt, welcher mit dem Erscheinen der Armbanduhr ein Ende findet. Die Ausstellung, in zwei verschiedene Partien aufgeteilt, führt den Besucher in ein Atelier für Uhrenschalen der Firma Frainier & fils, seit 1864 in Morteau etabliert. Heute zeigt dieses Atelier im Uhrenmuseum eine Guillochiermaschine und die Kollektion der Uhrenschalen, welche die Arbeit während der Jugendstilzeit illustriert. Verlassen wir die Produktionsstätte und betreten wir den Garten in einer Stadt, wo der Jugendstil florierte, mit bunten Glasfenstern und Gebäuden : La Chaux-de-Fonds. Als Spiegel des Jugendstils, der seine Kraft und Inspiration aus der Natur schöpfte, erlaubt dieser Garten um 1900 zwischen seinen Gebüschen und Blumenrabatten die zahlreichen Facetten der Uhrmacherkunst jener Zeit zu entdecken : bedeutsame Penduletten und Uhren, kostbare oder einfache Schmuckstücke. In Vitrinen, mit im Hintergrund Fotografien einiger Glasfenster der Stadt, sind 10 Mannequins, welche Persönlichkeiten der Stadt aus verschiedenen Milieus darstellen. Gleichzeitig mit den Erzeugnissen, die durch die Uhrmacher jener Zeit auf den Markt gebracht wurden, präsentiert ein Diaporama ein anderes Produkt, welches bei der Jahrhundertwende auftrat und den Jugendstil benützte : die Werbung. Musée international d horlogerie Ausstellung offen vom 17. Februar bis 22. Oktober 2006 Vitrine 1 - Glasfenster Rue du Nord 123 Maurice Picard (1870-1951) Initiator und erster Präsident des Musée d horlogerie von La Chaux-de-Fonds ist Maurice Picard, aus Frankreich stammend und Jude väterlicherseits, ein typisches Beispiel eines Industriellen des Neuenburger Juras als Fabrikant

von Uhrenbestandteilen. Er spielt in jungen Jahren ebenfalls eine wichtige Rolle im Sport- und Kulturleben der Stadt. Am 25. Mai 1900 stellt er der Regierung der Stadt ein Memoire vor, welches die Gründung eines Uhrenmuseums verlangt. Nach Konsultation stimmt der Gemeinderat dem Projekt zu. Eine Kommission aus Mitgliedern der Uhrmacherschule, der Bibliotheken und der Museen, zusammen mit Picard, wird gegründet. Am 24. März 1902 wird das Museum eingeweiht und bald darauf in der Uhrmacherschule installiert, an der Rue du Progrès in Lokalitäten, welche während 70 Jahren benützt wurden! 1906 geht Maurice Picard nach Paris, um die Filiale der Firma Henri Picard & Frère zu leiten, und setzt seine Nachforschungen auf dem Gebiet der Uhrmacherei fort. 1912 gründet er eine Fabrik für Kunstzähne in der Nähe von Versailles. Während des Krieges, ab 1914, leitet er eine Fabrik für Granaten in Poissy. Danach wird er Bücherrevisor. 1944 flieht er in die Schweiz und kommt mit seiner Gattin nach La Chaux-de-Fonds zurück, um den Verfolgungen der Juden und der Deportation zu entkommen. 1945 kehrt er nach Paris zurück, wo er am 7. April 1951 stirbt. Objekt Taschenuhr aus seinem Besitz. Der silberne, guillochierte Boden ist mit dem Monogramm MP verziert. Privatbesitz T. Combe (1856-1933) Schriftstellerin, sozial und politisch engagiert, bekämpfte sie Zeit ihres Lebens die Ungerechtigkeit und führte einen erbitterten Kampf gegen den Alkohol und dessen verheerende Folgen. Sie kämpfte für das Verbot der Herstellung und des Verkaufs von Absinth, in der Region auch la bleue oder die grüne Fee genannt. Adèle Huguenin wurde am 16. August 1856 in Le Locle geboren. Mit 17 Jahren wird sie Lehrerin, mehr aus finanziellen Gründen, denn aus Berufung. Rasch einmal entschliesst sie sich zu schreiben, und ihre ersten Texte erscheinen 1879 in der Universalbibliothek. Sie nimmt das Pseudonym T. Combe an ( Combes = Schluchten des Juras), welches während einiger Zeit ihren Namen und ihr Geschlecht verheimlicht. Ihr Werk besteht aus etwa 40 Romanen und zahlreichen Novellen, vor allem sozialer Natur, welche die Abstinenz, die Arbeit, das Sparen und die Selbstbeherrschung preisen. Ihr Leben lang bemüht sie sich, die Geisseln wie Alkoholismus, Arbeitslosigkeit, Armut und fehlende soziale Strukturen zu bekämpfen. Sie gründet auch eine Organisation zugunsten der Arbeiterinnen, der Asylsuchenden und der Kriegsgeschädigten. Zu diesem Zweck lässt sie in Les Brenets, einem Neuenburger Dorf am Ufer des Doubs, das Haus der Kapuzinerin bauen, wo sie auch wohnt. T. Combe drückt ihre Ideen ebenfalls im Journalismus aus, sowie in zahlreichen Vorträgen. Ihre sozialen und feministischen Reden, obwohl besonnen und realistisch, reflektierten genau das, was die Leute des Neuenburger Juras von einer Schriftstellerin jener Zeit erwarteten. Anhängeruhr in Gold, mit grubengeschmolzenem Email, Perlen und Brillanten vom Jugendstil inspiriert. Der Staubdeckel ist graviert: Pâques 31 mars 1907 A ma chère Marie Souvenir d Arnold. Kollektion des Musée international d horlogerie, La Chaux-de-Fonds Die Sternennacht. Brosche in Herzform, durchbrochen, mit Frauenbüste. François Fleuret, Paris. Kollektion des Musée d horlogerie et d émaillerie von Genf

Vitrine 2 - Glasfenster Rue du Doubs 93 Paul Mosimann (1858-1923) Paul Mosimann präsidierte während vielen Jahren den Gemeinderat der Stadt La Chaux-de-Fonds, und unterschrieb, im Rahmen seiner Funktion, den Entscheid des Gemeinderates, ein Uhrenmuseum zu gründen, wie auch den Vertrag des Steinsetzer-Meisters Joseph Bonnet! Als aktive Persönlichkeit in der Gemeinde-, Kantons- und Nationalpolitik bekleidet er den Posten als Stadtpräsident von La Chaux-de-Fonds von 1894 bis 1912 und von 1915 bis 1917. Er ist ebenfalls Kantonsrat zwischen 1886 und 1919 und Nationalrat ab 1900. Neben seinen Funktionen als Politiker wird er ab 1917 Präsident der Schweizerischen Uhrenkammer. Sein Engagement für die Kultur zeigt sich in seinem Beitrag zur Kreation des Uhrenmuseums. Er war eine der Gründerpersönlichkeiten, stimmte er doch als einer der ersten dem Projekt von Maurice Picard zu, welches am 25. Mai 1900 der Stadt La Chaux-de-Fonds präsentiert wurde. Am 18. Januar 1901, unterstützt von Paul Mosimann und dem Gemeinderat, wird eine Kommission mit Mitgliedern der Uhrmacherschule, der Bibliotheken und der Museen gegründet. Diese wählt einen Präsidenten und einen Sekretär und erhält die notwendigen Vollmachten vom Stadtpräsidenten. Als aktive Persönlichkeit in seiner Stadt, seine Interessen im Kantons- und Staatsparlament verfechtend, hat Paul Mosimann auch am Aufschwung der Stadt teilgenommen, indem er das Gebäude an der Rue Montbrillant 5 errichten liess, dessen Gärten zur Rue du Nord Zugang hatten. Objekt Taschenuhr mit Silberschale, mit Blumen und Blättern gravierter Boden. Longines, St-Imier, um 1913. Kollektion des Musée Longines, St-Imier Joseph Bonnet (1875-1941) Am Wendepunkt des 19. Jahrhunderts machten verschiedene Persönlichkeiten mit ihren Kreationen den Händlern Konkurrenz und erlaubten so der Stadt La Chaux-de-Fonds, auf allen europäischen Märkten für Uhrmacherei und Bijouterie präsent zu sein. Joseph Bonnet zählte zu ihnen, er war sogar einer der wichtigsten. Aus Schwäbisch Gmünd in Würtemberg stammend, erlernt er mit 14 Jahren den Beruf des Steinsetzer-Juweliers. 1895 verlässt er Deutschland und kommt nach La Chaux-de-Fonds, wo er einige Monate in der Bijouterie Bolle- Landry arbeitet, bevor er sich selbständig macht. Im März 1900 arbeitet er Teilzeit an der Kunstgewerbeschule. Seine Geschäfte entwickeln sich und er baut 1905 ein Haus mit Ateliers und Wohnungen (Rue du Bois-Gentil 9), wo zuerst 25 Personen und 1909 50 Arbeiter beschäftigt sind. Russland wird der Hauptmarkt des Hauses Bonnet. Dieser Industrielle, Freund von L Eplattenier, mit den Strömungen des Jugendstils verbunden, erstellt 1912 ein anderes Industrie-Villa-Gebäude (Rue Numa-Droz 141-143), wo mehr als 100 Arbeiter beschäftigt werden : Bijoutiers, Graveure, Steinsetzer, Schleifer, Vergolder usw. Bei Ausbruch des Krieges 1914, verlassen seine Angestellten Russland und lassen zahlreiche Schmuckstücke in den Safes verschiedener Banken zurück. Joseph Bonnet fährt deshalb nach Russland, seine deutsche Nationalität verheimlichend, und versucht als Schweizer seine Schmuckkollektionen zurückzubekommen. Während einer denkwürdigen Reise vom baltischen Meer zum Ural gelingt es ihm, seine gesamte Kollektion zu verkaufen. Doch kann er die erzielten Summen nicht aus Russland ausführen, und sie werden während der bolschewistischen Revolution beschlagnahmt. Ihm selbst gelingt es, seine Rundreise ohne Schaden zu beenden, trotz des Krieges und der politischen Wirren, und er kehrt nach La Chaux-de- Fonds zurück. Nach Ende des Krieges ist Joseph Bonnet ruiniert und er muss neue Märkte finden. Er stellt Schalen für Damenuhren her. 1922 wird er Lieferant der Firma Bucherer für den amerikanischen Markt; nach dem

Börsenkrach von 1929 kreiert er preisgünstige. Das nachfolgende Jahrzehnt ist schwierig für das Unternehmen. 1939, zu Beginn des Krieges, wird kaum noch gearbeitet, das Personal ist mobilisiert, die Uhrenindustrie schläft und das Gold ist rationiert. Joseph Bonnet stirbt am 30. Juli 1941 an einer Herzkrise, die Firma wird durch seine beiden Söhne übernommen und von ihnen nach dem Krieg wieder angekurbelt. Taschenuhr Sprungdeckeluhr für den südamerikanischen Markt. Die Schale in geschwärztem Stahl, mit Landschaftsmalerei von Blumen eingerahmt Privatbesitz Goldbroschen in Email, Ophelia und der Traum, aus dem Atelier François Fleuret, Paris, Anfang 20. Jh. Brosche durchbrochen in Form eines stilisierten Insektes. Eugène Tourette, Peris, vers 1900. Brosche durchbrochen in Gold und Email, eine Frauenbüste darstellend, mit einer Iris umrandet. Atelier Durand-Leriche, Paris, um 1900. Ausstellung Organisationskomitee Direktion des Projektes Ludwig Oechslin Nicole Bosshart Jean -Michel Piguet Szenarium Polygone Musée international d horlogerie Technische Koordination, Montage Polygone Serge Perrelet Regie und elektrische Installationen Cédric Brossard Malerei der Dekors Marie-Ann Forrer-Tissot Cédric Brossard Serge Perrelet Die Direktion des Musée international d horlogerie dankt den Institutionen und Firmen, welche ihre zur Verfügung stellten : Ecole d art, La Chaux-de-Fonds Musée d horlogerie et d émaillerie, Genève Musée de l horlogerie du Haut-Doubs, Morteau Musée Longines, St-Imier Redaktion der Texte Jean-Michel Piguet Nicole Bosshart Clémence Schmidt Ausschnitt und Druck Verdon SA Photographien der Glasfenster Danièle Karrer, Service d urbanisme, Ville de La Chaux-de-Fonds Mannequins Ruth Jaquet Florence Jaquet Die Direktion des Musée international d horlogerie dankt den Institutionen und Firmen, welche ihre zur Verfügung stellten : Musée Omega, Bienne Vacheron Constantin-Patrimoine, Genève Wyss-Art-Technique, Jaime Wyss, Dübendorf Zenith International, Le Locle

Vitrine 4 - Glasfenster rue du Nord 119 André le graveur Die Gravur nimmt einen massgeblichen Platz ein in der Dekoration der Uhrenschalen des 19. Jh. André der Graveur, von seinen Kollegen «La Lime» genannt, wurde an der Kunstgewerbeschule von La Chaux-de- Fonds ausgebildet und war einer der ersten Diplomanden. Er lernte Zeichnung, Komposition und vor allem die verschiedenen traditionellen Techniken der Gravur, welche die Uhrenschalen verzierten. Er arbeitet in einem kleinen familiären Atelier zusammen mit fünf andern Graveuren, alle um eine Werkbank mit Einbuchtungen, mit verschiedenen Werkzeugen, wie Radiernadeln, Graviernadeln, Schleifsteinen, Stickel, Hammer und Glaskugeln, gefüllt mit gebläutem Wasser, welche abends das schwache Licht der Oelquinquets verteilen. 1909 wurden in La Chaux-de-Fonds 375 Graveure und 75 Guillocheure gezählt, alle mit der Dekoration von Uhrenschalen beschäftigt. Das Erscheinen der Armbanduhr gab dieser Industrie den Todesstoss, die Fläche für Gravur auf Schalen und Anhängern existierte nicht mehr auf den neuen, kleineren Uhren, welche am Handgelenk getragen wurden. Die Zeit zwischen 1890 und 1914 war auch eine turbulente Zeit mit sozialen Forderungen. Die Zunft der Graveure und Guillocheure zählte 400 bis 500 Mitglieder, welche das erste Syndikat der Uhrenindustrie bildeten. Intelligent, unternehmend, ein wenig widerspenstig waren die Graveure die Vorhut der sozialen und künstlerischen Bewegung des Syndikates. Nach einem erbitterten Kampf und mehreren Streiks, wobei der längste drei Monate dauerte, erhielten sie den Zehnstundentag und einige Jahre später den Neunstundentag. Objekt Taschenuhr Sprungdeckeluhr mit gravierter Schale in Silber Omega, Bienne, um 1906 Kollektion des Musée Omega, Bienne Vitrine 5 - Glasfenster rue du Doubs 93 Madeleine Woog (1892-1929) Malerin und Dichterin, geboren in La Chaux-de-Fonds, war sie von 1906 bis 1911 Studentin des Kurses von Charles L Eplattenier an der Kunstgewerbeschule, gleichzeitig wie Charles-Edouard Jeanneret (Le Corbusier) und der Maler Charles Humbert. In ihrer Jugend interessiert sich Madeleine Woog für viele Sportarten : Tennis, Eiskunstlauf und Tanz. Letzteren führte sie mit solcher Perfektion aus, dass sie zeitweilig mit dem Gedanken spielte, diesen zu ihrem Beruf zu machen. Auch für Musik ist sie begabt, vor allem Klavier und Geige. Sie komponiert Melodien, wenn sie nicht Gedichte schreibt, doch als vielseitige Künstlerin ist ihre bevorzugte Ausdrucksform die Malerei. Nach ihrer Ausbildung an der Kunstgewerbeschule geht sie nach Paris, gefolgt und gelenkt von Charles Humbert (1891-1958), Schüler der gleichen Schule. Freundschaft und Übereinstimmung vereint die beiden und sie heiraten 1920. Die Werke, die Madeleine Woog bekannt machen, datieren von 1914, deren Charakter hebt sich von allem damaligen ab. Zwischen 1914 und 1917 verfasst sie auch ungefähr 60 Gedichte. Auf dem Gebiet der Malerei ist sie vor allem Kolorist. Sie malt wie sie dichtet. Besorgt um die Komposition, ordnet sie ihre Empfindungen, um ein Bild zu kreieren. Sie widmet sich vor allem Landschaften oder Blumen mit reinen, klaren Farben sowie Porträts. Ihr Leben lang litt sie unter Krankheiten, welche sie zwangen, ihre Arbeit als Künstlerin zu unterbrechen. Durch Krankheit geschwächt, stirbt sie am 22. April 1929. Anhänger-Uhr aus Gold, dessen Boden mit durchsichtigem Email bedeckt,

mit gravierten und ziselierten Blumen. Vacheron Constantin, Genève, vers 1902. Kollektion Vacheron Constantin, Genève Anhänger-Brosche aus Gold und Email. Frau mit Flügeln auf Dreiteiler. Luis Masriera, Barcelona, um 1907. Vitrine 6 - Glasfenster rue du Doubs 32 Charles L Eplatennier (1874-1946) Dieser Maler und Bildhauer, Professor an der Kunstgewerbeschule von La Chaux-de-Fonds, wird durch die Eröffnung seines Hochschulkurses für Kunst und Dekoration im Jahre 1905 Meister einer Generation von Künstlern und Symbol eines für die Region typischen Ausdrucks des Jugendstils. Im Val-de-Ruz geboren, verbringt er seine Kindheit auf dem Lande, in einer allgegenwärtigen Natur, inmitten von Weiden und Tannenwäldern. Seine ersten Lektionen im Zeichnen erhält er in Neuchâtel, bevor er seine Ausbildung in Budapest und Paris weiterführt. 1897, zurück in seiner Heimat, wird er als Professor für Zeichnen und dekorative Komposition an die Kunstgewerbeschule von La Chaux-de-Fonds berufen. Während seiner 17-jährigen Lehrtätigkeit gelingt es ihm, dieser Schule eine internationale Grösse zu verleihen. Mit seinen Studenten wendet er seine Methode an, basierend auf der direkten Beobachtung der Natur, was zur Kreation des Tannenstils führt, vom Jugendstil abgeleitet, in welchem die dekorativen Elemente der Region, wie die Tanne oder der Enzian verwendet werden, in einer mehr oder weniger stilisierten Form. 1905 führt er im Rahmen der Kunstgewerbeschule den Hochschulkurs der Kunst und Dekoration ein und erhält bedeutende Dekorationsbestellungen, vor allem für die Villa Fallet (1905), das Posthotel und das Krematorium von La Chaux-de-Fonds (1910) oder auch das kantonale Observatorium von Neuchâtel (1912). Seine begabtesten Schüler darunter Madeleine Woog und Charles-Edouard Jeanneret nehmen an diesen Arbeiten teil. Während seines ganzen Lebens hat er sich auf verschiedenen künstlerischen Gebieten ausgezeichnet : Zeichnung, Bildhauerei, Illustration, Mosaike, Mobiliar, Glasfenster, Keramik, Bijouterie und Architektur. Am 7. Juni 1946, anlässlich eines Maltages in der freien Natur, stürzt er in den Felsen des Doubs zu Tode. Objekt Taschenuhr aus Silber nielliert. Komposition von Charles L Eplattenier für das Neuenburger Kantonalschiessen La Chaux de Fonds 1913. Kollektion des Musée international d horlogerie, La Chaux-de-Fonds Vitrine 7 - Glasfenster rue Numa-Droz 76 Monique St-Hélier (1895-1955) D ie Romanschriftstellerin Monique Saint-Hélier gab den Strassen ihrer Heimatstadt neben ihrem eigenen Namen auch denjenigen von Alérac, Familienname, deren Chronik ihren Romanen zugrunde liegt. In La Chaux-de-Fonds geboren beginnt Berthe Eimann mit 21 Jahren das Studium der Literatur an der Universität von Lausanne. Dort lernt sie Blaise Briod kennen, den sie heiratet und sich zum Katholizismus bekehrt, wobei sie den Namen Monique als Taufnamen verwendet.

Das Ehepaar verbringt einige Jahre in Bern und zieht 1926 nach Paris. Monique Briod wird krank und bleibt bettlägerig bis sie 1955 stirbt. Sie interessiert sich für die Malerei und Schriftstellerei und beginnt zu schreiben. Zu dieser Zeit nimmt sie den Namen Monique Saint-Hélier als Schriftstellerin an. Zwischen 1932 und 1955 publiziert sie zahlreiche Romane, wie La cage aux rêves (1932), Bois-Mort (1943), Le Cavalier de paille (1936), Le Martinpêcheur (1953), Quick (1954), L arrosoir rouge (1955). Monique Saint-Hélier hat ein erstaunliches und faszinierendes Werk geschaffen, indem sie neuartige Erzählformen, aus dem angelsächsischen Roman kommend, anwendete. Sie ist befreundet mit dem Dichter Rainer Maria Rilke, dem Dramaturgen Henri Ghéon und dem Philosophen und Kritiker Jean Paulhan und hat grossen Erfolg in den dreissiger und vierziger Jahren. Nach der Besetzung lässt sich das Ehepaar Briod im Dorf Chambines in der Picardie nieder, wo Monique St-Hélier am 9. März 1995 stirbt, ein unvollendetes Werk hinterlassend. Anhänger-Uhr aus Platin und Weissgold, dessen guillochierter Boden mit durchsichtigem Email «vert de gris» bedeckt ist Vacheron Constantin, Genève, um 1910. Kollektion Vacheron Constantin, Genève Goldbrosche mit opalisierendem Email. Libellen-Frau. François Fleuret, Paris. Papierhalter in Form eines Schmetterlings. Henri Vever, Paris, um1900. Kollektion des Musée d horlogerie et d émaillerie von Genève Vitrine 10 - Vitrail rue du Commerce 17 Charles-Edouard Jeanneret genannt Le Corbusier (1887-1965) Der Architekt, der weltweit unter seinem Pseudonym «Le Corbusier» bekannt war, wurde am 6. Oktober 1887 in La Chaux-de-Fonds geboren. Charles Edouard Jeanneret tritt 1902 in die Kunstgewerbeschule der Stadt ein und belegt Kurse in Gravur und Ziselierung. 1905 setzt er seine Studien im Hochschulkurs der Kunst und Dekoration fort, eingeführt im gleichen Jahr durch Charles L Eplattenier, der seine begabtesten Studenten in die Architektur einweihte. Der junge Mann distanziert sich immer mehr von seiner Ausbildung als Graveur und Ziseleur von Uhrenschalen. 1905, auf Veranlassung von seinem Meister, erbaut er zusammen mit René Chapallaz seine erste Villa, das Haus Fallet, im Auftrag eines Mitglieds der Kommission der Kunstgewerbeschule. Ab 1907 unternimmt Ch.-E. Jeanneret Reisen durch Europa und entdeckt vor allem die Kartause von Ema de Galluzo bei Florenz, welche für ihn das Ideal des Wohnbaus verkörpert; er hält sich in den Ateliers der grossen Architekten in Paris (Auguste Perret) und in Berlin (Peter Behrens) auf und bereitet so seine zukünftige Karriere vor. Die Reise, die ihn unauslöschlich prägte, führte ihn 1911 bis in die Türkei, durch den Balkan und Griechenland, sie figuriert in den Reiseberichten Le voayge d Orient. 1912 kommt er in seine Heimatstadt zurück und unterrichtet in der Neuen Sektion der Kunstgewerbeschule und eröffnet gleichzeitig ein Büro für Dekoration und Architektur. Er kreiert Möbel und baut für seine Eltern Jeanneret-Perret ein Haus, genannt la maison blanche in La Chaux-de- Fonds, sowie die Villa Favre-Jacot in Le Locle. Die letzten Bauten, die er in seiner Region errichtet, sind das Kino Scala und die Villa Schwob, genannt Türkische Villa. 1917 geht er nach Paris und wird einige Jahre später Le Corbusier.

Objekt Uhrenschale in Silber graviert mit Motiven im Stil «Sapin» um 1905 an der Kunstgewerbeschule von La Chaux-de-Fonds ausgeführt. Dieses Objekt wurde wahrscheinlich nicht an der Ausstellung von Mailand 1906 präsentiert. Kollection Ecole d Art, La Chaux-de-Fonds Georges Favre-Jacot (1843-1917) Namhafter Neuenburger Industrieller, gründet er 1865 eine Uhrenfabrik, welche später die Manufaktur Zenith wird, Name des höchsten Punktes am Himmel. Eines seiner ersten Werke trägt das Symbol des Sterns. Nach der Primarschule macht Georges Favre-Jacot eine Lehre als Uhrmacher in La Sagne, einem Dorf des Neuenburger Juras. Als frühreifes Talent und als Folge einer Meinungsverschiedenheit mit seinem Meister, macht er sich als Dreizehnjähriger selbständig und befreit sich so von einer Bevormundung, die ihn belastete. Mit achtzehn Jahren bildet er bereits Lehrlinge aus. Bevor er volljährig ist, heiratet er Louise Jacot-Descombes. Dank der Mitgift seiner Frau kann er endlich seinen Traum realisieren. Er errichtet eine Uhrenfabrik in Le Locle, in welcher er rationell und zu günstigsten Preisen präzise Gousset -Uhren produziert. Georges Favre-Jacot möchte sich von der damals üblichen Fertigung von Einzelteilen abwenden. Durch die Kreation seiner Manufaktur beweist er, dass es fortan möglich ist, an einem einzigen Ort alle zur Fabrikation einer Uhr notwendigen Einzelteile herzustellen. Sein Unternehmen vergrössert sich derart, dass er bald einmal ein Zehntel der Einwohner von Le Locle beschäftigt. Später setzt G. Favre-Jacot sein Werk fort als Erbauer von Wohnhäusern für seine Arbeiter. Er kauft verschiedene Güter und wird so zum wichtigsten Grundbesitzer des Kantons Neuchâtel. 1911 zieht sich Georges Favre-Jacot aus der Uhrmacherei zurück. Sein Unternehmen floriert weiter unter seinen Nachkommen. Zu gleicher Zeit beauftragt er den jungen Architekten Charles-Edouard Jeanneret (Le Corbusier) mit dem Bau seiner Villa La Forêt. Er stirbt am 19. Mai 1917 an einer Lungenentzündung. Taschenuhr in Silber nielliert mit Blumendekor und Blattwerk. Zénith, Le Locle, um 1910. Kollektion Zénith SA, Le Locle Kleiner Spiegel für Werbung, dessen Boden die Fabrik Zenith darstellt. Zénith, Le Locle, um 1915. Kollektion Zénith SA, Le Locle