Predigt zu Markus 5,25-34 Dürnten nur die Kleider ein Briefwechsel mit Noemi, der blutflüssigen Frau



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Transkript:

Predigt zu Markus 5,25-34 Dürnten 31.10.10 nur die Kleider ein Briefwechsel mit Noemi, der blutflüssigen Frau Predigttext: Markus 5,25-34 NZB Und da war eine Frau, die hatte seit zwölf Jahren Blutungen und hatte viel gelitten unter vielen Ärzten und ihr ganzes Vermögen ausgegeben. Aber es hatte ihr nichts genützt, es war nur noch schlimmer geworden mit ihr. Als sie nun von Jesus hörte, kam sie im Gedränge von hinten an ihn heran und berührte seinen Mantel. Denn sie sagte sich: Wenn ich auch nur seine Kleider berühre, werde ich gerettet. Und sogleich versiegte die Quelle ihrer Blutungen, und sie spürte an ihrem Körper, dass sie von der Plage geheilt war. Und sogleich spürte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausgegangen war, und er wandte sich im Gedränge um und sprach: Wer hat meine Kleider berührt? Da sagten seine Jünger zu ihm: Du siehst doch, wie das Volk sich um dich drängt, und da sagst du: Wer hat mich berührt? Und er schaute umher, um die zu sehen, die das getan hatte. Die Frau aber kam, verängstigt und zitternd, weil sie wusste, was ihr geschehen war, und warf sich vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Er aber sagte zu ihr: Tochter, dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden und sei geheilt von deiner Plage. Liebe Gemeinde In der Predigtvorbereitung habe ich der blutflüssigen Frau aus dem Predigttext einen Brief geschrieben. An dem Briefwechsel, der daraus entstand, möchte ich Sie nun teilnehmen lassen. Ist es in Ordnung, wenn ich dich so nenne? In der biblischen Geschichte, aus der ich dich kenne, wird dein Name nicht genannt. Du wirst einfach als die blutflüssige Frau bezeichnet das ist für mich sowieso ein seltsamer Ausdruck. Und in dem Brief, den ich dir schreibe, möchte ich dich doch gerne persönlich ansprechen, mit einem Namen. Deshalb habe ich dir einfach einen gegeben. Ich hoffe, er passt zu dir Also nochmals: Die Geschichte von deiner Heilung ist eine der biblischen Geschichten, die mich besonders berühren. Sie fasziniert und bewegt mich. Einiges daran ist mir aber auch fremd, ruft Fragen in mir hervor. Vielleicht hat es damit zu tun, dass du in einer so anderen Kultur und Zeit lebst als ich? Gerne möchte ich mehr darüber erfahren, möchte ich dich und das, was dir passiert ist, besser kennen und verstehen lernen. Deshalb schreibe ich dir diesen Brief. Vielleicht magst du mir ja antworten? Magst du mir von deinem grossen Erlebnis erzählen, aus deiner Perspektive Ich würde mich freuen. Ich grüsse dich herzlich Karin Disch Danke für deinen Brief! Ich freue mich, dass du dich für mich und meine Geschichte interessierst und ich teile sie gerne mit dir! Seit meiner Begegnung mit Jesus geht es mir so gut! Ich möchte am liebsten allen Menschen davon erzählen. Und: du kannst mich gerne Noemi nennen der Name bedeutet in meiner Sprache unter anderem auch Freude und das passt jetzt gut zu mir. Ja, meine Geschichte Da muss ich etwas ausholen. 1

Du weisst ja, dass ich sehr krank war. Ich hatte den Blutfluss. Es war wie eine dauernde Menstruation, die einfach nicht aufhören wollte. Und das seit 12 Jahren! Was genau die Ursache dafür war, weiss ich nicht und es wurde auch nie herausgefunden. Ich litt sehr darunter. Es war unangenehm, manchmal schmerzhaft und vor allem war ich immer sehr müde. Aber das alles war nicht das Schlimmste. Weisst du, bei uns haben wir Frauen und Mädchen es sowieso nicht so leicht. Meistens bestimmen Männer über uns. Wenn wir heiraten und viele Kinder bekommen, vor allem Söhne, dann geht es uns gut. Aber Unfruchtbarkeit und Kinderlosigkeit sind ein schweres Unglück. Dazu gibt es ganz klare religiöse Gesetze, die alles regeln, bis in den Intimbereich hinein. Eine Frau, die die Menstruation hat, gilt für diese Tage als unrein. Das gilt auch für eine Frau, deren monatliche Blutung länger als 7 Tage dauert, die im Wochenbett ist oder die ausserhalb ihrer Periode Blutungen hat. Alles, worauf sie sitzt, gilt als unrein; überall, wohin sie geht, gilt sie als unrein. Sogar wer etwas berührt, was sie berührt hat, wird selbst unrein. Und ich hatte nun eine Krankheit, die mich 12 Jahre lang unrein machte! Ich weiss nicht, ob du dir vorstellen kannst, was das bedeutet, was ich erleiden musste. Neben meinem persönlichen Unwohlsein und der Tatsache, dass ich meine Bestimmung als Frau nicht erfüllen konnte, wurde ich ausgegrenzt, sogar von meiner Familie wurde ich verstossen. Ich durfte nicht in den Tempel gehen. Ich durfte niemanden berühren oder gar umarmen. Ich durfte eigentlich überhaupt nicht unter Menschen gehen. Ich war sozial völlig isoliert. Und ich war verzweifelt. Ich verabscheute mich selbst. Und ich fragte mich oft: Wie habe ich das verschuldet? Wofür schickt Gott mir diese Strafe? Ich kann dir sagen, ich war nicht untätig. Ich habe alles unternommen, was mir möglich war. Ich war bei so vielen verschiedenen Ärzten und Quacksalbern mein ganzes Vermögen habe ich ihnen gegeben und keiner konnte mir helfen. Es wurde nur immer noch schlimmer. Doch eines Tages vernahm ich, dass Jesus in der Stadt sei. Ich hatte von ihm gehört, wer er sei und was er getan habe, wie er vielen Menschen geholfen und sie geheilt habe. Und irgendwie packte mich der Mut, vielleicht war es auch der Mut der Verzweiflung. Jedenfalls beschloss ich, es nochmals zu versuchen, meine furchtbare Situation zu ändern. Natürlich hatte ich Angst: Angst, in die Menge zu gehen, entdeckt und erkannt zu werden. Meine Scham für mein Leiden war riesig. Und auch Angst, diesen Mann zu berühren, diesen reinen, heiligen Mann. Aber genau das hatte ich vor. Denn ich glaubte ganz fest daran, dass diese Berührung mich heilen würde. Aber ich würde die Übertretung des Verbots möglichst klein halten. Deshalb wollte ich nur seine Kleider anfassen - das würde genügen, davon war ich überzeugt - nur den Saum seines Gewandes vielleicht. Das würde kaum auffallen in der Menge, das würde er nicht mal merken. Aber diese Chance würde ich mir nicht entgehen lassen. Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Ich ging auf die Strasse, mischte mich unter die Leute und drängte mich von hinten immer näher an Jesus heran. Mein Herz klopfte wie wild. Doch ich ging weiter, kämpfte mich durch die Menge. Plötzlich sah ich ihn, gleich vor mir. Er ging neben Jairus, unserem Synagogenvorsteher. Ausgerechnet Aber jetzt gab es kein zurück mehr. Ich machte noch einen Schritt nach vorne, bückte mich und berührte ganz kurz sein Gewand. Und da geschah es!, du wirst es mir vielleicht nicht glauben: aber meine Blutung hörte in dem Moment auf! Ich spürte es körperlich. Und obwohl ich das ja gehofft hatte, erschrak ich. Doch mein Schrecken wurde noch viel grösser, als Jesus stehenblieb, sich umdrehte und fragte: Wer hat meine Kleider berührt? Ich kann dir sagen: mein Herz blieb fast stehen. Ich konnte mich unmöglich zeigen, vor all den Leuten. 2

Und ich fürchtete mich auch vor dem Blick Jesu. Ich war so ergriffen von dem, was mir gerade geschehen war, dass ich zitterte. Ich wäre am liebsten in den Boden versunken. Seine Freunde wiesen ihn darauf hin, dass ja so viele Menschen ihn umdrängten und berührten. Doch er liess sich nicht beirren. Er schaute weiter suchend umher nach mir Schliesslich erkannte ich, dass ich nicht verborgen bleiben konnte. Ich trat vor, fiel vor ihm auf die Knie und erzählte ihm alles. Es war mir plötzlich egal, was die Leute denken. Jesus hörte mir zu. Er schien nicht ärgerlich zu sein auf mich, im Gegenteil. Er blickte mich liebevoll an. Und dann sagte er zu mir: Tochter, dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden und sei gesund von deiner Plage., ja, das ist meine Geschichte. Ist das nicht wunderbar? Seit diesem Tag bin ich ganz gesund. Ich wurde vom Priester wieder als rein erklärt und darf wieder ein normales Leben führen. Jesus hat mich geheilt. Jetzt würde es mich schon interessieren, was du darüber denkst. Ich bin gespannt auf deine Antwort. Ich grüsse dich herzlich Noemi Danke für deine Offenheit, dein Erzählen. Ich verstehe jetzt einiges besser, nachdem du mir das mit deiner Krankheit und der Unreinheit erklärt hast. Du hattest offenbar eine chronische Gebärmutterblutung. Heute hätte man wahrscheinlich herausfinden können, was die Ursache dafür ist und dir helfen können. Wir wissen viel mehr und haben gute Ärzte, sogar spezielle Ärzte für Frauen. Leider hattest du das nicht. Von einem Heiler zum andern bist du gerannt. Um dein Geld haben sie dich erleichtert, deine Last haben sie dir gelassen : Deine Erzählung beeindruckt mich sehr. Du beeindruckst mich! Du warst allein, ohne Familie, körperlich und finanziell ausgeblutet. Und doch findest du die Kraft und den Mut, dich aufzumachen zu Jesus, dein Schicksal in die Hand zu nehmen. Du musstest dafür Hindernisse überwinden, soziale und moralische Grenzen, und auch Grenzen in dir selbst. Du hast es gewagt. Bist in die verbotene Öffentlichkeit gegangen, hast deine Hand ausgestreckt Deine Geste enthält für mich deine ganze Hoffnung, die dich antrieb, in deiner scheinbar ausweglosen Situation die Initiative zu ergreifen und die Kleider des Mannes zu berühren, von dem allein du dir noch Hilfe versprochen hast. Doch du hast geglaubt, dir die Berührung stehlen zu müssen. Du meintest, kein Recht darauf zu haben. Du hast dich nicht getraut, Jesus direkt zu bitten. Du wolltest nur seine Kraft in Anspruch nehmen, aber ihm nicht begegnen. Und dann wieder verschwinden. Doch deine Rechnung ist nicht aufgegangen. Jesus hat es gemerkt! In deiner Berührung lag etwas Besonderes, das anders war, als das zufällige Anstossen in der Menge. Davon wurde Jesus ergriffen. In der Bibel steht, dass er gemerkt habe, wie eine Kraft von ihm ausgegangen war. Die Kraft, die deine Blutung gestoppt hat. Und dass er stehen blieb und sich nach dir umdrehte. Hier möchte ich dich etwas fragen, Noemi: Ich verstehe zwar deinen Schrecken und deine Scham. Aber ich habe mir überlegt, wie es für dich gewesen wäre, wenn du unerkannt geblieben wärst. Wie wäre es dir gegangen? Du wärst vielleicht deinen Blutfluss los gewesen. Aber hättest du es nicht immer so empfunden, dass du dir deine Genesung sozusagen unrechtmässig erschlichen hast? Hättest du nicht vielleicht sogar Angst gehabt, sie wieder zu verlieren? Und vor allem: wären deine seelischen Wunden geheilt gewesen? Die Scham und das Bewusstsein, dein Schicksal selbst verschuldet zu haben? Und wärst du in der Gesellschaft wieder voll akzeptiert gewesen? 3

Ich denke, es war gut, dass Jesus dich gesucht hat, dich kennenlernen wollte. Und dass du dich darauf eingelassen hast. Ich habe den Eindruck, es hat dir gut getan, ihm alles zu erzählen, es hat dich befreit. Und sein liebevoller und befreiender Zuspruch hat dich irgendwie tiefer gesund gemacht als nur körperlich, ganzheitlicher. Oder wie hast du das empfunden? Ich möchte nochmals zu deinem Glauben zurückkommen. Nur die Kleider wolltest du berühren dein grosses Vertrauen, ist eindrücklich! Und es wurde belohnt, du wurdest sofort gesund. Hier fällt mir etwas Wichtiges auf. Jesus hat dich geheilt, hast du am Schluss deines letzten Briefes geschrieben. Aber, liebe Noemi: ich weiss gar nicht, ob es dir bewusst ist: du hast auch deinen Anteil daran! Natürlich hat die Kraft Gottes, die in Jesus lebt, dich geheilt. Aber Jesus hat kein heilendes Wort gesprochen, keine heilende Geste gemacht, wie in den andern Heilungsgeschichten. Die Initiative ging von dir aus, du hast seine Kleider berührt. Und dieses ängstliche und doch so waghalsige Zutrauen nennt Jesus Glauben. Und darum geht es ihm letztlich immer! Um mehr als ein einmaliges Wunder. Deshalb hat er sich nach dir umgedreht. Du hast dir sozusagen von seiner Kraft genommen. Offenbar ist das nicht verboten. Aber es ist trotzdem nicht das, was Gott möchte. Es gilt nicht: Hauptsache gesund! Ich glaube, Gott sucht letztlich die ganzheitliche Begegnung mit uns, die Beziehung zu uns. Er sieht und liebt uns als ganze Menschen, und möchte uns ganz heil und gesund machen. Oder was meinst du dazu? Sei herzlich gegrüsst Karin Ja, du hast recht: es war gut, dass Jesus sich umgedreht und das Gespräch mit mir gesucht hat, auch wenn es mir im ersten Moment unangenehm war. Es tat so gut, es war so befreiend! Erst durch die Begegnung mit ihm spürte ich, wie ich vollständig geheilt wurde, nicht nur am Körper, sondern auch meine verletzte Seele. Ich fühle mich jetzt wirklich heil, befreit vom Empfinden, eine sündige Frau zu sein, die ihre Strafe verdient hat, befreit vom Makel der Unreinheit, gestärkt und angenommen in meiner ganzen Existenz. Sicher, diese 12 Jahre lassen sich nicht auslöschen. Es braucht noch Zeit, für mich und für meine Mitmenschen. Ich weiss nicht, wie es weiter geht, ob ich noch einen Mann finde und Kinder bekomme. Aber es ist alles nicht mehr so wichtig für mich. Jesus hat mich Tochter genannt. Er hat mir damit wieder einen Platz im Volk Gottes gegeben, an seiner Seite, wie Jairus. Ich habe meine Würde als Mensch und als Frau wiedergefunden. Weisst du, ich habe tatsächlich ein Wunder erlebt! Aber das Wunder besteht für mich nicht nur darin, dass mein Blutfluss gestoppt wurde. Das Wunder ereignete sich für mich in der Kraft dieser Begegnung mit Jesus, in der Beziehung, die ich zu ihm habe, in meinem Vertrauen auf ihn. Jesus hat ja zu mir gesagt: Dein Glaube hat dich gerettet. Für mich ist das ganz wichtig: auch wenn ich Jesus vielleicht nie mehr persönlich begegnen werde, ist er doch immer da für mich. Ich darf ihm vertrauen. Ich brauche dafür nicht einmal einen Zipfel seines Gewands. Mein Glaube genügt. Das gibt mir tiefen Frieden. Doch ich möchte dich noch fragen, liebe Karin: Du liest meine Geschichte ja in der Bibel. Kann sie dir und den Menschen in deiner Zeit denn überhaupt noch etwas bedeuten? Das wünsche ich mir sehr! Nicht wegen mir, sondern wegen Jesus. Ich wünsche allen, dass sie von ihm hören und ihm ebenfalls begegnen und diesen Frieden finden können, den ich habe. Ich würde mich freuen, nochmals von dir zu hören. Sei lieb gegrüsst Noemi 4

Gerne gebe ich dir Antwort auf deine Frage. Denn sie ist ja auch wichtig für mich. Was kann deine Geschichte für mich, für uns, heute bedeuten? Wir haben ja heute ganz andere Möglichkeiten, haben eine gut funktionierende medizinische Versorgung. Brauchen wir Jesus überhaupt? Brauchen wir Heilung? Ja, davon bin ich überzeugt. Gerade weil es auch in deiner Geschichte um mehr geht als um körperliches gesund werden, um mehr als eine einmalige Wundertat, wie du es ja gut beschrieben hast. Auch unsere Sehnsucht nach Heil-Sein, nach Ganz- Sein, ist gross. Deine Geschichte, Noemi, ist auch nicht nur eine Frauengeschichte. Dein Blut, das dir so viel Leid gebracht hat, steht für mich für all diejenigen Mängel, die wir an uns selbst als Makel, als nicht liebenswert, vielleicht sogar als verachtenswert empfinden mögen und die wir meinen, vor der ganzen Welt verstecken zu müssen. Und gleichzeitig wohnt eine Sehnsucht in uns, angenommen und gesehen zu werden, so wie wir sind, mit allen Schwächen, Ängsten und allen Zerrissenheiten. Deine Geschichte, Noemi, kann auch heutigen Menschen, auch mir selber, Mut, Hoffnung und Trost geben. Auch nach langer Zeit kann Heilung möglich sein, können Kräfte mobilisiert werden, ist eine Begegnung möglich, die heilsam wirken kann. Wir sind eingeladen, zu glauben, zu vertrauen, auf die heilsame Kraft und Zuwendung Gottes zu uns in Jesus Christus; nicht nur in seinen Kleidern, sondern in seiner Person, in seinem Wort, das er an uns richtet, wie er es an dich gerichtet hat: Mein Sohn, meine Tochter, dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden und sei geheilt von deiner Plage., ich danke dir ganz herzlich für deine Briefe! Ich freue mich mit dir darüber, was dir geschehen ist. Und ich wünsche dir von Herzen nur das Beste für deine Zukunft. Gottes Segen und liebe Grüsse Karin P.S. Darf ich unseren Briefwechsel am nächsten Sonntag meiner Gemeinde vorlesen? Ich kann mir vorstellen, dass er für sie auch spannend und hilfreich wäre. Ich konnte in deiner Geschichte und durch deine eindrücklichen, persönlichen Schilderungen irgendwie selber auf eine heilsame Art Jesus begegnen. Vielleicht können andere das auch? Ja sicher darfst du das! Ich freue mich darüber! Ich wünsche dir und deiner Gemeinde, dass ihr Jesus und in ihm unserem wunderbaren Gott weiter auf der Spur bleibt und viele heilsame Begegnungen mit ihm habt, auch im Alltag. Und dass euer Vertrauen wachsen kann! Mit besten Grüssen und Segenswünschen für dich und deine Gemeinde Eure Noemi, die geheilte Frau Pfarrerin Karin Disch 5