Das Früh-und Hochmittelalter

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Das Früh-und Hochmittelalter Übersicht Die Abteikirche von St. Maurice, Kanton Wallis, gegründet im 6. Jahrhundert an einer strategisch günstigen Talenge. Marc-André Miserez / swissinfo Die auf die römische Herrschaft folgende Periode von ca. 500 bis 1000 n.chr. wird allgemein als Frühmittelalter bezeichnet. Das Gebiet der heutigen Schweiz durchlief eine ähnliche Entwicklung wie das übrige westliche Europa. Die ersten Jahrhunderte waren geprägt von Migrationsbewegungen (Epoche der Völkerwanderung). Auch in der Schweiz siedelten sich verschiedene Völker an und brachten neue Lebensweisen und Sprachen mit. Das Christentum, das bereits von den Römern eingeführt worden war, breitete sich weiter aus teils auch durch Missionare. Die Kirche mit ihren Bistümern und Klöstern wurde zu einer wichtigen Landbesitzerin mit allen damit verbundenen Rechten über die Menschen, die ihr Land bewohnten und bewirtschafteten. Gleichzeitig vermehrten adlige Familien ihre Macht durch Eroberungen, Erbschaften und geschickte Heiratspolitik. Für eine kurze Zeit kontrollierte der Frankenkönig Karl der Grosse einen bedeutenden Teil Westeuropas. Er liess sich im Jahr 800 in Rom als erster mittelalterlicher Herrscher zum Kaiser krönen. Doch auch unter Karl dem Grossen gab es noch keine eigentliche Staatsidee. Auf jeder Stufe der Gesellschaft basierten die Beziehungen zwischen Stärkeren und Schwächeren auf persönlichen Abhängigkeiten. Der Kaiser regierte über ein Netzwerk von adligen Familien. Während dieser Zeit waren die Machtverhältnisse zwischen Königen, Herzögen und Kirchenfürsten ständigen Änderungen unterworfen, da alle Parteien bemüht waren, ihre Privilegien zu erhalten oder auszubauen. 962 liess sich der deutsche König Otto I. vom Papst in Rom zum Kaiser eines Reiches krönen, das später als Heiliges Römisches Reich (ab dem 15. Jahrhundert mit dem Zusatz: Deutscher Nation) und in der Neuzeit als Deutsches Reich oder Römisch-deutsches Reich bezeichnet wurde. 1

Die Sprachgrenzen Die nachrömische Zeit war geprägt durch die Einwanderung germanischer Bevölkerungsgruppen. Damit begannen sich Sprachgrenzen auszubilden. Von Norden her wanderten Alemannen in die Schweiz ein, und ihre Sprache eine Vorläuferin der heutigen schweizerdeutschen Dialekte verdrängte allmählich die lokale romanische Sprache. Die Burgunder, die sich in der heutigen Westschweiz niederliessen, übernahmen die Sprache der von ihnen beherrschten gallo-römischen Bevölkerung. Zu dieser Zeit war der keltische Dialekt von einer Form des Lateins verdrängt worden, die sich zu den verschiedenen Patois-Versionen der Westschweiz entwickelte. Das Patois selbst wurde später in der Westschweiz vom standardisierten Französisch fast vollständig verdrängt. Rätien, das die Alemannen nicht erobern konnten, und das Tessin, das unter der Herrschaft der germanischen Langobarden stand, behielten ihre mit dem Latein verwandten Dialekte, welche sich schliesslich zu Sprachen entwickelten, die in diesen Gebieten heute gesprochen werden: Rätoromanisch und Italienisch. Die Franken und ihre Einflussbereiche Statue von Karl dem Grossen an einer Gebäudefassade in Zürich. EDA, Präsenz Schweiz Ab dem 6. Jahrhundert begannen die Franken, ein germanisches Volk, kontinuierlich von Westen her zu expandieren. Zuerst unterwarfen sie die Burgunder, dann brachten sie auch die Alemannen und später die Langobarden unter ihre Herrschaft. Die Herrschaft der zwei aufeinanderfolgenden fränkischen Dynastien der Merowinger und Karolinger erreichte mit Karl dem Grossen (742 814) ihren Höhepunkt. Das Reich Karls des Grossen wurde 843, nach dem Tod seines Sohnes Ludwigs des Frommen, aufgeteilt. Die Gebiete östlich der Aare fielen dem ostfränkischen Reich Ludwigs des Deutschen zu, diejenigen westlich davon des kurzlebigen Mittelreichs Lothars. Im Jahr 917 gehörten die Ost- und die Zentralschweiz zum ostfränkischen Herzogtum Schwaben, die Westschweiz nach Teilungen des Mittelreichs zum Königreich Burgund. Erst ab 1032 wurde das ganze Gebiet der Schweiz von einem einzigen Herrscher regiert, dem römisch-deutschen Kaiser. 2

Invasionen Die Statue des heiligen St. Bernhard auf dem gleichnamigen Pass. EDA, Präsenz Schweiz Im Frühmittelalter kämpften Adelsfamilien auf dem Gebiet der Schweiz ständig um Macht und Einfluss. Dies begünstigte das Eindringen fremder Invasoren. Die Sarazenen Im 10. Jahrhundert wurden verschiedene Gebiete in den Alpen von den Sarazenen aus dem Mittelmeerraum bedroht. Die genaue Herkunft dieser muslimischen Krieger und Kolonialisten ist unklar. Überliefert ist einzig, dass sie von einer Niederlassung in der Provence (Südfrankreich) aus nach Norditalien drangen und westliche Alpenpässe eroberten. Bevor sie von lokalen fränkischen Truppen vertrieben wurden, waren sie ins Wallis und bis nach Chur vorgedrungen. Die Ungarn Zur ungefähr gleichen Zeit bedrohten auch Ungarn das nördliche Mittelland. Die Ungarn kamen ursprünglich aus Asien, erreichten die Donau und stiessen weiter westwärts vor. 917 zerstörten sie Basel, später brannten sie die Klöster St. Gallen und Rheinau nieder. Erst dem ostfränkischen König und späteren römisch-deutschen Kaiser Otto I. gelang es im Jahr 955, die Ungarn zu vertreiben. Die Rolle des Christentums Kloster St. Johann in Müstair (Kanton Graubünden), gegründet vor 800 n.chr. EDA, Präsenz Schweiz 3

Das Christentum kam in spätrömischer Zeit in die Schweiz. Das älteste archäologische Zeugnis stammt aus dem 4. Jahrhundert. 381 wurde das Christentum zur einzigen anerkannten Religion des Römischen Reiches erklärt. In den befestigten Städten wurden kleine Kirchen gebaut und in den wichtigsten administrativen Zentren Bistümer errichtet. Die Westschweiz blieb auch unter den Burgundern christlich, aber die alemannische Bevölkerung hielt bis ins 7. Jahrhundert am Heidentum fest. Erst der heilige Gallus, der den irischen Mönch Kolumban an den Zürich- und an den Bodensee begleitete, soll sie vom Christentum überzeugt haben. Während Kolumban nach Italien weiterzog, blieb Gallus in der Ostschweiz. Am Ort seiner Zelle wurde im 8. Jahrhundert das nach ihm benannte Kloster St. Gallen gegründet. In dieser Zeit entstanden auch andere Klöster, die sich zu wichtigen Bildungs- und Kulturzentren entwickelten. Oft wurden sie an strategisch wichtigen Stellen erbaut, z.b. an Zugängen zu Alpenpässen wie Disentis und Müstair. Die Kirche war auch ein wichtiger politischer Faktor. Um ihre Autorität gegenüber den lokalen Adligen zu stärken, statteten die Herrscher die Kirche mit Landbesitz aus. Viele Bischöfe und Klöster gelangten dadurch zu Macht über Land und Leute wie weltliche Adlige. Besonders die Klöster spielten in der Besiedlung und Urbarmachung des Landes eine wichtige Rolle. Das einfache Volk Darstellung von landwirtschaftlicher Arbeit aus dem 13. Jahrhundert in der Fensterrosette der Kathedrale von Lausanne. EDA, Präsenz Schweiz Der Grossteil der Bevölkerung betrieb Landwirtschaft. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren jedoch sehr unterschiedlich. Die einen bewirtschafteten einen Bauernhof, den ihnen ein Grundherr verliehen hatte. Andere waren Leibeigene, die auf dem Gut ihres Herrn lebten und arbeiteten. Wiederum andere waren persönlich freie Pächter, die dem Eigentümer einen Teil ihres Ertrags als Zins leisteten. In einigen Fällen hatten Bauern auch die Möglichkeit, Land als Eigentum zu erwerben, etwa wenn sie bereit waren, dieses urbar zu machen. Eine wichtige Gruppe solcher Leute, die unproduktives Land in produktives umzuwandeln wussten, waren die deutschsprachigen Walser. Sie wanderten im 12. 13. Jahrhundert aus dem Oberwallis ostwärts nach Graubünden und Vorarlberg sowie südwärts nach Norditalien. Die Walser genossen viele Privilegien für ihren Beitrag zur Besiedlung und Nutzung alpiner Gebiete. Die Schweiz als Teil des Heiligen Römischen Reiches Um das Jahr 1000 gehörte die Schweiz zu drei Königreichen: die Westschweiz zum Königreich Burgund, die nördliche und östliche Schweiz zum ostfränkischen Königreich und die Südschweiz zum langobardisch-italienischen Königreich. 4

Der römisch-deutsche Kaiser Konrad II., der um 1030 über weite Teile West- und Zentraleuropas sowie Italien herrschte, vereinte mit seiner Krönung zum König von Burgund in Payerne 1033 als erster Kaiser alle schweizerischen Territorien unter einer Oberherrschaft im Heiligen Römischen Reich. Auf lokaler und regionaler Ebene regierten jedoch Personen sehr unterschiedlicher Herkunft: Einige waren Mitglieder einflussreicher Adelsfamilien, andere nichtadlige Gutsbesitzer, wieder andere Äbte oder Bischöfe. Nicht alle diese Herren hatten die gleichen Rechte. Der Kaiser selbst stattete einzelne Personen und später auch Gemeinden mit Privilegien aus. Sehr lukrativ war das Recht, Münzen zu prägen, Zölle zu erheben oder Märkte abzuhalten. Andere Privilegien betrafen die Ausübung der Gerichtsbarkeit in einem bestimmten Gebiet. Kaiser und Adel Schloss Burgdorf, Kanton Bern. Es wurde im 12. Jahrhundert durch Herzog Konrad von Zähringen errichtet, gelangte 1218 in die Hände der Kyburger und wurde 1384 an die Stadt Bern verkauft. EDA, Präsenz Schweiz Ab dem 12. Jahrhundert wurde der römisch-deutsche König von Reichsfürsten, den Kurfürsten, gewählt, wobei nur Mitglieder bestimmter Familien zur Wahl standen. Wenn ein Kaiser schwach war, hatten mächtige Familien praktisch freie Hand. Zu diesen zählten im Gebiet der Schweiz die Zähringer (Gründer der Städte Bern und Freiburg), später die Grafen von Savoyen, die Kyburger und die Habsburger. Der Kaiser stützte sich auf zwei Machtpfeiler: 1) die persönliche Macht aus den Besitztümern seiner Familie, 2) die Macht als Herrscher über das ganze Reich. Dies spielte auch in der Geschichte der Schweiz eine wichtige Rolle, etwa wenn ein Mitglied der Habsburger, die im Gebiet der Schweiz sehr begütert und einflussreich waren, zum König gewählt wurde. Städtegründungen und Aufblühen des Handels 'Karrgeleise' in Vuiteboeuf, Kanton Waadt: Die zwei parallelen Rillen in festem Untergrund verhinderten vor allem beim Bremsen das seitliche Ausscheren der Karren. Diese Karrgeleise wurden lange Zeit für römischen Ursprungs gehalten, datieren aber aus dem 13. und 14. Jahrhundert. EDA, Präsenz Schweiz 5

Im 11. Jahrhundert setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung ein, an dem auch die Schweiz teilhatte. Dank günstigeren klimatischen Verhältnissen und verbesserten Anbautechniken konnte die landwirtschaftliche Produktion gesteigert werden, was zu einem Bevölkerungswachstum führte. Mit den erzielten Erträgen konnten viel mehr Menschen ernährt werden, als in der Landwirtschaft benötigt wurden. Manche spezialisierten sich als Handwerker und Kaufleute und schlossen sich an herrschaftsnahen und verkehrsgünstigen Orten zusammen. Es entstanden Städte, die im 12. und 13. Jahrhundert eine eigentliche Blüte erlebten. Ein wichtiges Ereignis für die Entwicklung der Schweiz war die bessere Erschliessung des Gotthardpasses um 1220. Die Gebiete im Norden des Passes (Uri und Schwyz) wurden zu begehrten Territorien, da von dort aus eine lukrative Handelsroute nach Italien kontrolliert werden konnte. Reichsunmittelbarkeit König Friedrich II. erklärt 1218 Bern zur reichsunmittelbaren Stadt. Aus einem Gemäldezyklus (1585 1586) des französischen Malers Humbert Mareschet im Berner Rathaus. Stefan Rebsamen / Historisches Museum Bern Der Kaiser gewährte 1231 Uri und 1240 Schwyz die Reichsunmittelbarkeit, womit diese Gebiete unter Ausschluss von Zwischengewalten direkt dem Kaiser unterstellt waren. Dieser Status war sehr begehrt, denn er brachte eine weitgehende Autonomie mit sich. Das Privileg der Reichsunmittelbarkeit war im ganzen Reich verbreitet, viele Städte erhielten die Stellung einer freien Reichsstadt. Ländlichen Gebieten wurde die Reichsunmittelbarkeit hingegen seltener gewährt. Diese Gebiete wurden vorwiegend von Bauern bewohnt, die über eigenes Land verfügten, das sie selber urbar gemacht hatten. 6