Kurzbericht zum EDV-Einsatz am Althochdeutschen Wörterbuch in Leipzig Literaturhinweise: (Brigitte Bulitta)?? Almut Mikeleitis-Winter (1998): Die Nutzung der EDV am Althochdeutschen Wörterbuch. In: Bedeutungserfassung und Bedeutungsbeschreibung in historischen und dialektologischen Wörterbüchern. Beiträge zu einer Arbeitstagung der deutschsprachigen Wörterbücher, Projekte an Akademien und Universitäten vom 7. bis 9. März 1996 anläßlich des 150jährigen Jubiläums der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Hrsg. von Rudolf Grosse. Stuttgart/Leipzig 1998 (Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Phil.-Hist. Klasse. Bd. 75,1), S. 255-258.?? Eberhard Fischer (1998): (Postscript-)Zeichensätze Möglichkeiten ihres Einsatzes für (Dialekt-)Wörterbücher. In: Ebd., S. 259-264.?? Ingeborg Köppe/Almut Mikeleitis-Winter (1999): Auf dem Weg ins Internet. Das Leipziger Althochdeutsche Wörterbuch. Vorstellung der Digitalisierungspläne im Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier im Juni 1999.?? Almut Mikeleitis-Winter (2000): Wörterbuchtexte im Wandel. In: Sprachgeschichte als Textsortengeschichte. Festschrift zum 65. Geburtstag von Gotthard Lerchner. Hrsg. von Irmhild Barz, Ulla Fix, Marianne Schröder und Georg Schuppener. Frankfurt am Main u. a., S. 73-91. 1 Vorbemerkung Der Einsatz der EDV am Althochdeutschen Wörterbuch der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig 1 ist wesentlich dadurch bestimmt, daß die Anfänge dieses auf neun Bände angelegten Thesauruswörterbuchs in das ausgehende 19. Jahrhundert zurückreichen, also in eine Zeit, in der als Arbeitsmittel ausschließlich "Papier und Bleistift" dienten und sämtliche Ordnungssysteme darauf abgestimmt waren. Ein schneller, vollständiger Übergang auf eine digital gestützte Arbeitsweise erscheint angesichts des stark vorangeschrittenen Projektes mit seinen besonderen Gegebenheiten nicht sinnvoll und unter den gegebenen Bedingungen auch nicht realisierbar. Es werden jedoch seit der Einführung eines Computers Anfang der 90er Jahre kontinuierlich Überlegungen angestellt, wie durch den Computereinsatz eine Beschleunigung und Qualitätssicherung der Wörterbucharbeit erreicht werden könnte, ohne daß der Fortgang der Arbeit beeinträchtigt oder unterbrochen würde. 2 2 Materialbasis Das Materialkorpus umfaßt ca. 750.000 handgeschriebene oder aus Editionen ausgeschnittene Belegzettel mit verschiedenen Markierungen, die in durchnumerierten 1 Althochdeutsches Wörterbuch. Auf Grund der von Elias von Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig bearb. u. hrsg. Bd. 1ff., 1952ff. Leipzig. Zuletzt wurde 2005 die Lieferung V,8 von kurzlîh bis [l]lauuî in den Satz gegeben. 2 Vgl. dazu die oben angeführte Literatur.
Elektronische Artikelredationssysteme in der Wörterbucharbeit am 16./17. Juni in Trier Seite 2 Karteikästen aufbewahrt werden. Die Materialzettel sind aufgrund der unterschiedlichen, teilweise schwer lesbaren Handschriften sowie verschiedenartigen Markierungen für die maschinelle Erfassung, z. B. durch automatische Texterkennung, nicht geeignet. Nach der "Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut" wurde im Jahr 2000 eine Sicherheitsverfilmung des Archivmaterials durchgeführt. Die in der Zwischenzeit edierten Neufunde werden weiterhin von Hand verzettelt und ins Archiv eingestellt. 3 Lemmaliste Die ursprüngliche, noch auf Elias von Steinmeyer bzw. Eberhard Gottlieb Graff zurückgehende Ordnung des Materials nach Wortfamilien wurde stets beibehalten. Auf Veranlassung Elisabeth Karg-Gasterstädts entstand zur Erleichterung des Zugriffs eine alphabetische Lemmaliste aller Ansätze mit ihren zugehörigen Kastennummern, denn das Wörterbuch sollte auch in weitgehend alphabetischer Reihenfolge erscheinen. Diese alphabetische Lemmaliste, die sämtliche Ansetzungen dokumentiert und bei der Artikelausarbeitung als Arbeitsgrundlage dient, wurde von 1998 bis 2000 im Rahmen einer Drittmittelstelle überprüft, aktualisiert und digitalisiert. Von den bereits gedruckten Lemmata liegt ebenfalls eine elektronische Liste vor. Diese wird ständig erweitert und für Suchanfragen, z. B. nach Wortbildungselementen oder speziellen Ansätzen, genutzt. 4 Belegaushebung, Kontextermittlung Bei der Kontextermittlung in althochdeutschen Texten werden nach wie vor überwiegend gedruckte kritische Editionen mit ihren Anmerkungsapparaten herangezogen und abgeschrieben, auch wenn dadurch ein höherer Korrekturaufwand entsteht. Digitale Volltexte sind bei Handschriftenuntersuchungen zu einzelnen Fragestellungen durchaus hilfreich, wenn es z. B. um die Beurteilung des möglichen Lautwerts einer Graphie geht. Während jedoch bereits etliche literarische althochdeutsche Texte in wenigstens einer Handschrift für den digitalen Zugriff erschlossen sind, liegen Glossenhandschriften noch kaum in dieser Form vor. Die Suche läuft also von Hand über Wortindizes oder Glossare, falls vorhanden, oder durch Ablesen der Editionen, was sich z. B. bei Glossarhandschriften, die parallel und nicht einzeln ediert sind wie etwa die M- oder Summarium-Heinrici- Handschriften, zeitaufwendig gestalten kann. Für die Ermittlung lateinischer Kontexte bei Glossen werden die gedruckten Editionen benutzt. Aus technischen Gründen ist ein Zugriff auf die von der Leipziger Uni-
Elektronische Artikelredationssysteme in der Wörterbucharbeit am 16./17. Juni in Trier Seite 3 versitätsbibliothek bereitgestellten Datenbanken, z. B. die PL oder CLCLT, im Moment nicht möglich. Eine Zeitersparnis wäre damit ohnehin kaum gegeben, da bei der Mehrzahl der zu bearbeitenden Artikel selten mehr als ein Beleg aus derselben Quelle stammt. Außerdem ist bei der Beleginterpretation mehr Kontext nötig, als die Datenbanken beim ersten Abfrageergebnis anzeigen. Auch die Anmerkungen, die z. B. Isoglossen zu Prudentiustexten verzeichnen, sind in der digitalen PL nicht unmittelbar ersichtlich. Zu bedenken ist auch, daß ein grundsätzlicher Übergang auf elektronische Texte in vielen Fällen mit einem Wechsel der bisher verwendeten Zitieredition und Zitierweise verbunden wäre, was zu Abweichungen zu den bereits gedruckten Bänden führen würde. Auch wenn Korrekturgänge der Belegtexte vermieden oder reduziert werden könnten, bleibt zu bedenken, daß die Belege in jedem Artikel jeweils individuell ausgeschnitten und gekürzt werden. 5 Erstellen des Druckmanuskripts Das Druckmanuskript wird im Textverarbeitungsprogramm WORD 6.0 erstellt und drucktechnisch so aufbereitet, daß der Verlag die Datei nur konvertieren muß, um sie mit dem Satzprogramm 3B2 weiterzubearbeiten. Es gibt eine ausführliche Anweisung für die technische Gestaltung der Wörterbuchartikel am Computer. Ursprünglich war der Einsatz von TUSTEP als Standardsoftware vorgesehen, nach einer intensiven Erprobungsphase mußte dieses Programm u. a. aufgrund einer Abgleichung der Computersysteme innerhalb der Sächsischen Akademie und der Ablehnung dieser Form der Datenaufbereitung durch die Setzerei wieder aufgegeben werden. Die benötigten Sonderzeichen und Zeichenkombinationen generiert nach Bedarf ein Mitarbeiter der Akademie und bindet sie in spezielle Postscript-Zeichensätze ein 3, die jeweils mit der Datei der aktuellen Lieferung zum Satz gegeben werden. Somit liegen seit 1997 vom II. Band sämtliche Lieferungen ab dem Stichwort thaz und vom IV. Band sämtliche Lieferungen ab dem Stichwort himil als Worddokumente vor. In diesen Teilen sind einfache Suchanfragen, z. B. zur Zuordnung von Belegstellen oder zu schon zitierten Belegtexten, möglich. Seit der 22. Lfg. des IV. Bandes (innida) stellt der Verlag dem Wörterbuch die gedruckte Version als pdf-datei zur Archivierung zur Verfügung. Das in den Jahren 1999 und 2000 vorbereitete Projekt einer Retrodigitalisierung, also der Erfassung der bereits gedruckten Teile des Wörterbuchs in maschinenlesbarer Form und 3 Vgl. dazu Fischer (1996), S. 259-264.
Elektronische Artikelredationssysteme in der Wörterbucharbeit am 16./17. Juni in Trier Seite 4 ihrer strukturellen Aufbereitung für vielfältige Suchanfragen, wurde von der DFG nicht bewilligt. 6 Abkürzungen und Siglen Das mit der Bearbeitung eines Belegzettels einhergehende Ermitteln der Handschrift, ihrer Zitierweise, die Ergänzung der Siglen und die Ermittlung der Stellennachweise in Zweiteditionen sind zeitintensive Tätigkeiten, die durch elektronische Hilfsmittel unterstützt werden können. Die Abkürzungen und Siglen finden sich in einem Abkürzungsverzeichnis, zu dem es drei Nachträge gibt. Dieses liegt mittlerweile als Gesamtabkürzungsverzeichnis mit Einarbeitung der Nachtragsverzeichnisse zur internen Benutzung auch als Worddatei vor. Die Handschriftensignaturen und -datierungen sind ausgehend vom Steinmeyerschen Handschriftenverzeichnis intern festgelegt und über eine Datei ermittelbar, sie können mit Erscheinen des neuen Katalogs der glossentragenden Handschriften von Rolf Bergmann 4 abgeglichen werden. 7 Einsatz digitaler Nachschlagewerke Einige der am Wörterbuch in gedruckter Form vorhandenen Nachschlagewerke und Wörterbücher werden mittlerweile auch als CD-ROM genutzt, wie z. B. die Mittelhochdeutschen Wörterbücher, das Grimmsche Wörterbuch, das Mittelniederländische Wörterbuch, das lateinisch-deutsche Handwörterbuch von Georges, der zehnbändige DUDEN oder das OED. 8 Literaturdatenbank LIDOS Neben der Literaturkartei wurde 1998 ein Datenbanksystem mit sehr differenzierten Erfassungsmasken und einem dem Althochdeutschen Wörterbuch angepaßten Thesaurus fachspezifischer Begriffe und Kategorien an der Arbeitsstelle eingerichtet. Es handelt sich um das System LIDOS, in dem bibliographische Angaben zum gesamten Literaturbestand der Arbeitsstelle EDV-gestützt erschlossen werden. Mittlerweile sind rund 4800 Titel zum Teil sehr differenziert abfragbar. Da keine Kapazitäten vorhanden sind, die alte Wortkartei in eine digitale Form zu bringen, laufen beide Informationssysteme nebeneinander her. 4 Bergmann, Rolf u. Stricker, Stefanie (Hrsg.), Goldammer, Yvonne u. Wich-Reif, Claudia (Mitarb.): Katalog der althochdeutschen und altsächsischen Glossenhandschriften. 5 Textbde + 1 Tafelbd. Walter de Gruyter, Berlin. Erscheinungstermin laut Verlagsankündigung: 2005/08.
Elektronische Artikelredationssysteme in der Wörterbucharbeit am 16./17. Juni in Trier Seite 5 9 Zusammenfassung Seit Beginn der 90er Jahre wurden die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung schrittweise in die traditionellen Arbeitsabläufe integriert. Zur Zeit beschränkt sich die Nutzung der EDV am Althochdeutschen Wörterbuch im Bereich der Artikelausarbeitung auf den PC als erweitertes Werkzeug für Kopier-, einfache Such- und Speicherfunktionen. Dabei steht nach wie vor der Einsatz des Computers bei der Erstellung des Druckmanuskripts im Vordergrund. Einige der konventionellen Hilfsmittel haben inzwischen eine digital verfügbare Variante, ohne deshalb ersetzt zu sein. Die nötige vollständige Übereinstimmung kann nicht immer erreicht werden. So ist manch eine Information auf einer Karteikarte nicht oder nicht ohne Aufwand in den Computer übertragbar (z. B. die Genese der Regelfestlegungen durch handschriftliche Zusätze aus verschiedenen Zeiten etc.). Für die Pflege zweier Systeme ist der personelle Aufwand zu hoch, so daß z. B. nur die von Hand geführte Lemmakartei aktualisiert wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt konzentrieren sich alle Kräfte auf die Kontinuität in der inhaltlichen Ausarbeitung der Wörterbuchlieferungen. Um die bisherige Veröffentlichungsroutine durch komplexe Umstellungen auf digitale Verfahrensweisen nicht zu gefährden, behalten nichtdigitale Arbeitsmittel den Vorrang.