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Transkript:

Inhalt G Grundlegende Informationen zur Gentechnik 1 G 1 Was ist Gentechnik? 1 G 1.1 Ist die Gentechnologie nicht einfach eine moderne Form der Züchtung? 1 G 1.2 Was ist ein gentechnisch veränderter Organismus (GVO)? 2 G 1.3 Was ist der Unterschied zwischen Biotechnologie und Gentechnologie? 2 G 2 Wo wird Gentechnik eingesetzt? 2 G 2.1 Ziele und Anwendungen der Gentechnik in der Landwirtschaft 2 G 2.2 Anbauflächen von gentechnisch veränderten Pflanzen 3 G 2.3 Führt der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu einem verminderten Pestizid-Einsatz? 4 G 3 Warum sind Öko-Landbau und Gentechnik unvereinbar? 5 G 3.1 Gentechnik widerspricht den Prinzipien des biologischen Landbaus 5 G 3.2 Gentechnik birgt viele noch nicht abschätzbare Risiken 6 G 3.3 Die Gentechnik bietet keine nachhaltigen Lösungen 8 www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik Inhalt

G G 1 Grundlegende Informationen zur Gentechnik Was ist Gentechnik? G 1.1 Ist die Gentechnologie nicht einfach eine moderne Form der Züchtung? Nein. Bei der konventionellen Züchtung können nur Arten miteinander gekreuzt werden, die mehr oder weniger miteinander verwandt sind. Die Artengrenze setzt dem Züchter eine natürliche Barriere. Zwar werden gerade in der Pflanzenzucht durch die Technik der Zellhybridisierung auch Artgrenzen überschritten, aber es werden dabei ganze Chromosomen miteinander kombiniert, die in sich intakt bleiben. Zudem gelingt die Kombination von Erbgut nur innerhalb verwandter Arten. Auch mit Bestrahlung oder chemischer Mutagenese können keine neuen Eigenschaften kreiert werden, die im Erbmaterial nicht bereits als Möglichkeit angelegt sind. Die Gentechnologie hebt die Artengrenzen auf. Durch sie ist es möglich, z. B. Gene von Bakterien auf Pflanzen zu übertragen. In eine gentechnisch veränderte Kulturpflanze wird aber nicht nur ein einzelnes Gen eingefügt, sondern immer ein Konstrukt aus mehreren Genabschnitten, die von unterschiedlichsten Lebewesen stammen können oder künstlich hergestellt werden. Neben dem Abschnitt, der für die neue Eigenschaft verantwortlich ist, müssen immer noch Gensequenzen eingefügt werden, damit die Pflanzen dieses Konstrukt überhaupt ablesen und umsetzen können. Die Integration des Konstruktes in das Empfängergenom erfolgt zufällig. Es werden ein oder mehrere Genkonstrukte (manchmal auch nur Teile davon) an einer nicht bestimmbaren Stelle in den Erbfaden integriert. Das kann zur Störung von eigenen Erbanlagen des Organismus führen oder die Regulation von Erbanlagen verändern. Auch die Regulation der neu eingebauten Teilstücke ist damit nicht genau planbar. Insgesamt können durch den gentechnischen Eingriff ungewollte Nebeneffekte entstehen, die sich etwa in einer veränderten Zusammensetzung der pflanzlichen Inhaltstoffe auswirken können. Die möglichen Veränderungen fußen auch auf der Manipulation der natürlichen Genregulation, die durch die Gentechnik bedingt ist. Mittels Gentechnologie werden bestimmte Erbinformationen neu in das Erbgut eingebracht. Die neue Information kann auch von anderen Arten stammen. Das ist in der Regel mit konventioneller Züchtung nicht möglich. www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 1

G 1.2 Was ist ein gentechnisch veränderter Organismus (GVO)? Unter "Organismen" versteht der Gesetzgeber alle biologischen Einheiten, die sich vermehren und ihr Erbgut übertragen können ( 3 Gentechnikgesetz, GenTG): also Viren, Bakterien, Pilze, Pflanzen und Tiere. Als "gentechnisch verändert" werden sie dann bezeichnet, wenn ihr Erbgut so verändert worden ist, wie es in der Natur nicht vorkommt. Bei GVO (gentechnisch veränderten Organismen) wurde das Erbgut so verändert, wie es in der Natur nicht vorkommt. G 1.3 Was ist der Unterschied zwischen Biotechnologie und Gentechnologie? Technologien, die sich natürliche Lebensprozesse zunutze machen, werden als Biotechnologie bezeichnet. Dazu gehört z. B. Fermentation. So haben bereits die alten Ägypter Biotechnologie betrieben, indem sie Brot gebacken oder Bier gebraut haben. Als Teildisziplin der Biotechnologie ist die Gentechnologie zu verstehen. Sie beschäftigt sich ausschließlich mit dem Erbgut - den Genen - von Lebewesen, mit dem Ziel, Organismen mit neuen, zusätzlichen oder veränderten Eigenschaften auszustatten. Das Erbgut von Pflanzen und Tieren sowie anderen lebenden Organismen wird verändert. Gentechnologie ist eine Teildisziplin der Biotechnologie, welche Erkenntnisse der Biologie oder Biochemie technisch nutzbar macht. G 2 Wo wird Gentechnik eingesetzt? G 2.1 Ziele und Anwendungen der Gentechnik in der Landwirtschaft Das Ziel der Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft ist die Vereinfachung des Anbaus. Auch die Steigerung der Erträge und die Einsparung von Pestiziden werden häufig als Argumente verwendet. Die überwiegende Mehrheit der gentechnischen Veränderungen bewirkt Herbizidresistenz (62 Prozent) und Insektenresistenz (15 Prozent) oder ist eine Kombination von Herbizid- und Insektenresistenz (21 Prozent) 1. Den herbizidresistenten Pflanzen werden Genkonstrukte übertragen, die sie unempfindlich gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel (wie Roundup Ready oder Basta ) machen. Um eine Insektenresistenz zu erreichen, wird den Pflanzen ein Bakterium-Gen eingefügt: bisher aus verschiedenen Stämmen des Bakteriums Bacillus thuringiensis. Damit kann die Pflanzen das sogenannte Bt-Toxin produzieren, das tödlich auf bestimmte Insekten wirkt. Die meisten gentechnisch veränderten Pflanzen weisen eine Herbizidresistenz und / oder eine Insektenresistenz auf. www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 2

Transgene Pflanzen mit Pilz- und Virusresistenzen, mit bestimmten Stresstoleranzen (wie Salz- oder Dürretoleranz), sowie mit Veränderungen der Verarbeitungs- und Nahrungsmittelqualität werden zurzeit in Freisetzungsversuchen getestet. Es sind zurzeit keine gentechnisch veränderten (essbaren) Tiere auf dem Markt. In Nordamerika gibt es Zulassungsbestrebungen für gentechnisch veränderten Lachs. G 2.2 Anbauflächen von gentechnisch veränderten Pflanzen Gentechnisch veränderte (GV) Soja-, Baumwoll-, Mais- und Rapssorten wurden im Jahr 2010 weltweit auf einer Fläche von etwa 148 Millionen Hektar angebaut. Dabei konzentriert sich der Anbau zu 92,5 Prozent auf sechs Länder: USA, Brasilien, Argentinien, Indien, Kanada und China 2. Weitere Anbauländer sind Paraguay, Uruguay, Mexiko, Philippinen, Indien, Südafrika und Australien. Der Anstieg der Fläche zwischen 2009 und 2010 betrug 14 Prozent. Für den Anbau in der EU sind lediglich MON810 und Amflora zugelassen. Der GV-Mais wird vor allem in Spanien angebaut. Einige Länder, wie beispielsweise Deutschland, haben den Anbau von MON810 untersagt. 2011 wurden in Schweden und Deutschland die gentechnisch veränderte Industrie-Kartoffel Amflora auf geringer Fläche angebaut. Für den Import als Lebens- bzw. Futtermittel in die EU sind vor allem zahlreiche gentechnisch veränderte Raps-, Mais- Zuckerrüben- und Sojasorten zugelassen. Während es bei den Anbauzulassungen nur geringe Veränderungen gibt, steigt die Zahl der Importzulassungen (als Futter- und Lebensmittel) weitaus stärker. Ausführliche Liste aller GVO-kritischen Zutaten: siehe Anhang AV 3. Gentechnisch veränderte Pflanzen werden in 29 Ländern angebaut, wobei 92,5 Prozent der Fläche in USA, Argentinien, Brasilien, Kanada und China liegen. www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 3

Abbildung 1: Anstieg des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen weltweit (Angaben in Millionen Hektar). Zum Vergleich: Gesamtfläche Deutschland = 35,7 Millionen Hektar.. Quelle: ISAAA G 2.3 Führt der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu einem verminderten Pestizid-Einsatz? Entgegen aller Versprechungen der Gentechnikindustrie führt der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Regel langfristig nicht zu einem Rückgang des Einsatzes umweltschädlicher Pestizide. Herbizidresistente GV-Pflanzen: Geringe Rückgänge im Herbizidverbrauch sind nur in den ersten Jahren des intensiven Anbaus von genveränderten Pflanzen zu verzeichnen. Durch deren langjährige Nutzung steigt die Menge der eingesetzten Pestizide deutlich an. In den USA werden auf Feldern mit herbizidresistenten Pflanzen mittlerweile 15 bis 30 Prozent mehr Herbizide eingesetzt als auf konventionell bewirtschafteten Flächen. Insgesamt müssen US-Landwirte heute rund 11,5 Prozent mehr Pestizide ausbringen als vor Einführung der Gentechnik 3. Der Hauptgrund für diesen Anstieg ist die rasche Entwicklung von resistenten Unkräutern und die Veränderung der Unkrautflora. Aber auch gentechnisch veränderter herbizidresistenter Raps Der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen führt oft nicht zu einer Verminderung des Gesamt-Pestizideinsatzes, sondern über mehrere Jahre sogar zu einer Zunahme. www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 4

breitet sich als Unkraut aus. Im Gegenzug müssen mehr oder andere Herbizide angewendet werden. Insektenresistente GV-Pflanzen: Nur aus dem Anbau von Bt-Baumwolle, die in Deutschland im Anbau keine Rolle spielt, wurde mehrfach von Erfolgen bei der Pestizidreduktion berichtet. Dem stehen jedoch oft andere Probleme gegenüber. In den USA wurden 2011 erste BT-Resistenzen des Maiszynslers bekannt. Bt-Mais kann höchstens bei hohem Maiszünslerbefall (in Deutschland nur in einigen Gegenden und nicht in jedem Jahr) zu einer Reduktion des Pestizideinsatzes führen. G 3 Warum sind Öko-Landbau und Gentechnik unvereinbar? G 3.1 Gentechnik widerspricht den Prinzipien des biologischen Landbaus Die Anbausysteme «biologischer Landbau» und «Landbau mit gentechnisch veränderten Pflanzen» fußen auf sehr unterschiedlichen Prinzipien und Denkweisen (siehe auch Tabelle 1). Der ökologische Landbau verwendet keine chemischsynthetischen Pestizide, Herbizide und Dünger. Er strebt geschlossene Nährstoffkreisläufe an und basiert auf einer ganzheitlichen Betrachtung natürlicher Zusammenhänge. Die Abfolge der Kulturen auf den Feldern ist vielseitig und ausgewogen, der Boden wird schonend bearbeitet, die Bodenfruchtbarkeit durch geeignete Maßnahmen gefördert. Nur wenn notwendig, werden zur Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten verschiedene natürliche Hilfsstoffe, wie Pflanzenextrakte oder Nützlinge eingesetzt. Es werden dem Standort angepasste Kulturen und Sorten gewählt; Öko-Elemente gestalten die Landschaft und fördern die Vielfalt von Pflanzen und Tieren. Alle diese Maßnahmen fördern die natürliche Regulationsfähigkeit und Widerstandskraft von Boden, Pflanze und Tier. Bei der Lösung von produktionstechnischen Problemen steht nicht eine Einzelmaßnahme im Vordergrund (z. B. ein wirksames Pestizid oder eine hoch resistente Sorte), sondern die kombinierte Wirkung verschiedener Maßnahmen, die sich am Gesamt-Ökosystem orientieren. In der tierischen Erzeugung wird großer Wert auf die Förderung der Tiergesundheit und artgerechte Haltungsformen gelegt. Der biologische Landbau hat Grundprinzipien, welche mit dem Einsatz von Gentechnologie in der Landwirtschaft nicht vereinbar sind. www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 5

Tabelle 1: Die unterschiedlichen Ansätze von biologischem Landbau und Landbau mit Einsatz von Gentechnik Basisprinzipien/ ethische Position Kompetenz des Landwirtes Sozialökonomische Aspekte Produktqualität (Ziel) Produktion und ökologische Aspekte Biologischer Landbau Basiert auf einer ganzheitlichen Betrachtung natürlicher Systeme. Strebt eine sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Produktion und geschlossene Kreisläufe an. Die Würde der Kreatur hat einen hohen Stellenwert. Die Auswirkungen von Eingriffen in das Agrarökosystem werden beobachtet und die negativen Einflüsse möglichst minimiert. Motto: «Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.» Hohe Entscheidungskompetenz des Landwirts. Basiert auf großem (Erfahrungs)wissen, ständiger Weiterbildung und Einsatz von modernen Technologien. Anpassung an lokale Gegebenheiten und Entwicklung (naturräumlich, politisch und sozial). Die Vielfalt von Pflanzensorten und Tierrassen ist ein gemeinsames Gut von hohem kulturellem Wert. Abhängigkeit von Industrie gering, da eigener Kreislauf. Niedrige Entwicklungs- und Anwendungskosten. Lebensmittel mit hoher Vitalität und Gesamtqualität. Risiko der Resistenzbildung von tierischen oder pflanzlichen Schaderregern wird minimiert. Optimieren von vielen Teilwirkungen. Ursachenbekämpfung. Förderung der Selbstregulationskräfte und der Gesundheit von Boden, Pflanze, Tier. Landbau mit Einsatz von Gentechnik Basiert auf einer vereinfachenden Betrachtung von Organismen. Strebt hauptsächlich höhere Erträge und Vereinfachung der Anbautechnik an. Tiere und Pflanzen sind Rohstoffe für den menschlichen Eigennutzen. Die Auswirkungen der gentechnischen Veränderung auf die ganze Pflanze und das ganze Tier sowie auf das Ökosystem werden weitgehend ignoriert oder sind unbekannt. Motto: «Das Ganze ist die Summe seiner Teile.» Sichere Betriebsmittel, Anwendung nach Gebrauchsanleitung. Viel Know-how liegt bei der Agrarindustrie. Universelle Sorten und Betriebsmittel ohne Anpassung an lokale Situation. Verdrängung der lokal angepassten Sorten und Anbautechniken. Nutzpflanzen und -tiere sind Objekte der wirtschaftlichen Ausbeutung (Patentierung). Abhängigkeit von multinationalen Konzernen. Kapitalintensive Entwicklung und Anwendung. Nahrungsmittel mit veränderter Zusammensetzung von Inhaltsstoffen. Resistenzmanagement-Auflagen bei insektenresistenten Pflanzen, die aber nicht immer durchgeführt werden; Gefahr der Resistenzbildung. Verstärken von Einzelwirkungen. Symptombekämpfung. G 3.2 Gentechnik birgt viele noch nicht abschätzbare Risiken Die Anwendung neuer Techniken oder Chemikalien birgt immer unvorhersehbare Risiken. Zusätzlich verändert die Gentechnik nicht nur physikalisch-chemische, sondern biologische Eigenschaften von Organismen. Dies eröffnet neue Dimensionen bei ihrem Einfluss auf andere Lebewesen und Ökosysteme. Der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen im Freiland birgt verschiedene ökologische, ökonomische, soziale und gesundheitliche Risiken. www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 6

Ökologische Risiken: Negative Auswirkungen von GV-Pflanzen auf Nützlinge Negative Auswirkungen auf den Boden und die Ökosysteme Verwilderungen von transgenen Pflanzen Resistenzentwicklungen von Insekten Gesundheitliche Risiken: Produktion von unerwarteten, unerwünschten Substanzen durch den nicht vorher bestimmbaren Einbauort des Genkonstruktes im Genom Vermehrte Allergien durch Einfügen fremder Gene Gentransfer auf Darmflora Unerwartete und langfristige Reaktionen von Tieren und Menschen auf GVO Verminderte Vitalität transgener Pflanzen Sozio-ökonomische Risiken: Monopolisierung der Saatgutindustrie und Patente führen zu einer großen Abhängigkeit der Landwirte Weitere Industrialisierung der Landwirtschaft Verlust von Arbeitsplätzen Beeinträchtigung der gentechnikfreien Landwirtschaft Haftungsansprüche bei Schäden In Bezug auf ökologische und gesundheitliche Risiken gilt: Bei der Gentechnologie handelt es sich um eine relativ junge Technologie. Viele Prozesse sind noch nicht verstanden. Das Einbringen von Genstücken in fremdes Erbgut ist bisher nicht steuerbar und vieles ist dem Zufall überlassen. Bei der Manipulation am Erbgut werden aber fundamentale Steuerprozesse des Lebens verändert. Es besteht das Risiko, dass sich der gentechnisch veränderte Organismus in der Umwelt unerwartet verhält. Es gibt zwar Standard-Tests im Labor und in Gewächshausversuchen, welche einen Teil der Veränderungen auf den Organismus und die Umwelt erfassen. Diese Tests sind für die Zulassung der GV-Pflanzen vorgeschrieben. Jedoch erfassen diese Tests weder alle (zum Teil noch unbekannten) natürlichen Eigenschaften der Pflanzen, noch langfristigen Auswirkungen auf Organismen und in der Umwelt 4. Im Gegensatz zu Chemikalien vermehren sich GVO und können sich ausbreiten. Ist der Organismus einmal freigesetzt, ist er nicht mehr zu kontrollieren und der Prozess ist nicht mehr umkehrbar. www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 7

GVO müssen in einem Ökosystem als Fremdlinge betrachtet werden. Sie wurden im Labor ohne Bezug zur Umwelt entwickelt. Mit neuen Eigenschaften wie Resistenzen gegen Fressfeinde oder veränderter Nahrungsverwertung können sie einheimische Arten verdrängen. G 3.3 Die Gentechnik bietet keine nachhaltigen Lösungen Energie und Wasser sind knappe Güter. Boden ist ein in menschlichen Zeiträumen gemessen nicht erneuerbares Gut. Allein in den letzten 40 Jahren ist jedoch etwa ein Drittel des weltweit nutzbaren Ackerlandes verloren gegangen. Es ist deshalb dringend notwendig, das Land nachhaltig zu bewirtschaften. Die FAO (Food and Agriculture Organisation of the United Nations) definiert eine nachhaltige Landwirtschaft folgendermaßen: Sie muss die natürlichen Lebensgrundlagen auf solche Weise verwalten, dass die Bedürfnisse der heutigen und der zukünftigen Generationen befriedigt werden können. trägt bei zur Erhaltung von Boden und Wasser sowie zur genetischen Vielfalt von Pflanzen und Tieren. belastet die Umwelt nur so stark, dass diese sich wieder regenerieren kann. ist technisch angepasst, wirtschaftlich lohnend und sozial verträglich. Diese Ziele können mit verschiedenen Nachhaltigkeits- Parametern untersucht werden. Im Folgenden werden einige Aspekte mit Bezug zur Nutzung der Gentechnik beleuchtet: Bezüglich der Minimierung der Pestizide hat der Anbau von GV-Pflanzen wenig oder keine Effekte für eine nachhaltige Landwirtschaft; bei den Herbiziden wird nach mehreren Jahren der Anwendung sogar wieder eine Zunahme verzeichnet (siehe G 2.3). Der Verbrauch an fossiler Energie und Wasser beim Anbau von GV-Pflanzen bleibt im Vergleich zum konventionellen Anbau gleich oder steigt an 5. Bezüglich der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, einer weiteren sehr wichtigen Kenngröße im Hinblick auf Nachhaltigkeit einer Landnutzung, hat der Anbau von GV-Pflanzen keinen positiven Effekt im Vergleich zum konventionellen Anbau. Die botanische und faunistische Vielfalt nimmt beim Anbau von herbizidresistenten GV-Pflanzen im Vergleich zu konventionell Eine nachhaltige Landwirtschaft ist ökologisch und ökonomisch notwendig. Gentechnologie bietet keine Lösungen für eine Verbesserung der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft. www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 8

bewirtschafteten Feldern ab 6. Die Kulturpflanzenvielfalt nimmt stark ab, da weltweit nur wenige, patentierte Sorten verwendet werden. Das Umweltrisiko ist bei Anbau von GV-Pflanzen hoch (siehe G 3.2), bzw. es bestehen große Wissenslücken. Die externalisierten Kosten können beim Anbau von GV- Pflanzen hoch sein; es fallen z. B. bei der Produktion ohne Gentechnik zusätzliche Kosten an, da diese eine Vermischung vermeiden muss. Im Weiteren braucht es staatliche Regelungen und Kontrollen, verbunden mit unzähligen Laboranalysen. Der Flächenbedarf beim Anbau von GV-Pflanzen ist etwa gleich, da keine wesentlichen Ertragssteigerungen festgestellt wurden. Der Einfluss der Genetik auf das verfügbare Nahrungsangebot ist relativ gering. Von weit größerer Bedeutung sind beispielsweise Wasserversorgung oder Nachernteverluste. Die angebauten GV-Pflanzen leisten bislang keinen Beitrag zur Nachhaltigkeit der konventionellen Landwirtschaft. Darüber hinaus bietet die Gentechnik bezüglich der weltweit wichtigen Kulturen bis dahin weder für ökologische noch für ökonomische, soziale oder gesundheitliche Probleme oder Fragestellungen Lösungen. 1 ISAAA (2011): www.isaaa.org/resources/publications/briefs/41/executivesummary/default. asp Stand: 2009 2 James, C. (2004): Global Status of Commercialized Biotech/GM Crops: 2004. www.isaaa.org 3 Benbrook, C.M. (2003): Impacts of genetically engineered crops on pesticide use in the United States: The first eight years. BioTech InfoNet. Technichal Paper Number 6. www.biotech-info.net 4 BÖLW (Hrsg., 2011): Risiken mit amtlichem Siegel. www.boelw.de/uploads/media/pdf/themen/gentechnik/risiken_mit_amtlic hem_siegel_110930.pdf 5 Schrader, S. (2004): Nachhaltigkeitsbewertung der landwirtschaftlichen Primärprodukt in der Schweiz. Diplomarbeit ETH Zürich in Zusammenarbeit mit BATS. www.bats.ch 6 Farm Scale Evaluations (2003), Royal Society. www.defra.gov.uk/environment/gm/fse/ Quellen und weiterführende Informationen www.informationsdienst-gentechnik.de www.biosicherheit.de www.testbiotech.de www.weltagrarbericht.de www.bioxgen.de Praxishandbuch Bio-Produkte ohne Gentechnik G - Seite 9