Bundesgerichtshof öffnet die Tür für obligatorische Netzsperren durch Access-Provider. Mit dem Teilen macht man es sich nicht zu eigen

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Transkript:

Infobrief Recht 4 / 2016 April 2016 Den Letzten beißen die Hunde Bundesgerichtshof öffnet die Tür für obligatorische Netzsperren durch Access-Provider Mit dem Teilen macht man es sich nicht zu eigen Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Zurechnung fremder Äußerungen durch Teilen bei Facebook Bitte melde dich Verwaltungsgericht Köln zur Meldepflicht des Diensteanbieters nach dem Telekommunikationsgesetz

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 2 Den Letzten beißen die Hunde Bundesgerichtshof öffnet die Tür für obligatorische Netzsperren durch Access-Provider von Florian Klein Der Streit um die Haftung von Access-Providern hat eine neue Stufe erreicht: mit zwei Urteilen vom 26.11.2015 (Az. I ZR 3/14 und I ZR 174/14) hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun höchstinstanzlich entschieden, dass Access-Provider verpflichtet sein können, Netzsperren einzurichten, um den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten zumindest zu erschweren. Weder die technische Möglichkeit, solche Sperren zu umgehen, noch das Fernmeldegeheimnis stünden einer entsprechenden Verpflichtung entgegen. Zumutbar sei dies allerdings nur, wenn der Verletzte zuvor vergeblich versucht hat, den Betreiber der Webseite mit den rechtsverletzenden Inhalten und den Host-Provider in Anspruch zu nehmen. I. Störerhaftung von Internetzugangsanbietern Dass die Verpflichtung von Internetzugangsanbietern (Access- Providern) zur Einrichtung von Netzsperren überhaupt zur Diskussion steht, ist auf die zahlreichen Rechtsverletzungen (insbesondere Urheberrechtsverletzungen) zurückzuführen, die mithilfe des Internets begangen werden. Dabei ist es für die Rechteinhaber in der Praxis häufig sehr schwierig, wenn nicht gar aussichtlos, gegen die eigentlichen Täter vorzugehen und dadurch beispielsweise die Löschung von rechtswidrig hochgeladenen Inhalten zu bewirken. Um ihre Rechte dennoch zu schützen, werden deshalb die Internetzugangsanbieter in Anspruch genommen, die durch eine Sperrung des Zugangs zu bestimmten Seiten die Nutzung solcher rechtswidriger Inhalte zumindest erschweren sollen. Ob diesen jedoch gerichtlich Sperrungsverpflichtungen auferlegt werden können oder ob solche möglicherweise sogar durch einen bloßen Hinweis auf Webseiten mit rechtswidrigen Inhalten entstehen können, hat in den letzten Jahren einige Gerichte beschäftigt und zu verschiedenen Ansichten geführt. Dass entsprechende Begehren der Kläger bisher im Ergebnis stets scheiterten, ist jedoch nicht durchweg auf grundsätzliche Bedenken gegenüber Netzsperren durch Access-Provider zurückzuführen, sondern wurde im Einzelfall aufgrund der fehlenden Zumutbarkeit solcher Maßnahmen angenommen. Probleme bereiten hierbei insbesondere die Fragen, inwiefern durch solche Netzsperren das Fernmeldegeheimnis berührt wird und ob es eine hinreichende Rechtsgrundlage für derartige Verpflichtungen gibt. Indem Access-Provider ihren Kunden einen Internetzugang zur Verfügung stellen, leisten sie einen wenn auch sehr geringen und entfern ten Verursachungsbeitrag zur Rechtsverletzung. Zwar scheidet eine unmittelbare Täterschaft insofern aus, allerdings wird häufig diskutiert, das Instrument der sogenannten Störerhaftung zur Haftungsbegründung zu bemühen. Ein Störer kann vom Rechteinhaber auf Unterlassung beziehungsweise Beseitigung der Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Störer ist dabei nach ständiger Rechtsprechung jeder, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verlet zung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Um eine unangemessene Belastung von Dritten zu verhindern, ist allerdings zusätzlich erforder lich, dass der Störer zumutbare Prüfpflichten verletzt hat. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem potentiellen Störer nach den Umständen des Einzelfalls eine Prüfung zuzumuten ist. Ob die Störerhaftung unterdessen überhaupt als Rechtsgrundlage für die Einrichtung von Netzsperren ausreicht und ob deren Voraussetzungen bei Access-Providern erfüllt sind, sind die Kernfragen der Diskussion.

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 3 II. Die Entscheidung des Gerichts 2. Die Urteile Nachdem zur Problematik der Netzsperren durch Access-Provider insbesondere zwei Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamburg (Urt. v. 21.11.2013 Az. 5 U 68/10, s. hierzu Klein, Löst dem Internet die Fesseln! in: DFN-Infobrief Recht 03/2014) und dem OLG Köln (Urt. v. 18.07.2014 Az. 6 U 192/11, s. hierzu Klein, Macht die Schotten dicht oder doch nicht?, in: DFN-Infobrief Recht 11/2014) Aufmerksamkeit in Fachkreisen erregt hatten, hatte kürzlich der BGH die Entscheidungen der beiden Gerichte im Zuge der Revision zu überprüfen. Zwar verneint der BGH in beiden Fällen eine Verpflichtung der beklagten Access-Provider zur Einrichtung von Netzsperren, dennoch zeigt er sich diesen gegenüber in den Entscheidungsgründen durchaus aufgeschlossen und ebnet damit den Weg für eine verstärkte und zukünftig womöglich erfolgreiche Inanspruchnahme der Access-Provider. 1. Sachverhalt In beiden zugrunde liegenden Verfahren ging es um Internet- Tauschbörsen, die auf ihren Webseiten Linksammlungen vorhielten. Mittels der dort aufgeführten Links konnten Nutzer sich unter anderem auch Musikstücke herunterladen, an denen die jeweiligen Kläger die urheberrechtlichen Verwertungsrechte besitzen. Die dafür erforderliche Einräumung der Nutzungsrechte durch die Rechteinhaber lag nicht vor. Da die Betreiber der Webseite sowie die File-Hoster, auf deren Servern die geschützten Werke gespeichert und zum Abruf bereitgehalten wurden, im Ausland ansässig waren und sich nicht hatten ermitteln lassen, war es den Rechteinhabern nicht gelungen, erfolgreich direkt gegen diese vorzugehen. Um die Rechtsverletzung dennoch abzustellen, traten sie deshalb an die beklagten Internetzugangsanbieter heran und forderten von diesen, den Zugang zu den Webseiten mit den Linksammlungen für ihre Nutzer zu sperren. Die praktische Umsetzung sollte dabei primär mittels URL-, DNS- oder IP-Sperren erfolgen. Dagegen wehrten sich die betroffenen Access-Provider und beriefen sich insbesondere auf die rechtliche Unzumutbarkeit solcher Sperren, denen unter anderem das Fernmeldegeheimnis entgegenstünde. Rechtsgrundlage Als Rechtsgrundlage für eine mögliche Verpflichtung der Access-Provider zur Einrichtung von Netzsperren zieht der BGH die Störerhaftung heran. Einer darüber hinausgehenden spezialgesetzlichen Grundlage bedürfe es nicht. Insofern führt er ins Feld, dass das EU-Recht die Mitgliedstaaten dazu verpflichte, im nationalen Recht vorzusehen, dass Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung der geschützten Rechte genutzt werden. Störer In der Vermittlung des Internetzugangs liege der für eine Störerhaftung erforderliche Tatbeitrag. Allerdings handle es sich dabei zugleich um ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell, das nicht auf die Begehung von Rechtsverletzungen angelegt sei. Deshalb dürften entsprechenden Diensteanbietern auch keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. Schon deshalb bestehe keine allgemeine Überwachungspflicht. Einer Prüfpflicht in einem konkreten Verletzungsfall stehe dies aber nicht entgegen, sobald der Access-Provider auf eine bestimmte klare Rechtsverletzung hingewiesen worden sei. Eine solche anlassbezogene Prüfpflicht besteht jedoch nur in den Grenzen der Zumutbarkeit, was eine umfassende Interessenabwägung unter Einbeziehung der jeweils betroffenen Grundrechte erfordert. Das Vorliegen der Zumutbarkeit der Sperranordnung ist dabei vom Rechteinhaber zu beweisen. Auf Seiten der Rechteinhaber streiten der Schutz und die Gewährleistung des Eigentums, während sich ein Access-Provider auf seine unternehmerische Freiheit sowie die Berufsfreiheit berufen kann. Dem BGH zufolge gebiete Letzteres die Berücksichtigung des administrativen, technischen und finanziellen Aufwandes, der für die Durchsetzung einer Sperranordnung anfällt. Umgehungsmöglichkeiten Eine Absage erteilen die Richter der Ansicht, dass die nur eingeschränkte Effektivität von DNS- und IP-Sperren gegen deren

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 4 Zumutbarkeit spreche. Dass keine der in Betracht kommenden Sperren aufgrund von Umgehungsmöglichkeiten zu einer vollständigen Beseitigung der Erreichbarkeit der geschützten Inhalte führt, stehe der Anordnung solcher Sperren grundsätzlich nicht entgegen. Zum einen seien nämlich die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandeten Webseiten maßgeblich und zum anderen seien auch solche Maßnahmen zulässig, die unerlaubte Zugriffe nur erschweren und nicht gänzlich verhindern. Außerdem sei zweifelhaft, dass eine große Zahl von Nutzern willens und im Hinblick auf ihr technisches Wissen auch in der Lage seien, solche Sperren zu umgehen, zumal das Vorhandensein einer Sperre häufig sogar das Unrechtsbewusstsein der Nutzer verstärken und ihre Umgehungsbereitschaft schmälern würde. Schließlich begründeten auch etwaig zu erwartende Gegenmaßnahmen der Betreiber der Seiten mit den rechtswidrigen Inhalten insbesondere ein Ausweichen auf eine andere Domain, der Wechsel des Host-Providers oder die Verlagerung des Serverstandortes keine Unzumutbarkeit, da der Rechteinhaber sonst gegenüber Rechtsverletzungen im Internet schutzlos gestellt wäre. Die Effektivität von URL-Sperren wird vom BGH nicht erörtert, da sie aus prozessualen Gründen im konkreten Fall zu unterstellen war. Beeinträchtigung rechtmäßiger Inhalte Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Netzsperren ist ebenfalls zu berücksichtigen, inwieweit sie auch rechtmäßige Inhalte auf den betroffenen Internetseiten blockieren. Bei URL-Sperren soll dies nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall sein, was erneut aus prozessualen Gründen vom BGH nicht infrage gestellt wurde, während solche Kollateralschäden bei DNS- und IP-Sperren möglich seien. Indes führe nicht jede Mitbetroffenheit rechtmäßiger Inhalte direkt zur Unzumutbarkeit von Netzsperren, da sich sonst Anbieter eines Geschäftsmodells, das auf Rechtsverletzungen angelegt ist, hinter wenigen legalen Angeboten verstecken könnten. Auch der EuGH gehe davon aus, dass Sperrmaßnahmen den Zugang zu rechtmäßigen Inhalten nur nicht unnötig einschränken dürften. Entscheidend sei deshalb nicht die absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten, wobei alle Inhalte in die Betrachtung aufzunehmen seien und nicht nur solche, an denen der Kläger Rechte besitzt. Ergebe sich aus diesem Gesamtverhältnis, dass es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt, spreche dies für die Zumutbarkeit einer Sperranordnung. Dies wurde jedenfalls für den hier entschiedenen Fall angenommen, in welchem rechtmäßige Inhalte nur einen Anteil von vier Prozent ausmachten. Den Interessen der Internetnutzer werde hinreichend Rechnung getragen, wenn diese ihre Rechte gegenüber ihrem Internetzugangsanbieter auf Grundlage ihres Nutzungsvertrages geltend machen könnten. Irrelevanz des Fernmeldegeheimnisses Ferner komme auch dem Fernmeldegeheimnis keine wesentliche Bedeutung bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Sperrmaßnahmen (IP-, DNS- oder URL-Sperre) zu, weil keine von ihnen den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses tangiere. Mit dieser Auffassung widerspricht der BGH ganz beziehungsweise teilweise den Vorinstanzen (OLG Hamburg und OLG Köln). Zum einen schütze das Fernmeldegeheimnis nämlich nur Individualkommunikation, die beim öffentlichen Angebot von Dateien zum Download und auch bei einem Zugriff darauf nicht vorliegen soll. Zum anderen handle es sich bei den Zugangssperren allein um Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung. Solange sich dabei die automatisierte Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche beschränke und nur diejenigen Daten erfasst und verwendet würden, die ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würden, falle dies nicht in den vom Fernmeldegeheimnis geschützten Bereich. Eine darüber hinausgehende Sichtung und Auswertung der Daten dürfe allerdings nicht erfolgen. Datenschutzrechtliche Hürden Schließlich erörtert der BGH noch die Frage, inwiefern datenschutzrechtliche Hürden die Zumutbarkeit ausschließen könnten. Dies betreffe nur die IP- und URL-Sperren, bei deren Durchführung die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder die URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet würden. Diese Daten seien jedenfalls für den Access-Provider personenbezogene Daten. DNS-Sperren seien dagegen in dieser Hinsicht unproblematisch, weil sie ohne Zugriff auf IP-Adressen arbeiteten. Sofern die Verwendung der personenbezogenen Daten jedoch durch die Vorschriften des Telekommunikationsrechts gerechtfertigt sei, ergebe sich auch daraus kein Hindernis für die Bejahung der Zumutbar-

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 5 keit von Netzsperren. In kaum nachvollziehbarer Weise ordnen die Richter die IP-Adressen als Bestandsdaten ein, deren Verwendung zulässig ist, sofern dies für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung des Vertragsverhältnisses über die Telekommunikationsleistungen erforderlich ist. Die Zulässigkeit der Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet bestimme sich deshalb nach dem konkreten Vertragsinhalt. Werde dem Kunden beispielsweise vertraglich die Pflicht auferlegt, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen, sei eine zulässige Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrages gegeben. Stuft man dynamische IP-Adressen dagegen als Verkehrsdaten ein, gelten deutlich strengere Voraussetzungen für eine Verwendung, sodass tatsächlich datenschutzrechtliche Belange einer Zumutbarkeit entgegenstehen könnten. Im Ergebnis lassen die Richter jedoch offen, ob eine datenschutzrechtliche Rechtfertigung gegeben war, da sie die Verpflichtung zur Einrichtung von Netzsperren im konkreten Fall aus einem anderen Grund für unzumutbar halten. Vorrangige Inanspruchnahme tatnäherer Beteiligter In dem einen Fall fehlte es an einem hinreichenden Vorgehen gegen den Betreiber der Webseite mit den Linksammlungen, was die Kläger damit begründet hatten, dass dem Webauftritt dessen Identität nicht entnommen werden konnte. Insofern fordert der BGH vom Rechteinhaber jedoch weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Webseitenbetreibers wie beispielsweise die Einschaltung der staatlichen Ermittlungsbehörden im Wege der Strafanzeige oder die Vornahme privater Ermittlungen durch einen Detektiv. Da solche Maßnahmen nicht getroffen wurden, stand für die Bundesrichter nicht fest, dass eine Rechtsverfolgung gegen den Webseitenbetreiber nicht möglich und erfolgversprechend ist. Im Hinblick auf den Host-Provider, der ebenfalls vorrangig in Anspruch zu nehmen gewesen wäre, nehmen sie dagegen an, dass gegen diesen aufgrund seines Sitzes in Russland kein effektiver Rechtsschutz vor Ort zu erreichen sei. Im zweiten Fall wurde ebenfalls die unterbliebene Inanspruchnahme von Webseitenbetreiber und Host-Provider bemängelt. Zwar hatte der Rechteinhaber versucht, diese postalisch zu erreichen, jedoch misslang dies aufgrund falscher Adressangaben. In einem solchen Fall der bewussten Verschleierung der Identität ist der Rechteinhaber verpflichtet, zunächst weitere Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung (z.b. Einschaltung eines Detektivs oder der Ermittlungsbehörden) zu ergreifen. Diese Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme des Webseitenbetreibers und des Host-Providers beruhe darauf, dass diese näher an der Rechtsverletzung seien als der bloße Access-Provider und dass ein erfolgreiches Vorgehen gegen sie im Fall solcher Linksammlungen mindestens genauso effektiv sei wie das Vorgehen gegen den Access-Provider. Erst wenn der Inanspruchnahme dieser tatnäheren Akteure jede Erfolgsaussicht fehle und damit eine Rechtsschutzlücke drohe, könne ein Vorgehen gegen den Zugangsvermittler verhältnismäßig und damit zumutbar sein. Im Ergebnis ist die Verpflichtung der Access-Provider also wegen dieses letztgenannten Punktes unzumutbar, weshalb der BGH die Klage abgewiesen hat. III. Fazit und Konsequenzen für die Hochschulpraxis Obwohl die beklagten Access-Provider im Ergebnis Recht bekommen haben, stellt die klageabweisende Entscheidung für sie nur einen Pyrrhussieg dar. In klaren Worten bescheinigt der BGH ihnen, dass auch der bloße Anbieter eines Internetzugangs zu umfangreichen Sperrmaßnahmen verpflichtet sein kann, wenn sich Rechtsverletzungen auf andere Weise nicht abstellen lassen. Einen Konflikt mit dem Fernmeldegeheimnis sieht der BGH im Gegensatz zu den Vorinstanzen nicht, wodurch den Diensteanbietern ein wichtiges Argument im Kampf gegen ihre Inanspruchnahme verloren geht. Auch die Existenz simpler Umgehungsmöglichkeiten steht Sperrmaßnahmen nicht entgegen. In Zukunft werden Diensteanbieter also verpflichtet sein, auf Forderung von Rechteinhabern in bestimmten Fällen Netzsperren einzurichten, sofern diese bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen darlegen können, dass sie hinreichende Anstrengungen unternommen haben, um gegen die Akteure vorzugehen, die eine größere Nähe zur Rechtsverletzung aufweisen. Dies ist insbesondere der unmittelbare Täter, aber auch der Host-Provider, der seine Server für das rechtswidrige Angebot von Inhalten zur Verfügung stellt. Betroffen sind davon auch die Hochschulen, die Mitarbeitern und Studierenden einen Zugang zum Internet zur Verfügung stellen und insofern als Access-Provider fungieren. Es empfiehlt sich deshalb für sie, sich mit der Umsetzung bestimmter Netzsperren zu befassen, um im Fall der Fälle schnell handlungsfähig zu sein.

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 6 Unklar bleibt jedoch, ab welcher Grenze der Anteil der rechtmäßigen Inhalte auf einer Webseite bei einer Gesamtbetrachtung ins Gewicht fällt und damit eine Zumutbarkeit ausschließen kann. Einen Wert von vier Prozent hat der BGH als vernachlässigbar angesehen. Darüber hinaus lässt sich aber kein allgemeiner Grenzwert festlegen. Schwierigkeiten wird auch die Ermittlung des Verhältnisses von rechtswidrigen zu rechtmäßigen Inhalten bereiten. Aus Sicht der Internetzugangsvermittler ist insofern nur erfreulich, dass die Beweislast für das Vorliegen der Zumutbarkeit bei den Rechteinhabern liegt, die insofern darlegen müssen, welche Inhalte rechtswidrig sind und in welcher Quantität sie auftauchen. Es liegt auf der Hand, dass es in diesem Zusammenhang häufig Zweifelsfälle geben und ein Nachweis schwierig sein wird. Diese gehen dann jedoch zulasten des Rechteinhabers. Fraglich ist außerdem, ob sich die Erwägungen des BGH auf alle Fälle von Rechtsverletzungen im Internet übertragen lassen. Neben Urheberrechtsverletzungen finden sich dort insbesondere zahlreiche Persönlichkeitsrechtsverletzungen. So könnte man auf die Idee kommen, dass der Zugang zu Facebook gesperrt werden müsste, weil dort aktuell in großem Umfang Beleidigungen, Hassreden und Gewaltaufrufe verbreitet werden. In diesem Fall würde die Zumutbarkeit einer entsprechenden Sperre aber spätestens an dem großen Anteil rechtmäßiger Beiträge scheitern. Außerdem stützt sich der BGH zu einem kleinen Teil auf die Verpflichtungen in europäischen Richtlinien, gerichtliche Anordnungen zum Schutz der Inhaber von Immaterialgüterrechten zu ermöglichen. Persönlichkeitsrechte sind hiervon nicht erfasst, sodass die Wertungen aus dem Urteil auf diese Konstellation zumindest nicht vollständig übertragen werden können. Theoretisch ist es aber dennoch möglich, dass ein Zugangsvermittler aufgrund der allgemein für Rechtsverletzungen geltenden Störerhaftung auch zur Einrichtung von Netzsperren im Hinblick auf Seiten mit weit überwiegend persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten verpflichtet ist. In der Praxis dürften aber ohnehin die Fälle im Vordergrund stehen, in denen es um Webseiten geht, die eine Vielzahl urheberrechtswidriger Inhalte enthalten. Bei diesen besteht nämlich ein deutlich größeres wirtschaftliches Interesse an Sperrmaßnahmen und der Nachweis der Rechtswidrigkeit ist erheblich einfacher als bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die stets eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit erfordern. Festzuhalten bleibt in jedem Fall, dass Forderungen nach der Einrichtung von Netzsperren durch Rechteinhaber unbedingt mit dem Hochschuljustiziariat besprochen werden sollten. Dabei ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Zumutbarkeit solcher Sperrmaßnahmen gegeben ist. Schwerpunkte dieser Prüfung sollten der technische und wirtschaftliche Aufwand für die Einrichtung einer Sperre, die Bemühungen des Rechteinhabers zur vorrangigen Inanspruchnahme tatnäherer Akteure und die Art und der Umfang der Rechtsverletzungen auf der betroffenen Webseite sein. Für die Rechteinhaber mag diese Entscheidung auf den ersten Blick positiv sein. Allerdings ist zu beachten, dass die meisten Sperren sich mit geringem Aufwand umgehen lassen und deshalb insbesondere für technikaffine Nutzer kein wirksames Hindernis darstellen. Außerdem reagieren entsprechende Webseitenbetreiber auf solche Sperren häufig sehr schnell durch eine Verlagerung ihres Angebots, sodass es nicht mehr von der Sperre erfasst ist. Der tatsächliche Gewinn für die Rechteinhaber dürfte sich deshalb in Grenzen halten. Unerfreulich ist dagegen die immer stärkere Inanspruchnahme von Intermediären, die nur entfernt einen Beitrag zur Rechtsverletzung leisten. Unbestreitbar erbringen Internetzugangsanbieter einen Dienst, der gesellschaftlich nicht nur geduldet, sondern in hohem Maße erwünscht und von großem Nutzen ist, was auch vom BGH anerkannt wird. Die zunehmende Belastung mit rechtlichen Pflichten macht das Angebot eines solchen Dienstes unattraktiver und behindert deren weitere Verbreitung. Der BGH hat sich allerdings dafür entschieden, Rechtsverletzungen, deren Tätern man nicht habhaft werden kann, nicht als Kollateralschäden hinzunehmen. Dass die geforderten Netzsperren auch den Zugang zu rechtmäßigen Inhalten erschweren könnten, stört ihn dabei nicht. Dadurch erfolgt eine deutliche Belastung der Access-Provider und auch die Verbreitung rechtmäßiger Inhalte kann erheblich behindert werden. Es bleibt nur zu hoffen, dass dieses Urteil nicht die Büchse der Pandora geöffnet hat und in Zukunft auch zunehmend Inhalte gesperrt werden, die ihre Berechtigung haben, aber manchen ein Dorn im Auge sind. Natürlich sollen Täter von Rechtsverletzungen verfolgt und zur Verantwortung gezogen werden können, doch drängt sich die Frage auf, ob es richtig ist, gerade den Access-Provider potentiell für alles in die Pflicht zu nehmen, was im Internet getan wird. Ein Korrektiv dieser Tendenz in der Rechtsprechung wird sich letztlich aber nur aus einer Änderung der europäischen Richtlinien ergeben können, mit der aktuell nicht zu rechnen ist. Zugangsvermittler in Deutschland sollten sich deshalb darauf einstellen, bald die ersten Netzsperren einrichten zu müssen.

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 7 Die einzig verbleibende Hoffnung für eine Besserung der Situation der Access-Provider liegt möglicherweise in einem in Kürze (Stand: 17.3.2016) zu erwartenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), in dem es um den Umfang der Störerhaftung für Betreiber von WLAN-Hotspots gehen wird. Insbesondere könnte aus diesem hervorgehen, dass Sperrverpflichtungen gegenüber Internetzugangsvermittlern generell einer gerichtlichen Anordnung bedürfen und eine weitergehende Verantwortlichkeit ausgeschlossen ist. Der Generalanwalt Maciej Szpunar hat in dem Verfahren (Rs. C-484/14) am 16. März 2016 seine Schlussanträge vorgelegt, denen der EuGH in den meisten Fällen folgt und die in diese Richtung deuten. Ob und inwiefern der EuGH sich auch in diesem Verfahren seinem Generalanwalt anschließt und was das für die Haftung von Access-Providern bedeutet, ist deshalb mit Spannung zu erwarten. Sobald das Urteil ergangen ist, wird es zeitnah im DFN-Infobrief Recht vorgestellt und analysiert werden.

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 8 Mit dem Teilen macht man es sich nicht zu eigen Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Zurechnung fremder Äußerungen durch Teilen bei Facebook von Clara Ochsenfeld Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat sich in seiner Entscheidung vom 26.11.2015 (Az.: 16 U 64/15) dazu geäußert, ob sich jemand, der bei Facebook den Beitrag (sog. Post) eines Dritten teilt, also für sein eigenes Netzwerk oder für die Öffentlichkeit bereitstellt, die inhaltliche Äußerung dieses fremden Beitrags zurechnen lassen muss. Im Ergebnis beurteilte das Gericht die Funktion des Teilens rechtlich anders als die Vergabe eines Gefällt mir. Problemaufriss und Hintergrund Das soziale Netzwerk Facebook lebt davon, dass neben der Netzwerkbildung auch die Kommunikation mit den anderen Nutzern des Portals im Vordergrund steht. Hierzu wird auf der Plattform die Möglichkeit eingeräumt, fremde Beiträge z. B. Zeitungsartikel, Bilder oder einfach private Meinungskundgebungen durch die Funktion teilen über das eigene Nutzerprofil für Dritte bereitzustellen und zu verbreiten. Umstritten ist dabei, ob derjenige, der einen Beitrag teilt, sich den jeweiligen Inhalt zu eigen macht. Dies hat das OLG Frankfurt am Main in der ergangenen Entscheidung nun verneint. In dem der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt ging es um den Beitrag einer dänischen Tierschützerin, in welchem sie sich kritisch mit dem in Dänemark geltenden Listenhunde- Gesetz auseinander setzte. Im Zuge dessen verglich sie die Behandlung der Hunde in Dänemark mit der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten zu Zeiten des Holocaust. In dem Beitrag wurde der spätere Kläger, ein Tierschutzverein, von der dänischen Tierschützerin markiert, sodass sein Name in dem Beitrag erwähnt wurde und über einen Link zu seinem Facebook-Profil führte (auch taggen genannt). Der Kläger teilte diesen Beitrag der Tierschützerin wiederum auf seinem eigenen Facebook-Profil und fügte als Überschrift u.a. den Zusatz Danke an Dänemark hinzu und machte hierdurch andere Facebook-Nutzer über sein eigenes Profil auf den Beitrag aufmerksam. Der Beklagte, ein Online-Redakteur und Betreiber einer eigener Webseite, verfasste daraufhin einen Artikel, indem er u.a. über den geteilten Beitrag der Klägerin berichtete, die Situation aber so schilderte, als habe die Klägerin die Äußerungen der dänischen Tierschützerin selbst getätigt. Der Tierschutzverein begehrte Unterlassung und wandte sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Behauptung des Online-Journalisten. Dieser berief sich darauf, dass sich der Tierschutzverein durch das Teilen des Beitrags, den darin enthaltenen Vergleich zwischen dänischen Hunden und der jüdischen Bevölkerung im Dritten Reich zu eigen gemacht habe, weswegen er sich so behandeln lassen müsse, als ob er diese Behauptung selbst getätigt habe. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Das OLG Frankfurt am Main hat einen Unterlassungsanspruch des Tierschutzvereins gegen den Online-Redakteur bejaht. Das Gericht sah in der Behauptung des Beklagten, der klagende Tierschutzverein habe die umstrittene Äußerung selbst getätigt, eine unwahre Tatsachenbehauptung. Entgegen der Ansicht des Beklagten habe sich der Tierschutzverein durch das Teilen des Beitrages diesen nicht zu eigen gemacht. Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Funktion des Teilens bei Facebook grundsätzlich nicht wie die Situation des Setzens eines Links auf Webseiten zu beurteilen ist. Diesbezüglich hatte die Rechtsprechung in der

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 9 Vergangenheit nämlich eine Zurechnung in Einzelfällen bejaht (so z.b. BGH, Urteil vom 18.10.2007, Az. I ZR 102/05; abgelehnt hingegen BGH, Urteil vom 18.6.2015, Az. I ZR 74/14). Zwar sei das Verlinken technisch ähnlich zu beurteilen wie das Teilen, allerdings diene letzteres bei Facebook dazu, Dritte auf den Beitrag eines anderen Nutzers aufmerksam zu machen. Die bisherige Rechtsprechung zur Verlinkung beziehe sich darüber hinaus regelmäßig auf wettbewerbsrechtliche, urheberrechtliche oder presserechtliche Verletzungen. Diese Fälle seien mit dem vorliegenden Fall insoweit nicht vergleichbar, als es hier nicht um die rechtliche Verantwortlichkeit des Klägers gehe, sondern darum, ob er die streitgegenständliche Aussage selbst getätigt hat oder nicht. Das Gericht wies darüber hinaus darauf hin, dass auch die Rechtsprechung zur Setzung von Links in der Vergangenheit nicht zwingend ein sich-zu-eigen-machen des Inhalts mit sich bringe. Der Verlinkende mache sich nach der Rechtsprechung eine fremde Äußerung regelmäßig erst dann zu eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert und somit in seinen eigenen Gedankeninhalt einfügt, dass sie als seine eigene erscheint. Die Beurteilung, ob ein solcher Fall gegeben ist, sei stets im Hinblick auf die Grundrechte der freien Meinungsäußerung und dem Schutz der Presse anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. Anders als bei der Funktion des Gefällt mir -Buttons (auch Like -Button genannt), bei dem der Nutzer seine Zustimmung für Beiträge und Bilder Dritter zum Ausdruck bringen kann, sei dem schlichten Teilen eines Beitrags keine weitere Bedeutung als die Verbreitung zuzumessen. Der Senat war in diesem Fall der Auffassung, dass der Kläger den Beitrag der dänischen Tierschützerin lediglich weiter verbreiten wollte, ohne entsprechende Absicht, sich zugleich mit dem gesamten Inhalt des Beitrags, insbesondere mit dem kritischen Vergleich, zu identifizieren. Auch die in diesem Zuge geäußerte Danksagung beziehe sich nach verständiger Würdigung auf die Arbeit der Tierschützerin, nicht hingegen auf den angegriffenen Vergleich. Dass die Tierschützerin den Kläger in dem Beitrag verlinkt hatte, ändere insoweit nichts an der Situation, als der Link gerade nicht vom Kläger selbst gesetzt wurde. und dem Teilen von Beiträgen Dritter nach wie vor Vorsicht walten lassen. Das schlichte Teilen eines Beitrags bei Facebook ohne zusätzlichen Kommentar wird, soweit sich auch andere Gerichte diesem Urteil anschließen, zumeist unproblematisch keine eigene Aussage darstellen. Die ergangene Entscheidung ist jedoch stets im Lichte des hier zugrunde gelegten Einzelfalls zu betrachten und bietet keinen Freifahrtschein rechtswidrige Inhalte zu teilen. Aus der Entscheidungsbegründung wird deutlich, dass das Teilen eines Beitrag insbesondere dann eine eigene Äußerung darstellen kann, wenn die Aussage des geteilten Beitrags zum Beispiel durch einen entsprechenden Zusatztext bekräftigt wird, der im Zuge einer Gesamtbetrachtung bewertet werden muss. Fazit und Hinweise für die Hochschulen Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main lässt zunächst aufatmen. Die Frankfurter Richter haben zu Recht erkannt, dass das bloße Teilen eines Beitrags nicht zwingend eine Identifikation mit dessen Inhalt darstellt und dem teilenden Nutzer nicht als eigener Beitrag zuzurechnen ist. Dennoch sollten die Hochschulen im Hinblick auf ihre Social-Media-Aktivitäten

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 10 Bitte melde dich Verwaltungsgericht Köln zur Meldepflicht des Diensteanbieters nach dem Telekommunikationsgesetz von Jan Heuer Das Verwaltungsgericht (VG) Köln ordnet mit Urteil vom 11.11.2015 (Az.: 21 K 450/15) Googles E-Mail-Dienst Gmail als Telekommunikationsdienst im Sinne des 3 Nr. 24 Telekommunikationsgesetz (TKG) ein. Daneben galt es für das Gericht festzustellen, ob dieser von Google erbrachte TK-Dienst gem. 6 TKG bei der Bundesnetzagentur zu melden ist. I. Over the top -Dienste In der heutigen Zeit ist die Erbringung von Kommunikationsdiensten nicht mehr auf die Nutzung eigener Netzstrukturen angewiesen. Eine Fülle von Diensten wird direkt über das offene Internet erbracht. Diese IP-basierten Leistungen - auch als Over the top -Dienste (OTT) bezeichnet - sind dadurch gekennzeichnet, dass der Access-Provider des Endkunden nur mit dem Transport der Datenpakete betraut und seine Infrastruktur zur Erbringung des OTT-Dienstes genutzt wird. Als Access-Provider ( Zugangsvermittler ) werden technische Dienstanbieter verstanden, die dafür Sorge tragen, dass ihre Endkunden über Internet-Konnektivität verfügen. Sie übermitteln damit über ihre Infrastruktur Datenpakete aus und in das Internet. Der OTT-Dienst selbst hat keine eigene Netzwerkinfrastruktur, sondern nutzt diese Verbindung seiner Kunden ins Internet. Über die damit vorhandene Verbindung kann er dann seine Leistung erbringen. Der Zugang zum Internet ist damit essentielle Voraussetzung der Nutzungsmöglichkeit, auch wenn die Access-Provider keine Kontrolle über die durch den OTT-Dienst erbrachte Leistung haben. OTT-Dienste lassen sich in Inhaltsbezogene- (z.b. Netflix) und Kommunikationsbezogene Dienste trennen. Kommunikationsbezogene OTT-Dienste (z.b. WhatsApp, Skype, Gmail, etc.) verdrängen zunehmend die klassischen Kommunikationsanbieter, der neben der Kommunikationsdienstleistung auch die dafür erforderliche Netzwerkstruktur bereitstellt Das TKG normiert in 6 die Pflicht für gewerbliche Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze sich bei der Bundesnetzagentur zu melden. Die Meldepflicht dient dazu, dass Angebot am Markt überblicken und die Einhaltung der einschlägigen Normen überwachen zu können. Dass klassische Telekommunikationsanbieter der Meldepflicht des TKG unterliegen ist geklärt, dem eigenen Verständnis der Anbieter von OTT-Diensten lag eine solche Einordnung für die von ihnen erbrachten Dienste jedoch fern. Für Googles internetbasierten E-Mail-Dienst Gmail hatte das VG Köln nun die Frage zu klären, ob auch dieser der Meldepflicht des TKG unterliegt. Entsprechende Sprengkraft folgt aus dem Urteil des VG Köln für die OTT-Dienste. II. Ausgangslage Die Klägerin (Google) erbringt mit dem Dienst Gmail einen internetbasierten E-Mail-Dienst. Dieser ermöglicht das Senden, Vermitteln, Übermitteln und Empfangen von elektronischer Post. Bei der Erbringung des Dienstes werden Informationen, durch für den E-Mail-Dienst standardisierte Softwareprotokolle, unverändert vom Absender über Mail-Server der Klägerin zum Empfänger vermittelt und zugestellt. Eine Tätigkeit als Access-Provider besteht indes nicht. Mit Schreiben vom 28. Mai 2010 forderte die beklagte Bundesnetzagentur die Klägerin schriftlich auf, ihrer Meldepflicht nach 6 TKG für den von ihr erbrachten Dienst nachzukommen. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nicht nach. Im Schreiben vom 3. September 2010 vertrat sie u. a. die Auffassung, dass es sich bei dem von ihr erbrachten Dienst nicht um einen meldepflichtigen Telekommunikationsdienst im Sinne des 6 TKG handele. Die Klägerin und die Beklagte korrespondierten in der Folgezeit über die rechtliche Einordnung des von der Klägerin angebotenen Dienstes. Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin einen Telekommunikationsdienst erbringe und diesen nicht angemeldet habe. Die Klägerin wurde aufge-

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 11 fordert, dazu Stellung zu nehmen, und auf ihre Verpflichtung hingewiesen ihren Dienst als Telekommunikationsdienst bei der Bundesnetzagentur anzumelden. Es wurde angeordnet, dass die Anmeldung binnen zwei Wochen nach Erhalt dieses Bescheids zu erfolgen habe. Zur Begründung verwies die Beklagte auf 6 TKG. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 2. August 2012 Widerspruch ein, den sie unter Verweis auf die vorangegangene umfängliche Korrespondenz mit der Beklagten begründete. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2014 zurückgewiesen. Die Klägerin hat am 23. Januar 2015 Klage erhoben. III. Gmail als meldepflichtiger Telekommunikationsdienst? Das VG Köln hatte sich dementsprechend mit der Frage zu befassen, ob die Voraussetzungen des 6 TKG im Fall von Gmail vorlagen. Erste Voraussetzung dafür war die Einordnung des Dienstes als Telekommunikationsdienst. Als Telekommunikationsdienst wird gem. 3 Nr. 24 TKG jeder in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienst verstanden, der ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze besteht. Aus dieser gesetzlichen Vorgabe leitete das VG Köln die, seiner Ansicht nach relevanten, zwei Merkmale ab, die das Vorliegen eines TK-Dienstes begründen. Zum einen muss eine regelmäßige Entgeltlichkeit des Dienstes bestehen, zum anderen ist es erforderlich, dass der Gegenstand des Dienstes, zumindest überwiegend, in einer Signalübertragung über TK-Netze besteht. Zwar wird der Dienst der Klägerin in der Basisversion kostenlos angeboten, dennoch sah das Gericht die Voraussetzungen der regelmäßigen Entgeltlichkeit als gegeben an. Insbesondere die Finanzierung durch Werbung sei als (Quer-) Finanzierung geeignet das Kriterium der Entgeltlichkeit zu erfüllen. Darauf aufbauend galt es für das VG zu klären, ob die IPbasierte Übermittlung von Signalen über das offene Internet unter Einbindung der Mail-Server der Klägerin als ganz oder überwiegende Signalübertragung über ein Telekommunikationsnetz einzuordnen war. Der gegenständliche Kommunikationsdienst setzt sich aus einer anwendungsbezogenen, durch die Klägerin erbrachten, und einer transportbezogenen Komponente, welche die beteiligten Access-Provider erbringen, zusammen. Insgesamt, so das VG, sei der gesamte Kommunikationsvorgang i.s.e. untrennbaren Einheit zu betrachten. Dass die transportbezogene Komponente durch die (an sich unbeteiligten) Access-Provider erbracht wird, stehe der Einordnung des Dienstes nicht entgegen. Vielmehr habe sich die Klägerin diese Transportleistung zurechnen zu lassen. Sie nutze die Signalübertragungsleistung faktisch zu ihren Zwecken. Nur dadurch könne sie ihren Kommunikationsdienst erbringen und mache sich diese Leistung folglich zu Eigen. Dass eine zivilrechtliche Zurechnung nicht erfolgt, sah das VG unter dem Gesichtspunkt einer telekommunikationsrechtlichen Bewertung als unerheblich an. Als besonders gewichtig hob es hingegen hervor, dass der entscheidende Impuls zur Signalübertragung unmittelbar vom Nutzer des Dienstes stamme und damit der gesamte Signalübertragungsvorgang durch Gmail initiiert würde. Daneben sei die automatische Versorgung der zuständigen Router mit den notwendigen Informationen über die Server der Klägerin zum Aufbau der Verbindung besonderes wichtig. Des Weiteren war der Schwerpunkt des Kommunikationsdienstes zu untersuchen. Für Googles Dienst Gmail, so das VG, liege der Schwerpunkt der Tätigkeit nicht auf dem Inhalt, der übertragen wird, sondern auf der Übertragung selbst. Aus Nutzersicht steht beim E-Mail-Dienst Gmail die raumüberwindende Kommunikation mit anderen Nutzern und damit die Möglichkeit, Nachrichten vom Versender zum Empfänger übertragen zu können, im Vordergrund. Auch aus der Sicht der Klägerin (Anbietersicht) wäre eine Vermarktung des Produktes ( Gmail ) nicht erfolgreich, wenn die Erwartung des Kunden, der über den Dienst kommunizieren will, nicht zuverlässig erfüllt werden könnten. Der Telekommunikationsvorgang stünde entsprechend für alle beteiligten im Vordergrund und führe dazu, dass eine überwiegende Signalübertragung über ein Telekommunikationsnetz vorliege. Damit sei Googles Dienst Gmail als Telekommunikationsdienst gem. 3 Nr.24 TKG anzusehen. Aus dem Betreiben eines Telekommunikationsdienstes allein ergibt sich indes noch nicht die Meldepflicht des 6 Abs. 1 TKG. Für diese Meldepflicht ist darüber hinaus ein gewerbliches Handeln erforderlich. Diese Gewerblichkeit entnahm das VG dem Bestreben von Gmail durch den Verzicht auf ein Entgelt eine Querfinanzierung durch Werbung und andere indirekte Einnahmen zu erzielen. Dies genüge dem Begriff der Gewerblichkeit wie ihn 6 Abs. 1 TKG fordere. Im Ergebnis wies das VG Köln Googles Klage als unbegründet zurück. Aus 6 Abs. 1 TKG folge für Google als gewerblich handelnder Anbieter eines Telekommunikationsdienstes i.s.v. 3 Nr. 24 TKG die Pflicht zur Meldung seiner Tätigkeit bei der Bundesnetzagentur.

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 12 IV. Fazit für die Hochschulen Das nicht rechtskräftige Urteil des VG Köln hat hohe Resonanz erfahren, ist aber nicht ohne Kritik geblieben. Zum einen wird dem Gericht unterstellt das Kriterium der Entgeltlichkeit mit dem der Gewerblichkeit gleichzusetzen und deren Bedeutung nicht dezidiert zu trennen. Damit würde die Bedeutung der Eigenschaft Diensteanbieter im Sinne des 3 Nr.6 TKG zu sein mit der der Meldepflicht für Diensteanbieter aus 6 TKG vermischt. Gerade an dieser Stelle sei jedoch für die Trennung von meldepflichtigen und nicht-meldepflichtigen Diensteanbietern das Kriterium der Gewerblichkeit von besonderer Bedeutung. Zum anderen wird gefordert eine Differenzierung nach Art der technischen Umsetzung vorzunehmen. Gerade die Frage ob und welche Art von Serverstrukturen zur Erbringung der Leistung genutzt werden, sei für eine korrekte Beantwortung relevant (dementsprechend seien reine und hybride P2P-Modelle anders zu bewerten als Client-Server-Modelle). Dieser technischen Komponente sei bei der rechtlichen Bewertung größere Bedeutung beizumessen. Dennoch erfordert das Urteil des VG für internetbasierte E-Mail-Dienste ein zukünftiges Umdenken. Sollte das nicht rechtskräftige Urteil in den folgenden Instanzen bestätigt werden, so wäre eine Einhaltung der Meldepflicht nach 6 Abs. 1 TKG unumgänglich. Auch Hochschulen, die einen internetbasierten E-Mail-Dienst anbieten sind von der Entscheidung des VG Köln teilweise tangiert. Für sie wären jedoch wohl grundsätzlich einige Punkte anders zu bewerten, als für den Google Dienst Gmail. Im Regelfall wird für E-Mail-Nutzung an Hochschulen kein Entgelt verlangt. Auch eine Querfinanzierung durch Werbung ist regemäßig nicht gegeben. Nach den vom Gericht angewandten Kriterien würde es demnach an der Entgeltlichkeit fehlen. Damit würde dann bereits kein Telekommunikationsdienst i.s.v. 3 Nr. 24 TKG vorliegen. Auch ein gewerbliches Handeln in Bezug auf Hochschul-E-Mails erscheint, die Gedanken der Entscheidung zugrunde gelegt, unwahrscheinlich. Damit wäre das Vorliegen einer Meldepflicht nach 6 Abs. 1 TKG zumindest eher fernliegend. Darüber hinaus kann bereits daran gezweifelt werden, ob ein solcher Dienst öffentlich i.s.v. 6 TKG ist. Es wird abzuwarten bleiben, wie sich die folgenden Instanzen zur Entscheidung des VG Köln und den darin herangezogenen Bewertungskriterien äußern werden. Eine abschließende Bewertung kann, solange ein rechtskräftiges Urteil aussteht, jedenfalls nicht erfolgen.

DFN-Infobrief Recht 04 / 2016 Seite 13 Impressum Der DFN-Infobrief Recht informiert über aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung und daraus resultierende mögliche Auswirkungen auf die Betriebspraxis im Deutschen Forschungsnetz. Herausgeber Verein zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes e. V. DFN-Verein Alexanderplatz 1, D-10178 Berlin E-Mail: DFN-Verein@dfn.de Redaktion Forschungsstelle Recht im DFN Ein Projekt des DFN-Vereins an der WESTFÄLISCHEN WILHELMS-UNIVERSITÄT, Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM), Zivilrechtliche Abteilung Unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Hoeren Leonardo-Campus 9 D-48149 Münster E-Mail: recht@dfn.de Nachdruck sowie Wiedergabe in elektronischer Form, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des DFN-Vereins und mit vollständiger Quellenangabe.