Stellungnahme. Kontakt: Dr. Andreas von Oppen Abteilungsdirektor Telefon: Berlin, 19.

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Transkript:

Stellungnahme zu dem Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz Kontakt: Dr. Andreas von Oppen Abteilungsdirektor Telefon: +49 30 1663-3125 E-Mail: andreas.von.oppen@bdb.de Berlin, Federführer: Bundesverband deutscher Banken e. V. Burgstraße 28 10178 Berlin Telefon: +49 30 1663-0 Telefax: +49 30 1663-1399 www.die-deutsche-kreditwirtschaft.de

Seite 2 von 7 Die Deutsche Kreditwirtschaft begrüßt den vorgesehenen Gesetzentwurf, da er Probleme bei der praktischen Anwendung des Insolvenzanfechtungsrechts aufgreift und dafür eine Lösung anbietet. 1. 14 Abs. 1 Satz 2 InsO-RegE Dies gilt insbesondere für die im Regierungsentwurf neu eingeführte Änderung von 14 Abs. 1 Satz 2 InsO-RegE, der bestimmt, dass ein Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht alleine dadurch unzulässig wird, dass die Forderung des Gläubigers erfüllt wird. Dadurch wird die Möglichkeit einer frühzeitigen gerichtlichen Klärung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners verbessert und zugleich dem Ziel der Insolvenzordnung Rechnung getragen, eine Insolvenzverschleppung zu vermeiden und frühzeitig eine Entscheidung darüber herbeizuführen, ob das Unternehmen aus dem Wettbewerb ausscheiden muss oder ob eine Sanierung möglich ist. 2. 131 Abs. 1 Satz 2 InsO-RegE Auch die nunmehr vorgeschlagene Änderung von 131 Abs. 1 Satz 2 InsO-RegE ist begrüßenswert. Danach wird eine Rechtshandlung nicht alleine dadurch zu einer inkongruenten Deckung, dass die Sicherung oder Befriedigung durch Zwangsvollstreckung erwirkt oder zu deren Abwendung bewirkt worden ist. Mit dieser gesetzlichen Regelung wird eine ständige Rechtsprechung korrigiert. Nach Auffassung der Deutschen Kreditwirtschaft führt diese Regelung, die anders als der Vorschlag aus dem Referentenentwurf auch die Zwangsvollstreckung aufgrund eines von einem öffentlichen Gläubiger selbst geschaffenen Titels einschließt, nicht zu einem (indirekten) Fiskusprivileg. Die vorgeschlagene Regelung schließt nämlich die Anfechtung nicht aus, sondern bestimmt lediglich, dass nur der Umstand der Zwangsvollstreckung nicht zu einer Einordnung als inkongruente Deckung führt ( wird nicht allein dadurch zu einer solchen nach Satz 1 ). Mit der vom Regierungsentwurf vorgeschlagenen Regelung ist eine Anfechtung der Sicherung oder Befriedigung durch Zwangsvollstreckung nach 131 InsO als inkongruente Deckung regelmäßig ausgeschlossen. Der öffentliche Gläubiger, der in Kenntnis der Krise des späteren Insolvenzschuldners einen Vollstreckungstitel gegen diesen schafft, unterliegt aber weiterhin der Insolvenzanfechtung nach 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO (Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) in einem Zeitraum von drei Monaten vor Antragstellung, also im selben Zeitraum wie inkongruente Deckungshandlungen angefochten werden können. Dieser Anfechtungstatbestand ( 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) trifft in erster Linie solche Gläubiger, die einen guten Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners haben. Öffentliche Gläubiger wie Finanzbehörden oder gesetzliche Krankenkassen haben entweder einen guten Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldner oder müssen aufgrund des Umstandes, dass der Schuldner trotz Strafandrohung die Forderungen nicht oder nicht rechtzeitig begleicht, spätestens im Wiederholungsfalle davon ausgehen, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist. Mithin kommt es für die Möglichkeit der Anfechtung im Zeitraum von drei Monaten auf den Umstand der Zwangsvollstreckung für die vorgenannten Gruppen von Gläubigern regelmäßig nicht an. Die Anfechtungstatbestände gelten für alle Gläubiger, aber für öffentliche Gläubiger kann der Tatbestand des 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO lediglich insofern von größerer Relevanz sein, als diese möglicherweise in kurzer Frist einen Titel schaffen können und die Rechtshandlung im Sinne der Vorschrift somit in kürzerer Zeit

Seite 3 von 7 vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vornehmen können, während andere Gläubiger auf das gerichtliche Verfahren angewiesen sind. Im Übrigen ist die Deutsche Kreditwirtschaft der Auffassung, dass die Möglichkeit öffentlicher Gläubiger, Titel selber zu schaffen, nicht zu einer zeitlichen Benachteiligung privater Gläubiger führen darf. Diejenigen, die ein Fiskusprivileg durch 131 Abs. 1 Satz 2 InsO-RegE darin sehen, dass öffentliche Gläubiger wesentlich schneller einen Vollstreckungstitel erlangen können als private Gläubiger, sollten ihre Kritik nicht auf das Recht der Insolvenzanfechtung richten, sondern vielmehr auf die offenbar generell zu langsame Bearbeitung von Vollstreckungssachen durch die Gerichte und Gerichtsvollzieher. Auch wenn grundsätzlich keine Kritik an der Dauer der Zwangsvollstreckungsverfahren zu üben ist, so ist doch in einzelnen Fällen eine unangemessen lange Dauer der Verfahren zu beklagen. Sollte in den weiteren Beratungen erwogen werden, die Regelung aus dem Referentenentwurf zur Vermeidung eines vermeintlichen Fiskusprivilegs gegenüber der Regelung aus dem Regierungsentwurf zu bevorzugen, so machen wir darauf aufmerksam, dass dieser Vorschlag zu kurz greift, indem er lediglich auf einen in einem gerichtlichen Verfahren erlangten vollstreckbaren Titel abstellt: Die Zivilprozessordnung kennt bekanntlich eine ganze Reihe von Titeln, aus denen die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. Nicht alle Titel werden in einem gerichtlichen Verfahren erlangt. Das gilt beispielsweise für notarielle Urkunden nach 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Sollte also der Vorschlag aus dem Referentenentwurf bevorzugt werden, müsste er richtigerweise wie folgt geändert werden: Eine Rechtshandlung ist nicht allein deshalb nach Satz 1 anfechtbar, weil der Gläubiger die Sicherung oder Befriedigung durch Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines in einem gerichtlichenverfahrens nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung erlangten vollstreckbaren Titels erwirkt hat. Wie bereits ausgeführt sind wir aber der Auffassung, dass es bei der im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Regelung in 131 Abs. 1 Satz 2 InsO-RegE bleiben sollte. 3. Vorsätzliche Benachteiligung, 133 InsO-RegE 133 InsO-RegE differenziert in der aktuellen Fassung zwischen einer Vermutungsregel für die inkongruente Deckung in Abs. 1 Satz 2, einer Vermutungsregel für die kongruente Deckung in Abs. 3 Satz 1 und einer Vermutungsregel für die Vereinbarung von Zahlungserleichterungen in Abs. 3 Satz 2. a) Streichung der Vermutungsregelung in 133 Abs. 1 Satz 2 InsO Nach Auffassung der Deutschen Kreditwirtschaft bestehen die praktischen Probleme in der Anwendung des geltenden Rechts im Hinblick auf 133 InsO insbesondere darin, dass sich Anfechtungsgegner Anfechtungsansprüchen ausgesetzt sehen, die aber oft von Insolvenzverwaltern nicht hinreichend begründet werden. Angesichts der gesetzlich vorgesehenen Vermutungsregelungen ( 133 Abs. 1 Satz 2 InsO) und den von der Rechtsprechung aufgestellten Beweisanzeichen fällt es dem Insolvenzverwalter trotz mangelhafter Begründung seines Anspruches oft nicht schwer, eine außergerichtliche Lösung mit dem potentiellen Anfechtungsgegner zu finden.

Seite 4 von 7 Die Deutsche Kreditwirtschaft schlägt daher vor, 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ersatzlos zu streichen. Damit würde die Darlegungs- und Beweislast wie auch sonst in Zivilverfahren dem Insolvenzverwalter als Anspruchsteller obliegen. Nach unserem Dafürhalten könnten sich damit alle anderen geplanten Änderungen in 133 InsO und in 142 Abs. 1 InsO ( unlauter ) erübrigen. Gegen die Vermutungsregelung im bestehenden 133 Abs. 1 Satz 2 InsO spricht auch, dass dem Schuldner bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit keine Insolvenzantragspflicht trifft. Wenn der Schuldner in der Hoffnung, die Wende noch zu schaffen, weiterwirtschaften darf, verdient auch der Gläubiger Vertrauensschutz, zumal er bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit selbst keinen Insolvenzantrag stellen kann (Bork, ZIP 2014, 779 (808)). Die Vermutung, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und gläubigerbenachteiligender Handlung der potentielle Anfechtungsgegner Kenntnis von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hat, erscheint auch deswegen unangemessen, weil der Schuldner selbst in diesem Stadium nicht davon ausgehen muss, seine Verbindlichkeiten nicht erfüllen zu können. Gegen diese hier vorgeschlagene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kann auch nicht (mehr) eingewendet werden (vgl. aber noch die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/2443, S. 160), dass der Insolvenzverwalter über nicht ausreichende Kenntnis verfügt, um die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen. Aufgrund der ihm (inzwischen) zur Verfügung stehenden elektronischen Unterlagen, die Insolvenzschuldner aufgrund gesetzlicher Vorschriften (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) (früher: Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)) bereithalten, kann der Insolvenzverwalter die anspruchsbegründenden Tatsachen vortragen. Mit einer Streichung der Privilegierung des Insolvenzverwalters hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast würde nach Auffassung der Deutschen Kreditwirtschaft eine Änderung tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung entbehrlich. Im Sinne eines möglichst geringfügigen Eingriffes in das bestehende System der Insolvenzanfechtung erscheint das vorzugswürdig. b) Klarstellungsbedarf bei Beibehaltung der aktuellen Regelungen in 133 Abs. 2 und 3 InsO- RegE Sollten die nach dem Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen in 133 Abs. 2 und 3 InsO-RegE beibehalten werden, bedarf es aus Sicht der Kreditwirtschaft zumindest folgender Klarstellungen: (1) Erfassen sämtlicher Zahlungsvereinbarungen zugunsten des Schuldners Die Beschränkung des 133 Abs. 3 InsO-RegE auf eine kongruente Deckung greift dort zu kurz, wo Insolvenzschuldner und Gläubiger sich auf eine Erleichterung zugunsten des Insolvenzschuldners und gerade nicht des Gläubigers einigen, wie dies bei der Vereinbarung einer Stundung oder einer Ratenzahlung/eines Stillhalteabkommens (Zahlungserleichterungen) der Fall ist, und diese Vereinbarungen als inkongruent charakterisiert werden (vgl. dazu z.b. Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht - Rogge/Leptien, 5. Auflage, Köln 2015, 131 Rn. 9; Uhlenbruck/ Hirte/ Ede, Insolvenzordnung, 14. Auflage, München 2015, 131 Rn. 7). Diese Vereinbarungen können nach dem aktuellen Entwurf von einem Insolvenzverwalter unter den erleichterten Voraussetzungen für

Seite 5 von 7 inkongruente Deckungen angefochten werden; der Schutz des 133 Abs. 3 InsO-RegE würde daher ins Leere laufen. Der Anwendungsbereich des neuen 133 Abs. 3 Satz 2 InsO müsste somit auch zumindest auf die bislang z.t. als inkongruent charakterisierten Zahlungsvereinbarungen, die eine Erleichterung zugunsten des Insolvenzschuldners bewirken (Zahlungserleichterungen), erstreckt werden, damit die Regelung nicht unterlaufen werden kann. (2) Nichtgeltung der Vermutungsregelung in Abs. 1 Satz 2 Nach Auffassung der Deutschen Kreditwirtschaft wäre es ausreichend und sachgerecht, statt der Einführung einer weiteren Vermutungsregelung in 133 Abs. 3 Satz 2 InsO-RegE ( wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte ) zu regeln, dass die Vermutungsregel in Abs. 1 Satz 2 nicht gilt. In der Konsequenz obläge dem Insolvenzverwalter die Beweislast für die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. (3) Anfechtung von Rechtshandlungen mit nahestehenden Personen 133 Abs. 2 InsO-RegE sieht vor, dass der Anfechtungszeitraum auf vier Jahre begrenzt wird, wenn die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat. Diese Regelung ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sollte die Vorschrift um einen weiteren Satz 2 ergänzt werden, dass diese Beschränkung der Anfechtung nicht gilt, wenn der andere Teil eine nahestehende Person im Sinne von 138 InsO ist. Hier liegt die Vermutung der Gläubigerbenachteiligung nämlich grundsätzlich näher. Die Deutsche Kreditwirtschaft schlägt daher vor, dass 133 Abs. 2 InsO zukünftig wie folgt lautet: Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt, oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Abs. 1 Satz 1 vier Jahre. Das gilt nicht, wenn der andere Teil eine nahestehende Person ( 138) ist. Auch sollte 133 Abs. 3 InsO-RegE um folgenden Satz 3 ergänzt werden: Satz 1 und 2 gelten nicht, wenn der andere Teil eine nahestehende Person ( 138) ist. 4. Bargeschäft, 142 InsO a) Abs. 1 Satz 1 InsO-RegE 142 Abs. 1 InsO-RegE enthält - im Unterschied zum Referentenentwurf ein objektives Element auf Seiten des Schuldners und ein subjektives Element auf Seiten des potentiellen Anfechtungsgegners für den Ausschluss des Bargeschäftsprivilegs. Der Schuldner muss unlauter gehandelt haben und der Anfechtungsgegner muss dies erkannt haben. Die Deutsche Kreditwirtschaft befürchtet, dass der Begriff der Unlauterkeit zur Rechtsunsicherheit führt, und schlägt daher vor, auf die Änderung von 142 Abs. 1 InsO insofern zu verzichten. Nach unserem hier vorliegenden Vorschlag zu 133 Abs. 1 Satz 2 InsO

Seite 6 von 7 (siehe oben: Streichung der Vermutungsregel) würde sich nach unserem Dafürhalten eine Änderung des Anwendungsbereiches für das Bargeschäftsprivileg erübrigen. b) 142 Abs. 2 Satz 1 InsO-RegE Die Bezugnahme auf die Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in 142 Abs. 2 Satz 1 InsO-RegE birgt die Gefahr von Beweisschwierigkeiten, weil nunmehr für jede Branche Beweis über die jeweils bestehenden Gepflogenheiten erhoben werden muss. Nach Auffassung der Deutschen Kreditwirtschaft wird die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles gerecht, so dass sich die grundsätzliche Frage stellt, wozu eine Gesetzesänderung überhaupt erforderlich ist. Auf den neuen 142 Abs. 2 Satz 1 InsO-RegE sollte verzichtet werden. c) 142 Abs. 2 Satz 2 InsO-RegE Durch die neue Regelung in 142 Abs. 2 Satz 2 InsO-RegE wird ein neues Leitbild geschaffen: Arbeitsentgelt muss nach drei Monaten gezahlt werden auch dann ist noch ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben und ein unmittelbarer Austausch von (Arbeits-) Leistung und Gegenleistung gewährleistet. Ein solches gesetzliches Leitbild birgt die Gefahr der Verwässerung des 142 InsO, weil es naheliegt die nunmehr geregelte Drei-Monatsfrist auch auf andere Sachverhalte zu übertragen. Das Bargeschäftsprivileg würde damit ausgeweitet. Die vorgeschlagene Regelung ist angesichts der eindeutigen BAG-Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, 6 AZR 262/10 Rn. 17f.) nicht erforderlich und sollte zur Vermeidung eines neuen gesetzlichen Leitbilds - ersatzlos entfallen. Sollte die Regelung des 142 Abs. 2 InsO beibehalten werden, wäre zumindest eine Klarstellung erforderlich, dass die Regelung nicht auch Lohnnebenkosten und Steuern umfasst und somit öffentliche Gläubiger (gesetzliche Krankenkassen und Finanzbehörden) bevorzugt. Das wäre ansonsten im Gegensatz zur Regelung in 131 Abs. 1 Satz 2 InsO-RegE ein wirkliches Fiskusprivileg. d) Rechtsweg Die hier vorgeschlagene Sonderregelung macht ein weiteres Problem deutlich. In der Gesetzesbegründung werden die Wertungsunterschiede, die sich aus den unterschiedlichen Rechtswegen für die Insolvenzanfechtung ergeben, dargestellt. Die festgestellten Wertungsunterschiede in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofes sollten Anlass zu einer Konzentration der Zuständigkeit für die Insolvenzanfechtung auf die ordentliche Gerichtsbarkeit (Insolvenzgerichte) geben. 5. 143 Abs. 1 InsO-RegE, 146 Abs. 1 InsO Ergänzungsbedarf sieht die Deutsche Kreditwirtschaft bei der Regelung über die Verzinsung des aus der erfolgreichen Anfechtung resultierenden Rückforderungsanspruches. Die überfällige Änderung in 143 Abs. 1 InsO ist sehr zu begrüßen. Dadurch soll der Anreiz genommen werden, zu Lasten - auch leistungsbereiter Anfechtungsgegner Zinsansprüche dadurch zu begründen, dass Anfechtungsansprüche längere Zeit nicht erhoben werden. Allerdings müsste die nunmehr vorgeschlagene Regelung noch

Seite 7 von 7 ergänzt werden, um dem Ziel gerecht zu werden. Es besteht weiterhin die Möglichkeit für den Insolvenzverwalter, einen Insolvenzanfechtungsanspruch zwar zeitnah geltend zu machen, diesen aber nicht weiter zu begründen, so dass der Anfechtungsgegner auf diese Aufforderung zwar nicht bereit sein wird Zahlung zu leisten, der Insolvenzverwalter seinerseits aber die Voraussetzungen für den Verzug und damit für den Anspruch auf Verzinsung gesetzt hat. Daher schlagen wir vor, dass die bestehende Regelung dadurch flankiert wird, dass in 146 Abs. 1 InsO die bis zum 15. Dezember 2004 bestehende Regelung über die Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs wieder aufgenommen wird. Demnach hätte der Insolvenzverwalter Zeit, seinen Insolvenzanfechtungsanspruch innerhalb von zwei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtlich geltend zu machen. Damit dürfte den Interessen aller Beteiligten Rechnung getragen sein. Durch den Fortschritt der Technik und die zunehmende Digitalisierung der Buchführung kann der Insolvenzverwalter heute wesentlich schneller als früher anfechtungsrelevante Tatbestände identifizieren, weswegen die Rückkehr zur Rechtslage zum Status quo ante 2004 auch keine Verschlechterung in der Praxis der Insolvenzanfechtung bedeutet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Insolvenzverwalter die Vorschriften über die Hemmung der Verjährung ( 203 BGB) regelmäßig dann zugute kommen dürften, wenn er seinen Anfechtungsanspruch substantiiert gegenüber dem Anfechtungsgegner geltend macht und dieser sich wenn nicht zu einer Zahlung so doch jedenfalls zu einer Verhandlung veranlasst sieht. Nach unserem Vorschlag müsste 146 Abs. 1 InsO lauten: Der Anfechtungsanspruch verjährt in zwei Jahren seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. ***