Versicherungs- und Haftungsrecht



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Transkript:

.Letter B 60877 Info Letter In Zusammenarbeit mit der Neuen Juristischen Wochenschrift Schriftleiter: RA Dr. Theo Langheid, Köln Versicherungs- und Haftungsrecht Inhalt Sachversicherung OLG Karlsruhe: Keine Leistungsfreiheit trotz Obliegenheitsverletzung 98 OLG Köln: Arglistige Täuschung 98 LG Köln: Überflutungsschäden 99 AG Düsseldorf: Beweis eines Raubes 99 Haftpflichtversicherung BGH: Fälligkeit durch Anerkenntnis 100 LG Berlin: Kündigung bei Prämienerhöhung 100 Kfz-Haftpflichtversicherung AG Erfurt: Freistellungsanspruch bei Bagatellschäden 101 Kfz-Kaskoversicherung OLG Köln: Fahrzeugentwendung 101 Rechtsschutzversicherung LG Düsseldorf: Risikoausschluss bei Baumaßnahmen 102 Krankenversicherung KG: Arbeitsunfähigkeit im Sinne des 1 Ziff. 3 MB/KT 94 102 OLG Hamm: Zahnärztliche Honorarrechnungen 103 Sonstige Versicherungen BGH: Reiseabbruchversicherung 103 OLG Frankfurt a. M.: Reise- und Warenlagerversicherung 104 Haftung BGH: Zurechnungszusammenhang 104 OLG Koblenz: Fahrzeugkollision im Begegnungsverkehr 105 OLG München: Unfall mit Inlineskates 106 LG Kempten: Räum- und Streupflichten 106 LG Aachen: Abrechnung auf Neuwagenbasis 107 AG München: Ersatzansprüche bei Personenschäden 107 Sonstiges OLG Frankfurt a. M.: Sachverständigengutachten 108 Editorial Buschmannhasen Schon furchtbar, so ein Versichererleben. Jedenfalls derzeit: Die Kapitalmarktbaisse, die dabei erlittenen Verluste, deren steuerliche Behandlung, IAS und US-GAAP, Solvency II und die permanenten Änderungen der Sozialsysteme mit ihren Reflexwirkungen auf die private Versicherungswirtschaft sind nur die Branchen-Basisprobleme, ohne die allgemeine Konjunkturflaute. Jetzt macht die Regierung auch noch Ernst mit der umstrittenen Besteuerung der Erträge aus Kapitallebensversicherungen (unter dem euphemistischen Titel AlterseinkünfteG), die eigentlich schon vom Tisch war. Dabei wird fast zur Nebensache, dass die VersBaFin in der tariflich unterschiedlich verteilten Überschussbeteiligung eine Spreizung sieht, die gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Gegen den Spreizungsvorwurf können sich die betroffenen Untenehmen noch wehren, weil erst eine unterschiedliche Überschusszuweisung die Gleichbehandlung zwischen älteren Tarifen mit höheren Zinsen und jüngeren, niedriger verzinsten Tarifen herstellt. Der Besteuerungsplan aber stellt die ganze Branche vor extrem schwierige Wettbewerbsbedingungen, was schon deswegen sinnwidrig ist, weil doch gerade diese Regierung die private Altersvorsorge propagiert wie keine vor ihr. Um dann die ohnehin schwächliche Riesterrente mit jenen unsäglichen Unisextarifen zu Grunde zu richten! Es ist nur schwer zu verstehen, dass man an verantwortlicher Stelle nicht begreifen will, dass die vorgeblich antidiskriminierend wirkenden Unisextarife ihrerseits nicht nur versicherungstechnischer Unfug, sondern auch politisch unkorrekt sind. Die Gleichbehandlung von Ungleichem ist genauso inakzeptabel wie die Ungleichbehandlung von Gleichem. Damit aber immer noch nicht genug: kürzlich hat das Bundesfinanzministerium beschlossen, dass die Versicherungsunternehmen zusätzlich zu Protektor und Medikator 1 ihrer Kapitalanlagen in Insolvenzsicherungsfonds einzahlen sollen. Das stellt in ohnehin schweren Zeiten zusätzliche Lasten dar, zeigt aber vor allem, wie wenig die Politik den Selbstheilungskräften der Branche vertraut. Der vom Aussterben bedrohte südafrikanische Buschmannhase ist von der Stiftung Artenschutz zum Tier des Monats April gewählt worden. Die Stiftung kümmert sich um den Erhalt existenziell gefährdeter Arten, für die es bislang keine ausreichende Lobby gibt und um den Schutz ihrer ursprünglichen Lebensräume. Vielleicht sollte der GDV über einen Aufnahmeantrag nachdenken. Rechtsanwalt Dr. Theo Langheid Nr. 9 14. Mai 2004 Mit Internet-Volltext-Service www.ivh.beck.de der besprochenen Entscheidungen Verlag C.H.Beck München und Frankfurt a. M.

98 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht Heft 1, 2004 Sachversicherung Treuwidrigkeit der Berufung auf Leistungsfreiheit 1. Trotz vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung gem. 20 Nr. 1 lit. e) AGGF kann einer geltend gemachten Leistungsfreiheit nach Treu und Glauben entgegenstehen, dass der Versicherer sich trotz Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung zunächst nicht auf die Leistungsfreiheit beruft und die Schadensaufnahme eines Sachverständigen vor erfolgtem Abriss abgeschlossen war. 2. Der Gleichartigkeit im Sinne des 18 Nr. 10 lit. a) AGGF steht im Rahmen der Wiederherstellungsklausel entgegen, wenn das Ersatzgebäude, das insoweit gleicher Art sein muss, völlig andersartig errichtet und sowohl verbessert als auch wesentlich vergrößert wurde. Verletzt der Versicherungsnehmer nach einem Brand die Obliegenheit nach 20 Nr. 1 lit. e) AGGF, wonach Veränderungen an der Schadensstelle möglichst zu vermeiden sind, solange der Versicherer nicht zustimmt, so führt dies gem. 6 Abs. 3 VVG, 20 Nr. 2 AGGF grundsätzlich zur Leistungsfreiheit des Versicherers. Dem Versicherer kann es aber unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben dennoch verwehrt sein, sich auf die Leistungsfreiheit zu berufen. Dies ist dann der Fall, wenn er sich trotz Kenntnis der Obliegenheitsverletzung zunächst nicht auf seine Leistungsfreiheit beruft und die Schadensaufnahme bereits vollständig vor Abriss des Gebäudes abgeschlossen ist. Erschwerend kommt hinzu, wenn sich der Versicherer auch in der Folgezeit trotz der ihm bekannten Umstände zunächst nicht auf die Leistungsfreiheit beruft und sich wegen der streitigen Höhe des Brandschadens auf ein Sachverständigenverfahren gem. 33 AGGF einlässt. Auch dass der Versicherer die Forderung des Klägers auf Auszahlung des Neuwertanteils ohne Berufung auf die Leistungsfreiheit ablehnt und sich erstmals in der Klageerwiderung auf diese beruft, spricht für dessen Treuwidrigkeit mit der Folge, dass dieser zur Leistung verpflichtet bleibt. Eine Wiederherstellung im Sinne des 18 Nr. 10 lit. a) AGGF ist zu verneinen, wenn nach Abriss des brandgeschädigten Gebäudes ein Neubau nicht auf demselben Grundstück, sondern auf einem 110 m entfernten Grundstück erfolgt und sowohl die Geschosszahl als auch der Rauminhalt (7.606 cbm statt 3.204 cbm) verändert werden. Der Neuwertentschädigungsanteil besteht dann nicht, wenn ein völlig andersartiges Gebäude errichtet wurde. Eine Wiederherstellung kann nur dann angenommen werden, wenn das neu errichtete Gebäude etwa dieselbe Größe aufweist wie das zerstörte und gleichartigen Zwecken dient. Die zulässige Berufung hatte im Ergebnis nur teilweise Erfolg. Trotz einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers ging das OLG davon aus, dass der Versicherer zur Leistung verpflichtet bleibe, da die Berufung auf Leistungsfreiheit gegen Treu und Glauben verstoße. Versagt wurde dem Versicherungsnehmer aber ein Anspruch auf Neuwertentschädigung nach Maßgabe der 11, 12 Nr. 2, 18 Nr. 1 AGGF. Er hatte nach Auffassung des Gerichtes ein andersartiges Gebäude errichtet und insoweit bestand der Anspruch lediglich auf Ersatz des Zeitwertschadens des zerstörten Gebäudes gem. 11 Nr. 2 lit. b) AGGF. OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.01.2004-19 O 175/01 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118129 Arglistige Täuschung durch Wissenserklärungsvertreter 1. Im Bereich der Wohngebäudeversicherung begründet die Vorlage einer falschen Rechnung auch dann eine zur Leistungsfreiheit des Versicherers führende arglistige Täuschung, wenn weder eine Bereicherungsabsicht des Antragstellers vorlag noch eine Schädigung des Versicherers gewollt war. 2. Der Versicherungsnehmer muss sich das täuschende Verhalten seines Wissenserklärungsvertreters bei Ausfüllung der Schadenanzeige entsprechend 166 BGB zurechnen lassen. Nach 21 Abs. 1 VGB 88 ist der Versicherer von seiner Entschädigungspflicht befreit, wenn der Versicherungsnehmer versucht, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Hierbei genügt es, wenn eine vorsätzliche Täuschung darüber vorliegt, welche Firmen für den Versicherungsnehmer im Zuge der Schadensbehebung tätig waren. Die Frage, welche Motivation der Täuschung zu Grunde liegt, ist ohne Einfluss auf die Frage, ob ein vorsätzliches Vorgehen tatsächlich vorliegt. Liegt also eine Täuschung darüber vor, welche Firma zur Schadensbehebung tätig wurde, so betrifft dies Tatsachen, die für den Grund und die Höhe der Entschädigung von Bedeutung waren. Die Voraussetzungen der Arglist liegen auch dann vor, wenn weder eine Bereicherungsabsicht des Anspruchstellers noch eine Schädigung des Versicherers gewollt war. Hat der Versicherungsnehmer seinen Anspruch gegen den Versicherer an eine dritte Person abgetreten und füllt diese als der Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers eine Schadensanzeige aus, so findet 166 BGB entsprechende Anwendung. Der Versicherungsnehmer muss sich die Täuschung dieses Wissenserklärungsvertreters entsprechend 166 BGB wie eine eigene Täuschung zurechnen lassen, was zur Leistungsfreiheit gemäß 21 Abs. 1 VGB 88 führen kann. Die Klage, mit der der Kläger Versicherungsschutz aus abgetretenem Recht des Versicherungsnehmers wegen eines unstreitigen Leitungswasserschadens begehrte, hatte keinen Erfolg. Der Kläger hatte zusammen mit der Schadensanzeige eine Rechnung einer Firma vorgelegt, die nicht zur Schadensbehebung tätig geworden war,

Heft 1, 2004 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht 99 und hatte die Rechnung selbst verfasst. Nachdem das Verfahren bereits durch einen Vergleich beendet worden war, erklärte der beklagte Versicherer die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung und beantragte die Fortsetzung des Rechtsstreits. Das LG ging von einer Leistungsfreiheit der Beklagten aus. Auch das Berufungsgericht nahm an, dass Leistungsfreiheit gemäß 21 Abs. 1 VGB 88 bestehe. Die Berufung wurde zurückgewiesen. OLG Köln, Urt. v. 18.11.2003-9 U 32/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118128 Versicherungsschutz bei Schäden durch Grundstücksüberflutung Ist in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer Wohngebäudeversicherung geregelt, dass der Versicherungsfall dann eingetreten ist, wenn die versicherte Sache durch Überschwemmung beschädigt wurde, so muss es zu einer Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsortes durch Ausuferung von oberirdischen Gewässern und Witterungsniederschlägen gekommen sein und der Schaden unmittelbar darauf beruhen. Ist nach den AVB davon auszugehen, dass Versicherungsschutz nur dann besteht, wenn durch Überschwemmung des Versicherungsortes versicherte Sachen zerstört oder beschädigt werden, so sind hiervon nur Schäden erfasst, die durch Ausuferung von oberirdischen Gewässern oder Witterungsniederschläge unmittelbar entstehen. Der Schaden muss dann dadurch entstehen, dass sich auf der Erdoberfläche erhebliche Wassermengen angesammelt haben, mithin Wasser über die Erdoberfläche austritt oder geleitet wird. Dies ist indes zu verneinen, wenn versickertes Wasser von einer ausgefallenen Drainagepumpe nicht mehr abgeleitet werden kann und Schäden daraus resultieren. Ein unmittelbar adäquat kausaler Zusammenhang besteht dann zwischen der Überflutung des Grundstücks und dem Schaden nicht mehr. Auch wenn die Versicherungsbedingungen nicht ausdrücklich einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen der Elementargefahr und dem Schaden verlangen, der Wortlaut also nicht von Unmittelbarkeit spricht, kann sich dieser Unmittelbarkeitszusammenhang dennoch aus dem systematischen Aufbau des Textes, aus der Stellung im Gesamtbedingungswerk und im Gesamtkontext mit den VGB 88 ergeben. Der Kläger begehrte im zu Grunde liegenden Fall Versicherungsschutz, da nach seinem Vortrag ein im Rahmen der Wohngebäudeversicherung versicherter Schaden durch Überschwemmung des Grundstückes entstanden war. Nachdem es zu ergiebigen Niederschlägen gekommen war, habe er festgestellt, dass in Räumen seines Kellers Feuchtigkeitsschäden entstanden waren. Dies war jedoch nach seinem Vortrag dadurch geschehen, dass die Drainagepumpe nicht mehr funktionierte und das versickerte Regenwasser nicht mehr abgepumpt wurde. Das Gericht verneinte einen bedingungsgemäßen Versicherungsfall und ging davon aus, dass der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet sei. LG Köln, Urt. v. 01.04.2004-24 O 401/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118131 Beweisanforderung an einen versicherten Raub Beruft sich der Versicherungsnehmer darauf, der Versicherer sei wegen eines Raubes eintrittspflichtig, so trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast, dass im Zeitpunkt der Entwendung seine Widerstandskraft im Sinne des 5 Abs. 2 c VHB 84 ausgeschaltet war. Besteht zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Hausratversicherer Versicherungsschutz auch für Schäden durch Raub, so setzt dies gemäß 5 Abs. 2 c VHB 84 voraus, dass die Widerstandskraft des Versicherungsnehmers im Zeitpunkt der Wegnahme der versicherten Sache ausgeschaltet war. Die Darlegungs- und Beweislast für diese fehlende Widerstandskraft trägt der Versicherungsnehmer. Ist nach dem Vortrag des Versicherungsnehmers nicht auszuschließen, dass die abhanden gekommenen Schmuckstücke in einem Zeitpunkt entwendet wurden, als seine Widerstandskraft gerade nicht ausgeschaltet war, so geht dies zu seinen Lasten. Der Versicherungsschutz ist in diesem Falle zu verneinen. Ein Raub ist zudem auch nur dann gegeben, wenn zwischen physischer Ursache und der Wegnahme nicht nur ein adäquater, sondern nach dem Zweck der Erweiterung des Raubbegriffes ein unmittelbarer Ursachenzusammenhang vorgelegen hat. Daher besteht Versicherungsschutz nur für Sachen, die der Täter aus der unmittelbaren körperlichen Obhut des Opfers entfernt, nicht dagegen für Sachen, die der Täter heimlich aus der weiteren Umgebung des Opfers wegholt. Im zu Grunde liegenden Fall begehrte die Versicherungsnehmerin Versicherungsschutz, da ihre Ohrstecker nach ihren Angaben während der Zeit ihres Aufenthaltes in einer Klinik gestohlen worden waren. Sie war dort mehrfach ins Vollkoma versetzt worden und war insofern zeitweise nicht zum Widerstand in der Lage. Das Gericht hielt den Vortrag der Versicherungsnehmerin nicht für ausreichend, dass im Zeitpunkt der Wegnahme der Ohrstecker ihr komatöser Zustand Widerstand tatsächlich verhindert habe. Es sei nicht auszuschließen, dass diese bei Abhandenkommen der Ohrstecker gerade nicht im Koma gelegen habe, da der komatöse Zustand nicht während des gesamten Klinikaufenthaltes angedauert habe. Darüber hinaus sei auch nicht ausgeschlossen, dass etwa die Ohrstecker während des Krankenhausaufenthaltes von Bediensteten der Klinik ordnungsgemäß abgenom-

100 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht Heft 1, 2004 men und zur Aufbewahrung hinterlegt und damit vom Aufbewahrungsort unerlaubt entfernt worden seien, was dem Raub im Sinne des 5 Abs. 2 c VHB 84 ebenfalls entgegenstehe. Da die Klägerin also ihrer Darlegungsund Beweislast nach Auffassung des Gerichts nicht gerecht wurde, wies das Amtsgericht die Klage ab. AG Düsseldorf, Urt. v. 17.02.2004-54 C 7902/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 117410 Haftpflichtversicherung Feststellung des Haftpflichtanspruchs durch Anerkenntnis des Versicherungsnehmers Die Frage, ob eine Feststellung des Haftpflichtanspruchs im Sinne von 154 Abs. 1 Satz 1 VVG durch Anerkenntnis des Versicherungsnehmers (oder des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Versicherungsnehmers) vorliegt, ist unabhängig davon zu beurteilen, ob das Anerkenntnis im Deckungsverhältnis eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung darstellt ( 5 Nr. 5 ivm 6 AHB, 154 Abs. 2 VVG). 157 VVG räumt dem Geschädigten bei Insolvenz des Versicherungsnehmers ein Recht auf abgesonderte Befriedigung an der Versicherungsforderung ein und dieser kann den Haftpflichtversicherer des Schädigers ohne Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Haftpflichtanspruch des Geschädigten gemäß 154 Abs. 1 Satz 2 VVG festgestellt worden ist, weil dieser durch 157 VVG keine weiter gehende Rechtsstellung als der Versicherungsnehmer erlangt. Für die Feststellung genügt jedoch bereits das Anerkenntnis einer Schadenersatzforderung durch den Konkurs- oder Insolvenzverwalter. Von diesem Problem zu unterscheiden ist die Frage, ob der Versicherer im Deckungsverhältnis an ein ohne seine Zustimmung abgegebenes Anerkenntnis gebunden ist (Trennungsprinzip). Dies ist nur dann zu verneinen, wenn ein Anerkenntnisverbot in den Schranken des 154 Abs. 2 VVG wirksam als Obliegenheit mit der Sanktion der Leistungsfreiheit im Versicherungsvertrag vereinbart ist ( 5 Nr. 5 ivm 6 AHB, 6 Abs. 3 VVG) und der Versicherer sich mit Erfolg darauf berufen kann. Eine Feststellung des Haftpflichtanspruchs durch Anerkenntnis nach 154 Abs. 1 VVG liegt daher nicht erst vor, wenn die Voraussetzungen des 154 Abs. 2 VVG erfüllt sind oder der Versicherer zugestimmt hat. Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung und Verhandlung an das Berufungsgericht zurück. Das Berufungsgericht habe zu klären, ob der Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis des Konkursverwalters oder rechtskräftige Feststellung zur Tabelle festgestellt worden sei. BGH, Urt. v. 17.03.2004 - IV ZR 268/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118132 Das Urteil wird für die Überlegungen zur VVG- Reform eine bedeutende Rolle spielen. Dort ist das Verbot jeglichen Anerkenntnisverbots vorgesehen, 106 KE. Die Begründung der Kommission, das Anerkenntnis des VN wirke gegenüber dem Versicherer nur im Rahmen des tatsächlich Geschuldeten, könnte mit dem Urteil des BGH vom 17.3. 2004 Makulatur geworden sein. Denn das Anerkenntnis könnte danach durchaus Bindungswirkung entfalten, weil es nicht mehr als Obliegenheitsverletzung und deswegen unverbindlich ausgestaltet werden kann. Kein Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Prämienerhöhung nach 8 II AHB 1. Eine Prämienerhöhung nach 8 Abs. 2 AHB wegen höherer Jahreslohn- und Gehaltssumme im Vergleich zum Vorjahr im Rahmen einer Gewerbehaftpflichtversicherung führt nicht zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers. 2. Ficht der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag wegen angeblich arglistiger Täuschung des Versicherers beim Abschluss des Vertrages an, so muss er nachweisen, dass der Versicherer ihn getäuscht und mit Täuschungswillen gehandelt hat. Gem. 31 VVG kann der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats nach Eingang der Mitteilung des Versicherers mit sofortiger Wirkung das Versicherungsverhältnis kündigen, wenn der Versicherer aufgrund einer Anpassungsklausel die Prämie erhöht, ohne dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes ändert. Ist im Rahmen der Prämienregulierung nach 8 II AHB eine Prämie rückwirkend erhöht worden, da auf eine erneute Anfrage des Versicherers die Jahreslohn- und Gehaltssumme wesentlich höher angegeben wurde, so fällt dies nicht unter das außerordentliche Kündigungsrecht des 31 VVG. Die Prämienregulierung nach 8 II AHB erfasst vielmehr den Fall, dass sich der Versicherungsschutz tatsächlich geändert hat, weil etwa in einem Jahr mehr Personen beschäftigt waren. Sind nämlich mehr Personen beschäftigt, erhöht sich auch die Gefahr, dass ein eintrittspflichtiger Versicherungsfall gegeben ist. Ficht der Versicherungsnehmer den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an, so obliegt es diesem, die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung darzutun. Dabei genügt es nicht, wenn er sich alleine darauf beruft, dass im Antragsformular die konkrete Höhe der Beitragssteigerung je weitere 1000,00 DM Jahreslohn- und Gehaltssumme nicht angegeben wurde. Allein von einem Nichtausfüllen der entsprechenden Zahl im Antragsformular

Heft 1, 2004 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht 101 kann nicht auf Arglist geschlossen werden. Es ist ersichtlich, dass es im Rahmen der Gewerbehaftpflichtversicherung auf die Jahreslohnsumme ankommt, wenn sich dies schon aus dem Antragsformular ergibt und zudem eine Ausweisung der Summe im Versicherungsschein darauf hinweist. Zudem ist offensichtlich, dass es bei Abschluss einer Gewerbehaftpflichtversicherung auf das konkrete Risiko ankommt, das sich mit höherer Mitarbeiterzahl auch erhöht. Von einer Möglichkeit zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist auch dann nicht auszugehen, wenn der Versicherungsnehmer sich darauf beruft, dass er lediglich eine Zimmerei betreibt und keine, wie sich aus dem Versicherungsschein ergibt, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierung, die aber die wesentlich höhere Prämien bedingt und vom Versicherer angenommen wurde. Es bedarf zur Geltendmachung einer arglistigen Täuschung hier eines genauen Vortrags, was im Antragsgespräch besprochen wurde und dass der Versicherer den Versicherungsnehmer getäuscht hat. Auf die Berufung der Klägerin wurde das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin forderte von dem Beklagten die Zahlung noch ausstehender Versicherungsprämien. Dieser berief sich jedoch darauf, das Versicherungsverhältnis außerordentlich gekündigt und auch durch Anfechtung den Vertrag rückwirkend beseitigt zu haben. Das Gericht jedoch ging davon aus, dass dem Beklagten ein Recht zur ordentlichen Kündigung zustehe, das dieser wirksam ausgeübt habe. Die Prämien aber seien bis zur ordentlichen Beendigung des Vertrages geschuldet und nur insofern habe die Klage Erfolg. LG Berlin, Urt. v. 09.12.2003-7 S 54/02 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118134 Kfz-Haftpflichtversicherung Vertragliche Nebenpflicht zur Übernahme eines Schadensausgleichs Der Kfz-Haftpflichtversicherer ist bei Bagatellschäden verpflichtet, dem Versicherungsnehmer die Regulierung des Gesamtschadens anzubieten, wenn sich eine gründliche Prüfung des Schadens aus wirtschaftlichen Gründen nicht anbietet. Verletzt er diese vertragliche Nebenpflicht, so kann der Versicherungsnehmer Freistellung von einer etwaigen auf der Schadensregulierung beruhenden Prämienerhöhung verlangen. Ist der Versicherungsnehmer mit seinem Pkw an die Anhängerkupplung des Unfallgegners angestoßen und macht dieser Ansprüche geltend, obwohl keine sichtbaren Schäden nach dem Unfall erkennbar waren, so ist es dem Versicherer grundsätzlich aus wirtschaftlichen Gründen gestattet, eine gutachterliche Überprüfung des Schadens zu verweigern, wenn diese den Ersatz der Anhängerkupplung um ein Vielfaches übersteigen würde. In dieser Fallkonstellation aber ist eine vertragliche Nebenpflicht des Versicherers zu bejahen, den Schadensausgleich selbst zu übernehmen, um eine Erhöhung der Versicherungsprämie zu verhindern. Darüber hinaus darf sich der Versicherer nicht auf den Kostenvoranschlag einer Reparaturwerkstatt und die Schadensdarstellung des Geschädigten verlassen, wenn der Versicherungsnehmer dargelegt hat, dass aus seiner Sicht kein Schaden entstanden sei. Verlässt er sich dennoch auf die Angaben des Geschädigten, so verletzt er seine Pflicht zur Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche. Grundsätzlich muss der Versicherer in diesem Fall zur Abwehr unbegründeter Entschädigungsansprüche sowie zur Minderung und sachgemäßen Feststellung des Schadens einen Sachverständigen zur Begutachtung einschalten. Ist diese Begutachtung aber aus wirtschaftlichen Aspekten nicht geboten, so muss der Versicherer seine Vorgehensweise mit dem Versicherten absprechen und diesen vorab von einer Prämienerhöhung freistellen. Das Gericht gab der Klage im zu Grunde liegenden Fall statt und traf die vom Kläger begehrte Feststellung, dass dieser von der Versicherungsprämienerhöhung aufgrund eines Verkehrsunfalls freizustellen sei. AG Erfurt, Urt. v. 16.03.2004-13 C 3998/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 117413 Kfz-Kaskoversicherung Beweis des Kfz-Diebstahls durch Anhörung des Versicherungsnehmers Kann ein Versicherungsnehmer den Nachweis der Entwendung eines Fahrzeuges durch den von ihm benannten Zeugen nicht führen, kann auf seine Angaben nur dann zurückgegriffen werden, wenn er uneingeschränkt glaubwürdig ist. Dies ist nicht der Fall, wenn er in der Schadensanzeige zwei Fragen vorsätzlich falsch beantwortet hat. Nach 12 1 I b AKB steht dem Versicherungsnehmer gegen den Versicherer Versicherungsschutz zu, wenn dessen Fahrzeug entwendet wurde. Dabei muss der Versicherungsnehmer das äußere Bild einer Fahrzeugentwendung nachweisen. Die Rechtsprechung gewährt im Falle der Diebstahlversicherung allerdings Beweiserleichterungen und der Versicherungsnehmer muss nur den Sachverhalt darlegen und beweisen, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Fahrzeugentwendung zulässt. Es wird hierbei kein Vollbeweis verlangt, sondern nur der Nachweis des äußeren Bildes einer Fahrzeugentwendung. Dabei genügt es in der Regel, wenn der Versicherungsnehmer beweist, dass er den Pkw zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht wieder aufgefun-

102 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht Heft 1, 2004 den hat. Hat der Versicherungsnehmer Zeugen benannt und können deren Bekundungen die Überzeugung des Gerichts nicht begründen, so kann auch auf Angaben des Versicherungsnehmers zurückgegriffen werden. Dies ist aber nur dann möglich, wenn der Versicherungsnehmer uneingeschränkte Glaubwürdigkeit für sich beansprucht. Es können aber insbesondere Bedenken an der Zuverlässigkeit aufgrund eines aktuellen Versicherungsfalles in Betracht kommen, die bei einer Gesamtschau gewichtige Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers hervortreten lassen. Hat der Versicherungsnehmer in der Schadensanzeige bewusst falsche Angaben zu den Eigentumsverhältnissen an dem vermeintlich entwendeten Pkw gemacht, was nicht zuletzt für den Umfang der Entschädigung von entscheidender Bedeutung ist, und zudem verneint, dass er vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ist und das Fahrzeug zum Betriebsvermögen gehöre, obwohl in Wahrheit nicht er selbst, sondern eine GmbH Eigentümer des Pkw ist, so steht dies einer uneingeschränkten Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers entgegen und dessen Angaben können die Überzeugung des Gerichts nicht begründen. Die Berufung des Klägers hatte im zu Grunde liegenden Fall keinen Erfolg und wurde zurückgewiesen. Das Gericht ging davon aus, dass dieser den behaupteten Diebstahl eines Pkw nicht bewiesen habe und daher der Versicherer nicht zum Versicherungsschutz verpflichtet sei. Die Widerklage, die auf die Rückzahlung eines Darlehens, das dem Versicherungsnehmer vom Versicherer gewährt worden war, abzielte, hatte dagegen Erfolg. OLG Köln, Urt. v. 18.11.2003-9 U 186/02 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118127 Rechtsschutzversicherung Auslegung der Baurisikoklausel der ARB 75 Der Risikoausschluss des 4 Abs. 1 lit. k) ARB 75 greift dann ein, wenn die vom Versicherungsnehmer angestrebte Rechtsverfolgung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes steht, wobei sowohl ein zeitlicher als auch ein innerer sachlicher Zusammenhang gegeben sein muss. Die Ausschlussklausel des 4 Abs. 1 lit. k) ARB 75 verfolgt den Zweck, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten um Baumaßnahmen aller Art und die sie unmittelbar begleitenden Vorgänge von der Versicherung auszunehmen. Sie stellt dafür auf den unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes ab. Maßgeblich ist also, ob die vom Versicherungsnehmer angestrebte Rechtsverfolgung der Planung und Errichtung eines Gebäudes zuzuordnen ist; die Klausel erfasst das Baurisiko, für das Auseinandersetzungen typisch sind, die über die anlässlich eines Bauvorhabens erbrachten Leistungen geführt werden. Es geht um die Wahrung der rechtlichen Interessen, die der Bauherr an der Planung und Errichtung eines mangelfreien Gebäudes hat. Macht der Versicherungsnehmer in einem Verfahren, für das er Leistungen der Rechtsschutzversicherung begehrt, gegen den seinerzeit beurkundenden Notar und die Notarkammer Schadensansprüche geltend, weil der Notar sich vorsätzlich pflichtwidrig verhalten und ihn dadurch deliktisch geschädigt habe, so ist die Rechtsverfolgung des Versicherungsnehmers einem anders gearteten Risiko zuzuordnen, das nicht zu den von der Baurisikoklausel erfassten gehört. Der Vorwurf der Amtspflichtverletzung des Notars und der Untreue steht außerhalb des mit der Klausel verfolgten Zweckes. Die behauptete Amtspflichtverletzung des Notars resultiert vielmehr aus dem öffentlich rechtlichen Auftragsverhältnis des Versicherungsnehmers zum Notar und beeinflusst die Planung oder Errichtung des Bauvorhabens allenfalls mittelbar. Die Risikoausschlussklausel des 4 Abs. 1 lit. k) ARB 75 greift insoweit nicht ein. Im zu Grunde liegenden Fall begehrte die Klägerin Erstattung der Hälfte der durch die Verfolgung ihrer Schadensersatzansprüche gegenüber ihrem Notar und der Notarkammer entstandenen Rechtsanwaltsgebühren. Auf die Berufung der Klägerin wurde das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Hauptforderung der Klägerin in vollem Umfang stattgegeben. Lediglich hinsichtlich des Zinsanspruches wurde die Berufung teilweise zurückgewiesen und die Klage hatte insofern keinen Erfolg. LG Düsseldorf, Urt. v. 04.02.2004-23 S 491/02 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 117407 Krankenversicherung Arbeitsunfähigkeit eines Fußballtrainers Ist der Versicherte gesundheitlich zu wenn auch eingeschränkten Tätigkeiten in seinem bisherigen Beruf imstande geblieben, so besteht keine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit im Sinne des 1 Ziff. 3 MB/KT 94. Nach 1 Ziff. 3 MB/KT 94 ist von Arbeitsunfähigkeit auszugehen, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und sie keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der privaten Krankentagegeldversicherung ist damit enger als der in der gesetzlichen Versicherung. Von Arbeitsunfähigkeit ist nicht auszugehen, wenn die Möglichkeit eingeschränkter Tätigkeit besteht.

Heft 1, 2004 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht 103 Das Gericht wies die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der gegen einen Prozesskostenhilfe ablehnenden Bescheid vorging, zurück. Das Gericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die beabsichtigte Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten zeige. Der Antragsteller, der als Fußballtrainer tätig war, litt an einer Kniegelenkserkrankung. Er machte nun geltend, arbeitsunfähig zu sein und begehrte Versicherungsleistungen. Der Sachverständige ging aber davon aus, dass er acht Stunden leichte körperliche Tätigkeiten ausüben könne und zudem war unstreitig, dass bestimmte Tätigkeitsfelder (leitender und Aufsicht führender Art) von dem Antragsteller weiter ausgeführt werden konnten. Der Antragsteller legte im Ergebnis bloße Beeinträchtigungen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit dar, blieb aber den Beweis dafür schuldig, dass er die Tätigkeiten als Fußballtrainer überhaupt nicht ausüben könne. Dies genügte nicht für eine schlüssige Begründung seines Anspruchs. KG, Beschl. v. 21.11.2003-6 W 220/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118125 Der Zahnarzt darf nur tatsächlich entstandene Aufwendungen für gesondert berechnungsfähiges Material an den Patienten weitergeben. Daraus folgt, dass er auch gehalten ist, eingeräumte Rabatte weiterzuleiten. Ebenso wie bei den zahntechnischen Leistungen nach 9 GOZ, bei denen der Zahnarzt nicht einen zusätzlichen Gewinn erwirtschaften darf, sondern lediglich den Ersatz seiner Auslagen verlangen kann, verhält es sich auch bei den Materialkosten. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass der Zahnarzt auch hinsichtlich dieser Kosten Einkaufsbelege vorlegen muss. Mit der Fälligkeitsregelung des 10 GOZ werden an den Zahnarzt hinsichtlich seiner Verpflichtung zur Rechnungslegung besondere Anforderungen gestellt. Die Fälligkeit des zahnärztlichen Honoraranspruchs setzt nicht nur die Erstellung einer prüffähigen Rechnung voraus, sondern der Verordnungsgeber hält den Zahnarzt darüber hinaus auch zur Vorlage von Belegen an. Die in 10 Abs. 3 GOZ allerdings auf Auslagen für zahntechnische Leistungen nach 10 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. 9 GOZ beschränkte Belegpflicht ist als Ausnahmeregelung nicht über den Anwendungsbereich des 10 Abs. 3 GOZ hinaus auszudehnen. Der Verordnungsgeber hat es nicht für notwendig erachtet, auch bei Materialkosten, für die ohnehin in der Regel keine patientenbezogenen Rechnungen ausgestellt werden, die Belegpflicht einzuführen. Die insoweit als ausreichend angesehene Angabe von Art, Menge und Preis verwendeter Materialien bewirkt eine hinreichende Transparenz. Es besteht jedoch im Verdachtsfall die Möglichkeit, die in der Rechnung angegebenen Preise zu bestreiten und dadurch den Zahnarzt ggf. zu zwingen, vermutete Rabatte aufzudecken. Der Kläger begehrte im zu Grunde liegenden Fall von der Beklagten die Erstattung eingereichter Zahnarztrechnungen, die die Beklagte nur teilweise für erstattungsfähig hielt. Die noch ausstehenden Beträge betrafen sämtliche Kosten für Implantatmaterial. Die Beklagte hielt die Forderung für nicht fällig, da sie sich auf den Standpunkt stellte, dass ohne Beifügung von Belegen der Hersteller/Vertreiber des Materials die Rechnung nicht prüfbar und daher nicht fällig sei. Dem erteilte das Gericht jedoch eine Absage und wies die Berufung der Beklagten in der Sache zurück. OLG Hamm, Urt. v. 30.01.2004-20 U 211/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 117418 Anforderung an zahnärztliche Honorarforderungen Nach 10 GOZ ist für die Fälligkeit der zahnärztlichen Honoraransprüche nicht nur die Erstellung einer prüffähigen Rechnung Voraussetzung, sondern darüber hinaus hält diese Norm auch zur Vorlage von Belegen an. Dies gilt aber nur hinsichtlich des Anwendungsbereichs des 10 Abs. 3 GOZ für Auslagen für zahnärztliche Leistungen und ist nicht über diesen Anwendungsbereich hinaus auszudehnen. Sonstige Versicherungen Nicht genutzte Reiseleistung bemisst sich nach dem Pauschalpreis Verspricht der Versicherer bei einer Reiseabbruchversicherung die Erstattung des Wertes der nicht genutzten Reiseleistung, ist bei einer Pauschalreise für die Berechnung des Wertes des nicht genutzten Teils der Reiseleistung der Pauschalpreis maßgeblich. Die maßgeblichen Klauseln der Reiseabbruchversicherung lauten: 1 2. Bei Abbruch der Reise aus einem der unter 2 AVB RR genannten Gründe erstattet die...(bekl. Vers.) außerdem den Wert der nicht genutzten Reiseleistung. 3. Die während der Reise unerwartet schwer erkrankte oder schwer verletzte Person kann auf Wunsch anstelle der Leistung nach Nr. 2 einen Reisegutschein über den vollen Reisepreis der abgebrochenen Reise abzüglich Selbstbehalt wählen. Der Erstattungsberechnung ist im Falle einer Pauschalreise nach 1 Nr. 2 AVB RR der gesamte Pauschalpreis einschließlich des Wertes der Flüge zu Grunde zu legen. Dies legt bereits der Wortlaut der Regelung nahe. Versprochen wird nicht die Erstattung einzelner Aufwendungen, sondern die des Wertes der nicht genutzten Reiseleistung, nicht einzelner Reiseteilleistungen. Eine Pauschalreise mag sich zwar aus Teilleistungen zusammensetzen, ihr besonderes Merkmal ist aber, dass diese vom Veranstalter zu einer Gesamtheit, zu einer einzigen

104 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht Heft 1, 2004 Reiseleistung zusammengefasst werden. Reiseleistung ist demnach für den Versicherungsnehmer, der eine Pauschalreise bucht, die Gesamtleistung, nicht die jeweilige Teilleistung. Der Wert der nicht genutzten Reiseleistung ist deshalb vor diesem Hintergrund als Teil des Gesamtpreises zu bestimmen, indem der Wert der Reise insgesamt seinen Ausdruck gefunden hat. Diese Auslegung wird auch durch 1 Nr. 3 AVB RR bestätigt, wonach dem Versicherten, in dessen Person sich ein Abbruchgrund verwirklicht, wahlweise ein Reisegutschein über den vollen Reisepreis versprochen wird, selbst wenn dieser etwa Flugleistungen beansprucht hatte. Es ist für den Versicherungsnehmer aber nicht ohne weiteres einsichtig, dass für die Wahlleistung auf den vollen Reisepreis abgestellt wird, bei der Leistung gemäß 1 Nr. 2 AVB RR dagegen nur die tatsächlich nicht in Anspruch genommenen Teilleistung etwa unter Ausklammerung der Flugleistungen den Ausgangspunkt für die Berechnung der Ersatzleistung bilden könnte. Der klagende Versicherungsnehmer hatte für sich und seine Ehefrau über einen Reiseveranstalter eine Flugpauschalreise gebucht. Geplante Reisedauer war vom 15. September bis 01. Oktober 2001. Er hatte zudem ein Versicherungspaket abgeschlossen, in dem eine Reiseabbruchversicherung enthalten war. Während der Reise war die Ehefrau des Klägers schwer erkrankt, so dass das Ehepaar zum Reiseabbruch gezwungen war. Der Rückflug wurde dementsprechend vorverlegt. Während die Ehefrau des Klägers den Gutschein über den vollen Reisepreis wählte, begehrte der Kläger selbst Erstattung des Wertes der nicht genutzten Reiseleistung. Die Beklagte hatte jedoch bei der tagesanteiligen Berechnung die Flugkosten außer Acht gelassen. Der BGH sprach nunmehr in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht dem Kläger den Differenzbetrag zu. BGH, Urt. v. 28.01.2004 - IV ZR 65/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 117420 des Gegenstandes, der Intensität des Diebstahlsanreizes sowie dem Gefährdungsgrad der jeweiligen Örtlichkeit und Situation. Den Anforderungen an ein sicher verwahrtes Mit-sich-Führen genügt der Versicherungsnehmer dann nicht, wenn er in einer Handtasche Schmuck und Geld im Gesamtwert von ca. 145.000,00 EUR bei sich trägt und diese Tasche in dem Gepäckkorb des zwischen ihm und dem Ticketschalter befindlichen, quer stehenden Gepäckwagens ablegt. Die Tatsache, dass der Inhalt der Handtasche einen besonders hohen Wert hat, erhöht ebenso die Anforderungen an das sicher verwahrte Mit-sich-Führen des Schmucks wie auch die Tatsache, dass der Ticketschalter auf einem Großflughafen mit hohem Aufkommen von anonymen Personen zur Nachmittagszeit im Hinblick auf eine Entwendungsgefahr mitgeführter Taschen eine erhebliche, extreme Gefahrensituation darstellt. Auch wenn jederzeit Zugriffsmöglichkeit und Blickkontakt mit der Handtasche besteht, so ist diese nicht sicher mitgeführt, wenn der Versicherungsnehmer ein Verkaufsgespräch am Ticketschalter führt, dadurch abgelenkt ist und seine Konzentration sich auf den Vorgang des Ticketkaufs richtet. Gerade diesen Umstand machen sich professionelle Täter häufig zunutze. Die Berufung der Klägerin hatte im zu Grunde liegenden Fall keinen Erfolg. Diese hatte bereits erstinstanzlich erfolglos Klage gegen den Versicherer erhoben. Ihr war ihre Tasche mit Wertsachen und Schmuck am Flughafen entwendet worden und sie ging nun gegen den Reise- und Warenlagerversicherer vor. Das Gericht nahm an, dass die objektive Risikobegrenzung des 1 Nr. 4b AVB R 92 eingreife und daher ein Versicherungsschutz nicht gegeben sei. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 15.01.2004-3 U 39/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118135 Objektive Risikobegrenzung nach 1 Nr. 4b AVBR 92 Der Versicherungsnehmer führt Schmuck nicht im Sinne von 1 Nr. 4b AVBR 92 sicher verwahrt bei sich, wenn er eine Handtasche, in der sich die Wertsachen befinden, in einen Gepäckkorb des zwischen ihm und dem Ticketschalter befindlichen, quer stehenden Gepäckwagens legt und diese entwendet wird. 1 Nr. 4b AVBR 92, der bestimmt, dass Versicherungsschutz im Rahmen der Reise- und Warenlagerversicherung für Schmuck besteht, der im persönlichen Gewahrsam sicher verwahrt mitgeführt wird, ist seinem Rechtscharakter nach als objektive Risikobegrenzung einzuordnen. Die Klausel fordert von dem Versicherungsnehmer, dass er wertvolles Gut durch vorbeugendes Verhalten besonders sichert, wobei eine gesteigerte Form des persönlichen Verhaltens verlangt wird und das Maß des Sicherungsverhältnisses abhängig ist vom Wert Haftung Zurechnung eines Zweitunfalles Der Tatrichter kann den haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang zwischen einem Erstunfall, durch den es zur Teilsperrung einer Autobahn kommt, und den Schadensfolgen eines Zweitunfalls, der dadurch verursacht wird, dass ein Kraftfahrer ungebremst in die durch den Erstunfall veranlassten ordnungsgemäßen Absicherungsmaßnahmen fährt, je nach den besonderen Umständen des Einzelfalles verneinen. In einem solchen Fall kann auch die Abwägung der Betriebsgefahren der beteiligten Kraftfahrzeuge ( 17 StVG) zu dem Ergebnis führen, dass der Verursacher des Erstunfalls für die Schäden des Zweitunfalls nicht haftet. Auch wenn ein Erstunfall kausal im naturwissenschaftlichen Sinne für einen darauf folgenden Zweitunfall auf

Heft 1, 2004 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht 105 der Autobahn gewesen ist, so kann es gleichwohl unter den besonderen Umständen des Einzelfalles an einem Zurechnungszusammenhang fehlen. Dies ist dann anzunehmen, wenn es zu dem Zweitunfall dadurch gekommen ist, dass dessen Verursacher ordnungsgemäße und ausreichende Sicherungsmaßnahmen nicht beachtet hat, die nach einem die Fahrbahn versperrenden Erstunfall getroffen wurden. Zur Verneinung des Zurechnungszusammenhangs kann es bereits ausreichen, wenn ein eigenständiges Verhalten eines Dritten dem Geschehen eine Wendung gibt, die die Wertung erlaubt, das für den Erstunfall gesetzte Risiko sei für den Zweitunfall von völlig untergeordneter Bedeutung und eine Haftung des Erstunfallverursachers sei daher nicht gerechtfertigt. Auch ein nicht vorsätzliches Verhalten des Zweitunfallverursachers kann zur Schaffung eines neuen Risikos führen, das mit dem durch den Erstunfall geschaffenen Risiko nur noch äußerlich zusammenhängt. Dies ist dann der Fall, wenn die erste Unfallstelle bereits seit einiger Zeit abgesichert ist und von mehreren Autofahrern auf dem rechten freien Fahrstreifen passiert wurde. Dann kann nämlich davon ausgegangen werden, dass der Verursacher des zweiten Unfalles auf jedes gut abgesicherte Hindernis aufgefahren wäre. Auch im Rahmen der Gefährdungshaftung kann sich insofern eine Inanspruchnahme des Erstverursachers durch den beim zweiten Unfall Geschädigten verbieten, so dass eine Zurechnung der Betriebsgefahr bei naturwissenschaftlicher Kausalität zu verneinen ist. Grundsätzlich ist eine Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile und damit der jeweiligen Betriebsgefahr nach 17 StVG erforderlich. Denn wird eine Autobahn durch ein Unfallgeschehen ganz oder teilweise gesperrt, so kann auch die Betriebsgefahr der für die Sperrung ursächlichen Fahrzeuge fortwirken, bis die Unfallstelle geräumt, ausreichend abgesichert oder jedenfalls so weit wieder befahrbar ist, dass keine besonderen Gefahren des Unfallgeschehens für nachfolgende Fahrer mehr bestehen. Dabei kann aber der Betriebsgefahr wegen ausreichender Absicherung der Unfallstelle gerade dann keine wesentliche Bedeutung zukommen, wenn der Unfall ganz maßgeblich durch eine unangepasste Fahrweise des Fahrers des später auffahrenden Pkw verursacht worden ist. Die Betriebsgefahr des Erstschädigers muss insofern zurücktreten. Die Revision der Klägerin hatte im zu Grunde liegenden Fall keinen Erfolg. Sie verlangte als Haftpflichtversicherer von den Beklagten hälftige Erstattung der Regulierungsleistungen, die sie auf einen Verkehrsunfallschaden erbracht hatte. Der Beklagte zu 2) verursachte zunächst mit seinem Pkw einen Zusammenstoß, der dazu führte, dass die beiden kollidierten Fahrzeuge schräg auf der an der Unfallstelle dreispurigen Autobahn stehen blieben und den zweiten und dritten Fahrstreifen blockierten. Der Fahrer eines nachfolgenden Pkw erkannte den Unfall, hielt sein Fahrzeug ca. 20 m vor der Unfallstelle an, schaltete sein Fernlicht und die Warnblinkanlage ein, aktivierte außerdem den Rückfahrscheinwerfer, indem er den Rückwärtsgang einlegte und stellte in 150 m Entfernung ein Warndreieck auf. In den nächsten Minuten fuhren weitere Fahrzeuge auf dem noch freien rechten Fahrstreifen an der Unfallstelle vorbei. Lediglich der Versicherungsnehmer der Beklagten fuhr ungebremst auf den die Unfallstelle sichernden Pkw auf. Das Gericht sah ebenso wie die Vorinstanzen einen Zurechnungszusammenhang zum Erstunfall als nicht gegeben an, da der Versicherungsnehmer der Klägerin durch sein Verhalten allein den Zweitunfall herbeigeführt habe. BGH, Urt. v. 10.02.2004 - VI ZR 218/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118118 Abwägung beiderseitiger Verursachungsanteile bei Verkehrsunfall im Begegnungsverkehr 6 StVO betrifft nur Engstellen, die ein gefahrloses Passieren von Fahrzeugen im Gegenverkehr ausschließen. Aber nach dem Gebot der Rücksichtnahme aus 1 Abs. 2 StVO muss auch derjenige zurückstehen, der ohne Inanspruchnahme der Gegenfahrspur an teilweise auf seiner Fahrspur parkenden Fahrzeugen vorbeifahren will, wenn Gegenverkehr erkennbar ist, der sich unter Verstoß gegen 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 Satz 2 StVO seinerseits nicht rechts hält. Kommt es zu einem Verkehrsunfall, weil die Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges nach einer Linkskurve an einem am Straßenrand auf einem Parkstreifen geparkten, die Straße einengenden Pkw vorbeifahren will und der Fahrer des Beklagtenfahrzeuges ohne erkennbaren Grund einen Abstand von 1,5 m von dem aus seiner Sicht rechten Fahrbahnrand hält, so rechtfertigt sich bei Zusammenprall der Fahrzeuge in der Fahrbahnmitte eine Haftungsquotelung von 1/3 zu 2/3. Nach 17 StVG sind die beiderseitigen Verursachungsanteile unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr zu bemessen. Derjenige, der an einem am Straßenrand auf dem Parkstreifen geparkten Pkw vorbeifährt, verletzt 1 Abs. 2 StVO, wenn es sich nicht um eine Engstelle im Sinne von 6 StVO handelt, die voraussetzt, dass die Inanspruchnahme der Gegenfahrspur erforderlich ist. 1 StVO normiert das Gebot der Rücksichtnahme. Hiernach muss auch derjenige zurückstehen, der ohne Inanspruchnahme der Gegenfahrspur an einem Pkw vorbeifahren will, wenn mit dem Gegenverkehr zu rechnen ist, der sich erkennbar nicht scharf rechts hält oder die Mittellinie berührt. Erschwerend kommt hierbei hinzu, wenn es an einer Fahrbahnmittenbegrenzung auf der Straße fehlte, die eine genaue Einschätzung der Fahrweise und Passiermöglichkeiten gestattet hätte. Auch dieser Umstand erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit und stellt eine unklare Verkehrslage dar, die es rechtfertigt, auf das Gebot der Rücksichtnahme aus 1 StVO zurückzukommen. Derjenige aber, der in der oben genannten Unfallkonstellation ohne erkennbaren Grund eineinhalb Meter vom rechten Fahrbahnrand fährt, verstößt gegen das Rechtsfahrgebot und das Gebot, die Geschwindigkeit den Straßen-, Sicht- und

106 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht Heft 1, 2004 Verkehrsverhältnissen anzupassen gemäß 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 Satz 2 StVO. Hat ein Fahrer bei einer Fahrgeschwindigkeit im Grenzbereich der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in einer Rechtskurve und angesichts eingezeichneter Parkmarkierungen sowie parkender Fahrzeuge am Rand der Gegenfahrspur ohne verkehrsbedingt nachvollziehbaren Grund das Rechtsfahrgebot nicht beachtet, indem er rund eineinhalb Meter von dem für ihn rechten Fahrbahnrand gefahren ist, trifft ihn der überwiegende Verschuldensanteil. Die Klägerin machte im zu Grunde liegenden Fall Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls geltend. Das Gericht ging davon aus, dass sie einen Verursachungsanteil zu 1/3 zu tragen habe. Auf die Berufung der Klägerin wurde daher das landgerichtliche Urteil, das der Klage mit einer Haftungsquote von 50:50 teilweise stattgegeben hatte, entsprechend abgeändert. Die Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg. OLG Koblenz, Urt. v. 13.10.2003-12 U 1163/02 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118119 Kein Anscheinsbeweis zu Lasten des auffahrenden Skaters Es existiert kein Anscheinsbeweis für das Verschulden eines auf einen anderen Inlineskater auffahrenden Inlineskaters, schon gar nicht während einer Blade- Night. Ereignet sich ein Unfall, indem ein Inlineskater auf einen vor ihm stehenden Skater auffährt und dieser daraufhin stürzt und sich Verletzungen zuzieht, so setzt ein deliktischer Schadensersatzanspruch voraus, dass der Geschädigte ein Verschulden des Schädigers beweist. Es existiert nämlich kein für das Verschulden des Schädigers sprechender Anscheinsbeweis. Das Unfallgeschehen unter Beteiligung von Inlineskates ist nämlich nicht vergleichbar mit demjenigen, das sich bei einem Verkehrunfall unter Pkw-Beteiligung darstellt. Ereignet sich der Unfall im Rahmen einer sog. Blade-Night, so ergeben sich zudem Besonderheiten, da wegen der räumlichen Nähe der vielen Teilnehmer unmittelbar vor dem Start und des vergleichsweise unsicheren Standes auf den Inlineskates, die nicht ohne weiteres auf der Stelle angehalten werden können, ein Sturz in der dem Fall zu Grunde liegenden Art mehrere Erklärungsmöglichkeiten aufweist. Eine typische Fallgestaltung, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung den Schluss rechtfertigt, ein Inlineskater hätte schuldhaft gehandelt, wenn er einen anderen zu Fall bringt, lässt sich unter diesen Umständen nicht feststellen. Die Berufung des Beklagten hatte im zu Grunde liegenden Fall Erfolg. Das Urteil des Landgerichts München wurde abgeändert und die Klage abgewiesen. Das Landgericht München hatte erstinstanzlich einen Anscheinsbeweis für das Verschulden des Schädigers angenommen. Diese Auffassung aber teilte das Oberlandesgericht München nicht und ging davon aus, dass der Geschädigte den Beweis für ein Verschulden des Schädigers schuldig geblieben war. OLG München, Urt. v. 12.12.2003-10 U 2345/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118120 Verkehrssicherungspflichten auf einem Parkplatz Ein Parkplatz außerhalb geschlossener Ortschaften, der weit gehend Freizeitsportlern als Parkgelegenheit dient und sich nicht durch einen schnellen Fahrzeugwechsel auszeichnet, begründet mangels Verkehrswichtigkeit keine Verkehrssicherungspflicht. Auf einem Parkplatz außerhalb der geschlossenen Bebauung sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Grundsätze der Räum- und Streupflicht für den Fahrverkehr außerhalb geschlossener Ortschaften anzuwenden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass generelle Eisfreiheit im Winter gerade nicht erwartet werden kann und der Verkehrsteilnehmer auch mit glatten Flächen rechnen muss. Im Hinblick auf die Abwägung der sich im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gegenüberstehenden teilweise gegenläufigen Interessen ist eine uneingeschränkte Räum- und Streupflicht nicht anzunehmen. Art und Wichtigkeit der Verkehrseinrichtung sowie die Verkehrsbestimmung entscheiden über den Umfang der Räum- und Streupflichten. Grundsätzlich bestehen demnach außerhalb geschlossener Ortschaften entsprechende Pflichten, es sei denn, es handelt sich um gefährliche Stellen, wobei es insoweit auf die Verkehrswichtigkeit der Örtlichkeit ankommt. Hat sich auf einem Parkplatz ein Glätteunfall ereignet, so steht der Verkehrswichtigkeit dieses Parkplatzes zum einen entgegen, wenn dieser außerhalb der geschlossenen Bebauung liegt und darüber hinaus meist Freizeitsportlern als Parkgelegenheit dient und dadurch längere Stehzeiten der Fahrzeuge die Regel sind. Die Größe des Parkplatzes ist hingegen kein Indiz für dessen Verkehrswichtigkeit. Allein die tatsächliche Nutzung ist maßgeblich. Es kann aber dennoch zur Annahme von Räum- und Streupflichten kommen, wenn der Parkplatz als besonders gefährliche Stelle einzustufen ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Anlage und deren Zustand die Bildung von Glatteis derart begünstigen, dass diese besonderen Umstände von einem Kraftfahrer trotz der von ihm zu fordernden erhöhten Sorgfalt bei Fahrten auf winterlichem Untergrund nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind. Ist allerdings für jeden Verkehrsteilnehmer erkennbar, dass dieser von einer Eisfläche überzogen ist und daher Glättegefahr besteht, so fehlt es an einer besonderen Tücke, die den Verkehrsteilnehmern eine Einschätzung der Gefahren erschwert. Es steht der Einordnung der Verkehrssicherungspflicht nicht entgegen, wenn für die Nutzung des Parkplatzes

Heft 1, 2004 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht 107 eine Gebühr zu entrichten ist. Der Kraftfahrer benutzt den gebührenpflichtigen Parkplatz nicht deshalb, weil er eine bessere Ausstattung, konkret ein geändertes Räumund Streuverhalten des Verkehrssicherungspflichtigen erwartet, sondern weil er mangels eines kostenlosen Parkplatzes gezwungen ist, den gebührenpflichtigen Parkplatz zu benutzen. Die Klägerin begehrte Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich auf einem Parkplatz der Beklagten ereignet hatte und in den einer ihrer Busse verwickelt war. Der Platzplatz war im Zeitpunkt des Unfalls stark vereist, und nach wenigen Metern auf dem Parkplatz war der Bus stehend auf der Fahrbahn hinten links weggerutscht und gegen einen dort abgestellten Pkw geprallt und beschädigt worden. Das Landgericht verneinte im zu Grunde liegenden Fall eine Schadensersatzpflicht der Beklagten und wies die Klage ab, da eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht anzunehmen sei. LG Kempten, Urt. v. 03.02.2004-3 O 2694/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118122 Voraussetzungen der Abrechnung auf Neuwagenbasis Eine Abrechnung eines Kfz-Schadens auf Neuwagenbasis nach einem Verkehrsunfall ist nur dann möglich, wenn das Fahrzeug maximal einen Monat alt ist und eine Laufleistung unter 1000 km aufweist. Zudem ist Voraussetzung, dass die Weiterbenutzung des Neuwagens nach der Reparatur dem Geschädigten unzumutbar sein muss. Wird bei einem Verkehrsunfall ein Pkw beschädigt, so muss sich der Eigentümer des Pkw grundsätzlich auf Schadensersatz in Höhe der Nettoreparaturkosten verweisen lassen; eine Abrechnung auf Neuwagenbasis ist auf Ausnahmefälle beschränkt. Nach 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Die Herstellung des früheren Zustandes erfolgt grundsätzlich durch Reparatur des unfallbeschädigten Fahrzeuges. Nur in Ausnahmefällen ist die Abrechnung auf Neuwagenbasis zugelassen, wobei Voraussetzung hierfür zunächst ist, dass das Fahrzeug maximal einen Monat alt ist und eine Laufleistung unter 1000 km aufweist. Darüber hinaus ist Voraussetzung, dass die Weiterbenutzung des Neuwagens nach Reparatur dem Geschädigten nicht zuzumuten ist. Dies ist der Fall, wenn durch spurloses Auswechseln der beschädigten Teile und/oder eine neue Teillackierung der frühere Zustand völlig wiederhergestellt werden kann. Zudem ist die Weiterbenutzung eines reparierten Neufahrzeuges auch dann zumutbar, wenn durch den Unfall keine Fahrzeugteile beschädigt wurden, die für die Sicherheit des Fahrzeuges von besonderer Bedeutung sind und nach Reparatur kein Unsicherheitsfaktor verbleibt. Als weiterer Gesichtspunkt ist zudem auch die Höhe der Reparaturkosten zu beachten. Teilweise wird in der Rechtsprechung eine Unzumutbarkeit erst dann angenommen, wenn die Reparaturkosten mindestens 30% des Neupreises betragen. Die Klage hatte im zu Grunde liegenden Fall nur teilweise Erfolg. Soweit der Kläger Schadensersatz auf Neuwagenbasis forderte, wurde die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Abrechnung auf Neuwagenbasis nicht vorlagen. Den Anspruch der Klägerin zu 2), die das Fahrzeug gefahren hatte und nun Schmerzensgeld begehrte, hielt das Gericht in Höhe von 200,00 EUR für angemessen und wies die darüber hinaus gehende Forderung als unbegründet ab. LG Aachen, Urt. v. 12.01.2004-11 O 381/03 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118121 Schadensersatz eines verunfallten Kassenpatienten Der bei einem Unfall an seiner Gesundheit geschädigte Kassenpatient kann grundsätzlich nur Ersatz der Kosten verlangen, die im Rahmen einer kassenärztlichen Versorgung entstehen. Ein Mehraufwand ist aber dann zu ersetzen, wenn dieser medizinisch geboten ist. Gemäß 249 BGB hat der Schadensersatzpflichtige den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Die Wiederherstellungskosten bei Verletzung einer Person bestehen in den Kosten der Heilbehandlung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass, wenn der Geschädigte Kassenpatient ist, die Versorgung grundsätzlich im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung durchzuführen ist und ein Mehraufwand nur in Ausnahmefällen ersetzt werden muss. Dieser Mehraufwand steht dem Geschädigten nur dann zu, wenn dieser medizinisch geboten ist. Ist es bei einem Unfall zu Schädigungen der Zähne gekommen, so kann der Beklagte nicht geltend machen, eine Teilkronenbehandlung sei unangemessen, wenn ein Sachverständigengutachten die Überzeugung des Gerichts begründet, dass diese Teilkronenversorgung aus medizinischen Gründen geboten sei. Dies ist dann der Fall, wenn der Sachverständige angibt, dass wegen ausgedehnter Defekte eine Dauerhaftigkeit von Füllungen nicht gegeben und zudem eine Entscheidung für Teilkronen begründet sei, da die Präparation von Teilkronen und Veneers wesentlich weniger Zahnsubstanz fordere, als die Behandlung mit Vollkronenersatz. Der Erhalt der Zahnsubstanz ist oberstes Gebot der Zahnbehandlung. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass gerade im Schneidezahnbereich eine Verblendschale oder Teilkrone das Aussehen des Patienten nicht zu stark verändert. Ist also nach der Einschätzung des Sachverständigen davon auszugehen, dass die Teilkronenbehandlung durchaus medizinisch geboten sei, so rechtfertigt sich der Mehraufwand gegenüber der Kassenleistung.

108 Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht Heft 1, 2004 Der Kläger begehrte im zu Grunde liegenden Fall einen Restschadensersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall. Er verlangte die Zahlung noch ausstehender Zahnbehandlungskosten, die der Beklagte verweigerte, da eine prothetische Versorgung medizinisch nicht indiziert gewesen sei und die Teilkronenversorgung sich als unangemessen darstelle. Die Aufwendungen einer Heilbehandlung müssten sich auf jeden Fall im Rahmen des Angemessenen halten, so dass ein geschädigter Kassenpatient die Heilbehandlung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung durchführen lassen müsse. Dem erteilte das Gericht eine Absage und gab dem Begehren des Klägers statt. Auch in zweiter Instanz vor dem Landgericht München I wurde die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 05.03.2004 (Aktenzeichen 17 S 21452/03) zurückgewiesen. AG München, Urt. v. 15.10.2003-322 C 20471/02 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118123 Sonstiges Eigenverantwortliche Erstellung eines Gutachtens durch den bestellten Sachverständigen Bei Erstellung eines Sachverständigengutachtens darf die Befunderhebung und Informationszusammenstellung ebenso wie die wissenschaftliche Auswertung der Arbeitsergebnisse auf Hilfspersonen übertragen werden, wenn der Sachverständige diese nachvollzogen hat und mit den gefundenen Ergebnissen einverstanden ist. Etwaige Verstöße gegen 407 a ZPO können durch entsprechende schriftliche Erklärung noch in der Berufungsinstanz geheilt werden. Es bestanden im Berufungsverfahren Zweifel an der Urheberschaft und Verantwortlichkeit der vom Erstgericht beauftragten Sachverständigen hinsichtlich zweier eingeholter Gutachten. Der Senat führte insoweit aus, dass der Sachverständige die Befunderhebung an Hilfskräfte delegieren darf, ebenso wie die Zusammenstellung der für die Begutachtung erheblichen Informationen aus der Akte; auch darf die wissenschaftliche Auswertung der Arbeitsergebnisse ebenfalls von Hilfskräften vorbereitet werden. Insoweit reicht es aus, dass der Sachverständige erklärt, er habe die Auswertung nachvollzogen und sich zu Eigen gemacht bzw. er sei mit Befunderhebung und Beurteilung einverstanden. Eine vollständige Übertragung der Begutachtung auf einen Mitarbeiter ist dem Sachverständigen jedoch nicht gestattet. Auch bei der Delegation von Sachverständigentätigkeiten auf Hilfskräfte muss stets sichergestellt werden, dass der beauftragte Sachverständige die volle fachliche, zivil- und strafrechtliche Verantwortung für das Gutachten übernimmt. Vorliegend hatten die beauftragten Sachverständigen die Gutachten lediglich unterzeichnet. Mit der bloßen Unterzeichnung wird noch nicht hinreichend die Übernahme der Verantwortung für ein Gutachten durch den Sachverständigen erklärt, ebenso wenig durch den Zusatz einverstanden. Erforderlich sind Erklärungen wie einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Beurteilung oder mit Befund und Beurteilung einverstanden. Ob sich die Sachverständigen durch die schlichte Unterzeichnung des Gutachtens die Ausführungen nach eigener Prüfung und Beurteilung zu Eigen gemacht und die volle Verantwortung für das Gutachten übernommen hatten, bedurfte einer Klärung durch den Senat. Den vom Senat eingeholten schriftlichen Erklärungen der beiden Sachverständigen war zu entnehmen, dass jeweils die wissenschaftliche Auswertung auf ihrer eigenen Prüfung und Beurteilung beruht und sie die volle Verantwortung für das Gutachten übernehmen. Durch im Berufungsverfahren eingeholte schriftliche Erklärungen der Sachverständigen zu der Frage, ob sich diese ein Gutachten zu Eigen machen und die Verantwortung dafür übernehmen, kann ein eventueller Verstoß gegen 407 a ZPO geheilt werden (vgl. OLG Zweibrücken, VersR 2000, 605, 607). OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 18.02.2004-7 U 175/02 Volltext-Service www.ivh.beck.de: becklink 118137 Impressum Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht Verantwortlicher Schriftleiter: RA Dr. Theo Langheid, Beethovenstraße 5 13, 50674 Köln. E-Mail: ivh@bld.de Urheber- und Verlagsrechte: Alle in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache übertragen werden. Verlag: C. H. Beck ohg, Wilhelmstraße 9, 80801 München, Tel.: 089/38189-0, Fax: 0 89/3 81 89-297 (Zeitschriftenabteilung). E-Mail: abo.service@beck.de Bankverbindung: Postbank München, Kto.-Nr. 6229-802, BLZ 700 10080. Der Verlag ist ohg. Gesellschafter sind Dr. Hans Dieter Beck und Wolfgang Beck, beide Verleger in München. Ihr Ansprechpartner in der NJW-Redaktion: RA Martin W. Huff, Tel.: 0 69/75 60 91-0. Internet-Volltext-Service: www.ivh.beck.de Hotline: Tel.: 0 89/3 81 89-421 Fax: 0 89/3 81 89-134. Erscheinungsweise: Zweimal monatlich. Bezugspreise 2004: Halbjährlich 99, (darin 6,48 MwSt.) inkl. Internet-Volltext-Service. 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