Predigt zu Lukas 9, 57-62 am 8.März zur Verabschiedung von Anneliese Grujoski und zur Begrüssung von Eva Winzeler und Marco Wismer Ein bisschen haben wir schon schlucken müssen, Anneliese und ich, als wir sahen, was für ein Text für die Predigt von heute vorgeschlagen ist. Wer Jesus nachfolgen will - und als Christen/Kirche wollen wir das ja... irgendwie.. oder?!? Der oder die wird: ein Stück heimatlos: die Füchse haben Gruben, die Vögel Nester, aber der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann muss sich radikal aus Bindungen lösen - gerade zu den Eltern: Extrem: Nicht einmal mehr den Vater begraben soll er oder sie begraben. Und sich auch nicht mehr verabschieden von den Nächsten...! Sang- und klanglos verschwinden. Das Ganze gipfelt in dem Satz: Wer die Hand an den Pflug legt und schaut nach hinten, ist nicht geeignet fürs Reich Gottes. Sang- und klanglos wollen wir Dich nicht verschwinden lassen, lb Anneliese. Die beiden Neuen, Eva und Marco mögen mir verzeihen, wenn ich jetzt mich so auf Anneliese focusiere. Und doch geht es auch um Euren und unseren Neuanfang. Ich hoffe, das wird noch deutlich. Du sollst Dich nicht einfach davonschleichen...lb Anneliese! Wir wollen mit Dir zurück blicken auf diese lange Zeit, in der Du hier warst und so viel mit geprägt hast! Dir sind beim Ausräumen so viele Erinnerungen in die Hände gekommen: Von Frauenanlässen zu den verschiedensten Themen. Von Menschen, mit denen Du einen Weg zusammen gegangen bist. Viele haben Dir auch noch gesagt, geschrieben. Und uns ist sehr bewusst geworden, wo Du überall drin warst, Dein Netz... Und uns ist auch bewusst geworden, wie viele Menschen jetzt etwas verlieren. Das muss doch bewältigt werden! Es ist so wichtig, sich dafür Zeit zu nehmen! Es braucht Zeit, um wirklich Abschied nehmen zu können. Es macht einen ja auch sehr dankbar, wenn man sieht, was alles möglich warè! Es braucht Zeit, sich lösen zu können... und sich neu auszurichten. Und: Ich will doch auch nicht heimatlos durchs Leben gehen! Immer im Aufbruch... wie es Jesus von sich sagt... ist keine gerade angenehme Vorstellung. Ich brauche das Aufgehobensein! Ich brauche die Nestwärme! Ich brauche ein Zuhause! Und Wurzeln! Ich brauche die Beziehungen zu Menschen, die mich kennen und mögen... Ich erlebe doch bei anderen und mir, wie schwierig es ist, wenn man das einmal nicht hat..!!!
Anneliese hat bei der Vorbereitung gesagt - so, wie sie es manchmal auch sonst in schwierigen Situationen gesagt hat: Vielleicht ist dieser Text ja ein Fingerzeig, was Gott mir und uns in dieser Situation sagen will. Und so frage ich mich: Was ist der Fingerzeig? Was soll uns heute gesagt werden?! Und gleich muss feststellen - wenn ich ehrlich bin: Da wird uns ja ganz schön radikale Kost vorgesetzt!! Es erinnert einen an radikale religiöse Gruppierungen heute. Da werden Menschen herausgerissen, um sich ihnen anzuschliessen. Ich stelle fest: Ich lebe nicht so und ich denke, die meisten, die hier sind, auch nicht. Wir haben unsere guten Gründe Wir richten uns ein: privat und als Kirche. Wir bauen unsere festen Gebäude und halten sie gut im Stand. Aber damals war es so! Jesus lebte das. Er hat eine lebendige Gemeinschaft um sich geschart., von Frauen und Männern, die bereit waren, seine Lebensweise zu teilen. Die sich, ganz wie er, von geordneten Verhältnissen verabschiedeten; die auf Familie und Besitz verzichteten und mit ihm durchs Land zogen. Die bereit waren, sein Leben mit ihm zu teilen. Schutzlos und unsicherer war es, als das von Füchsen und Vögeln. So fing es einmal an Und ich kann auch sagen: Er hat keine Gewalt angewendet. Er hat keine Gebiete besetzt. Und: Auch damals lebten nicht alle so: Martha, eine Maria, einen Lazarus, und andere zogen nicht mit. Es war die Existenzform Jesu. Und jetzt: was machen wir damit? Sagen wir: Damals war es so, aber heute ist es eben anders?!? Ja, es ist heute anders. Wir leben in anderen Verhältnissen. Wir müssen die biblischen Texte auslegen in unsere Zeit hinein! Aber mein Anliegen: sie nicht zahnlos zu machen und harmlos! Sie nicht uns anzupassen! Was er gelebt hat und was ihm wichitg war, an dem kann ich nicht einfach vorbei gehen! Und ich frage mich: Was ist der Kern?!? Auf was zielt Jesus mit diesen Provokationen?!? Es geht nicht darum, diese Sätze gesetzlich und buchstabengetreu auszulegen und zu befolgen. Aber: um was geht es ihm denn dann? Auf einmal war mir, als ginge es nicht darum: - was fordert er? - sondern: wozu will er mir/dir Mut machen?! - und wovon will er mich/dich befreien?! - und: zu was will er mich befreien?!
Ich lese noch einmal den letzten Satz: Er ist für mich wie der Kern: Wer die Hand an den Pflug legt und sieht nach hinten, der/die ist nicht geeignet fürs Reich Gottes. Mit den Worten ist ein Bauer vor meine Augen gestellt von früher oder aus einem Entwicklungsland: Den Pflug, den Ochsen ziehen, umfasst er mit beiden Händen. Konzentriert ist er bei der Sache. Der Boden soll genügend tief und in gleichmässigen Furchen aufgepflügt werden, damit er parat ist für die Saat. Wenn er dauernd zurück schaut, werden die Furchen unweigerlich krumm. Wertvoller Boden wird dadurch vergeudet. Wenn er seine Arbeit getan oder einen Abschnitt hinter sich hat, wird er schon zurück schauen und sich freuen oder prüfen. Aber nicht dauernd. Denn es gibt ein Zurückschauen, das gefährlich ist! Eines, das mich erstarren lässt! Dass mich zu einer Salzsäule werden lässt, wie Lots Frau, die zurück schaut und sich nicht losreissen kann. Und die Frage an mich heute von diesem Text her ist: Wo ist bei der Punkt in Deinem Leben, wo Dir das gesagt ist?! Wo ist der Punkt, wo er dich befreien will von etwas, in dem Du festhängst?! Denn das Leben ist nicht nur hinter Dir, sondern auch vor Dir!! Solange Du lebst! Und Gott ist vor Dir und ruft Dich von dort: Bleibt nicht an dem hängen, was einmal war und was jetzt nicht mehr so ist. Bleib nicht gefangen in rückwärtsgewandten Sehnsüchten nach einer Zeit, die besser war. Verliere dich nicht in Wehmut an verlorene Fähigkeiten, die Du einmal hattest. Wenn Klagen über Verlorenes zudecken, was noch erhalten ist, werden sie tödlich. Dein Klagen bringt sie nicht zurück. Sie rauben Dir die Kraft... Bleibe nicht gefangen in Deinen Verdiensten und Siegen und Erfolgen. Du kannst und sollst Dich daran freuen und dankbar dafür sein. Aber sie sollen mir nicht den Blick verstellen für das, was er jetzt mit Dir vorhat. Und bleibt vor allem nicht gefangen in dem, was euch im Leben nicht gelungen ist und in den Verletzungen und Enttäuschungen, die ihr erlitten habt. Gebt ihnen nicht mit Tränen und Gedanken immer neue Nahrung! Löse Dich aus Erwartungen, die dich lähmen Schaue Deine Lebenssituation neu an: was Du wirklich brauchst...und was Du hinter Dir lassen kannst... Wo ist in Beziehungen ein Neubeginn oder ein Abstand nötig?! Wo sind Fesseln? Wo ruft er mich...einen Schritt zu tun? Wo ruft er uns als Kirche: wo sind wir verzagt und ängstlich und klammert uns an Vergangenes, an das, wie es war?! Wo werden die Furchen krumm, weil Du zu viel zurückschaust!
Mir ist, als ob mir zugerufen würde: Habt das große Ziel vor Augen, dass Reich Gottes genannt wird! Erkennt das Feld der Möglichkeiten, die vor euch liegen. Zugegeben: Der Weg bis dahin ist weit, aber seht doch: Gott kommt Dir entgegen! Ist mit Euch unterwegs! Und keine Angst vor Überforderung! Damals 2004 - - Anneliese, als Du angefangen hast, wurde die Predigt über Deinen Konf-Spruch gehalten, über Josua 1,9 Sei tapfer und entschlossen! Lass dich durch nichts erschrecken Und verliere nie den Mut: Denn ich, Dein Gott, bin bei Dir, wohin Du auch gehst! Das wünsche ich Dir für den neuen Lebensabschnitt; Eva und Marco für ihren Neuanfang Und uns allen! Amen