FEM der rechtliche Rahmen Unterbringungsarten, Verhältnismäßigkeit, Haftungsfragen Aktuelle rechtliche Entwicklungen / Rechtsprechung der Fachgerichte Seminaris Medizinrecht Freiheit geben, Sicherheit gewährleisten Freiheitsentziehende Maßnahmen erfolgreich reduzieren Fachtagung in Cotbus 12.09.2012 Hans-Werner Röhlig 46047 Oberhausen, Seilerstraße 106 Tel.: 0208-86 62 04 - Fax: 0208-86 22 88
1906 BGB (1) Eine Unterbringung des Betreuten, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, weil die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt... oder 2. eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann. (2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. (4) Dies gilt entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll. (5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung in Maßnahmen nach Absatz 4 setzt voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die Maßnahmen ausdrücklich umfasst.
geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zwangsbehandlung im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung Der BGH hat am 20.06.2012 unter dem Eindruck zweier Entscheidungen des BverfG entschieden, dass ein Betreuer nach der aktuellen Gesetzeslage nicht befugt ist, im Rahmen der geschlossenen Unterbringung die Zwangsbehandlung des Betreuten zu veranlassen. Der Anwendungsbereich des 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB wird derzeit beschränkt auf Fallkonstellationen, in denen der Betreute bei zumindest hinreichender Compliance in die Medikation die Notwendigkeit der damit verbundenen Unterbringungsmaßnahme nicht einsieht. In NRW werden derzeit unter Federführung des JM Alternativen unter Einschluss erforderlicher Gesetzesänderungen mit Hochdruck beraten. Frage: Wie verhalten wir uns bei Betreuten, wenn sie eine medizinisch indizierte Therapie ablehnen und dieses Verhalten zu vermeidbarer erheblicher Gesundheits- und / oder Lebensgefahr führt? BGH a.a.o : Der Senat verkennt nicht, dass dass Fehlen von Zwangsbefugnissen zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen dazu führen kann, dass ein Betroffener ohne eine solche Behandlung einen erheblichen Schaden nimmt. Der Senat hat bereits hinsichtlich der Problematik einer ambulanten Zwangsbehandlung wiederholt darauf hingewiesen.
Dürfen unruhige und nicht orientierte Patienten fixiert werden? Wann dürfen Bettgitter und Gurte angelegt werden und was folgt, wenn Patienten mit und ohne schützende Fixierungsmaßnahmen Verletzungen erleiden?
Fixierungen im Einverständnis der Betroffenen entsprechen der Patientenautonomie. Zur rechtlichen Absicherung des therapeutischen Teams bedarf es der Dokumentation der Fixierungseinwilligung der insoweit einsichtsfähigen Patienten.
Spannungsfeld zwischen Patientenautonomie und Fürsorgepflicht Ein sich der Gefahrenlage bewusster Patient hat nach dem Grundsatz der Patientenautonomie das Recht, sich schützenden Fixierungsmaßnahmen mit Erfolg zu widersetzen. Eventuelle Schadenfälle unterliegen keinen zivil- oder strafrechtlichen Sanktionen, wenn der nachweislich auf die erhöhten Gefahren hingewiesene Patient angebotene Schutzmaßnahmen abgelehnt hat.
1906 Abs. 4 BGB genehmigungspflichtige regelmäßige und auf einen längeren Zeitraum angelegte Fixierungsmaßnahmen bei einwilligungsunfähigen Patienten: - voraussichtlich über zwei Tage - regelmäßig zur Nachtzeit, etc. Dabei setzen Anzeige- /Genehmigungspflichten voraus, dass der Patient objektiv durch die Maßnahme freiheitlich beeinträchtigt wird und dies irgendwie zu empfinden vermag!!!
Bei Faxsendung der ärztlichen Fixierungsanordnung an das Amtsgericht unter Angabe der Patientendaten und des evtl. Betreuers bzw. Bevollmächtigten kommt eine Einrichtung der Sorgfaltspflicht in kritischen Fällen nach, so dass weiter sicher nach den Vorgaben des hausinternen QM-Managements Fixierungen vorbehaltlich abweichender gerichtlicher Weisung im Einzelfall durchgeführt werden können.
Vorgabe der Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen nach 1906 IV BGB (so auch: 20 PsychKG NW) ärztliche Anordnung und ständige fachpflegerische Beobachtung. die Betroffenen behalten so viel Bewegungsfreiheit wie möglich. Art und Dauer der Maßnahmen sind nachprüfbar dokumentiert. eine gerichtliche Genehmigung entbindet nicht davon, die Erforderlichkeit der Maßnahmen laufend zu überprüfen und sie bei einer Änderung der Verhältnisse auszusetzen, gegebenenfalls aufzuheben. (Jensen/Röhlig, Das neue Betreuungsrecht, S. 60 mit Hinweis auf LG Berlin, Recht und Psychiatrie 1990, S. 178, 181)
Formalien einer Fixierung nach 1906 IV BGB Voraussetzung für die Genehmigung der freiheitsentziehenden Maßnahmen ist, dass sie auf ausdrückliche ärztliche Anordnung und unter ständiger fachpflegerischer Beobachtung erfolgen, dass die Art der Maßnahmen so zu wählen sind, dass die Betroffenen soviel Bewegungsfreiheit wie möglich behalten, und dass die Art und die Dauer der Maßnahmen auf eine geeignete, für die Aufsicht des Krankenhausträgers nachprüfbare Weise in den Stationsunterlagen dokumentiert wird. Die für die Betroffenen unbedingt erforderliche Bewegungsfreiheit muss vor allen Dingen gewährleistet sein. Die Beteiligten werden diesen Modalitäten Rechnung zu tragen haben. Eine gerichtliche Genehmigung entbindet die Beteiligten nicht von der Pflicht, die Erforderlichkeit der Maßnahmen laufend zu überprüfen und sie gegebenenfalls bei einer Änderung der Verhältnisse aufzuheben. (Jensen/Röhlig, Das neue Betreuungsrecht, S. 60 mit Hinweis auf LG Berlin, Recht und Psychiatrie 1990, S. 178, 181)
Qualitätssicherung in der medizinischen Versorgung weist der Einrichtung die Pflicht zu, das Gefahrenpotential unvermeidbare Restrisiko zu vermindern. 2012 - Seminaris Medizinrecht, Hans-Werner Röhlig, Seilerstraße 106, 46047 Oberhausen
Der Grundsatz, dass Gesundheitseinrichtungen ihre Leistungen nach dem allgemein anerkannten Stand medizinischpflegerischer Erkenntnisse zu erbringen haben, ist auch bei der Frage zu beachten, wie sie auf eine hervorgetretene Sturzgefährdung zu reagieren haben. (BGH, Urteil vom 14.07.2005, NJW 2005, S. 2613 f.) Alternativen: Werdenfelser Weg und Bonner Erklärung
Der Ehemann einer an Sturzfolgen einer von einer Pflegekraft unzureichend gesicherten Geschädigten erhielt bei tödlicher Folge des Sturzunfalls ein Schmerzensgeld von 8.000 Euro. (Urteil des OLG Zweibrücken vom 01.06.2006 4 U 68/05)
2001 Seminaris Medizinrecht - Hans-Werner Röhlig, Seilerstraße 106, 46047 Oberhausen
Prüf- und Maßnahmenkatalog Fixierungserfordernis nach dem ultima-ratio-prinzip Risikoprüfung therapeutische Anordnung Sicherungsmaßnahmen dokumentierte Überwachung Einbindung in QM-Management 2012 - Seminaris Medizinrecht Hans-Werner Röhlig 46047 Oberhausen
Die Entscheidungskriterien unterliegen einer objektiven Risikobewertung und nicht der Parole: es ist noch immer gut gegangen : Das Recht trägt der geschichtlichen Entwicklung Rechnung, in der die nötige Durchsetzung des Neuen gegen das im Bisherigen Befangene imponiert. 2012 - Seminaris Medizinrecht - Hans-Werner Röhlig, Seilerstraße 106, 46047 Oberhausen
wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. 2012 Seminaris Medizinrecht - Hans-Werner Röhlig, Seilerstraße 106, 46047 Oberhausen
danke für Ihre Aufmerksamkeit!