Jugendkriminalität: Problem und Lösungsansätze

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Transkript:

Wildbad Kreuth, 07.01.2008 Jugendkriminalität: Problem und Lösungsansätze Beschluss der XXXII. Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag vom 07. 09. Januar 2008 in Wildbad Kreuth Die Tatverdächtigenzahlen unter Kindern und Jugendlichen zur Gewaltkriminalität sind leider seit Jahren auf hohem Niveau stehen geblieben. Besonders Großstädte sind betroffen, z.b. in München erhöhte sich die Zahl der schweren Körperverletzungen von 2.400 im Jahr 2000 auf 3.400 im Jahr 2006. 1 Der Anteil der Jugendlichen daran liegt bei 16% 2, wenngleich im selben Zeitraum der Anteil der 15- bis 17-Jährigen an der Münchner Gesamtbevölkerung nur 2,3% betrug. 3 Auf das Problem der Jugendkriminalität kann es keine pauschalen Antworten geben. Je mehr gefährdete junge Menschen durch ihre Familie oder eine engagierte Jugendarbeit rechtzeitig aufgefangen werden können, umso besser aber auch vor den Einzelfällen, in denen dies nicht gelingt, darf verantwortliche Politik die Augen nicht verschließen. Die auffälligen Serienstraftäter müssen in den jeweiligen Großstädten erfasst werden, damit für jeden Einzelfall durch enge Zusammenarbeit der Verantwortungsträger die für ihn angemessene Lösung erarbeitet werden kann. Herausforderung durch Integrationsdefizite nicht zu leugnen: Das Thema Gewaltkriminalität (unter Jugendlichen) lässt sich nicht auf Zuwanderer reduzieren oder pauschal als reines Integrationsproblem klassifizieren. Andererseits gehört es zur Wahrheit, dass unter den Tatverdächtigen überproportional Nichtdeutsche vertreten sind und die Problematik daher auch mit einer vielfach gescheiterten Ausländerintegration zu tun hat. Die polizeiliche Kriminalstatistik (hier: Langzeitvergleich Städtedaten 1995 2004) weist in deutschen Großstädten einen besonders hohen Anteil ausländischer jugendlicher und heranwachsender krimineller Gewalttäter aus. 1 Vgl. Sicherheitsreport 2006 des Polizeipräsidiums München, S. 16f. 2 Vgl. Sicherheitsreport 2006 des Polizeipräsidiums München, S. 37 3 Vgl. Statistisches Amt der Landeshauptstadt München: Die Bevölkerung nach Altersgruppen 2006 Herausgeber: Hartmut Koschyk MdB Parlamentarischer Geschäftsführer 11011 Berlin Platz der Republik1 Telefon (030) 227-70212 Telefax (030) 227 76712 www.csu-landesgruppe.de

- 2 - So traten beispielsweise in Berlin ausländische männliche Jugendliche im Jahr 2005 3,4mal so oft als Gewalttäter polizeilich in Erscheinung wie deutsche Jugendliche. 4 Allen beschönigenden Versuchen, diesen Umstand mit Hinweisen auf angeblich rückläufige Ausländeranteile in der Kriminalitätsstatistik zu relativieren ist zu widersprechen. - Einbürgerungen und Doppelstaater : Infolge des 1999 von Rot-Grün geänderten Staatsbürgerschaftsrechts wurden Einbürgerungen erleichtert. In einer großen Einbürgerungswelle wurden allein in den folgenden vier Jahren über 660.000 hier lebende Ausländer zu Deutschen. 5 Dieser Prozess setzt sich weiter fort, mittlerweile wurden seit dem Jahr 2000 eine Million vormaliger Ausländer in Deutschland eingebürgert. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Zahlenentwicklung bei jugendlichen und heranwachsenden Tatverdächtigen nichtdeutscher Herkunft: Z.B. in München bezogen sich 40% der 4.390 Einbürgerungen im Jahre 2000 auf Kinder unter zehn Jahren. 6 Sollten bei einigen von diesen Integrationsdefizite vorliegen und sie deshalb als Straftäter in Erscheinung treten, würden sie statistisch als Deutsche erfasst. Hinzu kommen die bis Ende 2006 in Deutschland geborenen 320.000 Kinder und Jugendlichen, die nach dem neuen Staatsangehörigkeitsgesetz zusätzlich zur Staatsbürgerschaft ihrer Eltern die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen haben. 7 Bis sie sich nach dem Optionsmodell zwischen dem 18. und dem 23. Geburtstag für eine Staatsbürgerschaft entschieden haben, werden sie statistisch als Deutsche geführt. - Einbürgerung belegt nicht erfolgreiche Integration: Die hohe Zahl der Einbürgerungen ist vor allem deshalb problematisch, da die Einbürgerung in Deutschland bislang nicht an die Bedingung geknüpft war, ein gewisses Integrationsniveau nachweisen zu müssen. Erst 2006 haben die Innenminister der Länder einheitliche Standards verabredet: Schriftliche und mündliche Deutschkenntnisse und abgeschlossene Integrationskurse zur Vermittlung staatsbürgerlicher Grundkenntnisse. Deshalb kann es bei den bislang Eingebürgerten schwerwiegende Integrationsdefizite geben. Jugend-/Gewaltkriminalität kann nicht ausgeschlossen werden. In der Statistik nimmt in irreführender Weise die Zahl nichtdeutscher Tatverdächtiger tendenziell ab, die der deutschen dagegen zu. 4 Vgl. LKA Berlin, Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, Langzeitvergleich Städtedaten 1995 2004 5 Vgl. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 23.7.2007 6 Vgl. Amtliche Statistik der Landeshauptstadt München, Schriftenreihe M-Statistik Heft 6/2000 7 Vgl. Statistisches Bundesamt, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit 2006, Anlage 1

- 3 - Beschönigung der wahren Integrationsprobleme: Die alten Statistiken, die einfältig nur zwischen Deutschen und Ausländern unterscheiden, sind unbrauchbar, wenn man das rechtstreue Verhalten von Menschen mit Migrationshintergrund erkennen will. Risikofaktoren für gewalttätiges Verhalten Jugendlicher mit Migrationshintergrund sind meist zurückzuführen auf folgende Defizite: Aus unzureichenden Sprachkenntnissen folgt fehlender Schulerfolg. Aus mangelnder Schulbildung folgt keine qualifizierte Berufsausbildung, was wiederum eine anspruchsvollere Tätigkeit am Arbeitsmarkt erschwert. Aus dem Mangel an sozialer Anerkennung kann ein Abgleiten in eine kriminelle Laufbahn folgen. Mehr Ressourcen für die nachholende Integration bleiben also notwendig, um die Integrationsprognose insbesondere von Jugendlichen zu verbessern. Touristen sind nicht das Problem: Der Einwand, bei den nichtdeutschen Tätern könne es sich großteils um Touristen handeln, ist zurückzuweisen. Z.B. in München dem Ort des Oktoberfests lag 2006 der Anteil der Touristen und Durchreisenden unter den nichtdeutschen Gewalttätern bei lediglich 4,2 %. 8 Aufenthaltsrechtliche Sanktionen werden zu wenig eingesetzt: Eine Ausweisung der jugendlichen Intensivtäter führt nur selten zum Erfolg, da bei Jugendlichen und Heranwachsenden die frühere rot-grüne Bundesregierung den Ausweisungsschutz extrem ausgeweitet hat. Im vergangenen Jahr wurde dieser Ausweisungsschutz auf Betreiben der Union lediglich für Heranwachsende (18-21 Jahre) abgeschwächt (eingeschränkte Mehmet- Klausel ). Bei Jugendlichen, die als Schwerkriminelle in Erscheinung getreten sind, hat die SPD allerdings darauf bestanden, den Ausweisungsschutz aufrecht zu erhalten. Deshalb können Minderjährige auch weiterhin in Serie Straftaten begehen ohne dabei Gefahr zu laufen, des Landes verwiesen zu werden. Nicht nur die hohen Abschiebungshürden, sondern auch die hohe Zahl an Einbürgerungen hat die Möglichkeit einer Ausweisung eingeschränkt. Sanktionsmöglichkeiten unvollständig: Höhere Haftstrafen nach dem Jugendstrafrecht sind für schwere Fälle und Rückfalltäter zu erwägen. Für die Masse der Auffälligen sollte dies jedoch nicht das Mittel der Wahl sein. Die Unterbringung in geschlossenen Erziehungseinrichtungen ist dem Wegsperren in Gefängnissen vorzuziehen. Doch leider mangelt es an wirksamen Maßnahmen unterhalb von Haftstrafen. 8 Vgl. Sicherheitsreport 2006 des Polizeipräsidiums München, S. 18

- 4 - Lösungsansätze: - Restriktivere Einbürgerungspraxis: Bei der Einbürgerungsentscheidung bleibt bisher nach 12a, Abs. 1 Satz 1 Nr.1 StAG die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel nach dem JGG außer Betracht. In Zukunft sollten strafrechtliche Karrieren, auch wenn eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht noch nicht vorliegt, bei den Entscheidungen über Einbürgerungen mitberücksichtigt werden. - Aufenthaltsrechtliche Sanktionen müssen stärker genutzt werden: Wo in (seltenen) Fällen eine Abschiebung rechtlich möglich erscheint, müssen die Ausländerbehörden schon aus Kostengründen auch Gebrauch davon machen. o Auch für einen EU-Bürger kommt eine Ausweisung in Betracht, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung von ihm ausgeht. Sogar für minderjährige EU-Bürger besteht die Möglichkeit der Ausweisung, wenn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit dafür sprechen. Dies ist der Fall bei einer Verurteilung zu mindestens fünf Jahren Haft. Insbesondere wenn Täter keine Einsicht oder Reue zeigen, muss der Schutz der Bevölkerung den Vorrang vor allen sozialpädagogischen Erwägungen haben. Das Gleiche gilt auch für Türken, auf die das Assoziationsabkommen EWG/Türkei Anwendung findet. o Der Ausweisungsschutz sollte auch bei jugendlichen Intensivtätern, wie bei Heranwachsenden bereits geschehen, abgeschafft werden. Eine Abschiebung, evtl. nach Verbüßung einer Mindesthaftzeit, hat eine abschreckende Wirkung wie keine andere Strafe. Dies beweist nicht zuletzt der Mehmet-Effekt in den Jahren 1998 und 1999. Die öffentliche Debatte um die Abschiebung hatte gefährdete Jugendliche diszipliniert und die Eltern sensibilisiert, ihren Erziehungsauftrag konsequenter wahrzunehmen. Im Münchner Polizei-Report hieß es wörtlich: Spürbar hielten sich potentielle Täter von Straftaten zurück. 9 Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Kompetenz zur Ausweisung krimineller ausländischer Jugendlicher auch als Maßnahme der Besserung und Sicherung in die Systematik des Strafgesetzbuches integriert werden kann. Neben der generalpräventiven Wirkung auf potentielle Straftäter könnte sich hieraus auch eine Verfahrensbeschleunigung ergeben. 9 Sicherheitsreport 1999 des Polizeipräsidiums München, S.34

- 5 - - Effektive Zusammenarbeit zur zügigen Einzelfallbearbeitung: In allen anderen Fällen (Deutsche und nicht abschiebbare Ausländer) bedarf es einer zügigeren individuellen Bearbeitung. Dazu müssen die Jugendämter systematisch runde Tische mit der Polizei, der Justiz, den Schulen und ggf. der Ausländerbehörde etablieren. Eine zeitnahe konsequente Ahndung muss so sichergestellt werden. - Reform des Jugendgerichtsgesetzes: Bei Heranwachsenden (Alter von 18 bis 21 Jahren) muss das Ziel, im Regelfall Erwachsenenstrafrecht anzuwenden, im Jugendgerichtsgesetz klarer zum Ausdruck gebracht werden. Für die Einzelfälle, in denen ausnahmsweise Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt, soll für schwerste Verbrechen die Höchststrafe von 10 Jahren auf 15 Jahre angehoben werden. - Warnschussarrest statt Weisungen und Bewährungsstrafen: Der Erziehungsgedanke des Jugendstrafrechts vermeidet weitgehend Haftstrafen und bevorzugt richterliche Weisungen zur Erbringung von Arbeitsleistungen oder Teilnahme an diversen Kursen etc. Erst bei schwersten Straftaten wird zur Jugendhaftstrafe (aber zur Bewährung ausgesetzt) gegriffen. In vielen Fällen wäre es stattdessen erzieherisch wirksamer, einen Warnschussarrest zu vollstrecken, damit der Jugendliche spürt, was es heißt, seine Freiheit zu verlieren. Eine Bewährungsstrafe wird häufig als "Freispruch zweiter Klasse" missverstanden. - Wirksamere Abschreckung durch zielgenauere Strafen: Ein Fahrverbot auf Zeit oder die Entziehung der Fahrerlaubnis können insbesondere bei Heranwachsenden über die bisherige Beschränkung auf Verkehrsdelikte hinaus der Tat und dem Täter angemessene Sanktionen sein. Zu prüfen ist, ob die Verhängung einer Ausweisung oder das Aussprechen eines Einreiseverbots als Nebenstrafen in Strafverfahren geeignet sind, um bei ausländischen Straftätern das Verfahren der Ausweisung zu beschleunigen. - Geschlossene Erziehungsinternate als Einrichtungen der Jugendhilfe: Für delinquente Kinder und Jugendliche, die noch nicht strafmündig sind, von denen jedoch Gefahr ausgeht und bei denen alle Erziehungsmaßnahmen nicht gegriffen haben, bedarf es zusätzlicher Sanktionsmöglichkeiten in Form von geschlossenen Erziehungsinternaten. Aber auch für strafmündige Jugendliche und Heranwachsende könnte eine geschlossene Unterbringung in einem Erziehungsinternat angemessener sein als eine Jugendhaftstrafe, die womöglich die Gefahr mit sich bringt, von Mithäftlingen den letzten Schliff als Krimineller zu bekommen.

- 6 - Dabei geht es zunächst um ein Herauslösen des Kindes/Jugendlichen aus einem gewalttätigen Elternhaus bzw. aus einer kriminellen Jugendbande. Es geht um die Heranführung an ein gewaltfreies Leben und nicht um schlichtes wegsperren oder gar demütigen. Es geht ferner um die konsequente Umsetzung des Erziehungsgedankens unter intensiver Betreuung: Erziehung zu einer eigenständigen Organisation des Privatlebens, konsequentes Ziel des Schuloder. eines Berufsabschlusses, Erlernen eines sozial verantwortlichen Verhaltens in einer Sozialgemeinschaft etc. Zugleich trägt die geschlossene Einrichtung dem Sicherungsgedanken Rechnung zum Schutz der Öffentlichkeit. In eine solche geschlossene Einrichtung der Jugendhilfe werden die Jugendlichen aufgrund richterlichen Beschlusses eingewiesen. - Wirksamerer Jugendmedienschutz: Kinder und Jugendliche müssen wirksamer als bisher vor Gewalt verherrlichenden Killerspielen geschützt werden. Eine Änderung des Jugendschutzgesetzes ist auf den Weg gebracht. Die Vollzugskontrollen müssen verstärkt, die Zusammenarbeit der verantwortlichen Stellen muss verbessert werden. - Statistiken müssen vollständiger informieren: Kriminalitätsstatistiken müssen unterscheiden zwischen Ausländern und Deutschen mit bzw. ohne Migrationshintergrund. Andernfalls verlieren sie auf diesem Gebiet jede Aussagekraft.