6 Instrumentenhygiene/Aufbereitung von Medizinprodukten

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Transkript:

6 Instrumentenhygiene/Aufbereitung von Medizinprodukten Komplexe Instrumententechnik Gesetzliche Regelungen MPG 140 Die moderne Medizin ist ohne ihre technische Ausrüstung nicht mehr denkbar. Letztere verhilft zu einer optimalen Behandlung und zum Heilungserfolg und ist längst nicht mehr nur bloße Unterstützung des Arztes. Ihr Einsatz ist vielfältig und hat diversen medizinischen Fachbereichen bereits ihren Namen gegeben. Die Arthroskopie ist hier ein klassisches Beispiel für einen Bereich, der auf der Nutzung eines Medizinproduktes, einem speziell für die Gelenkspiegelung entwickelten Endoskops, basiert und so auch den Namen der Behandlung und des Fachbereiches geprägt hat. Mit dieser enormen Bedeutung der Instrumente und deren zunehmenden Komplexität bei gleichzeitiger Abnahme der körperlichen Ausmaße Stichwort Minimalinvasivität entsteht aber auch als Rückseite der Medaille ein durch das Instrumentarium bedingtes Infektionsrisiko, das nur durch sichere und nachhaltige Aufbereitung der jeweiligen Instrumente bewältigt werden kann. Zudem führen immer neue Infektionsarten und die Residenzbildung gegen die bekannten Arzneimittel dazu, auch einfachste Instrumente nachhaltig aufzubereiten, damit einer Infektion bereits im Vorfeld begegnet werden kann. Im Bereich der Hygiene in einer Gesundheitseinrichtung spielt daher heute die Behandlung der Instrumente eine entscheidende Rolle. Der Gesetzgeber gibt hierzu einige Regelungen vor, ohne dass er jedoch genauestens die Anforderungen formuliert. Dieser Schwierigkeit bei der Frage, was erlaubt, gewünscht oder gar rechtlich verpflichtend ist, soll im Folgenden nachgegangen werden. Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem MPG und der Medizinprodukte Betreiber Verordnung (MPBetreibV) ( Band 2.2 Kap. 3). Vorgaben zur Behandlung von Medizinprodukten, wozu gerade das Instrumentarium zählt, gemacht, die auch die Aufbereitung betreffen. Allerdings

hat das MPG den Aspekt der Aufbereitung nur an einer Stelle als notwendigen Schritt bei der Anwendung von Medizinprodukten aufgenommen. In 14 Satz 2 MPG gibt das Gesetz vor, dass Medizinprodukte nur angewendet werden dürfen, wenn sie keine Mängel aufweisen, die Patienten gefährden können. Ein Mangel des Produktes kann auch ein Mangel in der Instandhaltung sein, der zur Patientengefährdung führen könnte. Dabei stellt Satz 1 des 14 MPG klar, dass die ordnungsgemäße Instandhaltung als Aufgabe des Betreibers anzusehen ist. Ein Verstoß gegen diese Vorgabe ist im übrigen mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr belegt, das heißt der Gesetzgeber hat der Befolgung eine hohes Maß an Allgemeininteresse beigemessen und die Vorgabe über einen Straftatbestand abgesichert. Ansonsten verweist er auf die MPBetreibV. In ihr wird zunächst klargestellt, dass die Aufbereitung eines Medizinproduktes ein Teilaspekt der allgemeinen Instandhaltung ist ( Band 2.2 Kap. 5). Diese besteht gemäß 4 Abs. 1 MPBetreibV aus vier Schritten: der Wartung, der Inspektion, der Instandsetzung und der Aufbereitung. Was wiederum unter der Aufbereitung zu verstehen ist, definiert 3 Nr. 14 MPG wie folgt: Die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten ist die nach deren Inbetriebnahme zum Zwecke der erneuten Anwendung durchgeführte Reinigung, Desinfektion und Sterilisation einschließlich der damit zusammenhängenden Arbeitsschritte sowie die Prüfung und Wiederherstellung der technisch-funktionellen Sicherheit. Damit sind die Aspekte der hygienischen Aufbereitung von Medizinprodukten bereits gesetzlich definiert ( Band 2.2 Kap. 5.6). Das Medizinprodukt, das aufzubereiten ist, muss in einem Zweierschritt, wenn es keimarm zur Anwendung kommt, oder in einem Dreierschritt, wenn es steril zur Anwendung kommt, behandelt werden: 1. Reinigung, 2. Desinfektion und ggf. 3. Sterilisation. Wann diese Schrit- Hygiene als Mangel? MPBetreibV Schritte der Aufbereitung 141

Geeignetes Verfahren Herstellerangabe 142 te erfolgreich durchgeführt wurden, lässt 3 Nr. 14 MPG hingegen erneut offen. Aus 2 Abs. 1 MPBetreibV folgt jedoch, dass Medizinprodukte nach den Vorgaben der MPBetreibV und insbesondere nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik sowie den Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften aufzubereiten sind. Erst 4 Abs. 2 MPBetreibV beschäftigt sich sodann mit der Aufbereitung. Wer allerdings hier die genauen Anweisungen erwartet, wird auf den ersten Blick enttäuscht. Nicht konkrete Aussagen über anzuwendende Verfahren und deren Erfolge werden gesetzlich vorgegeben, sondern es werden in Satz 1 vielmehr abstrakt die Ziele definiert: Die Aufbereitung ( ) ist unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieses Verfahrens nachvollziehbar gewährleistet ist ( ). Es liegt folglich allein in der Hand des Betreibers, dass die Aufbereitung gelingt. Dabei gibt das Gesetz gerade keinen Leitfaden für jedes Produkt vor. Vielmehr hat der Betreiber selbst zu spezifizieren, was die Herstellerangaben ermöglichen, was der Stand der Technik erlaubt und was letztendlich als validiertes Verfahren von ihm genutzt wird. Das Verfahren der Aufbereitung hat nach den Angaben des Instrumentenherstellers, nach dem anerkannten Stand der Technik und mit einem validierten Verfahren stattzufinden. Was sind nun diese Aspekte? Da das Medizinprodukterecht im Wesentlichen von den Herstellerverpflichtungen lebt und diese weitestgehend in technischen europäischen Normen fixiert sind, verwundert es nicht, dass es dem Hersteller gemäß der DIN EN ISO 17664:2004 obliegt, dem Anwender Informationen mitzugeben, wie die sichere Aufbereitung seines Produktes durchgeführt werden kann und für die Beibehaltung der geforderten Leistungsmerkmale Sorge zu tragen ist. Dabei hat der Hersteller, und dies ist auf Grund der Tatsache der Norm als EN-Norm nicht nur von deutschen Her-

stellern gefordert, mindestens je ein validiertes Verfahren für die manuelle und die maschinelle Reinigung, sowie die manuelle und die maschinelle Desinfektion vorzugeben. Auf diese Angaben sollte der Betreiber bestehen, damit ihm die Möglichkeit gegeben wird, seine eigene Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Aufbereitung zu erfüllen. Mit diesen Angaben erfüllt der Hersteller seine Verpflichtungen zum Inverkehrbringen, er hat damit aber nicht auch die Aufbereitung eigenverantwortlich übernommen. Fehlen daher Angaben, hilft dies dem Betreiber nicht. Er sollte vielmehr hierauf bestehen vom Hersteller diese Informationen zu erlangen, im Zweifel auch noch im Nachhinein. Die Angaben sind vom Hersteller so zu verifizieren, dass beim Befolgen der Angaben eine Indizwirkung hinsichtlich des Erfolges der Aufbereitung gegeben ist. Der Betreiber bleibt aber verpflichtet im Rahmen der eigenen Verantwortung zumindest auch bei Herstellerangaben immer wieder das Ergebnis zu überprüfen. Der Prozess der Aufbereitung unterliegt diversen Parametern, so dass die Prüfung des Herstellers in seinen Räumen, mit seinen Maschinen und seinen Gerätschaften nicht zwingend auch beim Betreiber sich so wiederholen muss. Daher sind selbst beim Vorliegen von Herstellerangaben interne geeignete Testverfahren durchzuführen, die belegen, dass auch beim Betreiber am konkreten Ort die durch das Aufbereitungsverfahren vorgegebenen Ergebnisse tatsächlich erzielt werden (s. unten). Als Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, der nach herrschender Auffassung führender Fachleute das Erreichen des gesetzlich vorgegebenen Ziels gesichert erscheinen lässt, anzusehen. Im Rahmen der gesetzlichen Vorstellungen sind, als Teil der Verhältnismäßigkeitserwägungen, wirtschaftliche Gesichtspunkte zwar zu berücksichtigen, je nach gesetzlicher Zielvorgabe allerdings nur in einem nachfolgenden Rang. Unter Bezugnahme auf den Informationen einfordern Anerkannter Stand der Technik 143

Technische Normen RDG oben zitierten Straftatbestand des 14 Abs. 2 MPG ist die Frage der Wirtschaftlichkeit eines Aufbereitungsverfahrens daher nur dann nach den gesetzlichen Zielvorgaben akzeptabel, wenn bei alternativen Verfahren gleiche Sicherheitsstandards erreicht werden können. Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen oder vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen müssen sich in der Praxis darüber hinaus bewährt haben und sollten im Alltag mit Erfolg erprobt worden sein. Vielfach spiegelt sich der Stand der Technik in entsprechend technisch harmonisierten Normen wieder ( Band 2.2 Kap. 7.2.3). Für die Aufbereitung von Medizinprodukten ist hier jedoch der bereits oben angesprochene Aspekt zu berücksichtigen, dass die Harmonisierungsbemühungen auf internationaler Ebene primär mit dem Hinblick erfolgen, die Entwicklung und Produktion von Medizinprodukten auf einen gleichermaßen sicheren und qualitativ hochwertigen Stand zu bringen. Die Aspekte des Betreibens der Medizinprodukte, wozu auch gerade die Aufbereitung zählt, sind hingegen nicht durch die Europäische Richtlinie harmonisiert. Daher finden sich auch auf internationaler Ebene kaum technische Normen, die für die Aufbereitung konkret Vorgaben machen, die sodann als Stand der Technik bezeichnet werden könnten. Vielfach wird jedoch aus den Normen für die Anforderungen an Gerätschaften, die den Aufbereitungsprozess automatisieren sollen (z. B. jüngst die Normenreihe DIN EN ISO 15883 über Reinigungs-/Desinfektionsgeräte) versucht, auch entsprechende normative Vorgaben für die eigentliche Aufbereitung beim Betreiber herauszulesen. Eine solche Lesart ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da nicht gleichzeitig mit den Anforderungen an neue Geräte auch die gesamte Aufbereitungsschiene in jeder Gesundheitseinrichtgung umgekrempelt werden kann. Hier gilt indes tatsächlich der Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkt sorgfältig gegenüber dem Sicherheitsstandpunkt abzuwägen. 144

Die Aufbereitung von Medizinprodukten ist gemäß 4 Abs. 2 Satz 1 MPBetreibV mit einem geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieses Verfahrens nachvollziehbar gewährleistet ist. Dabei darf der Begriff des validierten Verfahrens nicht mit dem Begriff des automatisierten Verfahrens verwechselt werden. Der Gesetzgeber lässt manuelle Aufbereitungsschritte selbstverständlich zu. Wenn insoweit von einem validierten Verfahren gesprochen wird, können daher grundsätzlich auch manuelle Aufbereitungsschritte validierte Verfahren darstellen. Ein validiertes Verfahren liegt vor, wenn ein dokumentiertes und reproduzierbares Verfahren durchgeführt wird, das anhand von objektivierten Parametern die Erbringung und Interpretation des Ergebnisses des Verfahrens in Übereinstimmung mit der gewünschten Spezifikation belegt. Dies kann im Bereich der manuellen Aufbereitung etwa durch klare Vorgaben im Hinblick auf die Anwendung und Art der Durchführung der Aufbereitung als detaillierte Standardarbeitsanweisungen vorliegen. Diese sind konsequent einzuhalten und die Einhaltung in jedem Schritt zu dokumentieren. Hierzu ist eine klare Verantwortungsmatrix im Rahmen des Qualitätsmanagements erforderlich ( Band 2.1, Abschnitt 3.3.2). Um ein validiertes Verfahren zu erreichen, muss sodann das gesamte Verfahren einmal nach den Standardarbeitsanweisungen durchgeführt werden und am Ende eine Überprüfung des Aufbereitungsschrittes erfolgen. Demgemäß hat jeder Betreiber, der ein bestimmtes manuelles Verfahren anwendet, dies am konkreten Medizinprodukt mindestens einmal zu beweisen, indem er nach der standardisierten Durchführung der Aufbereitung das Produkt einer labortechnischen Untersuchung unterzieht um die entsprechend gewünschte Reinigungsleistung bzw. Keimreduzierung darzulegen. Liegt ein solcher Erfolgsnachweis und wurde er dokumentiert, kann das Aufbereitungsverfahren, das nach den festgelegten Standardarbeitsanweisungen Validiertes Verfahren Manuelle Aufbereitungsschritte Standardisierte Schritte 145

Automatisierte Verfahren Leistungsbeurteilung 146 durchgeführt wird, als ein validiertes Verfahren bezeichnet werden. Es erzeugt bei Einhaltung sämtlicher Arbeitsanweisungen und der dort vorgegebenen Parameter gerade ein reproduzierbares Ergebnis. Mit dem Begriff der Geeignetheit des validierten Verfahrens in 4 Abs. 2 MPBetreibV ist der Bezug auf das jeweilige Medizinprodukt gemeint. Der Betreiber hat je nach Produktart und Produktanwendungscharakter ggf. verschiedene Verfahren anzuwenden. All diese einzelnen Verfahren sind sodann zu validieren und mit den entsprechend gewünschten Parametern zu belegen, sodass der Erfolg der Aufbereitung am Ende auch ohne jeweilige labortechnische Untersuchung für jeden Aufbereitungszyklus gewährleistet erscheint. Auch bei der Aufbereitung im Wege eines automatisierten Verfahrens entfällt die Validierung nicht. Wie bei einem manuellen Aufbereitungsschritt muss das konkrete Gerät (in der Regel ein Reinigungs-Desinfektionsgerät oder Sterilisator) am Aufstellungsort konkret einer Abnahmebeurteilung, Funktionsbeurteilung und Leistungsbeurteilung unterzogen werden. Bei der Abnahmebeurteilung wird nachgewiesen, dass das Aufbereitungsgerät und sämtliche zusätzliche Gegenstände entsprechend der technischen Spezifikation überhaupt geliefert und ordnungsgemäß installiert wurden. Unter der Funktionsbeurteilung wird das Durchlaufen des Aufbereitungsverfahrens mit geeigneten Prüfmaterialien verstanden, um die Fähigkeit des Gerätes die spezifizierten Leistungen zu erbringen zu können, am Aufstellungsort konkret nachzuweisen. Die Leistungsbeurteilung ist sodann die Phase der Validierung, die das Produkt für die Erbringung des Nachweises benötigt, dass das Aufbereitungsgerät beständig entsprechend den vorgegebenen Kriterien arbeitet und dass das Verfahren am Ende derart aufbereitete Medizinprodukte liefert, wie sie entsprechend der Spezifikationen angefordert werden. Die Leistungsbeurteilung erfolgt daher bei einer vollständigen Beladung mit den standardisierten Ar-

tikeln des jeweiligen Betreibers. Bei jeder Folgebeladung sollte sowenig wie möglich vom Muster abgewichen werden, um das Ergebnis nicht zu beeinträchtigen. Dies kann z. B. durch eine Abbildung am Gerät oder sonstige klare Arbeitshinweise erfolgen, d. h. im Rahmen des Qualitätsmanagements (zur Art einer Verfahrensbeschreibung Band 2.1, Abschnitt 5.2) Bei beiden validierten Verfahren sind insbesondere die Prozessparameter zu erfassen. Dies kann eine bestimmte Temperatur und eine bestimmte Zeitdauer sein, eine Konzentration bestimmter Chemikalien, das Flottenvolumen für jeden einzelnen Aufbereitungsschritt sowie konkrete Vorgaben für die Sortierung und Lagerung der einzelnen Instrumente in einem Ultraschallbecken, Reinigungs- Desinfektionsautomaten oder Sterilisator. Nur durch entsprechende Vorgaben kann ein Prozess validiert werden und durch den Vergleich der Einhaltung sämtlicher objektiver Prozessparameter der Erfolg der Aufbereitung auch ohne Kontrolle der tatsächlichen Aufbereitungsleistung gewährleistet werden. Prozessparameter 6.1 Risikobewertung der Instrumente nach RKI/BfArM Auch wenn der Gesetzgeber in 4 Abs. 2 MPBetreibV dem Betreiber die komplette Verantwortung für die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Aufbereitung zumutet, hat er gleichwohl in Satz 3 dem Betreiber insoweit die Vereinfachung zur Darlegung einer ordnungsgemäßen Aufbereitungsschrittes vereinfacht, indem er der gemeinsamen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten eine Indizwirkung beigemessen hat. Diese gemeinsame Empfehlung, fälschlicherweise häufig auch als RKI-BfArM-Richtlinie tituliert, wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und wird von Zeit zu Zeit ak- Robert Koch Institut Indizwirkung 147

Risikoklassen Klassifizierung tualisiert. Diese Indizwirkung bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch, dass die Einhaltung der Empfehlung keine zwingende Vorgabe für den Betreiber ist. Kann er vielmehr selbst darlegen, durch eine entsprechende Prozessvalidierung seiner konkreten Aufbereitung, dass diese zu dem gewünschten Ergebnis führt, kann er auch die Vorgaben der RKI-BfArM-Empfehlung außer Acht lassen. Allerdings sind diese Vorgaben aufgrund ihrer abstrakten Formulierung wiederum als Hilfestellung für die Möglichkeit einer gesetzeskonformen Aufbereitung zu sehen und daher in den meisten Fällen zu empfehlen. Kernstück der RKI-BfArM-Empfehlung ist die Kategorisierung der einzelnen Produkte in verschiedene Risikoklassen. Die Empfehlung geht von drei kritischen Stufen aus: der unkritischen Stufe, der semikritischen Stufe und der kritischen Stufe. Weiter wird zwischen einer Produktkategorie Kategorie A Kategorie B und Kategorie C unterschieden. Aus dieser Matrix folgt für das, der jeweiligen Kategorie angehörige Medizinprodukt, eine spezifische Vorgabe für den Umfang der Aufbereitung. Die Klassifizierung der einzelnen Medizinprodukte in die Kombination kritisch/unkritisch/semikritisch mit der Kategorie A, B und C stellt eine Managmentaufgabe im Vorfeld der Aufbereitung dar. Für alle Instrumente muss die Klassifizierung dokumentiert werden, da nach der Klasse auch das erforderliche Verfahren ermittelt werden kann. 6.1.1 Produktklasse A Der Risikoklasse A werden Produkte zugeordnet, bei deren Aufbereitung grundsätzlich keine besonderen Anforderungen an die Aufbereitung zu stellen sind. Dies sind 148

Instrumente, die weder über Innenräume, noch über schwer zugängliche Zwischenräume verfügen. Einfach glatte Instrumente, wie Skalpelle, Nierenschalen, Mundspiegel oder Spekulum zählen hierzu. Innerhalb dieser Risikoklasse wird sodann zwischen den kritischen Stufen differenziert. Unkritisch ist stets die Aufbereitung von Produkten, die nur mit intakter Haut und nicht invasiv mit dem Patienten in Berührung gekommen sind. Dabei spielt es keine Rolle, dass dies nur zufällig so war. Vielmehr ist entscheidend, dass das Produkt grundsätzlich nicht diese Bereiche berühren kann. 149