Nachversteuerung begünstigt besteuerter Gewinne gemäß 11a Abs 3 EStG

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Transkript:

2. Abgabenänderungsgesetz 2014 Nachversteuerung begünstigt besteuerter Gewinne gemäß 11a Abs 3 EStG Ermittlung des Eigenkapitalabfalls nach dem 2. AbgÄG 2014 und Auswirkung zwischenzeitlicher Verluste VON DR. SABINE KANDUTH-KRISTEN UND MAG. ERNST KOMAREK*) Im Zusammenhang mit der siebenjährigen Nachversteuerungsfrist begünstigt besteuerter Gewinne gemäß 11a EStG war aufgrund des bisherigen Gesetzeswortlauts strittig, ab welchem Zeitpunkt begünstigt besteuerte Gewinne sowie nach dem Jahr 2009 entstandene Gewinne erstmals steuerneutral entnommen werden können. Mit dem 2. AbgÄG 2014 1 ) wurden diese Zweifelsfragen einer positivrechtlichen Regelung zugeführt. Der Beitrag stellt die gesetzlichen Änderungen kritisch dar und klärt zudem die Frage, wie ab dem Veranlagungsjahr 2009 entstandene Verluste bei der Ermittlung des Nachversteuerungsbetrags zu berücksichtigen sind. 1. Problematik Obwohl die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne gem 11a EStG letztmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2009 anzuwenden war, beschäftigt diese Bestimmung die Verwaltungs- und Beratungspraxis aufgrund der siebenjährigen Nachversteuerungsfrist immer noch. Letztmalig kann es im Veranlagungsjahr 2016 zu einer Nachversteuerung von gem 11a EStG begünstigt besteuerten Gewinnen kommen. Gemäß 11a Abs 3 EStG idf vor dem 2. AbgÄG 2014 war im Fall eines entnahmebedingten Eigenkapitalabfalls (unter Außerachtlassung von Verlusten) eine Nachversteuerung vorzunehmen, wobei höchstens jener Betrag nachzuversteuern war, der in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren gem 11a Abs 1 EStG begünstigt besteuert wurde. Die Berechnung der Siebenjahresfrist hat in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Rechtsmeinungen in der Literatur, 2 ) Finanzverwaltung 3 ) und Rechtsprechung 4 ) geführt. Einerseits wurde vertreten, dass die siebenjährige Behaltedauer bei wiederholter Inanspruchnahme des 11a EStG nach dem Gesetzeswortlaut 5 ) de facto zu einer bis zu 13-jährigen Kapitalbindungsfrist für die begünstigt besteuerten Beträge führt. 6 ) Diese Rechtsansicht wurde vom UFS im Jahr 2013 geteilt. 7 ) Andererseits führte das BMF in einer Information im *) Dr. Sabine Kanduth-Kristen, LL.M, StB, ist Universitätsprofessorin am Institut für Finanzmanagement der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Abteilung für Betriebliches Finanz- und Steuerwesen. Mag. Ernst Komarek, MSc, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in dieser Abteilung. 1 ) BGBl I 2014/105, ausgegeben am 29. 12. 2014. 2 ) Vgl Bruckner in Kofler/Kanduth-Kristen, Kommentar zur Steuerreform 2005, Rz 617; Andreaus/Sulz, Das Gefangenendilemma des 11a EStG für Leider-Nein-Millionäre, RdW 2007, 559 (559 ff); Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 6 (2013), 11a Rz 26; Kanduth-Kristen/Komarek, Zweifelsfragen zur Nachversteuerung gemäß 11a Abs 3 EStG, SWK 15/2014, 695 (695 ff); Hirschler/Stückler, Nachversteuerung nicht entnommener Gewinne gemäß 11a Abs 3 EStG unverändert aktuell, ÖStZ 2014, 161 (161 ff). 3 ) Vgl BMF-Informationen vom 9. 8. 2013, BMF-010203/0399-VI/6/2013, und vom 18. 12. 2013, BMF-010203/0633-VI/6/2013. 4 ) Vgl BFG 28. 4. 2014, RV/7100938/2014; UFS 16. 1. 2013, RV/0661-S/12. 5 ) 11a Abs 3 Satz 1 EStG idf vor dem 2. AbgÄG 2014 lautete: Sinkt in einem folgenden Wirtschaftsjahr in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 unter Außerachtlassung eines Verlustes das Eigenkapital, ist insoweit eine Nachversteuerung vorzunehmen. 6 ) Vgl Bruckner in Kofler/Kanduth-Kristen, Steuerreform 2005, Rz 617; Andreaus/Sulz, RdW 2007, 559 ff; Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 6, 11a Rz 26. 108 SWK-Heft 3 15. Jänner 2015

August 2013 aus, dass nach dem Gesetzeszweck die Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung nur zu einer siebenjährigen Kapitalbindung führen soll. 8 ) Eine Entnahme des ehemals begünstigt besteuerten Gewinnes sei jeweils ab dem achten Jahr ohne Nachversteuerung möglich, auch wenn damit insoweit ein Absinken des Eigenkapitals verbunden ist. 9 ) Weiters war in diesem Zusammenhang fraglich, ob die Entnahme von Gewinnen ab der Veranlagung 2010 eine Nachversteuerung gem 11a Abs 3 EStG auslösen kann. Diesbezüglich stellte das BMF in einer zweiten Information im Dezember 2013 klar, dass die Nachversteuerungsregelung isd 11a Abs 3 EStG nur dann auf eigenkapitalmindernde Entnahmen anzuwenden ist, wenn davon Gewinne betroffen sind, für die 11a EStG dem Grunde nach anwendbar gewesen wäre. 10 ) Da Gewinne aus den Jahren ab 2010 und Folgejahren nicht davon umfasst sind, löst die Entnahme dieser Gewinne nach Ansicht des BMF keine Nachversteuerung aus. 2. Änderung der Nachversteuerungsregelung gem 11a Abs 3 EStG durch das 2. AbgÄG 2014 Der Gesetzgeber stellt nunmehr mit dem 2. AbgÄG 2014 klar, dass eine Nachversteuerung der begünstigt besteuerten nicht entnommenen Gewinne nur dann erfolgen soll, wenn die siebenjährige Kapitalbindungsfrist nicht eingehalten wurde. Daher führt die Entnahme begünstigt besteuerter Gewinne nach Ablauf der siebenjährigen Behaltedauer sowie von Gewinnen, die erst nach dem Auslaufen der begünstigten Besteuerung gem 11a EStG (somit Gewinne ab der Veranlagung 2010) entstanden sind, zu keiner Nachversteuerung. 11 ) Die legistische Umsetzung in 11a Abs 3 EStG lautet wie folgt: Sinkt in einem Wirtschaftsjahr innerhalb von sieben Veranlagungsjahren nach der letztmaligen Inanspruchnahme der Begünstigung in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 unter Außerachtlassung eines Verlustes das Eigenkapital, ist insoweit eine Nachversteuerung des begünstigten Betrages des zeitlich am weitest zurückliegenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen. Dabei gilt: 1. Eine Nachversteuerung unterbleibt insoweit, als sie gedeckt ist in a) begünstigt besteuerten Beträgen ab dem achten Jahr nach Inanspruchnahme der Begünstigung sowie b) Eigenkapitalzuwächsen, die den Veranlagungszeiträumen 2010 bis 2015 zuzurechnen sind. Beträge nach lit. a bzw. b können nur einmal zum Unterbleiben der Nachversteuerung führen. 2. Die Nachversteuerung hat mit dem Steuersatz gemäß 37 Abs. 1 des Jahres der Inanspruchnahme der Begünstigung zu erfolgen. Der Nachversteuerungsbetrag erhöht nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte. Die Bestimmung ist erstmals bei der Veranlagung für das Jahr 2011 anzuwenden. Sind die Veranlagungsjahre 2011 bis 2013 bereits rechtskräftig veranlagt und wurde in einem vor dem 1. 1. 2015 erlassenen rechtskräftigen Bescheid eine Nachversteuerung 7 ) Vgl UFS 16. 1. 2013, RV/0661-S/12. 8 ) Vgl BMF-Information vom 9. 8. 2013, BMF-010203/0399-VI/6/2013. 9 ) Im April 2014 schloss sich das BFG (Erkenntnis vom 28. 4. 2014, RV/7100938/2014) im Sinne einer teleologischen Interpretation der Rechtsansicht des BMF an und erkannte in 11a EStG nicht nur eine betragliche, sondern auch eine zeitliche Begrenzung hinsichtlich des Umfangs der Nachversteuerung. Ebenso BFG 30. 7. 2014, RV/3100293/2014. 10 ) Vgl BMF-Information vom 18. 12. 2013, BMF-010203/0633-VI/6/2013. Ebenso BFG 30. 7. 2014, RV/3100293/2014. 11 ) Vgl dazu auch Bodis/Hammerl, 2. AbgÄG 2014 Die wichtigsten Änderungen im EStG, RdW 2014, 729 (729 f); Hirschler, Ausgewählter Überblick über ertragsteuerliche Änderungen durch das 2. AbgÄG 2014, ÖStZ 2014, 557 (558). SWK-Heft 3 15. Jänner 2015 109

gem 11a Abs 3 EStG idf vor dem 2. AbgÄG 2014 vorgenommen, die gegenüber der neuen Regelung zu einem höheren Nachversteuerungsbetrag geführt hatte, gilt dies als offensichtliche Unrichtigkeit gem 293b BAO. Der Steuerpflichtige kann, sofern er die Ermittlung des für die Änderung in Betracht kommenden Betrags nachweisen kann, eine Bescheidänderung beantragen ( 124b Z 263 EStG). Im Zuge der Begutachtung des 2. AbgÄG 2014 regte die KWT in ihrer Stellungnahme 12 ) an, dass nicht nur begünstigt besteuerte Gewinne nach Ablauf der siebenjährigen Behaltedauer ohne Nachversteuerung entnommen werden können sollten, sondern der gesamte abreifende Gewinn des ehemaligen Begünstigungsjahres. Damit sollte gewährleistet werden, dass auch die Entnahme jener Gewinne, die über den begünstigt besteuerten Betrag (Deckelung mit 100.000 Euro) hinausgingen oder die aufgrund der Nichtinanspruchnahme der Regelung durch den Steuerpflichtigen nicht begünstigt waren, zu keiner Nachversteuerung führt. 13 ) Der Änderungsvorschlag wurde jedoch bedauerlicherweise nicht in das 2. AbgÄG aufgenommen. Im Ergebnis gilt die Beschränkung der Kapitalbindungsfrist auf sieben Jahre lediglich für begünstigt besteuerte Gewinne. Für nicht begünstigt besteuerte und ehemals nicht entnommene Gewinne kann es (weiterhin) zu einer bis zu 13-jährigen Kapitalbindung kommen. 14 ) Dies gilt auch für Gewinne, die vor 2004 angefallen und nicht entnommen wurden. Vor 2004 entstandene und einbehaltene Gewinne sowie ab 2004 bis 2009 im Kapitalanstieg enthaltene, nicht begünstigte Gewinne (über 100.000 Euro) können so lange nicht steuerneutral entnommen werden, bis entweder alle begünstigt besteuerten Gewinne nachversteuert oder der siebenjährige Beobachtungszeitraum für sämtliche begünstigt besteuerten Gewinne ausgelaufen ist (spätestens 2016). Insgesamt bestätigt sich auch nach den Änderungen im 2. AbgÄG 2014 die in der Literatur vertretene These, dass vor Inkrafttreten des 11a EStG möglichst wenig Eigenkapital und während der Geltung des 11a EStG alles Eigenkapital, das nicht begünstigt besteuert werden konnte, entnommen werden hätte sollen. 15 ) Beispiel Steuerliches Eigenkapital per 31. 12. 2003 Eigenkapitalanstieg 2004 Eigenkapitalanstieg 2005 Eigenkapitalanstieg 2006 Eigenkapitalveränderung 2007 bis 2011 (vereinfachend) Eigenkapitalabfall 2012 (entnahmebedingt) 150.000 Euro 200.000 Euro (davon begünstigt 100.000 Euro) 150.000 Euro (davon begünstigt 100.000 Euro) 100.000 Euro (davon begünstigt 100.000 Euro) 0 Euro 300.000 Euro Der Eigenkapitalabfall 2012 führt zu einer Nachversteuerung in Höhe von 200.000 Euro (begünstigt besteuerte Beträge aus den Jahren 2005 und 2006). Der aus dem Jahr 2004 stammende, begünstigt besteuerte und 2012 abgereifte Betrag von 100.000 Euro kann nachversteuerungsfrei entnommen werden. Für den vor 2004 bestehenden Eigenkapitalstand sowie den 2004 über 100.000 Euro hinaus erzielten Eigenkapitalzuwachs gilt dies nach Ansicht des BMF und aufgrund der Textierung idf des 2. AbgÄG 2014 nicht. 3. Berücksichtigung von nach 2009 entstandenen Verlusten bei der Berechnung des Nachversteuerungsbetrags Im Zusammenhang mit der Nachversteuerungsproblematik ist in der Beratungspraxis die Frage aufgetaucht, ob und in welcher Höhe nach 2009 erzielte Verluste bei der Berech- 12 ) Vgl Stellungnahme der KWT zum Entwurf des 2. AbgÄG 2014, 36/SN-68/ME 25. GP, 2 f. 13 ) So bereits Kanduth-Kristen/Komarek, SWK 15/2014, 695 ff. 14 ) Kritisch Kanduth-Kristen/Komarek, SWK 15/2014, 695 ff. 15 ) Vgl Hirschler/Stückler, ÖStZ 2014, 161 ff; Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 6, 11a Rz 28; Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG (12. Lfg, 2013) 11a Rz 43a; Bruckner in Kofler/Kanduth-Kristen, Steuerreform 2005, Rz 616; Payerer, Steuerreform 2004: Begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne gem 11a EStG, ÖStZ 2003, 339 (343). 110 SWK-Heft 3 15. Jänner 2015

Gewinn Entnahmen nung des Nachversteuerungsbetrags zu berücksichtigen sind. 16 ) Gemäß 11a Abs 3 EStG hat der Steuerpflichtige eine Nachversteuerung nur insoweit vorzunehmen, als das Eigenkapital unter Außerachtlassung eines Verlustes entnahmebedingt absinkt. Das bedeutet, dass erzielte Verluste zwar das Eigenkapital vermindern, jedoch nicht zu einer Nachversteuerung begünstigt besteuerter Gewinne führen. Eine Nachversteuerung erfolgt nur in jenen Fällen, in denen der entnahmebedingte Eigenkapitalabfall die aus 2010 und 2011 stammenden (noch nicht entnommenen) Gewinne sowie in der Vergangenheit begünstigt besteuerte und (aufgrund des siebenjährigen Beobachtungszeitraums) bereits abgereifte Gewinne übersteigt. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: Beispiel (Beträge in Tausend Euro) Ausgegangen wird von einem Eigenkapitalstand per 31. 12. 2003 von 1.000. Es finden keine Einlagen statt. 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 200 80 70 60 Eigenkapitalanstieg 150 30 20 10 10 20 0 200 20 130 60 Eigenkapitalstand 31. 12. 1.150 1.180 1.200 1.210 1.220 1.240 1.240 1.040 1.060 930 870 begünstigt gem 11a 100 30 20 10 10 20 0 0 0 0 0 EStG für Nachversteuerung 1.150 1.180 1.200 1.210 1.220 1.240 1.040 940 910 890 relevanter Kapitalstand (adaptierter Stand des Vorjahres) nachversteuerungshängig 0 100 130 150 160 170 190 190 90 60 40 per 1. 1. Nachversteuerung 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 20 nachversteuerungshängig 100 130 150 160 170 190 190 190 90 60 20 per 31. 12. ( Nachver- steuerungstopf ) Entnahmetopf 17 ) per 0 0 120 20 0 31. 12. 17) 60 Im Beispiel wird im Jahr 2011 ein nicht entnahmebedingter Verlust ihv 200 erzielt, der zu keiner Nachversteuerung gem 11a Abs 3 EStG führt, da Verluste bei der Berechnung des Nachversteuerungsbetrags außer Ansatz bleiben. Wie im Beitrag in SWK 15/2014, 697, festgehalten, ist für die Ermittlung des nachversteuerungsrelevanten Eigenkapitalabfalls ab 2012 (Auslaufen der Nachversteuerungsfrist für 2004) eine Bezugsgröße festzulegen, die sich grundsätzlich aus dem Eigenkapitalstand, vermindert um den abreifenden begünstigt besteuerten (und bislang noch nicht nachversteuerten) Gewinnbetrag, ergibt. In weiterer Folge muss dieser Betrag fortgeschrieben werden. Allfällige (ab 2010) anfallende Verluste müssen bei der Fortschreibung des für die Nachversteuerung relevanten Kapitalstands ebenfalls als Verminderung berücksichtigt werden. Ein nachversteuerungsrelevanter Eigenkapitalabfall liegt erst bei Unterschreiten des so adaptierten Betrags vor (Vergleich des Eigenkapitalstandes am Ende des Wirtschaftsjahres mit dem adaptierten Betrag zu Beginn des Wirtschaftsjahres). Für das vorliegende Beispiel bedeutet dies, dass im Jahr 2011 sowohl das Eigenkapital als auch der für die Nachversteuerung relevante Eigenkapitalstand um 200 zu reduzieren sind. Im Jahr 2012 kommt es zu einem Eigenkapitalanstieg von 20. Zusätzlich reifen in diesem Jahr die begünstigt besteuerten Gewinne des Jahres 2004 ihv 100 ab. Ein 70 50 200 0 30 10 20 150 20 80 16 ) Zur Berechnung von Nachversteuerungsbeträgen innerhalb des siebenjährigen Beobachtungszeitraumes siehe die Beispiele in Kanduth-Kristen/Komarek, SWK 15/2014, 695 ff; Hirschler/Stückler, ÖStZ 2014, 161 ff. 17 ) Vgl Kanduth-Kristen/Komarek, SWK 15/2014, 702 ff. SWK-Heft 3 15. Jänner 2015 111

nachversteuerungsrelevanter Tatbestand liegt in diesem Jahr somit nicht vor. Im Jahr 2013 beträgt der laufende Gewinn 20, die Entnahmen belaufen sich auf 150. Dies führt zu einem entnahmebedingten Eigenkapitalabfall von 130. Da in diesem Jahr sowohl der nicht begünstigt besteuerte Gewinn aus 2012 von 20 als auch die begünstigt besteuerten Gewinne aus 2004 ihv 100 und jene aus 2005 ihv 30 bereits abgereift sind, kommt es zu keiner Nachversteuerung (es verbleibt ein abgereifter Betrag von 20, der in den Folgejahren nachversteuerungsfrei entnommen werden kann). Gemäß 11a Abs 3 EStG idf des 2. AbgÄG 2014 kommt es in diesem Jahr zu einer primären Verrechnung mit Gewinnen, die aufgrund der siebenjährigen Behaltedauer bereits abgereift sind (dh Gewinne aus den Jahren 2004 und 2005). 18 ) Unseres Erachtens sollte es auch im Fall eines entnahmebedingten Eigenkapitalabfalls von 200 zu keiner Nachversteuerung kommen, weil auch die im Jahr 2004 nicht begünstigt besteuerten Gewinne ihv 50 nachversteuerungsneutral entnommen werden können sollten. 19 ) Das BMF teilt diese Meinung jedoch nicht. 20 ) Mit dem 2. AbgÄG 2014 wurde die Rechtsmeinung des BMF im Gesetz verankert. Im Jahr 2014 kommt es zu einem (nochmaligen) entnahmebedingten Eigenkapitalabfall von 60. Im Jahr 2014 können die Gewinne aus 2006 sowie der Eigenkapitalzuwachs aus 2012 ihv jeweils 20 (2013 verbleibender, abgereifter Betrag siehe oben) steuerneutral entnommen werden. Dies führt zu einer Nachversteuerung der begünstigt besteuerten Gewinne aus den Jahren 2007 (10) und 2008 (10) von insgesamt 20. Bei einem weiteren entnahmebedingten Eigenkapitalabfall in den Jahren 2015 oder 2016 kommt es (in Abhängigkeit der Höhe des Eigenkapitalabfalls) zu einer Nachversteuerung der begünstigt besteuerten Gewinne aus 2009 von 20. In der letzten Zeile der obigen Tabelle ist der Entnahmetopf angeführt, der jene Beträge enthält, die vorrangig und nachversteuerungsfrei entnommen werden können. Durch Beobachtung des Nachversteuerungstopfes (vorletzte Zeile) und des Entnahmetopfes (letzte Zeile) kann die Nachversteuerungsverpflichtung festgestellt werden, ohne dass der jeweilige Kapitalstand mitgeführt werden muss. 21 ) Laufende Verluste in den Zeiträumen 2004 bis 2015 beeinflussen weder den Stand des Nachversteuerungstopfes noch jenen des Entnahmetopfes und haben daher auf die Nachversteuerungsverpflichtung keinen Einfluss. Auf den Punkt gebracht Das 2. AbgÄG 2014 beseitigt die aufgrund des bisherigen Gesetzeswortlauts in 11a Abs 3 EStG aufgetretenen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Berechnung der siebenjährigen Nachversteuerungsfrist begünstigt besteuerter Gewinne. Rückwirkend ab der Veranlagung 2011 wurde in 11a Abs 3 EStG idf des 2. AbgÄG 2014 klargestellt, dass begünstigt besteuerte Gewinne nach Ablauf der siebenjährigen Kapitalbindungsdauer sowie Eigenkapitalzuwächse aus Zeiträumen nach 2009 stets steuerneutral entnommen werden können. Hingegen können vor 2004 entstandene, nicht entnommene Gewinne sowie zwischen 2004 und 2009 nicht begünstigt besteuerte Gewinne (weiterhin) erst dann ohne Nachversteuerung entnommen werden, wenn entweder alle begünstigt besteuerten Gewinne nachversteuert wurden oder der siebenjährige Beobachtungszeitraum für sämtliche begünstigt besteuerten Gewinne ausgelaufen ist. 18 ) Würde der entnahmebedingte Eigenkapitalabfall 140 betragen, würde dies ebenfalls noch keine Nachversteuerung auslösen, da Eigenkapitalzuwächse aus Veranlagungszeiträumen von 2010 bis 2015 ebenfalls steuerneutral entnommen werden können. 19 ) Vgl dazu Kanduth-Kristen/Komarek, SWK 15/2014, 695 ff. 20 ) Vgl BMF-Information vom 18. 12. 2013, BMF-010203/0633-VI/6/2013. 21 ) Vgl Kanduth-Kristen/Komarek, SWK 15/2014, 702 ff. 112 SWK-Heft 3 15. Jänner 2015

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