1 Stellungnahme der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen zum Entwurf der Verordnung zur Durchführung des Sächsischen Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetzes (SächsBeWoGDVO) Vorbemerkung Der Entwurf für die SächsBeWoGDVO enthält einige Ansätze, die die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege im Freistaat Sachsen positiv bewertet. Darauf wird in den nachfolgenden detaillierten Ausführungen im Einzelnen hingewiesen. Der Liga der Freien Wohlfahrtspflege fehlt allerdings in der SächsBeWoGDVO eine klare, zukunftsweisende Perspektive für die Entwicklung alternativer Wohnformen, für die Weiterentwicklung der geförderten Infrastruktur der Eingliederungshilfe und der Pflege, letztlich zur Bewältigung des demografischen Wandels. Die Vorgabe neuer Mindestanforderungen auch an bestehende stationäre Einrichtungen lassen dies jedenfalls eher nicht erkennen. Die Regelungen zu baulichen und personellen Anforderungen - und später auch die weiteren erforderlichen Durchführungsbestimmungen nach 19 Nummer 3 bis 5 SächsBeWoG - sollen in einer umfassenden Durchführungsverordnung geregelt werden. Dieses Vorhaben wird grundsätzlich positiv gesehen. Allerdings muss die Verordnung insgesamt überschaubar und verständlich aufgebaut und formuliert werden. Bereits im jetzt vorliegenden Entwurf wird die Lesbarkeit durch zahlreiche Verweise erschwert und zeigt sich somit nicht verbraucherfreundlich. Im Sinne des Entschließungsantrages des Sächsischen Landtages vom Juni 2012 hätten wir eine umfangreichere Beteiligung an der Erarbeitung der Verordnung sowie eine frühere Einbeziehung der Eingliederungshilfe erwartet. 1 Zweckbestimmung Im 1 ist geregelt, dass die Verordnung zur Durchführung des SächsBeWoG dient. Es wird allerdings in dieser Regelung nicht eindeutig formuliert, dass die Verordnung nur auf Einrichtungen Anwendung findet, die dem Anwendungsbereich des SächsBeWoG unterliegen. Dies steht zwar in der Begründung, sollte aber im Verordnungstext ebenso klar benannt werden. Bei betreuten Wohngruppen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen ist nach wie vor nicht eindeutig, was das SächsBeWoG mit betreuten Wohngruppen überhaupt meint. Eine eindeutige Definition dafür sollte in der Verordnung enthalten sein. Teil 1: Anforderungen an die Räumlichkeiten 2 Anwendungsbereich Abs. 1 Abs. 1 regelt die Anforderungen für alle Einrichtungen im Anwendungsbereich des SächsBeWoG mit Ausnahme der Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige und der betreuten Wohngruppen. Im Sinne der Rechtsklarheit erbitten wir eine eindeutige Definition zu
2 den Wohnformen sowie eine einheitliche Verwendung von Begrifflichkeiten im Gesetz und in der Verordnung, z.b. spricht das Gesetz von stationären Einrichtungen und die Verordnung dagegen nur von Einrichtungen. Es wird positiv bewertet, dass für jegliche Einrichtungen bis maximal 6 Plätze die baulichen Anforderungen nicht erfüllt werden müssen. Im Sinne einer Gleichbehandlung muss dies aber auch für Wohngemeinschaften und betreute Wohngruppen gelten. Für diese werden jedoch in den Abs. 2 und 3 Anforderungen gestellt, von denen alle anderen Einrichtungen bis maximal 6 Plätze, die keine Wohngemeinschaften oder betreute Wohngruppen sind und in den Anwendungsbereich des SächsBeWoG fallen, generell ausgenommen sind (es gelten für diese nicht die 2 bis 9). Dafür ist kein sachlicher Grund erkennbar. Grundsätzlich ist es richtig, dass bestimmte Wohngemeinschaften einer stärkeren Kontrolle im Interesse des Verbraucherschutzes unterliegen müssen. Grundsätzlich ist auch der Ansatz richtig, dass die Verordnung differenzierte Regelungen zwischen stationären Einrichtungen einerseits und Wohngemeinschaften und betreuten Wohngruppen andererseits treffen soll. Allerdings verhindern oder gefährden die geplanten Regelungen, die von allen und von Anfang an zu erfüllen sind, Wohngemeinschaften und betreute Wohngruppen existenziell in dem Fall, dass diese unter die Regelungen des SächsBeWoG fallen. Die Bestimmungen in dem vorliegenden Verordnungsentwurf sollten sich an den Gegebenheiten des allgemeinen Wohnungsmarktes orientieren, um dem Normalitätsprinzip entsprechend eine Anmietung auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt zu ermöglichen. Außenwohngruppen für Menschen mit Behinderung sind nach wie vor nicht im SächsBeWoG bzw. in der Verordnung erwähnt oder definiert. Falls diese nicht den betreuten Wohngruppen zugeordnet werden, ist für Außenwohngruppen ein eigener Absatz im 2 erforderlich. Wir schlagen zur Klarstellung folgenden Absatz 4 vor: "Für Außenwohngruppen für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen als Teil stationärer Einrichtungen nach 2 Abs. 1 SächsBeWoG gilt 3 Abs. 1 und 2, alle sonstigen Vorschriften bezüglich der baulichen Anforderungen finden keine Anwendung." Abs. 2 Im Abs. 2 wird der Anwendungsbereich für Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige geregelt. Die Wohngemeinschaften werden in zwei Typen eingeteilt: mit maximal 6 Plätzen und mit mehr als 6 Plätzen. Die Wohngemeinschaften mit maximal 6 Plätzen werden zudem noch nach den baulichen Gegebenheiten unterschieden: sie befinden sich in bereits bestehenden Gebäuden oder entstehen in Gebäuden, die erst nach Inkrafttreten der Verordnung errichtet werden. Die vorgesehenen Regelungen für Wohngemeinschaften unabhängig von der Größe sind sehr detailliert und in der Verordnung schwer überschaubar formuliert. Wohngemeinschaften mit mehr als 6 Plätzen müssen weitgehend die Voraussetzungen für stationäre Pflegeeinrichtungen erfüllen. So werden beispielsweise die Zimmergrößen ( 5 Abs. 2) und jeweils ein Bad für zwei Personen ( 8 Abs. 1) vorgeschrieben. Zudem sollen diese Wohngemeinschaften Arbeits- und Funktionsräume für die pflegerische Versorgung vorhalten ( 7 Abs. 2). Sie müssen außerdem über eine Rufanlage verfügen ( 9). Mit diesen weitgehenden Regelungen werden Wohngemeinschaften mit mehr als 6 Plätzen den stationären Pflegeeinrichtungen in weiten Teilen gleichgestellt und sind im Grunde als Wohngemeinschaften nicht führbar.
3 Die Ziffern 2 und 3 des Abs. 2 formulieren für Wohngemeinschaften bis maximal 6 Plätze zwar geringere Anforderungen. Allerdings werden nach 10 Abs. 1 wieder erhöhte Anforderungen an das Konzept gestellt. 12 fordert ein Bad für drei Personen. Der 22 Abs. 2 sieht zwar Übergangsfristen (fünf Jahre) für bestehende Wohngemeinschaften und Befreiungsmöglichkeiten vor. Dennoch ist fraglich, wie bestehende Wohngemeinschaften den Anforderungen angepasst werden sollen, inwieweit das den Bewohnern bzw. Mietern zumutbar ist und wer dies finanziert. Die baulichen Anforderungen an Wohngemeinschaften sind insgesamt so definiert, dass Wohngemeinschaften unabhängig von dem in der Wohngemeinschaft lebenden Personenkreis eher verhindert oder zur Schließung gezwungen, anstatt als alternative Wohnform gefördert werden. Zudem wird noch einmal darauf hingewiesen, dass für Einrichtungen mit maximal 6 Plätzen, die keine Wohngemeinschaften sind, aber unter das SächsBeWoG fallen, alle diese Anforderungen nicht gelten sollen. Wir schlagen deshalb für Wohngemeinschaften folgenden Regelungsumfang vor: Anwendung des 3 Abs. 1 und 2. Der Abs. 2 Satz 2 ist dabei wie folgt zu formulieren: Die Einrichtungen sollen so gebaut und ausgestattet sein, dass sich die Bewohner möglichst ohne fremde Hilfe bewegen sowie die Einrichtung selbstständig nutzen, aufsuchen und verlassen können. Abs. 3 Im Abs. 3 wird der Anwendungsbereich für betreute Wohngruppen für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder mit Behinderungen geregelt. Die betreuten Wohngruppen werden in zwei Typen eingeteilt: mit maximal 9 Plätzen und mit mehr als 9 Plätzen. Die Wohngemeinschaften mit maximal 9 Plätzen werden zudem noch nach den baulichen Gegebenheiten unterschieden: sie befinden sich in bereits bestehenden Gebäuden oder entstehen in Gebäuden, die erst nach Inkrafttreten der Verordnung errichtet werden. Die vorgesehenen Regelungen für betreute Wohngruppen entsprechen denen für Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige. Im Wesentlichen wird deshalb auf die zu Abs. 2 gemachten Ausführungen verwiesen. Dennoch gehen wir auf einige Regelungen noch einmal ein. Nach 8 Abs. 1 müssten betreute Wohngruppen mit mehr als 9 Plätzen fünf Bäder und Betreute Wohngruppen mit maximal 9 Plätzen nach 12 drei Bäder haben. Es sind in betreuten Wohngruppen mit mehr als 9 Plätzen unabhängig vom betreuten Personenkreis Funktions- und Arbeitsräume für die pflegerische Versorgung einzurichten. Die Bedingungen sind für bestehende betreute Wohngruppen nicht umsetzbar, nicht finanzierbar und entsprechen nicht der Normalität. Ausnahmeregelungen sind bürokratisch und im Ergebnis offen. Die baulichen Anforderungen an betreute Wohngruppen sind so angelegt, dass sie diese verhindern oder zur Aufgabe bewegen. Konzepte für alternative Wohnformen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen werden damit nicht unterstützt. Das gilt insbesondere dann, wenn betreute Wohngruppen nach 2 Abs. 6 SächsBeWoG bereits dann unter das Gesetz fallen, wenn eine Person der dauernden Anwesenheit einer Betreuungskraft bedarf. Wir weisen auch hier darauf hin, dass für Einrichtungen mit maximal 9 Plätzen, die keine betreuten Wohngruppen sind, aber unter das SächsBeWoG fallen, alle diese Anforderungen nicht gelten sollen.
4 5 Wohnplätze und 6 Gemeinschaftsräume Wir bewerten positiv, dass die Flächen für Zimmer mit einem oder zwei Wohnplätzen und Gemeinschaftsflächen gegenüber der bisherigen Heimmindestbauverordnung erweitert werden. Wir weisen darauf hin, dass für die Förderung nach der Aktion Mensch eine Mindestgröße von 15 m² vorgesehen ist. Speziell für die Eingliederungshilfe ist die Aktion Mensch ein wichtiger Partner für die Deckung der erforderlichen Eigenkapitalanteile. Die Mindestflächen sind anzupassen. Die Regelungen können bei Einrichtungen, die nach Inkrafttreten der Verordnung errichtet werden bzw. bei Einrichtungen, die der Verordnung angepasst werden müssen, zu betriebsnotwendigen Investitionen und damit zu erhöhten Investitionskosten bzw. Umlagen auf die Bewohner führen. 7 Sonstige Räume 7 regelt in den Abs.1 und 2, dass Abstellflächen sowie die für die pflegerische Versorgung erforderlichen Funktions- und Arbeitsräume in ausreichender Zahl vorhanden sein müssen. Wir schlagen vor, das Wort ausreichend durch das Wort bedarfsgerecht zu ersetzen. Abschnitt 2, 10 bis 13 Hier wird auf die Ausführungen zu 2 Abs. 2 und 3 verwiesen. Teil 2: Personelle Anforderungen 15 Fachliche Eignung der Leitung Die Regelungen für die fachliche Eignung der Heimleitung werden nach Abs. 1 für Pflegeeinrichtungen und nach Abs. 2 für Einrichtungen der Eingliederungshilfe unterschieden. Wir bewerten diese Unterscheidung positiv. Im Abs. 1 sind grundsätzlich mindestens gleiche Anforderungen an die Heimleitung und die Pflegedienstleitung zu stellen (Wertigkeit und Verantwortung der Heimleitung). Das ist im Entwurf der Verordnung nicht der Fall. Die Anforderungen an die Pflegedienstleitung sind höher, da für die Pflegedienstleitung die Zulassungskriterien nach SGB XI gelten (darunter generell zwei Jahre Berufserfahrung, Weiterbildung als leitende Fachkraft von mindestens 460 Stunden). Bei der Heimleitung wird nach der Verordnung durch eine Weiterbildung mit 460 Stunden die Berufserfahrung verkürzt oder erlassen. Zudem ist eine Weiterbildung von mindestens 460 Stunden für die Heimleitung keine generelle Voraussetzung, für die Pflegedienstleitung nach SGB XI jedoch Mindestvoraussetzung. Demnach ist es so, dass Leitungsverantwortung zu übernehmen möglich wird, ohne jede praktische Berufserfahrung. Vorgeschlagen wird eine Differenzierung der Anforderungen für die Heimleitung nach Einrichtungsgröße. Bei kleineren Einrichtungen (in der Begründung zur Verordnung könnten kleinere Einrichtungen z.b. mit max. 25 Plätzen definiert werden) sollte es Ausnahmen von den Voraussetzungen geben, indem z.b. die Berufserfahrung auf maximal ein Jahr reduziert wird.
5 Die VO sollte abhängig von der Einrichtungsgröße auch Regelungen zur Personalunion Heimleitung/PDL für kleinere Einrichtungen beinhalten. Nach Abs. 2 kann nur der Leiter einer Einrichtung für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen werden, wer Fachkraft im Bereich dieser Einrichtungen ist. Wenn schon differenzierte Voraussetzungen in Abs. 1 und 2 definiert werden, sollte es keine Verweise im Abs. 2 auf Abs. 1 geben. Wir schlagen vor, den Verweis auf Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 zu streichen. Abs. 2 wird dafür um folgende Formulierung ergänzt: Die Wahrnehmung von Weiterbildungsmaßnahmen für leitende Funktionen ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Durch die Wahrnehmung von Weiterbildungsmaßnahmen für leitende Funktionen mit mindestens 460 Stunden wird das Erfordernis der zweijährigen hauptberuflichen Tätigkeit auf maximal ein Jahr reduziert. Der Absatz 3 ist aus unserer Sicht entbehrlich. 18 Fachkräfte (und 19) Es wird positiv bewertet, dass sich die Fachkraftdefinition an einem staatlich anerkannten Beruf oder Studium sowie am Bedarf der Bewohner und am Pflege- und Betreuungskonzept orientiert. 19 Beschäftigte für pflegende und betreuende Tätigkeiten Die Regelungen werden positiv aufgenommen, da die Definition der Fachkräfte über das Konzept und den Bedarf der jeweiligen Bewohner ermöglicht wird. Die Regelung in Bezug auf die Nachtwache in Abs. 2 muss sich eindeutig auf Pflegeeinrichtungen im Sinne des SGB XI beziehen. Die Formulierung muss deshalb heißen: Die nach in stationären Einrichtungen nach SGB XI bei Nachtwachen ständig anwesende Fachkraft Inwieweit die geltenden oder bisher angewandten Regelungen der Verwaltungsvorschrift des SMSV zur Verordnung über personelle Anforderungen für Heime (HeimPersVO) weiter gelten, novelliert oder ganz abgeschafft werden, erschließt sich derzeit nicht. Eine eventuelle Anpassung der bisherigen Regelungen sollte die positiven Intentionen der Verordnung umsetzen und Bestandteil der Verordnung werden. 20 Fort- und Weiterbildung Wir gehen davon aus, dass durch die Neuregelung des Fachkraft-Begriffes deutlich mehr Mitarbeitende als Fachkraft eingesetzt werden können. Dennoch ist es notwendig, Nichtfachkräften ebenso Gelegenheit zur Fort- und Weiterbildung zu geben. 21 Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige und betreute Wohngruppen Abs. 1 Wohngemeinschaften und betreute Wohngruppen mit max. 6 bzw. max. 9 Plätzen sind grundsätzlich von den Anforderungen nach den 15 und 17 bis 20 befreit, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 gegeben sind. Demnach müssen alle Wohngemeinschaften mit mehr als 6 und alle betreuten Wohngruppen mit mehr als 9 Plätzen die personellen Anforderungen in vollem Umfang erfüllen. Das ist nicht verhältnismäßig,
6 weder umsetzbar noch finanzierbar und nicht entsprechend der konzeptionellen Intentionen dieser Wohnformen. Damit werden diese Wohngemeinschaften bzw. betreute Wohngruppen zukünftig im Freistaat Sachsen nicht mehr existieren oder neu entstehen können. Generell müssen für alle Wohngemeinschaften und betreuten Wohngruppen gleichermaßen die definierten Ausnahmen gelten. Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3, Nr. 4 Hier werden die Wohngemeinschaften und betreuten Wohngruppen verpflichtet, ein ergänztes Leistungskonzept vorzulegen und deutlich sichtbar auszuhängen. Dieses soll nach a) die berufliche Ausbildung und den Namen der mindestens anteilig beschäftigten Leitung, Pflegedienstleitung und Fachbereichsleitung sowie nach b) umfangreiche Angaben zum weiteren Personal beinhalten. Aus unserer Sicht widerspricht das den Regelungen des Datenschutzes. Zudem gibt es keine andere Wohnform, die verpflichtet ist, diese detaillierten Angaben zum Personal in die Konzeption aufzunehmen und darüber hinaus auch noch öffentlich auszuhängen. Wohngemeinschaften werden in der Regel von einem ambulanten Pflegedienst versorgt und haben damit überhaupt keine eigene Pflegedienstleitung. Die Regelung in der Verordnung könnte unterstellen, dass eine Wohngemeinschaft aber eine Pflegedienstleitung vorzuhalten hat. Diese ist bei bis zu 6 Plätzen - auch anteilig - nicht finanzierbar. Bei betreuten Wohngruppen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen ist nach wie vor nicht eindeutig, was das SächsBeWoG mit betreuten Wohngruppen überhaupt meint. Es gibt ggf. keinen Träger, wenn die Wohngruppe selbst organisiert ist. Sie könnte allerdings nach 2 Abs. 6 SächsBeWoG eben auch dann unter das Heimrecht fallen, wenn kein Träger da ist und eine Person in der betreuten Wohngruppe der dauernden Anwesenheit einer Betreuungskraft bedarf. Wer soll dann das Konzept schreiben und welcher Träger die Beschäftigten anstellen? Wer soll die Kosten tragen? Menschen mit Behinderungen entscheiden selbst (z.b. im Rahmen des persönlichen Budgets), wen sie beschäftigen. Das kann nicht per Verordnung geregelt werden. Das Selbstbestimmungsrecht wird eingeschränkt. Die Regelungen in der vorgesehenen Form werden abgelehnt. Wir regen an, eine klarere Differenzierung vorzunehmen: Betreute Wohngruppen, soweit träger- oder fremdbestimmt sowie Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige, die unter das SächsBeWoG fallen, haben konzeptionell darzustellen, dass die Pflege und Betreuung sichergestellt sind. Die Heimaufsicht entscheidet dann, ob das ausreichend ist oder weitere Anordnungen zu treffen sind. Teil 3: Übergangsregelungen und Befreiungen 22 Übergangsregelungen Abs. 1 Für Einrichtungen im Sinne des 2 Abs. 1 der Verordnung wird für die Erfüllung der räumlichen Anforderungen eine Übergangsfrist von 30 Jahren vorgesehen. Diese Übergangsregelung für bestehende Einrichtungen stellt die im Freistaat Sachsen aufgebaute Infrastruktur an vollstationären Pflegeeinrichtungen (unabhängig davon, dass ggf.
7 entsprechend der Bewertungskriterien für Investitionen der stationären Altenpflege im Freistaat Sachsen die Anforderungen erfüllt werden) sowie Wohnstätten für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen grundsätzlich in Frage. Ein Großteil der Einrichtungen müsste innerhalb der 30 Jahre grundlegend umgebaut werden, falls dies überhaupt möglich ist. Das wird teuer, insbesondere für die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch für die Sozialleistungsträger. Oder die Einrichtungen müssen schließen. Für die bestehenden Einrichtungen muss ein Bestandsschutz entsprechend der bisherigen Regelungen gelten. Alles andere würde dem Gemeinwohl im Freistaat Sachsen widersprechen. Die Befreiungsmöglichkeit nach 23 ist bei dieser Dimension nicht geeignet. Letztlich stellt die Übergangsregelung die öffentlich geförderte Pflegeinfrastruktur und die der Eingliederungshilfe in Frage. Wie die langfristige qualitative und quantitative Sicherstellung der Versorgung im Freistaat Sachsen erfolgen soll, wird in Verordnung und Begründung offen gelassen. Eine Übergangsregelung zur Erfüllung der räumlichen Anforderungen im Sinne des 2 Abs. 1 der Verordnung mit einer Übergangsfrist von 30 Jahren ist äußerst ungewöhnlich und für uns unverständlich. Uns erschließt sich mit dieser Übergangsregelung nicht die Sinnhaftigkeit und das Regelungsverlangen dieser Verordnung. Die Regelung verlagert die Umsetzung auf einen bisher nicht bekannten Planungszeitraum von 30 Jahren und reglementiert ausdrücklich neue Investitionsvorhaben in Sachsen. Damit sehen wir die gewachsene Infrastruktur an vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie Wohnstätten für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen als gefährdet an. Darüber hinaus erlauben wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass unsere bisherigen Erfahrungen bei Anträgen auf Umbauten von Bestandseinrichtungen von den zuständigen Ämtern äußerst erschwerend bearbeitet wurden und wir befürchten, dass durch die beabsichtigte Neuregelung das bisherige Verwaltungshandeln fundamentiert wird. Abs. 2 Hier wird auf die voranstehenden Ausführungen zu Wohngemeinschaften und betreuten Wohngruppen verwiesen. Abs. 3 Eine Übergangsregelungen für die Leitung einer Einrichtung wird beschrieben, allerdings keine Übergangsregelung für Fachkräfte. Diese wäre notwendig, wenn eine überarbeitete/ geänderte Verwaltungsvorschrift angedacht ist. 23 Befreiungen von Anforderungen an die Räumlichkeiten Eine Regelung für Befreiungen ist grundsätzlich positiv, allerdings nicht geeignet, die oben genannten grundsätzlichen Fragestellungen zu lösen.