Vergangene bäuerliche Architektur im Oberpfälzer Jura

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Transkript:

Konrad Bedal Vergangene bäuerliche Architektur im Oberpfälzer Jura Der Oberpfälzer Jura ist vereinfacht gesehen das Gebiet zwischen Nürnberg und Regensburg oder anders gesprochen zwischen Franken und Altbayern ; auch hauskundiich ist diese Obergangslage evident: Nürnbergisch-fränkisches mischt sich mit Oberpfälzisch-altbayerischem. So erschien es bis vor wenigen Jahren; heute ist davon kaum etwas geblieben. Je weiter wir zeitlich zurückgehen desto ausgeprägter lassen sich auf baulichem Sektor vor allem die Beziehungen zum Nürnberger Umland erkennen ja es ist so daß das östliche Mittelfranken fast bis hin nach Ansbach und die westliche Oberpfalz. fast bis hin zur Naab noch im Mittelalter weitgehend als ein in wesentlichen Punkten zusammengehöriges Gebiet aufgefaßt werden können ein Zusammenhang der lange nachwirkt und z. B. in der Fachwerkgestaltung und Raumaufteilung der Häuser noch im 19. Jahrhundert Ostmittelfranken also das "Vorland" des Jura mit dem Oberpfälzer Jura verbindet. Diese Tatsache soll absichtlich den folgenden Bemerkungen über den historischen bäuerlichen Hausbau des Oberpfälzer Jura vorangestellt werden schon um deutlich zu machen daß bäuerliches Bauen auch früher nie allein aus der "Landschaft" selbst zu erklären ist sondern in größere geschichtliche Prozesse eingebunden und in größeren regionalen Zusammenhängen zu begreifen ist. Dies zeigt schon die Grundanlage des Hofes der im Oberpfälzer Jura wie fast überall in Mitteleuropa mindestens zwei etwa gleich große und gleich wichtige Gebäude kennt: Hau s und S ta dei. Sie liegen gern im annähernd rechten Winkel z ue ina nde r selten und nur bei kleinem Besitz sind sie auch unter einem First vereinigt. Schweineställe Holzlegen und Schupfen sind meist erst recht jungen Datums; dagegen kann der im Jura nur vereinzelt nachweisbare Getreidekasten an sich auf hohes Alter zurückblicken doch scheint er nach 1700 fast ausgestorben und auch zuvor hier nur bei besonders großen Höfen üblich gewesen zu sein. Unser Hauptaugenmerk gilt der geschichtlichen Entwicklung des "Hauses" des Bauernhauses im eigentlichen Sinn und auch bei ihm vorwiegend seiner äußeren architektonischen Erscheinung (das Innere verdiente eine gesonderte Darstellung). Das Haus des Oberpfälzer Jura war durchweg ein "WohnstalIhaus" d. h. Wohnung und Viehstallung liegen unter einem Dach. Den gerade noch greifbaren mittelalterlichen Ausgangspunkt der Entwicklung des Bauernhauses (wie übrigens auch des Stadels) stellt das fast qua d r a i s c h e mit strohgedecktem Vollwalm übe r da c h te Hau s dar wie es durch alte Abbildungen vor allem für das Nürnberger Umland überliefert ist wie es aber sicherlich auch für den größten Teil des Jura gegolten hat was u. a. ein längst abgebrochenes Hirtenhaus in Altenveldorf bei Parsberg erwies. So primitiv-einfach diese.schwedenhäuser" wie man sie im Nürnberger Gebiet genannt hat (obwohl sie weit älter als die Schwedenzeit d. h. der Dreißigjährige Krieg sind) äußerlich erscheinen mögen im Innern besaßen sie mit einem hohen aus 4 bis 8 Säulen bestehenden Innengerüst eine nahezu geniale Zimmermannskonstruktion denn das tragende eine große Halle bildende Holzwerk 77

lag geschützt vor den Unbilden der Witterung im Innern des Hauses die Außenwände selbst waren niedrig und leicht auswechselbar. Leider nicht genauer untersuchte Reste solcher Innengerüstbauten mit 35 bis 5 m hohen Säulen waren bis nach 1945 in Ittelshofen und in Raitenbach (um Parsberg) erhalten. Der schon erwähnte fast quadratische Grundriß der alten Häuser geht offensichtlich auf dieses "Manteldachhaus" (wegen des Vollwalm-"Mantels" so genannt) zurück - und auch die Möglichkeit die Hauseingänge sowohl an die Traufe (Längsseite) wie an die Giebelseite zu legen. Im Oberpfälzer Jura überwog im allgemeinen beim Bauernhaus der Eingang vom Giebel her nur kleinere Häuser etwa von Köblern (Kleinstbauern) bevorzugten die Tür an der Längsseite. Das ist übrigens nicht gleichbedeutend mit einem Eingang des Hauses vom Hof oder der Straße her - die Höfe und Häuser im Jura sind (wie im anschließenden Mittelfranken) kaum nach dem Weg orientiert sondern liegen fast regellos und weitläufig; sehr häufig spricht dabei die Himmelsrichtung eine entscheidende Rolle denn sie bestimmt die Lage der Stube in Richtung Südosten unabhängig ob wir ein giebelseitig aufgeschlossenes Haus betrachten - dann liegt der Giebel mehr nach Süden oder ein traufseitig begangenes Haus - dann zeigt der Giebel etwa nach Osten. Damit sind wir unseren Betrachtungen zeitlich schon etwas vorausgeeilt. Das Haus des Mittelalters hatte wie erwähnt keinen Giebel sondern nur relativ steile Walme (im Unterschied zum flacheren barocken Walm). Wann der Obergang vom Vollwalm über den Halbwalm (Krüppelwalm Schopfwalm) zum Steilgiebel beim Bauernhaus des Oberpfälzer Jura erfolgte wissen wir nicht genau; lange laufen auch diese Formen nebeneinander her. Ein schönes Beispiel für diese Entwicklung ist der Schopfwalm eines Hauses aus dem späten 16. Jahrhundert in Holnstein bei Berching. Das Vollwalmdach des Mittelalters war strohgedeckt aber auch Halbwalm und Steilgiebeldach im bäuerlichen Bereich besaßen im Oberpfälzer Jura sehr lange die Stroheindeckung. Noch bis kurz nach 1945 hat es vor allem im Gebiet von Neumarkt und Parsberg eine größere Zahl von z. T. mächtigen Strohdächern gegeben - 1960 gab es offenbar kein einziges mehr. So kommt es daß wir heute nicht einmal wissen in welcher Weise im Oberpfälzer Jura mit Stroh gedeckt wurde. Nur alte Fotos lassen etwas von der Schönheit dieser Dächer erahnen; sie zeigen zugleich eine kaum mehr bekannte Besonderheit nämlich überkreuzte manchmal in Form von Pferdeköpfen endende schlanke Windbretter an den Giebeln und zu Wülsten geflochtene Firstabdeckungen. Der Oberpfälzer Jura war eines der letzten Rückzugsgebiete in Bayern für das Strohdach in unserem Jahrhundert. Ober die W ä n d e des mittelalterlichen Bauernhauses können wir nur Vermutungen anstellen vor allem mit Hilfe von Analogieschlüssen aus den mittelfränkischen Verhältnissen. Demnach dürften es weitmaschige Fachwerkwände mit Lehm-Flechtwerkfüllungen im Wirtschaftsbereich und mit Lehmschlag geschützte Holzbohlenwände im Wohnbereich vor allem derstube gewesen sein. Den Blockbau die reine Holzbauweise wie ihn die übrige Oberpfalz vor allem der Bayerische Wald kennt gab es nur in geringen Spuren bei Brunnen und bei Schweineställen im Altmühljura bei Riedenburg auch bei Wohnhäusern. Bei den Blockbau-Schweineställen dürfte es sich eher um relativ junge Bauten frühestens vom Ende des 18. Jahrhunderts handeln das Alter der Blockbaureste im Altmühlgebiet ist unbekannt; eine umfassende Bedeutung hat der Blockbau im Jura sicher nie gehabt. Eine andere reine Holzbauweise scheint dagegen eher an mittelalterliche Traditionen anzuknüpfen: der "ausgeblockte" Ständerbau oder der Ständerriegelbau sozusagen ein Fachwerkbau ganz aus Holz wobei die Säulen (Ständer) das tragende Element sind zwischen die füllende Holzbalken (Riegel) geschoben sind wie es schon nur mit schwächeren Hölzern im Mittelalter beim Ständerbohlenbau üblich war. Die noch bekannten Belege betreffen vorwiegend Schweinestall und Stadel um Parsberg (z. B. einst in Hokkenhofen) und weiter südlich auch kleinere Bouernhäuser und Hirtenhäuser bei denen offensichtlich länger ältere Bauweisen fortleben. Blockbau und Ständerriegelbau sind Zweckbauweisen ästhetisch zumindest bei uns völlig anspruchlos. 78

.. ~. -.- ~... I '. ~. II - Frickenhofen bei Neumorkt strohgedeckter Bouernhof zerstört 1937 79

Brunn Hirtenhaus mit typischem Fachwerkgiebel abgebrochen um 1970 Ganz anders das F ach wer k das optisch vom Gegensatz der dunklen z. T. farbig gestrichenen grafisch wirkenden Hölzer zu den flächigen meist helleren Gefachen bestimmt wird. Fachwerk wirkt auch ohne aufwendige Schmuckformen oder gar Schnitzereien allein durch die Linienführung der Balken. Bester Beweis ist das (einstige) Fachwerk im Oberpfälzer Jura: zwar sind es fast nur gerade zubehauene Balken - und doch welche klare kraftvolle durchaus repräsentative Gestaltung! Das Grundsystem ist denkbar einfach und kehrt fast immer wieder: wenige Ständer in weiten Abständen die auf das konstruktiv Nötige beschränkt sind durch zwei relativ eng beieinanderliegende Riegel verbunden zwischen denen die zumeist sehr kleinen Fenster mit Läden eingespannt sind; die Ständer mit doppelten (manchmal sogar dreifachen) gleichgerichteten Fußstreben (Fußbügen) versteift nach oben einfache Kopfstreben. Zusätzlich können weitere kurze schräge und senkrechte Hölzer das Fachwerk verdichten und unter bzw. über die Fenster wurden gern liegende Kreuze (Andreaskreuze) zum Schmuck gesetzt. Das Balkenwerk ist häufig rot gestrichen in Einzelfällen läßt sich auch an den meist mit Bruchsteinen gefüllten Gefachen selbst farbige Gestaltung nachweisen. Nur die wenigsten Fachwerke sind durch Jahreszahlen in ihrer Bauzeit festgelegt; der Großteil des Erhaltenen - und sei es jetzt auch nur noch in Plan 80

oder Bild - scheint erst aus dem 18.119. Jahrhundert zu stammen i aus Mittelfranken sind vergleichba re Beispiele aus dem 17. Jahrhundert nachgewiesen. Im Prinzip läßt sich die spezifische schwere Art des Fachwerks im Oberpfälzer Jura direkt auf das mittelalterliche Fachwerk wie es uns aus Nürnberg genugsam bekannt ist zurückführen. Dem geschilderten klaren Fachwerkprinzip gegenüber eigenartig fremd und unsicher wirken die wenigen Fachwerke im Südosten unseres Gebietes noch unbeka nnten Alters (17. Jh.? ) z. B. in Seibertshofen oder in Laaber - sollte dies Regensburger Einfluß sein? Denn auch Regensburg kannte bis ins 16. Jahrhundert vereinzelt den Fachwerkbau. Reichere Schmuckformen im Fachwerk sind nur an der Grenze zu Mittelfranken zu finden wie z. B. in Mörsdorf. Eines fällt auf: nie erstreckt sich das Fachwerk auf das Erdgeschoß des Wohnhauses. Und nachdem dieses bis auf Gasthaus und neuere Bauten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts immer eingeschossig ist beschränkt sich das Fachwerk fast nur auf die breitgelagerten Giebel der Häuser. Das Erdgeschoß ist mindestens seit 200 Jahren durchweg aus Kalkbruchsteinen gemauert. S t ein bau scheint aber auch sonst schon relativ früh eine größere Bedeutung in unserem Gebiet und auch im bäuerlichen Bereich besessen zu haben. Doch ist das Al ter der schmucklosen Bauten hinter späteren Umbauten nur schwer zu erkennen. Jedenfalls gab es sicherlich bereits im 16. Jahrhundert auch ganze "Steinbauten" z. B. im unteren Laabertal nach Regensburg zu. Eine zweite und durchschlagende.steinbouwelle" gelangte erst im 19. Jahrhundert in unser Gebiet wenn auch häufig nur durch Verputz von Fachwerk der Steinbaumode Rechnung getragen wurde. Lange blieb der Oberpfälzer Jura ein relativ unerschlossenes und beharrliches Gebiet abseits der Verkehrswege in dem sich bis zur Mitte unseres Jahrhunderts altertümliche Bau- und Wohnformen erhielten wie kaum sonst in der Oberpfalz. Dazu gehört wohl auch aus dem hier nicht näher behandelten "Innenleben" des alten Hauses die Art des Heizens und Kochens z. B. das sogenannte.höllhofckcmmer!" in der Stube zum Fernhalten der Wasserdämpfe die von den im Ofen eingemauerten "Höllhäfen" (ba uchigen Wasserkesseln) ausgingen. Aber seit 1960 noch verstärkt nach 1970 suchen die Bewohner entschieden und fast kompromißlos Anschluß an die "moderne Zeit". So ist in den achtziger Jahren unseres Jahrhunderts kaum noch etwas vom alten Baubestand verblieben ganze Dörfer haben ihr Gesicht völlig verändert - ob immer zum Vorteil? 81