Stillrichtlinien des Kantonsspitals St. Gallen Lutz- Schmid A. Pflegefachfrau, Still- und Laktationsberaterin IBCLC Steccanella B. Pflegefachfrau, Still- und Laktationsberaterin IBCLC Erstmals veröffentlicht im April 2012 Copyright Frauenklinik Kantonsspital St. Gallen
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Anatomie der Brust 2.2 Physiologie der Milchbildung 2.3 Zusammensetzung der Muttermilch 2.3.1 Stadien der Milchbildung 3 Vorbereitung auf das Stillen während der Schwangerschaft 3.1 Grundsatzinformation zum Stillen 3.1.1 Vorbereitung der Brust und der Mamille auf das Stillen 3.1.2 Flach- oder Hohlwarzen 3.1.3 Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit 3.1.4 Stillanamnese 4 Die laktierende Brust 4.1 Grundsatzinformationen zur laktierenden Brust 4.2 Initialer Milcheinschuss 4.3 Milchproduktion 4.4 Die gesunde Mamille 4.5 Brustmassage 4.6 Areolakompression 5 Die Ernährung des gesunden Neugeborenen 5.1 Grundsatzinformationen zur Ernährung des gesunden Neugeborenen 5.1.1 Saugtechnik 5.1.2 Ansetztechnik, asymmetrisch Anlegen 5.1.3 Absetztechnik 6 Stillpositionen 6.1 Grundsatzinformationen zu den Stillpositionen 6.1.1 Die klassische Wiegehaltung 6.1.2 Die modifizierte Wiegehaltung 6.1.3 Die Rückenhaltung 6.1.4 Das Stillen im Liegen 6.1.5 Die Australia-Haltung 6.1.6 Die Stillposition nach Sectio caesarea 6.1.7 Die Hoppe-Reiter-Position 6.1.8 Der Vierfüssler 6.2 Stillen von Zwillingen/Mehrlingen 6.2.1 Die doppelte Rückenhaltung 6.2.2 Die kombinierte Rücken- und Wiegehaltung 6.2.3 Die doppelte Wiegehaltung 6.2.4 Die "V"-Position 7 Mamillenprobleme 7.1 Grundsatzinformationen zu wunden Mamillen 7.1.1 Empfindliche, gereizte Mamillen 7.1.2 Wunde, entzündete Mamillen
7.1.3 Rhagaden 7.1.4 Bläschen auf den Mamillen 7.1.5 Soor, Candida albicans 7.1.6 Vasospasmen der Mamillen 7.2 Therapiemöglichkeiten für verletzte Mamillen 7.2.1 Grundsatzinformationen zur Therapie von verletzten Mamillen 7.2.2 Lanolin 7.2.3 Mepilex und Kombination von Mepilex mit Lanolin 7.2.4 Mother Mates Hydrogel Pads 7.2.5 Salbeiteetupfer 7.2.6 Punktmassage 7.2.7 Mamillenschutz 8 Spezielle Stillsituationen 8.1.1 Das Baby kann die Brust nicht oder nicht immer fassen 8.1.2 Brusthütchen 8.1.3 Das Baby hat ein Frenulum (Zungenbändchen) 8.1.4 Verminderte Milchmenge 8.1.5 Milchüberproduktion 8.1.6 Stillen nach Brustoperationen 8.2 Milchblister 8.3 Milchstau 8.4 Mastitis 8.5 Brustabszess 8.6 Medikamente/ Anästhesie während der Stillzeit 8.7 Abstillen 8.7.1 Abstillen nach einem tot geborenen oder früh verstorbenem Kind 9 Alternative Ernährungsmöglichkeiten 9.1 Anwendung des Bechers 9.2 Fingerfeeding 9.3 Brusternährungsset 9.4 Ernährung mit der Schoppenflasche 9.5 Sondenernährung 9.6 Ernährung mit dem Habermannsauger 10 Neugeborene, mit besonderen Bedürfnissen bei der Ernährung 10.1 Grundsatzinformationen für Neugeborene mit besonderen Bedürfnissen bei der Ernährung 10.2 Grundsatzinformation zum Stillen von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen 10.2.1 Pumpen von Muttermilch für Frühgeborene oder kranke Neugeborene 10.2.2 Hautkontakt 10.2.3 Tropfenschlucken 10.2.4 Such- und Saugreflex 10.2.5 Non-nutritives Saugen 10.2.6 Saugen- Schlucken- Atmen 10.2.7 Eine Stillmahlzeit bei einem frühgeborenen oder kranken Neugeborenen 10.2.8 Stillen teilweise nach Bedarf 10.2.9 Stillen nach Bedarf 10.3 Die Ernährung des Neugeborenen mit Hypoglykämierisiko 10.3.1 Die Ernährung des Neugeborenen nach einer Schwangerschaft mit Diabetes Typ 1, 2 und Gestationsdiabetes
10.4 Die Ernährung des Neugeborenen mit einer Spaltfehlbildung im Mundbereich 10.5 Stillen eines Kindes mit Down Syndrom 11 Gewinnen von Muttermilch 11.1 Grundsatzinformationen für die Mutter 11.2 Manuelles Gewinnen von Muttermilch/ Marmetmethode 11.3 Gewinnen von Muttermilch durch Abpumpen 11.4.1 Spezielles zum Gewinnen von Milch für das kranke oder frühgeborene Kind 11.5 Aufbewahrung, Lagerung und Transport der Muttermilch 11.6 Vorbereitung der Muttermilch zur Verabreichung 11.6.1 Bakteriologische Überprüfung von Muttermilch 11.6.2 Pasteurisierung von Muttermilch 11.7 Gewinnung, Aufbereitung, Bereitstellung und Verabreichung von Spendermilch 12 Genussmittel Drogen und Stillen 12.1 Grundsatzinformationen zu Genussmittel/Drogen und Stillen 12.1.1 Rauchen 12.1.2 Alkohol 12.1.3 Koffein 12.1.4 Methadon 12.1.5 Sonstige Drogen 13 Anhänge 13.1 Zehn Schritte zum erfolgreichen Stillen 13.2 Empfehlung zum Umgang mit Schnullern bei gesunden Säuglingen 13.3 Wird mein Kind satt? 13.4 Der Internationale Kodex zu Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten 13.5 Verwendete Literatur 13.5.1 Verwendete Internetseiten 13.6 Weiterführende Literatur 13.6.1 Weiterführende Internetseiten 13.7 Adressen für Stillberatung
1 Einleitung Ziel dieser Stillrichtlinien ist, den Pflegefachfrauen der Geburtshilfe aktuelles fachliches Wissen zum Thema Stillen und Laktation, sowie zur Anleitung und Beratung der Stillenden zur Verfügung zu stellen. Die in der Richtlinie beschriebenen Interventionsmöglichkeiten tragen dazu bei, Mutter und Kind in ihrer speziellen Situation fachlich kompetent zu informieren, anzuleiten, zu beraten und zu begleiten. Als Grundlage für diese Stillrichtlinien dienen die Stillstandards (2003) des Inselspitals Bern. Sie wurden mit neuen Erkenntnissen aktualisiert und durch unsere Erfahrungen ergänzt. Es ist bekannt, dass Muttermilch für das Kind die bestmögliche Ernährung ist. Was früher auf Erfahrung beruhte, ist in den letzten Jahren durch wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigt worden. Die moderne Forschung hat die besonderen Vorzüge der Muttermilch überzeugend nachgewiesen. Die Mitarbeitenden der Frauenklinik verstehen das Stillen als direktes Trinken von der Brust oder als Gewinnen von Muttermilch und Ernähren des Säuglings mit Muttermilch in einer anderen Verabreichungsform. Heutige Erkenntnisse lehren uns, dass besonders der Stillstart eine sehr sensible Phase darstellt. In den ersten Tagen (bis Wochen) entscheidet sich, wie eine Frau die weitere Stillzeit meistern und erleben wird. Der Miteinbezug des Vaters, angemessene Information über das Stillen und seine Vorteile und schnelle Hilfe bei Stillproblemen unterstützen einen guten Stillstart. Trotzdem ist es für viele Mütter schwierig geworden über längere Zeit zu stillen. Dies hat viele Ursachen. Sehr wichtig ist die Einstellung des Umfeldes der Mutter. Die Familie ist gefordert sie beim Überwinden von Anfangsschwierigkeiten, im Alltag und in Krisen zu unterstützen. Auch mangelndes Wissen über den Nutzen des Langzeitstillens, der frühe Wiedereinstieg in das Erwerbsleben und dass das Stillen in der Öffentlichkeit nicht üblich oder nicht erwünscht ist, sind Gründe für ein frühes Abbrechen der Stillbeziehung. Hier ist die Information der Öffentlichkeit über die Rechte der stillenden Mütter und über den wichtigen Beitrag des Stillens für die Gesundheit von Mutter und Kind nötig. Die in einer weltweiten, gemeinsamen Kampagne von WHO und UNICEF (Baby Friendly Hospitalinitiative) empfohlenen Zehn Schritte zum erfolgreichen Stillen" (Anhang) zeigen, wie günstige Bedingungen für das Stillen geschaffen werden können. Im Laufe der Zeit haben sich diese 10 Schritte" zu einem weltweit gültigen Qualitätsmerkmal von Geburtskliniken entwickelt. Diese 10 Schritte bilden die Grundlage der Stillrichtlinien des Kantonsspitals St. Gallen. Der Internationale Kodex für die Vermarktung von
Muttermilchersatzprodukten der Weltgesundheitsorganisation (WHO, Mai 1981) wird von unserer Klinik eingehalten. (Zusammenfassung des Kodex ist im Anhang) Grundvoraussetzung Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung dieser Stillrichtlinie sind: Aktualität und Praktikabilität Bewusstsein und Motivation der Pflegefachfrauen / Hebammen für Weiterentwicklung und Innovation Möglichkeiten für die Pflegefachfrauen / Hebammen ihre bisherige Stillpraxis zu reflektieren und ihr vorhandenes Fachwissen zum Thema Stillen und Laktation zu vertiefen, zu spezifizieren und zu erweitern das eindeutige Willensbekenntnis zur Entwicklung und Umsetzung der Richtlinie von Seiten der leitenden Personen aus dem Pflege- und ärztlichen Bereich der Geburtshilfe Die Personenanrede Frau oder Mutter ist in diesen Richtlinien sinngemäss für beide Rollen zu verstehen. Der Vater ist im Mutter-Kind-Prozess integriert. Das diplomierte Pflegepersonal, die Hebamme, die Fachangestellte Gesundheit und die Auszubildenden gelten in dieser Richtlinie als Pflegefachfrauen.