Stand der Bekämpfung von Brandkrankheiten im ökologischen Getreidebau

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Transkript:

Stand der Bekämpfung von Brandkrankheiten im ökologischen Getreidebau Developments in the control of bunt and smut in organic cereal production H. Spieß 1, M. Jahn 2, E. Koch 3, N. Lorenz 1, K.-J. Müller 4, W. Vogt-Kaute 5, F. Waldow 2, R. Wächter 3 und K.-P. Wilbois 6 Keywords: plant protection, biodiversity, cereal seed-borne bunt and smut Schlagwörter: Pflanzenschutz, Biodiversität, saatgutbürtiger Getreidebrand Abstract: With the aim to evaluate the effectiveness of techniques and measures for control of cereal bunts and smuts in organic farming systems, field trials were carried out in multiple locations from 2004 to 2006. The relevant fungal diseases included in the trials were common bunt (Tilletia tritici), dwarf bunt (T. controversa), loose smut (Ustilago tritici, U. nuda), covered smut (U. hordei) and black loose smut (U. avenae). The following treatments were found to be effective. Common bunt: different physical methods, Tillecur, acetic acid. Loose smut of barley and wheat: warm and hot water treatment, seed treatment with ethanol (more trials needed). Covered smut of barley: warm water treatment, ethanol, Lebermooser. Loose smut of oats: hot water treatment, ethanol. Field resistant varieties are available (although in some cases only in limited number) for common bunt, loose smut of wheat and barley and covered smut. The status of varietal resistance against dwarf bunt is only insufficiently known. In case of black loose smut research on resistant varieties is currently being conducted. Einleitung und Zielsetzung: In den vergangenen Jahren wird ein vermehrtes Auftreten von Brandkrankheiten im Getreidebau bei Aussaat von ungebeiztem Saatgut beobachtet. Im Ökologischen Landbau hat sich diese Problematik einerseits durch die Ausweitung der Anbaufläche und andererseits durch die EU-Verordnung Nr. 1452/2003, wonach Saatgut aus Ökologischen Landbau stammen muss, noch verstärkt. Wegen des Verzichts auf chemisch-synthetische Saatgutbeizung, stellt die Entwicklung von Strategien, diese Pilzerkrankungen unter Kontrolle zu bringen, eine vordringliche Aufgabe der Forschung im Ökologischen Landbau dar. Bei den relevanten Brandkrankheiten handelt es sich bei Weizen, Dinkel, Emmer und Einkorn um den Stein- oder Stinkbrand (Tilletia tritici), den Zwergsteinbrand (T. controversa) und den Flugbrand (Ustilago tritici), bei Gerste um Flugbrand (U. nuda) und Hartbrand (U. hordei) sowie bei Hafer um Flugbrand (U. avenae). Die Dringlichkeit zur Bearbeitung des Forschungsthemas ergibt sich aus mehreren Sachverhalten. Zum einen können befallsbedingte Ertragseinbußen erheblich sein. Zum anderen führen bereits drei bis fünf Brandähren pro 150 m² zur Aberkennung der Vermehrungsbestände. Des Weiteren sind die Sporen in unterschiedlichem Maße giftig, weshalb kontaminiertes Getreide nicht für den menschlichen Verzehr geeignet ist. Getreide mit >1% Steinbrandsporen wird bspw. nicht für 1 IBDF im Forschungsring e.v., Zweigstelle Dottenfelderhof, 61118 Bad Vilbel, Deutschland, spiess@ibdf.de 2 Institut für integrierten Pflanzenschutz, BBA, Stahnsdorfer Damm 81,14532 Kleinmachnow, Deutschland 3 Institut für biologischen Pflanzenschutz, BBA, Heinrichstraße 243, 64287 Darmstadt, Deutschland 4 GfgF e.v., Getreidezüchtungsforschung Darzau, Darzau Hof 1, 29490 Neudarchau, Deutschland 5 Naturland e.v., Kleinhaderner Weg 1, 82166 Gräfelfing, Deutschland 6 Forschungsinstitut für biologischen Landbau Deutschland e.v., Galvanistr. 28, 60486 Frankfurt, Deutschland

die Tierfütterung empfohlen (WESTERMANN et al. 1988). Weiterhin ist die Verfügbarkeit resistenter Sorten kaum bekannt, weil in der Sortenzulassung die Anfälligkeit auf Getreidebrand nicht berücksichtigt wird. Nicht zuletzt fehlen genügend wirksame sverfahren bzw. großtechnische Einrichtungen zur Saatgutbeizung im Ökologischen Landbau. Lediglich eine Bürstmaschine der Fa. WESTRUP zur Brandsporen-Reduzierung steht in Deutschland zur Verfügung. Eine Elektronenbehandlung des Saatgutes ist nur für Steinbrand geeignet, wird aber nicht von allen Verbänden des Ökologischen Landbaus befürwortet. Die vorliegenden Untersuchungen im Rahmen mehrerer Forschungskooperationen, vor allem im Bundesprogramm Ökologischer Landbau, hatten zum Ziel, vorhandene Verfahren zur Wiederherstellung der Saatgutgesundheit auf ihre Wirksamkeit und Praxistauglichkeit zu überprüfen, ggf. weiterzuentwickeln und die Anfälligkeit der Sorten zu evaluieren. Methoden: Im Zeitraum von 2004 bis 2006 wurden in der Praxis verfügbare Verfahren zur Brandbekämpfung auf ihre Wirksamkeit in randomisierten Feldversuchen (3 Wiederholungen) untersucht. Standorte waren die öko-zertifizierten Betriebe Dottenfelderhof (Bad Vilbel), Hof Darzau (Neudarchau) und Klostergut Wiebrechtshausen (Northeim). In Gefäßversuchen wurden Erfolg versprechende Mittel und Verfahren vorgeprüft, um sie später in Feldversuche aufzunehmen. Geprüft wurden vor allem thermische Verfahren wie Warm- und Heißwasserbeizung sowie Saatgutbehandlungen mit Handelsprodukten auf pflanzlicher (Tillecur, Milsana, LEBERMOOSER u.a.) oder mikrobieller Basis (FZB 24, Serenade, Cedomon, BIOPRO u.a.). Die Resistenzuntersuchungen der Sorten wurden im Zeitraum von 2002 bis 2006 unter Feldbedingungen vorgenommen. Die künstliche Inokulation von Steinbrand bzw. Hartbrand erfolgte mit 2 bzw. 1g Sporen pro 1kg Saatgut, Flugbrand nach der Methode von POEHLMAN (1945). Natürlich infiziertes Saatgut stammte von Praxisbetrieben oder aus Zuchtgärten. Ergebnisse und Diskussion: Weizensteinbrand: Bei dieser im Ökologischen Landbau bedeutsamsten saatgutbürtigen Erkrankung erfolgt die Infektion in der Regel über außen am Korn anhaftende Sporen. Zunehmend wird jedoch eine Bodeninfektion beobachtet. In der Bekämpfungsstrategie stehen prophylaktische acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen wie Keimförderung und Vermeidung enger Fruchtfolgen im Vordergrund. Zur direkten Bekämpfung können physikalische Verfahren (Warm-, Heißwasser, Dampf, Elektronenbeize, Bürstmaschine) eingesetzt werden, wobei eine geeignete Technik nicht überall vorhanden ist und der Arbeitsaufwand beträchtlich sein kann. Bei der Testung von Pflanzenstärkungsmitteln auf pflanzlicher oder mikrobieller Basis zeigte sich Tillecur, auch bei hohem Sporenbesatz (SPIEß & KOCH 2004), am wirksamsten. Aktuelle Versuchsergebnisse mit üblicher Flüssiganwendung dieses Mittels bei praxisrelevantem Sporenbesatz bestätigen dies unter verschiedenen Standortbedingungen (Tab. 1). Die Erprobung einer Trockenanwendung des Mittels führte zu vergleichbar guten Resultaten. Mit der Umgehung einer Rücktrocknung des Saatgutes deutet sich damit ein großer Fortschritt in der Praktikabilität der Saatgutbehandlung an. Zufriedenstellende Ergebnisse erzielte auch die Beizung mit Essigsäure (15%, 2l/100kg). Im Hinblick auf den Einsatz wenig anfälliger Sorten zeigten Untersuchungen von rd. 160 Winterweizen in 2002-2006, dass lediglich Globus, Magnifik, Stava, Tambor, Tarso, Tommi, Tulsa und Xenos beim Befall unter 1% blieben. Von 64 untersuchten Sommerweizen in 2001 und 2002 waren Anemos, Combi, Devon Melon, Quattro und Thasos befallsfrei geblieben. Zwergsteinbrand: Wegen der bodenbürtigen Infektion sind bisher kaum wirksame Saatgutbehandlungsmittel bekannt, weshalb der Einsatz resistenter Sorten die wich-

tigste Alternative darstellt. Die bisherige Annahme, dass eine Steinbrandresistenz, wie bei Stava, auch hier wirksam ist, hat sich bei Prüfung anderer Sorten nicht bestätigt. Tab. 1: Wirkung von Saatgutbehandlungen mit Tillecur auf Feldaufgang (FA) und Steinbrandbefall von Winterweizen Ludwig [Ernten 2004, 2005: Befall 630 bzw.140 Sporen/Korn (S/K)]. Dottenfelderhof (Dfh) und Wiebrechtshausen (Wbh) 2006. Saatgut FA rel. [%] Befall [%] Dfh Wbh 1 Dfh Wbh WG 2 [%] Dfh Wbh Ludwig Kontrolle, unbehandelt 100 a* 100 2.36 a 0.57 a - - Ernte 2004 Tillecur, 20%, 80% E.s. 3 (1%): 5l/100 kg Saatgut 79 c 93 0.01 b 0.01 b 99 98 630 S/K Tillecur, trocken: 1.5 kg/100 kg 89 b 94 0.00 b 0.02 b 100 96 Ludwig Kontrolle, unbehandelt 100 a 100 1.75 a 0.88 a - - Ernte 2005 Tillecur, 15%, 85% E.s. (1%): 4l/100 kg 94 a 106 0.02 b 0.03 b 99 96 140 S/K Tillecur, trocken: 1.5 4 kg/100kg 92 a 102 0.00 b 0.03 b 100 96 1 ) nicht signifikant 2 ) WG= Wirkungsgrad 3 ) E.s.= Essigsäure 4 ) in Wiebrechtshausen 1.2 kg. Flugbrand des Weizens: Das im Inneren des Kornes lokalisierte Mycel ist mit thermischen Saatgutbehandlungen bekämpfbar. Bisher erreichte Wirkungsgrade betrugen bei Warm- bzw. Heißwasserbeizung 93 bzw. 85%. Da mit diesen selten eine volle Wirksamkeit zu erzielen ist, kommt der Verwendung resistenter Sorten große Bedeutung zu. Von 141 getesteten Genotypen blieben 41 befallsfrei, darunter die steinbrandwiderstandsfähigen Sorten Tambor, Tommi, Türkis, aber auch im Ökologischen Landbau gängige Sorten wie Renan und partiell Capo. Flugbrand der Gerste: Bei ähnlicher Problematik wie bei Weizen wirkten nach Tabelle 2 die gewählten Warmwasserbeizen bei Sommergerste nur mäßig. Dass Ethanol eine Wirksamkeit von 91% erzielte, überrascht. Parallelversuche mit Wintergerste führten bei der Warm- (2h 45 C) und Heißwasserbeize (4h 28 C, 10min 49 C) zu Wirkungs-graden von 99%, Ethanol zu lediglich 58% (SPIEß et al. 2006). Gegenüber Spelzgersten ist bei Nacktformen zu beachten, dass die Keimung stärker beeinträchtigt wird. In der Resistenzprüfung auf Flugbrand zeigten sich die Wintergersten Astrid, Carrero und Laurena, bei der Sommerform lediglich Steffi als hoch widerstandsfähig. Tab. 2: Wirkung von Saatgutbehandlungen auf Feldaufgang und Flugbrandbefall von Sommergerste Alexis [Saatgutbefall 0,4%]. Wiebrechtshausen (Wbh) und Darzau 2006. Feldaufgang rel. [%] Wbh Darzau Befall [%]. Wbh Darzau Wirkungsgrad [%] Wbh Darzau Kontrolle, unbehandelt 100 a* 100 a 6,5 a 4,1 a - - Warmwasser: 43 C, 60 min 95 a 93 a 2,5 bc 2,4 b 61 40 Warmwasser: 43 C, 120 min - 83 b - 0,2 c - 94 Ethanol (70%): 4 l/100 kg Saatgut 66 c 52 c 0,4 c 0,5 c 95 87 Milsana (50%): 4 l/100 kg 72 bc - 2,1 c - 68 - Cedemon (konzentriert): 750 ml/100 kg 88 ba 92 ab 4,8 ab 3,6 a 26 11 Hartbrand der Gerste: Die außen am Korn sitzenden Sporen sind leichter bekämpfbar. Von den getesteten Mitteln erreichten, bei vertretbaren Einbußen im Feldaufgang, die besten Wirkungsgrade Ethanol mit 86 bzw. 92%, LEBERMOOSER mit 87% und Warmwasser (60min 42 C) mit 100%. Widerstandsfähige Gersten stehen zur Verfü-

gung, vor allem gegen Hartbrand. Hohe Hart- sowie Flugbrandwiderstandsfähigkeit weisen nur die Wintergersten Carrero und Laurena und die Sommergerste Sigrid auf. Haferflugbrand: Hier ist das zwischen Spelze und Korn sitzende Mycel zu bekämpfen. Nach Tab. 3 sind gut wirksame Verfahren vorhanden. So erreichte die Heißwasserkurzbeize eine Wirksamkeit bis 100%, Ethanol 95%. Die Sortenresistenz wird derzeit von HERRMANN (2004) geprüft, wobei nur die Sorte Neklan befallsfrei blieb. Tab. 3: Wirkung von Saatgutbehandlungen auf Feldaufgang (FA) und Flugbrandbefall von Hafer Erbgraf / Panther [Saatgutbefall n. b.]. Dottenfelderhof (Dfh) und Wiebrechtshausen (Wbh) 2006. FA rel. [%] Befall [%] Dfh Wbh 1 Dfh Wbh WG 2 [%] Dfh Wbh Kontrolle, unbehandelt 100 ab* 100 3.58 a 2.35 a - - Heißwasserkurzbeize: 10 min 56 C 95 b 97 0.00 b 0 b 100 100 Heißwasserkurzbeize: 6 min 59 C 108 a 93 0.00 b 0 b 100 100 unterbrochene Heißwasserbeize: 10 min 55-56 C, 20 Tauchungen 103 ab 99 0.01 b 0 b 99.8 100 NADES (konz.): 5 l/100 kg Saatgut 105 ab 96.2 3.11 a 1.98 a 13 21 Ethanol (70%): 5 l/100 kg 104 ab 102.0 0.19 b 0.03 b 95 98 1 ) nicht signifikant 2 ) WG= Wirkungsgrad. Schlussfolgerungen: Für einige Brandkrankheiten sind wirksame Saatgutbehandlungsmittel bereits vorhanden, oder es liegen Ansätze für solche Mittel vor. Flugbrand an Weizen und Gerste lässt sich weiterhin nur mit der Warm- oder Heißwasserbeize sicher bekämpfen. Für die Praxis müssen dafür erst noch großtechnische Anlagen entwickelt werden. Erfolg versprechende Ergebnisse wurden mit Ethanol erzielt. Hier sind weiterführende Forschungsarbeiten hinsichtlich Formulierung sowie Kombination von Mitteln und Verfahren notwendig. Für den Ökologischen Landbau sind neben der Saatgutbehandlung auch vorbeugende, acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen und die Verwendung resistenter/ toleranter Sorten zu gewährleisten. Die Züchtung solcher Sorten ist von hoher Dringlichkeit. Danksagung: An die Projektförderer: BMVEL Bundesprogramm Ökologischer Landbau, Göhre-Stiftung, Landwirtschaftliche Rentenbank, Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Software AG-Stiftung, Zukunftsstiftung Landwirtschaft. Literatur: Herrmann M. (2004): Untersuchung europäischer Sorten und genetischer Ressourcen des Hafers auf Resistenz gegen den Haferflugbrand. Ressortforschung für den ökologischen Landbau 2004; Statusseminar, BBA Kleinmachnow, SH 273: 21-26. Poehlman J. M. (1945): A simple method of inoculating barley with loose smut. Phytopathology 35:640-644. Spieß H., Koch E. (2004): Wirksamkeit des Pflanzenstärkungsmittels TILLECUR auf saatgutübertragbare Krankheiten des Getreides unter den Bedingungen des Öko-Landbaues. Mitt. BBA, H 396:504-505. Westermann H.-D., Barnikol H., Fiedler E., Rang H., Thalmann A. (1988): Gesundheitliche Risiken bei Verfütterung von Brandweizen. Landwirtsch Forschung 41:3-4. Spieß H., Lorenz N., Müller K.-J., Koch E., Wächter R., Jahn M., Waldow F., Vogt-Kaute W., Wilbois K.-P. (2006): Strategien zur Bekämpfung von Brandkrankheiten bei Getreide im Ökologischen Landbau. Mitt Ges Pflanzenbauwiss 18:250-251.

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