Architektenleistung und Urheberrecht

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Transkript:

Architektenleistung und Urheberrecht Forum für Kompetenz und Partnerschaft e.v. München, 27.10.2005 S. 1 von 30

Über den Vortragenden RA Arne Trautmann, SNP München Mitglied des Kompetenzteams Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Autor zweier Werke zu diesem Feld Weitere Informationen: www.law-blog.de Arne Trautmann +49 (89) 28643-425 arne.trautmann@schlawien-naab.de www.schlawien-naab.de S. 2 von 30

Überblick Urheberrecht was hat das am Bau verloren? Urheberrecht was ist das? Wann sind Architektenleistungen, Bauwerke urheberrechtlich geschützt? Welche Rechtsfolgen hat der Schutz? Was lässt sich vertraglich regeln? S. 3 von 30

I. Urheberrecht was ist das? S. 4 von 30

Urheberrecht was ist das? Schützt geistiges Eigentum. Definiert es aber auch! Erhält ein rechtliches Band zwischen dem Schöpfer einer geschützten Leistung und seinem Werk Stellt sich damit in Spannung zum normalen Eigentum, etwa an einem Bauwerk (siehe Presseberichte) S. 5 von 30

Rechte des Urhebers Zwei Kategorien: Verwertungsrechte Urheberpersönlichkeitsrecht Verwertungsrechte sind seltener im Baurecht interessant, mit Vergütung nach HOAI ist Rechteübertragung abgedeckt Im Baurecht häufig sind Probleme des Urheberpersönlichkeitsrechts S. 6 von 30

II. Wann sind Architektenleistungen urheberrechtlich geschützt? S. 7 von 30

Werke der Baukunst 2 I Nr.4 UrhG: Urheberrechtlich geschützte Werke sind auch solche der Baukunst Das können sein: Gebäude Brücken, Denkmäler, Plätze Raumgestaltungen auch Baupläne (ggf. als wiss.-technische Darstellung) Bauwerke müssen bestimmten Anforderungen genügen, um solche Werke zu sein S. 8 von 30

Beispiele geschützter Werke Bauliche Innenraumgestaltung einer Kirche (BGH NJW 1982, 639 f). Treppenhausgestaltung eines Zweckbaus (BGH NJW 1999, 790 ff.) Kompositorische Anordnung mehrerer Gebäude eines Ledigenwohnheims (BGHZ 24, 55 ff.) Erdgeschoßgrundriss (!) eines Einfamilienhauses mit besonderer Flügelgestaltung und einen quadratischen Lichthof (BGH GRUR 88, 533) S. 9 von 30

Geistige Schöpfung 2 II UrhG: Bauwerke sind nur geschützt. wenn sie persönliche geistige Schöpfungen sind Voraussetzung: Schöpfung, geistiger Gehalt (selten problematisch bei Bauwerken) wahrnehmbare Formgestaltung: nicht bloße Idee muss Individualität besitzen S. 10 von 30

Wann hat ein Bauwerk Individualität? Nein: rein handwerkliche, routineartige Lösung einer vorgegeben Aufgabe ohne Eigenart Ja: Wenn Bauwerk aus der täglichen Masse herausragt, über die bloße Lösung einer fachlichen Aufgabe hinausgeht daher bei Zweckbauten i.d.r. schwierigen als bei Repräsentativbauten, aber möglich, vgl. Beispiele S. 11 von 30

Individualität II Achtung! Auch eine fachlich gute Architektenleistung kann Routine sein, eine fachlich schlechte Individualität besitzen Nein: wenn Ergebnis technisch determiniert. Wenn also ästhetisch schöne Brückenform durch Statik vorgegeben: keine Individualität Faustregel: Wenn es zehn verschiedene Architekten planen würden, kämen sie dann alle (in etwa) zum selben Ergebnis? Dann keine Individualität Achtung: Schutz nur soweit i.d.s. Schöpfung vorliegt, ggf. nur Teil des Bauwerks S. 12 von 30

III. Welche Rechtsfolgen hat der Schutz? S. 13 von 30

Rechtsfolgen mit Relevanz für das Baurecht Ist ein Bauwerk urheberrechtlich geschützt, dann Muss der Urheber genannt werden, 13 UrhG Unterliegen Änderungen des Werks Einschränkungen, 14, 39 UrhG Darf das Bauwerk nicht nachgebaut werden 15, 23, 53 UrhG oder sonst reproduziert werden (auch Bild und Film (LG München I vom 04.10.2001 7 O 3154/01 Muss dem Urheber Zugang gewährt werden, 52 UrhG Ist die Einhaltung dieser Bestimmungen zivil- und strafrechtliche abgesichert S. 14 von 30

Wem stehen die Urheberpersönlichkeitsrechte zu? Grundsätzlich: dem schaffenden Architekten selbst Gilt auch, wenn der Architekt angestellt arbeitet oder als Subunternehmer tätig wird Folge: ggf. Probleme, wenn nach Jahren nachverfolgt werden soll oder muss, wer um Einwilligung für Änderungen zu fragen ist S. 15 von 30

Recht auf Namensnennung, 13 UrhG Bei der Veröffentlichung von Plänen oder Modellen Am Bauwerk selbst, ggf. durch Anbringen einer Tafel Auch bei der Werbung mit Abbildungen des Bauwerks! (vgl. LG Muc I vom 4.6.2003) S. 16 von 30

Recht auf Zugang, 25 UrhG Urheber kann vom Besitzer seines Bauwerks Zugang zu den urheberrechtlich geschützten Teilen seines Werks verlangen, auch in Innenräume Zweck: dient dem Interesse des Urhebers an Vervielfältigung und Bearbeitung seines Werkes (auch: Dokumentation seiner Leistung) Abwägung zwischen Interessen des Urhebers und des Besitzers notwendig Terminabsprachen Je nach Schöpfungshöhe eingeschränkt S. 17 von 30

Änderungs- und Entstellungsverbot, 39 I, 14 UrhG Grundsätzlich sind Änderungen und Entstellungen des Bauwerkes verboten Änderungen / Entstellungen sind schon Erweiterungen, Umbauten Änderungen von Farbigkeit/Oberfläche/Material S. 18 von 30

Änderungs- und Entstellungsverbot Unterschiede zwischen 39 und 14: 39 betrifft den Inhaber urheberrechtlicher Nutzungsrechte, 14 den Eigentümer des Bauwerks 39 setzt einen Eingriff in die Sachsubstanz voraus, 14 tut dies Denkbarer praktische Unterschiede 14 / 39: unvorteilhafte Beleuchtung Anbringung von Werbung S. 19 von 30

Änderung und Entstellung II Im Ergebnis ist die Unterscheidung für unsere praktische Betrachtung weniger wichtig: die Fragen stellen sich beide Male ähnlich (s.u.) Insbesondere: nach beiden Vorschriften ist die Änderung nicht generell verboten, sondern es wird eine Abwägung zwischen den Interessen des Urheber am Erhalt und des Bauherrn an der Änderung vorgenommen S. 20 von 30

Abwägung Pro Erhaltungsinteresse hoher Grad schöpferischer Gestaltung Daraus folgt: Pro Änderungsinteresse deutlich hervortretender Gebrauchszweck Notwendigkeit der Änderung keine rein geschmackliche Änderung möglich; es geht nicht darum, ob das Neue auch gut aussieht Nur soweit durch den Änderungszweck geboten S. 21 von 30

Vernichtung verboten? Seltsame Konsequenz: Änderungen sind ggf. verboten, der Abriss als stärkste Form der Änderung dagegen nicht S. 22 von 30

Rechtsfolgen der Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten Unterlassung falls eine Beeinträchtigung droht; notfalls mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar Beseitigung das kann bis zum Abriss etwa von entstellenden Anbauten gehen S. 23 von 30

Rechtsfolgen der Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten II Schadenersatz Inhalt des SEA ist grundsätzlich Widerherstellung des Zustandes ohne das verletzende Ereignis, sog. Naturalrestitution; bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten aber schwierig In der Praxis aber häufig Geldentschädigung; Berechnung auf drei Arten möglich: Lizenzanalogie Entgangener Gewinn Verletzergewinn S. 24 von 30

IV. Was lässt sich vertraglich regeln? S. 25 von 30

Was ist regelbar? Nennung: Relativ frei regelbar bis zum Verzicht auf die Nennung Zugang: wohl kein völliger Verzicht möglich, aber Konkretisierung der Abwägung der Interessen Urheber / Besitzer Änderung / Verunstaltung: in Grenzen regelbar, siehe folgende Folien S. 26 von 30

Änderung Grundsätzlich kann selbst in Verunstaltung eingewilligt werden Aber: der Urheber kann nicht im Voraus auf seine Urheberpersönlichkeitsrecht im Kern verzichten; sehr wohl aber auf bestimmte Aspekte, wenn er diese genau einschätzen kann S. 27 von 30

Änderung / Verunstaltung Darum: Möglichst Art und Umfang geplanter Änderungen bezeichnen So gut es geht aufzählen, was geht Entstellungen sind nach wie vor nicht möglich, aber in Grenzen Definition, was Entstellung ist und was nicht Heldennotlösung: Änderungen unter Wahrung der geistigen Eigenarten des Werkes gestatten Problem: Völlig ungenau, Auslegung dieser Klausel in 20 Jahren steht in den Sternen Wenn irgend möglich auf AGB verzichten S. 28 von 30

Helden-Notlösung Im Fall von Änderungen bei unklarer Vertragslage oder unklarem Ausgang der Abwägung entweder konkret den Inhaber der Rechte / das ursprüngliche Planungsbüro / die beteiligten Architekten fragen oder diese gleich an der Planung von vornherein beteiligen S. 29 von 30

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! S. 30 von 30