Zur Geographie struktureller und direkter Gewalt

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Transkript:

Zur Geographie struktureller und direkter Gewalt Werner MEYER Zusammenfassung In einem AGIT-Beitrag Zeig mir die Achse des Bösen Geostatistische Welt-Bilder (MEYER 2006) wurde dargelegt, dass die weltweite Armut, wie sie die UNO in den Millenniumzielen 2015 bekämpfen will, sehr starke geographische Muster erkennen lässt. Die Hauptindikatoren des Millenniumsprogramms, der Human Development Index, seine Hauptkomponenten Einkommen, Bildung und Gesundheit oder eben Armut, Bildungsbarrieren und Krankheit/Kindersterblichkeit und viele der Detailmessgrößen sind stark räumlich autokorreliert. Das Elend der Welt konzentriert sich auf Afrika südlich der Sahara und mit etwas größeren Aussichten auf Besserung auf Südasien. Wenn wir diese strukturelle Gewalt 1 mit der direkten, kriegerischen vergleichen, ergibt sich ein verblüffendes Resultat: bei Kriegen ist heute kaum eine räumliche Autokorrelation festzustellen. Obwohl wir ein Bild des Krieges als sich ausbreitende Epidemie in strukturell anfälligen Räumen haben und kaum jemand am Einfluss struktureller Gewalt (Ausbeutung, Kampf um Lebenschancen, Ressourcen und Macht) auf direkte Gewalt zweifelt, schlagen weder die räumlichen Muster dieser Strukturen auf das Kriegsgeschehen durch noch wird darin der Ansteckungseffekt der direkten Gewalt sichtbar. Der Artikel konzentriert sich auf die Anwendung von GIS-Science auf die Vermessung und Erklärung dieses (Nicht-)zusammenhangs. 1 Informationsquellen zu Kriegen und Konflikten Zwei deutsche Friedensforschungsinstitute dokumentieren jährlich das Kriegsgeschehen für Wissenschaft und Öffentlichkeit. Die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung in Hamburg (AKUF) veröffentlich jährlich einen Pressebericht (zuletzt AKUF, 14.12.2009a) und lässt später einen Band mit der ausführlichen Geschichtsschreibung der Einzelkonflikte folgen (AKUF 2009c für 2007). Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung HIIK dokumentiert die Lage jährlich in seinem Konfliktbarometer (zuletzt HIIK, Dezember 2009). Hier liegt der Fokus auf kriegerischen wie nicht (noch nicht/nicht mehr) kriegerisch ausgetragenen politischen Konflikten zwischen (mindestens) einer nationalen Regierung und einer Großgruppe. In den USA sind die Forscher des CIDCM in Maryland zu erwähnen, die alle zwei Jahre ihre Flagship-Publikation präsentieren (CIDCM 2010). Hier ist der große Mehrwert ein Modell, das in Prognosen auf nationalem Niveau das Risi- 1 Der Gründer der europäischen Friedensforschung, Johan Galtung versteht unter strukturelle Gewalt die nicht gewollte vermeidbare Beeinträchtigung von Lebenschancen. Ein weit akzeptierter und geographisch gut abgedeckter Indikator dafür ist die Sterblichkeit von Kindern unter 5 Jahren. Sie beträgt unter 10 pro tausend Geburten in OECD-Ländern aber um 150 in den Ländern südlich der Sahara. Das Millenniumsprogramm der UNO will die Anzahl unnötig sterbender Kinder bis 2015 um 2/3 reduzieren (Basis 1990 12.6 Millionen pro Jahr). Heute sterben aber immer noch 9 Millionen Kinder pro Jahr.

900 W. Meyer ko von Konflikten aus strukturellen Faktoren herleitet. Dies erlaubt es, ein Muster in der Mitte zwischen struktureller und direkter Gewalt darzustellen, siehe später Abbildung 2. Die besten periodischen statistischen Grundlagen liefert wohl das das UCDP in Kooperation mit SIPRI und PRIO (UCDP, online). 2 2 Wie sind die Informationen zu deuten? Es gibt heute schlicht keine epochenübergreifende Theorie des Krieges. Wir beschränken uns auf die Nachkriegszeit mit Schwerpunkt nach dem kalten Krieg. Diese Epoche lässt sich am besten anhand der neusten Publikationen von AKUF und HIIK in Abbildung 1 darstellen. Kriege und bewaffnete Konflikte seit 1945 (Quelle: AKUF Dezember 2009b) (Quelle: HIIK, Dezember 2009) Abb. 1: Zeitverlauf der Kriegs-/Konflikthäufigkeit (Quelle: AKUF 2009b, HIIK 2009) Die Resultate sind auf den ersten Blick widersprüchlich: erstmals sinkende Kriegszahlen ab dem Ende des kalten Krieges 3 (AKUF) aber weiter ungebremster (beschleunigter?) Anstieg der Konflikte mit Ausnahme der schwersten: Kriege (HIIK). Was heute offensichtlich gelingt ist die Eindämmung der Kriegshandlungen (bis zu Waffenstillständen), nicht aber Gewaltprävention und nachhaltige Konflikttransformation 4. 2 3 4 Für Journalisten, Politiker und NGOs publiziert die International Crisis Group schließlich monatlich ein Update der Konfliktlage plus aperiodische Hintergrundstudien zu Einzelkonflikten. Mit einem kurzen Anstieg der Zahlen durch die Auflösungskriege Jugoslawiens und der Sowjetunion im Kaukasus. Siehe insbesondere WALLENSTEEN (2006) und SMITH (2003, 106) zu den Erfolgen und Misserfolgen der Konflikttransformation.

Zur Geographie struktureller und direkter Gewalt 901 3 Starke Autokorrelation struktureller Gewalt, schwache Autokorrelation kriegerischer Gewalt In der Hauptkarte über die Kriegstoten 2002 bis 2007 in Abbildung 2 und den kontrastierenden 2 kleinen Karten in Abbildung 3 fassen wir die Sachlage zusammen. Die Hauptkarte zeigt einerseits die Zahl der Kriegstoten in einzelnen Ländern, andererseits deren großräumlichen Trend: Die Summen der Kriegstoten 2002-2007 der einzelnen Länder sind als leere Kreise symbolisiert, darin die Zahlen einzelner Jahre von 2002 weiß zuunterst bis 2007 schwarz zuoberst. Das gibt einen beschränkten Einblick in den Zeitverlauf. Der Bürgerkrieg in Nepal ist beispielweise 2007 vorbei und hatte schon in den Vorjahren an Intensität abgenommen. Flächig darunter ist der räumliche (Nicht-)zusammenhang zu erkennen. Das Kriging der Kriegsopfer pro Einwohner (das so zu einem Moving Window degeneriert) zeigt zwar ein grobes Muster an, aber die Voraussagekraft ist gleich Null. Die Quelle der Daten ist das Friedensforschungsinstitut in Uppsala (UCDP online b). Wie sich dagegen ein starker räumlicher Zusammenhang darstellt, zeigt die kleine Karte in Abbildung 3 links. Der Human Development Index den die UNO jährlich ausweist, ist einer der verlässlichsten Indikatoren struktureller Benachteiligung, siehe (MEYER 2006). Seine räumliche Autokorrelation ist ungewöhnlich hoch. Die Darstellung des Risikos ge- Abb. 2: Direkte Gewalt (Datenquelle: UCDP online b). Fläche: Kriging der Kriegstoten pro Million Einwohner 2007; r=0.00, also keine Autokorrelation.

902 W. Meyer Kriging Human Development Index 2007: r=0.88 (Datenquelle: UNO 2009) Abb. 3: Kriging des Konfliktrisikos: r=0.67 (Datenquelle: CIDCM 2010) Hohe Autokorrelation bei struktureller Gewalt (HDI, r=0.88). Mittlere (Risiko, r=0.67) bei einem gemischten Sachverhalt: Risiko direkter Gewalt aufgrund struktureller Gewalt (ausgedrückt in Vielfachen des OECD-Mittels). waltsamer Konflikte in Abbildung 3 rechts dagegen illustriert einen mittelstarken räumlichen Zusammenhang. Das CIDCM schätzt dieses Risiko aufgrund struktureller Defizite aber auch des politischen Systems der Länder (erläutert in CIDCM 2009b). 4 Erklärungsversuche Fassen wir zusammen: 77 % der Information im Human Development Index lässt sich räumlich modellieren, nur 44 % sind es beim Konfliktrisiko aber gerundet 0 (Null!) % bei den Kriegstoten pro Einwohner (oder pro Fläche) 5,6. Diese fehlende räumliche Determiniertheit der direkten Gewalt ist sehr überraschend, denn wir meinen ja durchaus ein Muster im Vorkommen von Kriegen zu sehen. Heutige Kriege sind fast ausschließlich Bürgerkriege, teilweise vom Typ Sezession einer Region, daneben Versuche die regierende Mannschaft eines Staates mit oder ohne Systemwechsel auszutauschen. Das macht die Beschränktheit solcher Kriege auf einen Teil eines Staatsgebietes oder allenfalls das ganze 5 6 Hinter diesen Zahlen steht folgendes Vorgehen. Mit Kriging wird versucht, die statistisch erfassten Zahlen der Kriegstoten pro Million Einwohner räumlich zu interpolieren. Dann schließen wir aus der Datentabelle je ein Land aus und versuchen, den Wert für dieses Land zu schätzen man bezeichnet das als Kreuzvalidierung und berechnen die Korrelation der statistisch erfassten mit den so prognostizierten Werten. Die Korrelation dieser Kriging-Kreuzvalidierung muss man dann noch quadrieren, um den Anteil der gemeinsamen Varianz (untechnisch Information ) zu bestimmen also r = 0.88 77 % modellierte Information beim HDI. Zur Sicherung gegen Methodenartefakte: Eine Wiederholung mit GeoDa nächste 4 Nachbarn er gibt ein Moran s I von 0.73 für den HDI, 0.46 für das Konfliktrisiko und wieder gerundet 0.00 (!) für die Kriegstoten nahezu exakt die gleichen Unterschiede der drei räumlichen Autokorrelationen. Kriegstote pro Einwohner oder pro Fläche des Staatsterritoriums ergeben jeweils ähnliche Werte.

Zur Geographie struktureller und direkter Gewalt 903 Staatsgebiet aber nicht darüber hinaus plausibler. 7 Einige Faktoren für eine räumliche Eindämmung von Konflikten sind: Wieder ein staatliches Gewaltmonopol nach erfolgtem Umsturz oder Sezession. Oder eine Fortsetzung nach innen: eine Sezession von der Sezession. Andernfalls die Entsendung von UN- und anderen Friedenstruppen als zeitweiliger Ersatz des staatlichen Gewaltmonopols von oben. Das Gegenstück von unten: Hierarchisch-segmentäre Strukturen in akephalen Gesellschaften mit den dazugehörigen lokalen Mediationstraditionen (EVANS-PRITCHARD 1940). Die punktförmige Begrenztheit mancher Ressourcen (Minen, Ölquellen) wenn es sich um einen Kampf um Ressourcen handelt (FLINT 2004). Die defensiv-/restaurative Ausrichtung mancher ethnonationaler Bewegungen. Diese Mechanismen unserer Epoche stehen im Gegensatz zur Epoche der Imperiums- oder Nationalstaatsgründungen in Europa bis zum zweiten Weltkrieg, also des Kolonisationswettlaufs Ende Neunzehntes Jahrhundert, der Entkolonialisierungskriege zwischen 1945 und 1975 oder der Blockkonfrontationen 1945 bis 1989. Bei all diesen Kriegsarten waren die Ziele der beteiligten Akteure räumlich expansiv und ihre Konkurrenz wirkte räumlich eskalatorisch. Der einzig verbleibende Akteur aus dieser Epoche ist heute aber völlig global orientiert und sein Handeln in einem ganz anderen Sinn ohne räumliche Muster (GALTUNG 2009). Während die räumliche Autokorrelation von Kriegshandlungen gegen null gesunken ist, gilt genau das Gegenteil für deren zeitliche Autokorrelation. Seit kurzem ist die Mehrzahl neu aufflammender Konflikte eine Wiederkehr alter nach gescheiterter Konflikttransformation, wie J. Joseph Hewitt herausgefunden hat (CIDCM 2010b). Wenn man gängige geographische Aussagen, insbesondere solche der Neue Kriege - Literatur nachprüft, kann unerwartetes herauskommen. Literatur AKUF (14.12.2009a): Pressemitteilung Zahl der kriegerischen Konflikte weiter rückläufig. http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/ipw/akuf/publ/ AKUF-Pressemitteilung-2009.pdf (zuletzt: 22.4.2010). AKUF (Dezember 2009b): AKUF Analysen Nr. 8 Kriege und bewaffnete Konflikte 2009. http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/ipw/akuf/publ/ AKUF-Analysen-08.pdf (zuletzt: 22.4.2010). AKUF (2009c): Das Kriegsgeschehen 2007. Daten und Tendenzen der Kriege und bewaffneten Konflikte. VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWF Fachverlage GmbH, Wiesbaden (Serie, erscheint jährlich jeweils im übernächsten Jahr; AKUF 2008, AKUF 2007; AKUF 2006). 7 Man darf daher keineswegs davon ausgehen, dass eine feingliedrigere Raumaufteilung dieselben niedrigen räumlichen Autokorrelationen im Gewaltvorkommen zeigt das ist sicher nicht der Fall. Wir bleiben aber hier bei Daten auf dem Länderniveau. Siehe aber CHOJNACKI (o. J.) für GIS- Analysen von Kriegen auf die subnationale Skala hinunter.

904 W. Meyer CHOJNACKI, S (o. J.): Allgemeine Angaben zum Teilprojekt C4: Titel: Krieg und (Un-) Sicherheit in Räumen begrenzter Staatlichkeit. http://www.sfb-governance.de/ teilprojekte/projektbereich_c/c4/sfb700_c4.pdf (zuletzt: 22.4.2010). CIDCM Hauptseite: http://www.cidcm.umd.edu/. Begleitseite zur 2-jährlichen Flagship Publication. http://www.cidcm.umd.edu/pc/ (zuletzt: 22.4.2010). CIDCM HEWITT J., WILKENFIELD, J & GURR, T. R. (2010b): Peace and Conflict 2010. Daraus das Executive Summary. http://www.cidcm.umd.edu/pc/executive_summary/ exec_sum_2010.pdf (zuletzt: 22.4.2010). EVANS-PRITCHARD, E. E. (36th print 2003 or. 1940): The Nuer: a description of the modes of livelihood and political institutions of a Nilotic people. Oxford Press, Oxford. Flint, C. (2004): The Geography of War and Peace: From Death Camps to Diplomats. Oxford University Press. HIIK Heidelberg Institute for International Conflict Research (Dezember 2009): Conflict Barometer 2009. http://hiik.de/en/konfliktbarometer/pdf/conflictbarometer_2009.pdf (zuletzt: 22.4.2010). GALTUNG, J. (2009): The Fall of the US Empire and then What? Transcend University Press. MEYER, W. (2006): Zeig mir die Achse des Bösen. In: STROBL, J., BLASCHKE, T. & GRIES- EBNER, G. (Hrsg.): Angewandte Geoinformatik 2006. Beiträge zum 18. AGIT-Symposium Salzburg. Wichmann, Heidelberg. MEYER, W. (Dezember 2008): Globalisierung und Neue Kriege: neue Fakten, neue Theorien, neue Werte neue Unstimmigkeiten. Abschlussarbeit für das Interdisziplinäre Friedenswissenschaftliche Weiterbildungsstudium Konflikt und Frieden am IFD, Universität Hagen. SMITH, J. (2003): The Penguin Atlas of War and Peace. Penguin Books, Harmondsworth. UCDP (online a): Upsala Conflict Data Program. http://www.pcr.uu.se/research/ucdp/index.htm (zuletzt: 22.4.2010). UCDP (online b): Quelle für Kriegstote in Abbildung 2. http://www.pcr.uu.se/publications/ucdp_pub/ucdp Battle-related deaths dataset v5 2009.xls http://www.pcr.uu.se/publications/ucdp_pub/ucdp Battle-related deaths dataset codebook v5 2009.pdf (zuletzt: 31.1.2010). UNO (2009): The Millennium Development Goals Report 2009. http://www.un.org/ millenniumgoals/pdf/mdg_report_2009_eng.pdf (zuletzt: 22.4.2010). WALLENSTEEN, P. (2007): Understanding Conflict Resolution. 2nd Edition. Sage Publications, London.