Psyche und Trauma. Fragen aus der Sprechstunde. Patienteninformation Psyche und

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Psyche und Trauma Fragen aus der Sprechstunde I h ka das i ht steue. I h eiß i ht, warum, a e plötzli h si d die Bilde da. Es ist, als gi ge ei e Falltü auf u d a fällt i ei en A g u d. Mei Kö pe e sta t plötzli h, u d i h eiß i ht, a u. Wenn ein Mensch etwas erlebt, was seine Anpassungs- und Bewältigungsstrategien überfordert, wird automatisch sein Stresssystem aktiviert. Stressreaktionen sind ein genetisch verankertes, überlebensnotwendiges und automatisiertes Reaktions- und Verhaltensprogramm, das mit körperlichen Symptomen verbunden ist. Diese Reaktion auf eine massive akute Belastung zieht oft folgende Symptome nach sich: Betäubung, Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten, Desorientierung, Rückzug, innere und äußere Unruhe. Das passiert bei vielen Ereignissen. Das Entscheidende für die Entstehung eines Traumas ist jedoch die Tatsache, dass die psychische Anspannung des Menschen nach Stunden oder Tagen nicht nachlässt, da die Person nicht in der Lage ist, das Erlebte psychisch zu verarbeiten. In Folge dessen kann es nicht in die Erfahrungswelt integriert werden und in das Langzeitgedächtnis übergehen. Es wird nicht zur Erinnerung. Damit das Erlebte nicht ständig präsent ist, bleibt der Psyche nur die Möglichkeit, das Unverarbeitete abzuspalten. Die Intensität der Abspaltung variiert. Im extremen Fall ist sie dem Bewusstsein nicht mehr zugänglich. Durch Auslöser (Trigger) kann dieses jedoch plötzlich und unerwartet wieder aktiviert werden. Dies kann über alle Sinnesorgane (Augen, Ohren, Nase, Haut) geschehen. In Folge davon tauchen die Bilder der Ereignisse unvermittelt auf und/oder die damit einhergehenden Gefühle und/oder Körperreaktionen stellen sich ein. Die Person wird davon überflutet, da dies unwillkürlich passiert und sie kei e Ei fluss da auf hat. Sie hat das Gefühl, als o es jetzt (wieder) passierte. Daher stellen sich dann auch damit einhergehende Stressreaktionen wieder ein, wie beim Erleben des Traumas selbst. Seite 1

Die Behandlung von Traumafolgestörungen Bei der Behandlung von Traumafolgestörungen geht es darum, dass die betroffene Person darin unterstützt wird, das traumatische Geschehen zu bearbeiten, damit es integriert werden kann und somit zur Erinnerung wird. Personen, die erfolgreich behandelt wurden, beschreiben das oft mit de Wo te : Es ist o ei! - ein einfach klingender Satz, doch für traumatisierte Menschen stellt er eine Art Erlösung dar. Neben der Traumakonfrontation gilt es, die betroffenen Personen psychisch zu stabilisieren. Dabei hat die Ressourcenaktivierung eine besondere Bedeutung. Die Traumakonfrontation wird so dosiert, dass die psychische Verarbeitungsleistung des Patienten nicht überschritten wird. Das Σ Sigma-Zentrum hat dazu folgendes gestuftes Behandlungskonzept: Neben zwei 50- minütigen Einzelgesprächen pro Woche zwei Sitzungen intensiver Körperpsychotherapie, die Teilnahme an der speziell für traumatisierte Menschen konzipierten Stabilisierungsgruppe, fakultativ die Teilnahme an der Gestaltungstherapie, der Musiktherapie, der Tanz- und Bewegungstherapie und an Entspannungsverfahren. 1. Stabilisierungsgruppe Die speziell für traumatisierte Menschen konzipierte Stabilisierungsgruppe hat folgende Schwerpunkte: Ausführliche Information zum Krankheitsbild unter Berücksichtigung neurobiologischer Erkenntnisse. Die posttraumatischen Stresssymptome, u.a. ständige Alarmstimmung, ein permanentes Gefühl der Gefahr, Reizbarkeit und körperliche Erregung, sollen als normale Reaktionen auf ein abnormales Erlebnis verstanden werden. Ressourcenaktivierung. Bewältigungsmöglichkeiten im Umgang mit Angst und Depression. Bewältigungsmöglichkeiten bei Dissoziation. Fertigkeitentraining zum Umgang mit innerer Anspannung, u.a. Erstellen eines Notfallkoffers und Erstellen eines Krisenplans. Vermittlung von Techniken zur Selbstberuhigung, u.a. durch Üben von Imaginations- und Achtsamkeitsübungen. Seite 2

Arbeit mit dem Inneren Kind, Anleitung zur Versorgung verletzter jüngerer Anteile. Zusammenhang zwischen Trauma und Schmerz. Trauma und Trauer, Anleitung zu heilsamer Trauerarbeit. 2. Traumaspezifische Techniken Im Sigma-Zentrum werden folgende traumaspezifische Diagnose- und Therapieansätze eingesetzt.: a. Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) (modifiziert nach F. Shapiro) b. Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy (IRRT) (modifiziert nach M. Smucker) c. Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT) (modifiziert nach Luise Reddemann) d. Symbolarbeit (modifiziert nach M & G. Wollschläger) a. Was ist EMDR? EMDR ist eine von Dr. Francine Shapiro in den USA entwickelte psychotraumatologische Behandlungsmethode für Trauma-Betroffene. Mittels bilateraler Stimulation, z. B. durch Augenbewegungen, erfolgt eine Stimulation im Gehirn, welche die neurobiologische Verarbeitung und die Integration traumatischer Erinnerungen begünstigt. Die Wirksamkeit der EMDR-Behandlung ist in über 20 kontrollierten Studien untersucht und auch hinsichtlich der Ergebnisse des Langzeitverlaufes überzeugend nachgewiesen. Die Behandlung von Traumata mit EMDR gilt nach psychiatrischen Leitlinien als Mittel der 1. Wahl. Mit EMDR werden auch Ressourcen aktiviert und die Selbstheilungskräfte mobilisiert, was sich als sehr effektiv bei der Traumaverarbeitung erweist und eine schonende Behandlung begünstigt. Seite 3

b. Was ist Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy (IRRT)? IRRT ist eine von Smucker und Dancu in den USA entwickelte Methode zur Verarbeitung von Traumata. Der Patient entwickelt in der Therapie Bewältigungsbilder, in denen die traumatischen E i e u ge eu ges h ie e e de. De Patie t stellt sich vor, wie er als heute Überlebender die damalige traumatische Situation betritt und bewältigt. Dadurch werden die Bilder, Gedanken, Gefühle und die Überzeugungen in Bezug auf das Trauma positiv verändert, was eine deutliche emotionale Entlastung bewirkt. Der Patient erlebt sich nicht mehr als hilfloses Opfer, sondern als eine kompetente Person, die auch in schwierigsten Situationen handlungsfähig bleibt und die Kontrolle behält. c. Was ist Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT)? Die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie nach Luise Reddemann wurde für die Behandlung von Menschen mit einer Traumafolgestörung konzipiert, bei denen Sicherheit ein wesentliches Therapieziel ist. Der Aufbau einer tragenden therapeutischen Beziehung hat Vorrang. In der Stabilisierungsphase geht es um Ich-Stärkung, Ressourcenaktivierung und Reduktion der Symptome. Die Fähigkeiten der Patientinnen werden gezielt genutzt als Hilfe zur Selbsthilfe. Dabei kommt der Vorstellungskraft besondere Bedeutung zu. Mittels Imagination werden heilsame Bilder geschaffen als Gegenbilder zu Schreckensbildern. Die Beziehung zu sich selbst soll mittels Imagination verbessert werden u. a. durch Würdigung der Ungerechtigkeit, die das verletzte innere Kind erleiden musste, durch Erlernen von Techniken zur Selbsttröstung und Selbstberuhigung und Selbstfürsorge. )e t al ist das Ko zept de i e e Büh e, die zu ei e ge ei sa e i agi ä e Rau i d, in dem spielerisch belastende Erinnerungen zu emotionsgetragenen Erinnerungen werden können Seite 4

d. Was ist Symbolarbeit? Die Arbeit mit Symbolen wurde vor 30 Jahren von Maria- Elisabeth & Gerhard Wollschläger in Deutschland entwickelt. Bei der Arbeit mit Symbolen werden Bilder und Gegenstände zu Symbolen, wenn sie mit Emotionen verknüpft sind. Gegenstände, die zu Symbolen werden, weisen über sich selbst hinaus, z. B. ein Engel oder eine Blume. Traumatische Erfahrungen, die einem die Sprache verschlagen haben, können über Symbole allmählich Ausdruck finden und versprachlicht werden. Wir nutzen die Symbolarbeit in erster Linie, um verletzte innere Anteile symbolisch zu versorgen. Dadurch wird das limbische System, welches für die Gefühlswelt steht, angesprochen. Zustände des Ausgeliefertseins verbunden mit starker emotionaler Belastung weichen einem Zustand von Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Die Kontrolle über die Gefühle und die Handlungsfähigkeit stärken das Selbstwirksamkeitsgefühl und führen aus der Opferrolle heraus hinein in einen Zustand, in dem sich der Patient als kompetent erlebt, der auch schwierigste Situationen bewältigen kann. Ihre Ansprechpartnerinnen im Sigma-Zentrum Bad Säckingen: Dr. med. Maria Geisler Funktionsoberärztin Dipl. Psych. Elfriede Stückle Psychologische Psychotherapeutin Seite 5