Arbeitszeitwünsche von Frauen und Männern Einflussfaktoren und Realisierungschancen

Ähnliche Dokumente
Trends in der Arbeitszeitentwicklung - Befunde im Kontext der Debatten über einen Normalarbeitszeitstandard

Stabilität und Wandel der Normalarbeitszeit eine geschlechtsbezogene Analyse der Arbeitszeitwünsche in Deutschland

Zuviel oder zuwenig Arbeit? Probleme und Befunde zur Messung von Arbeitszeitpräferenzen

Gewünschte Arbeitszeiten nach Erwerbsumfang

GEWÜNSCHTE WOCHENARBEITSZEITEN ABHÄNGIG BESCHÄFTIGTER Frauen und Männern mit (über-)langen Arbeitszeiten wünschen sich kürzere Arbeitszeiten

Der Beitrag der betrieblichen Arbeitsorganisation und der Personalentwicklung zur Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit Älterer

Arbeitszeitwünsche von Frauen und Männern wovon hängen sie ab?

Auswertungen aus dem IAB-Projekt Situation atypisch Beschäftigter und Arbeitszeitwünsche von Teilzeitbeschäftigten zum Thema Arbeit auf Abruf

Zukunft der Frauenerwerbstätigkeit

Gewünschte Arbeitszeiten nach Erwerbsumfang und alter

Arbeitszeitwünsche und realitäten in Ost- und Westdeutschland Veränderungen seit der Wende

Familienarbeitszeit: Finanzielle Anreize für das dual earner/dual carer Modell

Zeit und Arbeitszeit neue Arbeitsmodelle

Unternehmen, Biographie, Haushalt

Wie sich Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorstellen

Löhne von Frauen und Männern

Wie sich Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorstellen

Veränderte Lebens- und Beschäftigungsverhältnisse gewandelte Zeitwünsche

WSI. Frauenanteil an Vollzeit im Zeitverlauf sinkend GENDERDATENPORTAL. Arbeitszeit. Bearbeitung: Dr. Peter Sopp, Dr.

Innovationen im IAB-Betriebspanel

und Alter des jüngsten Kindes 2017 Teilzeitquoten von Müttern überdurchschnittlich hoch

Gender, Alter und Migration:

BLICK AUF THÜRINGEN Allianz für den freien Sonntag

Dr. Claudia Weinkopf Dr. Thorsten Kalina

Minijobs keine Lösung für den Arbeitsmarkt. Bereich Arbeitsmarktpolitik 1

Arbeitszeit nach Anzahl der Kinder 2001 und 2015

Kann ein Anstieg der Arbeitszeit den projizierten Rückgang des Arbeitskräfteangebots kompensieren?

Verlaufskennzahlen der Erwerbsteilhabe nach der Krise von 2008

Alles eine Frage der Zeit!?

Arbeitsmarktübergänge von Müttern im SGB II

Anteil der Teilzeitbeschäftigten an allen sozialversicherungspflichtig Voll- und Teilzeitbeschäftigten in

Sekundäranalyse von komplexen Datensätzen: Erfahrungen aus den Nutzerschulungen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEPcampus)

1/9. Frauen mit Kind/ern beziehen überdurchschnittlich häufig Arbeitslosengeld II

FAMILIENERNÄHRERINNEN AUF DEM ARBEITSMARKT:

Quantifizierung der Lohndiskriminierung im Sinne des AGG

Abgänge aus dem SGB II: Wer schafft den Absprung und wohin?

Abhängig Beschäftigte mit wöchentlichen Arbeitszeiten

Arbeitszeiten und Arbeitsbelastungen

Beteiligung an der Befragung insgesamt: Antworten

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Lebenssituation von Lesben, Schwulen und Bisexuellen:

Beeinträchtigungen der sozialen Teilhabe bei langen Arbeitszeiten

Qualifikation und Arbeitsmarktintegration geflu chteter Frauen: Erkenntnisse aus der Vergangenheit

hrungskräftebedarfs in kleinen und mittleren Unternehmen

Altersselektive Personalpolitik

Altersstruktur und Anteile älterer Beschäftigter in deutschen Betrieben

Aktuelle Entwicklungen in der betrieblichen Weiterbildung

Informatisierung und Digitale Spaltung

Systeme betrieblicher Altersversorgung

Subjektives Wohlbefinden in der Krise am Beispiel der Mittelschicht in Deutschland

Arbeitszeit und Gesundheit Erkenntnisse aus dem BAuA- Arbeitszeitreport. Dr. Anne Wöhrmann Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Frauen haben eine höhere Lebenserwartung als Männer

ARBEITSZEITREPORT DEUTSCHLAND 2016

Einstellungen Älterer aus betrieblicher Sicht

Die Lohnlücke wie wird sie ermittelt und was steckt dahinter?

Potenziale, Barrieren und Bedarfe von Wiedereinsteigerinnen

Zur Einführung des Rechts auf befristete Teilzeit

Arbeitsqualität aus Sicht von jungen Beschäftigten. 4. Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit

Mobilität auf dem Arbeitsmarkt für Ältere die Rolle der Betriebe

Forum 1: Arbeitszeit und Flexibilität

Arbeitszeitpräferenzen von Müttern in Partnerschaften: Entwicklung und soziale Unterschiede

Wunsch und Wirklichkeit: Lebensentwürfe und ihre Umsetzung

ARBEITSZEIT UND GESUNDHEIT. Dr. Anne Wöhrmann Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

WSI. Nur geringe Unterschiede in den Arbeitslosenquoten von Frauen und Männern GENDERDATENPORTAL. Arbeitslosigkeit

Selbstständig und doch abhängig? Zur Einkommenssituation selbstständig erwerbstätiger Frauen

1/5. Rentnerinnen und Rentner mit betrieblicher Altersvorsorge. Zusatzversorgung öffentlicher Dienst

Frauen und Männern ( ) Frauen erhalten in der Regel geringeres Elterngeld als Männer

Peter Sopp/Alexandra Wagner. Vertragliche, tatsächliche und gewünschte Arbeitszeiten. soeb-working-paper

Kurzarbeit, Qualifizierung und Arbeitszeitflexibilisierung als Krisenpuffer Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus der WSI Betriebsrätebefragung

Warum üben Frauen und Männer einen Minijob als Nebentätigkeit aus?

Inhaltsverzeichnis. 1. Studiendesign & Befragungsablauf. 2. Management Summary. 3. Status Quo: Elternzeit & Alltagsaufgaben. 4.

1/5. Durchschnittliche normalerweise geleistete Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten nach Qualifikation

Sozioökonomie weiter denken Projektionen und Szenarien zu Zuwanderung und Digitalisierung. soeb-werkstattgespräch 9. September 2016, Berlin

Fünf Jahre Leistungen für Bildung und Teilhabe

Kurzbericht zur FOM-Umfrage Arbeitspensum von Fach- und Führungskräften im Jahr 2007

Arbeitslosigkeit, berufliche Qualifikation und Gesundheit

Wenn Beschäftigte mehr arbeiten: Überstunden und Arbeitszeitkonten

Antwort. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4137. der Bundesregierung

Mehr Kinderbetreuung mehr Arbeitsmarktintegration für Alleinerziehende?

Alleinerziehende in der Grundsicherung für Arbeitsuchende

am in Berlin

Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Delegiertenversammlung der IG Metall Verwaltungsstelle Saarbrücken

Einstellung von Personalverantwortlichen zu familienbewussten Arbeitszeiten

1/6. Frauen erwerben seltener Ansprüche in der betrieblichen Altersversorgung

Gender Class Gap? Der Zugang zur oberen Dienstklasse im Geschlechtervergleich

IST WORK-LIFE-BALANCE EINE FRAGE DES GESCHLECHTS?

Alleinerziehende in Österreich Lebensbedingungen und Armutsrisiken

Sozioökonomische Risikofaktoren und Erwerbsbiografien im Kontext der Erwerbsminderung

Perspektiven für Weiterbildungsforschung und -politik: Weiterbildung und Sicherung des Arbeitskräftebedarfs im demografischen Wandel

Wie Erwerbstätige ihre berufliche Lage in Zeiten des Wandels wahrnehmen

Merkmale psychologischer Verträge zwischen Beschäftigten und Organisationen

Aktuelle betriebliche Bedarfe und zukünftige Qualifikationsanforderungen an An- und Ungelernte

Beschäftigungssicherung durch Flexibilität

Aufstocker: Erwerbstätige Arbeitslosengeld-II- Bezieher

Familienkontext, Erwerbsübergänge und Maßnahmeteilnahmen von Frauen mit ALG II

Die Väter von morgen. Wie stellen junge Männer sich ihre Vaterschaft vor? Isabelle Krok Deutsches Jugendinstitut e.v.

Vereinbarkeit von Beruf und Pflege in einer Arbeitswelt 4.0

Ergebniskonferenz zur Zeitverwendungserhebung 2012/ Oktober 2016, Wiesbaden, Statistisches Bundesamt

ARBEITSZEITPOLITIK UND GESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN HEUTE. Arbeitszeit auf dem Prüfstand WSI-Arbeitszeittagung Dr.

Transkript:

Dr. Peter Sopp / Dr. Alexandra Wagner Arbeitszeitwünsche von Frauen und Männern Einflussfaktoren und Realisierungschancen Workshop Vom Nachbar lernen? Determinanten weiblicher Erwerbstätigkeit in der EU am 10. März 2015 in Hannover

Soeb3 - Untersuchungsauftrag Berichterstattung zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland 3. Bericht Forschungsverbund unter Leitung des SOFI Gefördert durch das BMBF 5 Berichtsabteilungen mit insgesamt 18 Arbeitspaketen Arbeitspaket Arbeitszeit in Verantwortung von FIA Arbeitszeit im Kontext von Regulierung von Arbeit, Einkommen und persönlicher Lebensführung Längsschnittanalysen

1. Untersuchungsschritt: AZ-Wünsche und deren Realisierung Fragestellungen: Querschnittsvergleich: Wie entwickelten sich die Arbeitszeitwünsche von Männern und Frauen? Wenn Sie den Umfang Ihrer Arbeitszeit selbst wählen könnten und dabei berücksichtigen, dass sich Ihr Verdienst entsprechend der Arbeitszeit ändern würde: Wie viele Stunden in der Woche würden Sie dann am liebsten arbeiten? Längsschnitt: Wurden die Arbeitszeitwünsche auf Ebene der vertraglichen Arbeitszeiten im Folgejahr umgesetzt? Datenanalyse Soziooekonomisches Panel (SOEP) Daten von 1999 bis 2012

Entwicklung der AZ-Wünsche von Männern und Frauen Mehr als die Hälfte der Personen mit vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten wünschen entweder längere oder kürzere Arbeitszeiten als vertraglich vereinbart. Vertragliche Arbeitszeiten sind meist nicht passend! Frauen wünschen häufiger als Männer eine Verkürzung ihrer Arbeitszeiten, während Männer häufiger als Frauen eine Verlängerung ihrer Arbeitszeiten anstreben. Tendenziell wollen Frauen etwas häufiger als Männer ihre vertragliche Arbeitszeit verändern.

Anteil der Personen mit Wunsch nach Verlängerung der AZ

Anteil der Personen mit Wunsch nach Verkürzung der AZ

Realisierung der Wünsche auf Ebene der vertraglichen AZ Im Folgejahr konnten jeweils 45 Prozent der Befragten ihre AZ-Wünsche auf Ebene der vertraglichen AZ realisieren. Die größten Realisierungschancen hatten Wünsche nach Beibehaltung der vertraglichen Arbeitszeiten (2012: 74%). Die Wünsche nach Veränderung von vertraglichen Arbeitszeiten unabhängig von ihrer Richtung hatten eine deutlich geringere Realisierungschance (25% in 2012). Wünsche nach Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeiten hatten eine tendenziell höhere Realisierungschance als Wünsche nach kürzeren Vertragsarbeitszeiten. Verkürzungswünsche hatten unter allen Arbeitszeitwünschen die geringsten Chancen auf Realisierung. Frauen wollen ihre Arbeitszeit nicht nur etwas häufiger als Männer verändern, sie haben auch etwas bessere Chancen als Männer, ihren AZ- Veränderungswunsch unabhängig von der Richtung zu realisieren.

Was änderte sich im Zeitverlauf? Ein Wunsch nach Beibehaltung der vertraglichen Arbeitszeiten ist heute deutlich leichter zu realisieren als in der Vergangenheit. Seit 2001 nimmt die Wahrscheinlichkeit, einen Wunsch nach Beibehaltung der vertraglichen Arbeitszeiten auch zu realisieren, kontinuierlich zu. Trotz der Einführung von gesetzlichen Regelungen, die eine von den Beschäftigten ausgehende Flexibilität der Vertragsarbeitszeiten fördern sollen, ist es im Zeitverlauf nicht leichter geworden, die vertraglichen Arbeitszeiten dem eigenen Wunsch gemäß zu reduzieren oder zu verlängern.

Anteil der Personen mit realisiertem Verlängerungswunsch bei den vertraglichen AZ

Anteil der Personen mit realisiertem Verkürzungswunsch bei den vertraglichen AZ

Anteil der Personen mit realisiertem Wunsch nach gleich bleibenden vertraglichen AZ

2. Untersuchungsschritt: Einflussfaktoren und Realisierungschancen Fragestellung: Welche Merkmale beeinflussen die Arbeitszeitwünsche? Welche Merkmale beeinflussen die Realisierungschancen von Arbeitszeitwünschen? Datenanalyse Soziooekonomisches Panel (SOEP) Daten der Welle 2011 (Arbeitszeitwünsche) Daten der Welle 2012 (Realisierung der Wünsche aus 2011)

Methodisches Vorgehen Sample: Beschäftigte mit vertraglichen Arbeitszeiten in 2011 und Angaben zu den Arbeitszeiten in 2012 im Fokus: Gruppe der Frauen Methoden deskriptive Analysen, Regressionsanalysen Zielgrößen: Wunscharbeitszeit (WAZ), Vertragliche Arbeitszeit (VAZ), Tatsächliche Arbeitszeit (TAZ), Einbezogene Merkmale Individuum: Geschlecht, Qualifikation, tätig im erlernten Job, Haushalt / Lebenssituation: Partner, Kinder, Zeiten für Kinderbetreuung, Arbeitsplatz: Autonomiegrad, Stellung im Beruf, Befristung, Betrieb: Branche, Betriebsgröße Arbeitsmarkt: Schwierigkeit, gleichwertige Stelle zu finden, Region: Ost- / Westdeutschland

Ergebnisse Arbeitszeitwünsche

Einflussfaktoren auf die AZ-Wünsche der Frauen Gewünschte AZ ist höher wenn VAZ und / oder TAZ hoch sind wenn Frauen mit der Arbeit zufrieden sind bei Frauen, die in Ostdeutschland leben bei hochqualifizierten Angestellten und Beamtinnen Gewünschte AZ ist niedriger wenn ein Partner im Haushalt lebt wenn Frauen mit dem HH-Einkommen zufrieden sind Je nach Modell werden weitere Einflussfaktoren identifiziert. These: Einflussfaktor Geschlechterkultur ist in diversen Prädiktoren bereits enthalten, wie z.b. VAZ,TAZ, Qualifikation, Branche, Stellung im Beruf usw. und kann nicht separiert werden.

Hoher Erklärungsgehalt von VAZ und TAZ für AZ-Wünsche

Schlüsselrolle der vertraglichen Arbeitszeit - TAZ ist in hohem Maße durch VAZ beeinflusst. - VAZ beinhaltet Geschlechterkultur. - VAZ-Änderungswünsche lassen sich sehr schwer realisieren. - VAZ ist primärer Gegenstand der Regulierung (stärker als TAZ).

Ergebnisse zur Realisierung der AZ-Wünsche der Frauen Nur eine Minderheit der Veränderungswünsche konnte umgesetzt werden. Veränderungswünsche zu den Arbeitszeiten lassen sich auf Ebene der tatsächlichen Arbeitszeiten relativ leichter realisieren. Eine Veränderung der vertraglichen Arbeitszeiten gelingt deutlich seltener.

Faktoren, die die Realisierung der AZ-Wünsche der Frauen beeinflussen Manko: Fehlen zentraler Einflussfaktoren / Variablen im SOEP, insbesondere zum betrieblichen Kontext.

Zwischenfazit Vertragliche Arbeitszeiten entsprechen meist nicht den Wünschen. Vertragliche AZ lassen sich derzeit weitaus schwerer verändern als tatsächliche Arbeitszeiten. Trotz Einführung gesetzlicher Regelungen zur Erleichterung von individuell gewünschten Arbeitszeitverkürzungen haben sich die Realisierungschancen von Arbeitszeitverkürzungswünschen nicht signifikant erhöht. Die Analysen zu den Einflussfaktoren sind noch unbefriedigend. Nächste Schritte: Längsschnitt verlängern Schätzmodell verbessern und verschlanken Veränderung der Kontextvariablen von t 0 zu t 1 einbeziehen LEE-Daten nutzen Geschlechterkultur indirekt identifizieren

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Nächster Untersuchungsschritt: Betrieblicher Kontext Linked Employer-Employee-Daten Koppelung von Informationen auf Personenebene mit Informationen aus Betriebsbefragungen Vorteil: Einbeziehung von Informationen über betriebliche Entwicklung und Personalpolitik (z.b. Arbeitszeitmodelle etc.) Zwei Datensätze: SOEP-LEE beim DIW standardisierte Betriebsbefragung der Betriebe, in denen die SOEP-Befragten 2011 tätig waren Verknüpfung mit den Individual- und Haushaltsdaten des SOEP LIAB beim IAB Verbindung zwischen den Daten des IAB-Betriebspanels und den Personendaten des IAB ( prozessproduzierte Personendaten der Arbeitsverwaltung und der Sozialversicherung)