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Vorlesung 3 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 1 a) Was ist ein Grundstück? b) Bestandteile und Zubehör 2. Das Wohnungseigentum 3. Das Erbbaurecht 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 2

a) Was ist ein Grundstück? Fall: E ist Eigentümer eines großen landwirtschaftlichen Betriebes. Er verkauft eine Teilfläche von 1ha an seinen Nachbarn N, der das Teilstück sofort mit einem Zaun umfasst und als sein Wiesengrundstück für sein Pferd behandelt. Definition des Begriffs Grundstücks: Ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche. Abgrenzungen kann es in vielfältiger Form geben: Zäune Minen und Waffen Blumenbeete und Hecken Abgrenzungen im Kopf All das sind Grenzen im tatsächlichen Sinne. 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 3 Diese tatsächlichen Grenzen bilden die Umrandungen von Grundstücken im tatsächlichen Sinne, von Grundstücken also, wie sie von uns real wahrgenommen werden. Für die rechtliche Behandlung spielt dieser Grundstücksbegriff deshalb eine Rolle, weil er letztlich Grundlage unseres Regelungssystems ist. Menschen wollen reale Grundstücke zu Eigentum haben, besitzen, übereignen etc. Nur um dies zu regeln, um also die Pferdewiese zum Gegenstand von Rechten und Pflichten machen zu können, gibt es das Grundstücksrecht. Um ein solches tatsächliches Grundstück rechtlich handhabbar zu machen bedarf es (mindestens) zweier weiterer Voraussetzungen: 1. Es muss vermessen und Vermessungstechnisch erfasst und gegenüber anderen Grundstücken abgegrenzt und registerlich erfasst werden. 2. Es muss einem Rechtsträger zugeordnet werden, also eigentumsregisterlich verzeichnet werden. 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 4

Damit ergeben sich insgesamt drei möglich Verständnisformen des Grundstücks: 1. Das Grundstück im tatsächlichen Sinne als real abgegrenzter Fläche. 2. Das Grundstück im katasterlichen Sinne als Gegenstand eines amtlichen Messungs- und Verzeichnungsvorgangs 3. Das Grundstück im grundblichen Sinne als Gegenstand der Eigentums- und Belastungszuordnung. Die Pferdewiese erfüllt damit nur den Begriff eines Grundstücks im tatsächlichen Sinne, da es weder katasterlich registriert noch grundbuchlich erfasst ist. Gleichwohl wird es von den Beteiligten als Grundstück wahrgenommen. Ein Grundstück im tatsächlichen Sinne kann aus mehreren katasterlichen Flurstücken und auch mehreren Grundstücken im Rechtssinne bestehen. Ebenso kann ein Grundstück im katasterlichen Sinne mehrere tatsächliche Grundstücke beinhalten und auch jedenfalls als Bestandteil in Form eines Miteigentumsanteils auf mehreren Grundbuchblättern gebucht sein. Schließlich kann ein Grundstück im grundbuchlichen Sinne mehrere katasterliche und tatsächliche Grundstücke enthalten. 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 5 Für das spielt das Grundstück im tatsächlichen Sinne als Zuordnungsgegenstand für Rechte und Pflichten keine Rolle. Entscheidend für uns sind das katasterlich erfasste und grundbuchlich gebuchte Grundstück. Der Erwerb von Rechten an einem Grundstück setzt nach 873 BGB Einigung und Eintragung voraus. Was also nicht grundbuchlich eingetragen ist, kann auch nicht erworben oder belastet werden. Die Eintragung eines Grundstücks im Grundbuch setzt nach 2 Abs. 2 GBO die Eintragung desselben im Liegenschaftskataster voraus: Die Grundstücke werden im Grundbuch nach den in den Ländern eingerichteten amtlichen Verzeichnissen benannt (Liegenschaftskataster). 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 6

E ist Eigentümer eines 2000qm großen Hausgrundstücks. Er und K schließen einen Kaufvertrag über den hinteren Grundstücksteil von 1000qm und einigen sich über den Eigentumsübergang. Was muss zum Vollzug des Kaufvertrages getan werden? 1. Genaue Abgrenzung der Teilfläche Vermessung durch den Vermesser 2. Katastermäßige Teilung des Grundstücks Einmessung durch den ÖbVI nebst Aufnahme in das Liegenschaftskataster. Rheinlandpfalz kennt keine Teilungsgenehmigung als Erfordernis der Grundstücksteilung; NRW sieht dies in 8 LBO vor. 3. Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch nach hm ist die Auflassung einer unvermessenen Teilfläche möglich, sie bedarf nach katasteramtlicher Fortführung der Teilfläche dann der grundbuchlichen Klarstellung im Sinne des 28 GBO sogenannte Identitätsfeststellung 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 7 E ist Eigentümer von drei nebeneinanderliegenden Grundstücken, die er von unterschiedlichen Eigentümern erworben hat und die deshalb in 3 Grundbüchern eingetragen sind. Das Grundbuchamt überträgt diese gegen den Willen des E nun in ein einziges Grundbuch. Darf das GBA das und welche Bedeutung hat dies? 1. Die Zusammenschreibung mehrerer Grundstücke eines Eigentümers in einem Grundbuch steht nach 4 Abs. 1 GBO im Organisationsermessen des Grundbuchamtes und ist vom Eigentümer im Grundsatz nicht angreifbar. 2. Eine rechtliche Bedeutung hat diese Zusammenschreibung nicht 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 8

Fortsetzung: E möchte diese so in einem Grundbuchblatt zusammengeschriebenen Grundstücke mit einem Mehrfamilienhaus bebauen und in Wohnungseigentum aufteilen, um es anschließend veräußern zu können. Das Grundbuch weist für jedes der Grundstücke mehrere unterschiedliche Grunddienstbarkeiten und jeweils eigene Grundschulden aus. Was kann E tun? 1. 2. 3. Die Bebauung mehrerer Grundstücke mit einem einheitlichen Baukörper setzt nach den Bestimmungen der LBO ( 6 Abs. 3 RhP; 4 Abs. 2 NW) deren Vereinigung oder zumindest die Bestellung von Vereinigungsbaulasten voraus. Eine Aufteilung eines Gebäudes in Wohnungseigentum ist nur auf einem Grundstück im Rechtssinne möglich, 1 Abs. 4 WEG. Ein Grundstück im Rechtssinne kann nur durch a) Vereinigung nach 890 Abs. 1 BGB, 5 GBO b) Bestandteilszuschreibung nach 890 Abs. 2 BGB, 6 GBO c) die bloße Zusammenmessung durch Vereinigung im Liegenschaftskataster führt nicht zur Vereinigung im Rechtssinne und ist unzulässig, 2 Abs. 2 GBO 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 9 Gemeinsame Voraussetzungen der Vereinigung/Zuschreibung: Einheitliche Eigentumsstruktur (ein oder mehrere Personen) Vorher rechtlich selbständige Grundstücke im Rechtssinne Räumliches Nebeneinander der Grundstücke als reine Verfahrensnorm der GBO, 5 Abs. 2 und 6 Abs. 2 Ausnahme bei baulicher Zusammengehörigkeit, bspw. Parkhauszufahrt auf der anderen Straßenseite. Materiellrechtliche Verbindungserklärung Verfahrensrechtlicher Antragnach 13 GBO Keine Verwirrung zu besorgen: Das ist praktisch selten der Fall. Wirkung: Beide Grundstücke stellen nunmehr ein einheitliches Grundstück im Rechtssinne dar, es kann fortan nur noch das gesamte Grundstück belastet werden. Besonderheit Vereinigung: Bisherige Belastungen bestehen nur an den Trennflächen fort. Besonderheit Zuschreibung: Belastungen des zugeschriebenen Grundstücks bleiben dort, die des Hauptstücks erstrecken sich auf das Zugeschriebene, 1131 BGB 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 10

b) Bestandteile, 93 ff. BGB Wesentliche Bestandteile einer Sache können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein, 93 BGB. Sie verlieren damit ihre rechtliche Selbständigkeit. Baustoffhändler B liefert an den Dachdecker D unter Eigentumsvorbehalt Dachziegel, die D auf dem Dach des Hauses des E verbaut. Als D nicht bezahlt, will B seine Dachziegel wieder abholen lassen. Wie ist die Rechtslage? 1. Eigentum? Nach 946, 949 BGB beim E 2. Entschädigung? Nach 951, 812 BGB nur bei ungerechtfertigter Bereicherung des E hier vertragliche geschuldete Leistung. 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 11 Photovoltaikmodulhändler P liefert an den Installateur I unter Eigentumsvorbehalt Solarmodule, die I auf dem Dach des Hauses des E verbaut. Als I nicht bezahlt, will S seine Module wieder abholen lassen. Wie ist die Rechtslage? Eigentum des E? - 94 Abs. 2, 946, 949 BGB nicht zur Herstellung (anders wohl bei Solarthermie) 93 BGB? wohl nein, da trennbar und einzeln, wenn auch unter Aufwand nutzbar 95 BGB Scheinbestandteile: Nur Vorübergehend wohl nicht, da auf gesamte Lebensdauer eingebracht Abgrenzung fast willkürlich 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 12

E ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Wohnhaus mit Tiefgarage errichten möchte. Die Einfahrt zur Tiefgarage befindet sich dann aber auf dem Grundstück des Nachbarn N. Er möchte Wohnungs- und Teileigentum an den Wohnungen und den Tiefgarageneinstellplätzen bilden. Geht das? 1. Voraussetzung: Einheitliches Grundstück nach 1 Abs. 4 WEG? 2. Nur dann, wenn Zufahrt auch zum Grundstück des E gehört. - Ist Zufahrt wesentlicher Bestandteil des Grundstücks des N? Im Grundsatz wäre sie es nach 93 BGB. - Aber: Möglicherweise Eigentum des E wegen Überbaus? Abgrenzung: Berechtigter Überbau, entschuldigter Überbau und widerrechtlicher Überbau hier nur dann berechtigt, wenn durch Grunddienstbarkeit gesichert, 95 Abs. 1 S. 2 BGB 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 13 Fallbeispiel Scheinbestandteil: Eine Kommune hat auf öffentlichen Verkehrsflächen, die im Eigentum der Kommune stehen, ein unterirdisches Kanalnetz. Sie möchte dieses Kanalnetz (Rohre, Sammler etc.) an eine kommunale GmbH veräußern. Dazu wird ein Veräußerungsvertrag geschlossen und die kommunale Aufgabe Abwasser auf die Gesellschaft übertragen. Ist Eigentum an den Rohren übergegangen? 1. Grundprinzip: 93 BGB Wesentliche Bestandteile können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. 2. Ist also die Rohrleitung wesentlicher Bestandteil? - mit dem Grundstück fest verbunden, 94 I BGB? (+) - kein nur vorübergehender Zweck, 95 I S. 1, II BGB? (+) 3. Aber: spätere Begründung der Scheinbestandteilseigenschaft nach 95 I S. 1 BGB jedenfalls nach BGH, Urteil vom 2. 12. 2005 - V ZR 35/05 (DNotZ 2006, 290) => Was ist dann mit einem Mehrfamilienhaus? 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 14

Was ist Zubehör? 97 Abs. 1 BGB definiert Zubehör als solche Gegenstände, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind, ohne jedoch Bestandteil geworden zu sein. Spannend ist die Zubehöreigenschaft vor allem für die Grundpfandrechte (dazu später). Was Zubehör ist, ist Gegenstand praktisch völlig unzusammenhängender Kasuistik, die je nach Landstrich wechselt: Die Einbauküche ist in einigen Teilen Deutschlands Bestandteil, in anderen Zubehör und in wieder anderen einfache bewegliche Sache..., verstehe das wer will! Beispiele: Melkmaschine, Fuhrpark etc. 2. Mai 2013 Notar Dr. Christian Kesseler 15