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Transkript:

Oberlandesgericht Koblenz Urteil vom 20. Juni 2012, 9 U 224/12 Tatbestand I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Die Beklagte produziert und vertreibt Getränke, u. a. das Mineralwasser "... (A)". Für dieses Mineralwasser warb sie u. a. am 19.6.2011 und 3.7.2011 in der "... (B)". Der Kläger hält diese Werbung für irreführend. In dem Text werde irreführend behauptet, dass bei der heute üblichen Ernährung unterschiedslos und ohne Differenzierung eine Übersäuerung eintrete und diese neutralisiert werden müsse, wozu das von der Beklagten vertriebene Mineralwasser besonders geeignet sei. Die Beklagte hat zunächst Bedenken an der Bestimmtheit des Klageantrages geäußert und zudem ihre Werbung nicht für irreführend gehalten, da der verständige Durchschnittsverbraucher die Aussage nicht unterschiedslos für jeden Verbraucher in dem behaupteten Sinne interpretiere. Vorgerichtlich hat sich die Beklagte verpflichtet es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Aussage zu verwenden: "Damit der Körper keinen Schaden nimmt." Das Landgericht Trier hat der Klage mit den Einschränkungen stattgegeben, dass die Beklagte im geschäftlichen Verkehr nicht wie gerügt werben dürfe, soweit der Hinweis gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. a) LGVO fehle und soweit in der Anzeige die Formulierung enthalten ist "damit der Körper keinen Schaden nimmt". Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen und dazu ausgeführt: Die Beklagte sei zum Hinweis aus Art. 10 Abs. 2 lit. a) LGVO verpflichtet. Im Übrigen sei die Werbung nicht zu beanstanden, da sie von dem Verbraucher dahingehend interpretiert werde, dass bei einer nicht ausgewogenen Nahrungszufuhr die Gefahr einer Übersäuerung bestehe, hiergegen Hydrogencarbonat

helfe und den Darlegungen des Klägers nicht zu entnehmen sei, dass diese Annahme falsch sei. Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen diese Auffassung. Eine Beschränkung des Unterlassungsbegehrens im Tenor sei nicht erforderlich. Vielmehr sei es sachgerechter und ausreichend, dass die Umstände, aus denen sich der Unterlassungsanspruch ergebe, in den Urteilsgründen dargestellt seien. Die Beklagte sei uneingeschränkt zu verurteilen. Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Trier vom 26.01.2012 der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für das Mineralwasser "... (A)" mit der wiedergegebenen Anzeige zu werben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie, die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Trier vom 26. Januar 2012 7 HK O 165/11 abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen. Die Beklagte macht geltend die Berufung sei bereits mangels Beschwer des Klägers unzulässig. Auch verstehe der verständige Durchschnittsverbraucher die Werbung nicht dahingehend, dass jeder an einer Übersäuerung leide und deswegen das beworbene Mineralwasser trinken solle. Mit der Anschlussberufung macht sie geltend, dass die entsprechende Norm der LGVO nicht anwendbar sei. Entscheidungsgründe II.

Die Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg, während die Anschlussberufung zurückzuweisen ist. Die Berufung ist zulässig. Der Kläger ist durch die teilweise Abweisung seines Klageantrages beschwert im Sinne des 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600,00. Der Kläger hat eine uneingeschränkte Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der gerügten Werbung beantragt. Zu Begründung des Klageantrages verweist der Kläger auf Verstöße gegen Art. 10 Abs. 2 a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, Health-Claims-Verordnung (HCVO), sowie gegen 11 Abs. 1 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch, LFGB. Insoweit liegen zwar nicht mehrere Streitgegenstände vor, sondern das konkrete Verhalten der Beklagten ist vom Gericht unter mehreren in Betracht kommenden rechtlichen Aspekten zu würdigen. Das Landgericht hat jedoch nur einen Verstoß gegen Art. 10 Abs. 2 a HCVO angenommen und mit der entsprechenden Einschränkung im Tenor der Klage stattgegeben, während es im Übrigen die Klage abgewiesen hat, sodass die Beklagte die beanstandete Anzeige nach Behebung des Verstoßes gegen Art 10 Abs. 2 a HCVO uneingeschränkt veröffentlichen dürfte. Der Senat schätzt das Interesse des Klägers an einer uneingeschränkten Verurteilung, welche die Verletzungshandlung im Hinblick auf beide anzuwendenden Normen berücksichtigt, angesichts eines Streitwertes von 20.000 auf 15.000. Die vom Landgericht getroffene Kostenentscheidung ist für die Bestimmung der Beschwer nicht entscheidend. Die Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit 8 Abs. 1 Satz 1, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. 11 Abs. 1 LFGB einen Anspruch auf Unterlassung der von der Beklagten geschalteten Werbung. Die Bestimmungen des LFGB sind Marktverhaltensregeln im Sinne des 4 Nr. 11 UWG (vgl. zuletzt: OLG Köln, Urteil vom 15.02.2012 6 U 169/11, zitiert nach juris). Für das von der Beklagten vertriebene Mineralwasser wird mit einer irreführenden Darstellung geworben.

Unter der Überschrift "Deutschland macht den Test: Was kann Hydrogencarbonat" wird im Werbetext zunächst die zutreffende Aussage getroffen, dass Hydrogencarbonat einer der wichtigsten Puffer im menschlichen Körper ist und zur Regulation des Säure-Basen-Haushaltes benötigt wird. Weiter wird behauptet, dass es im Körper selbst gebildet werden kann, jedoch die eigenen Reserven nicht ausreichen. Anschließend wird dargetan, dass die Menschen in unserer heutigen Gesellschaft viele "saure" Nahrungsmittel zu sich nähmen, jedoch zu wenig basenbildende Lebensmittel. Man könne deshalb zusätzlich Hydrogencarbonat zu sich nehmen, wobei Mineralwasser eine der wichtigsten Lieferanten sei. In einer als "Die Fakten im Überblick" bezeichneten Zusammenfassung wird behauptet, eine einseitige Ernährung fördere die Säurebildung im Körper, Hydrogencarbonat puffere überschüssige Säure ab und...(a) weise so viel Hydrogencarbonat wie kaum ein anderes Wasser in Deutschland auf. Neben dem Foto eines Ernährungsexperten mit dem Zusatz "Unser Experte stellt vor", ist eine Petflasche des Produkts sowie eine junge, den Betrachter anlächelnde Frau, die ein Glas mit Wasser in der Hand hält, abgebildet. Aus der Darstellung und Aufmachung der Werbung ergibt sich für die angesprochenen Verkehrskreise die Aussage, die heute übliche Ernährung bewirke eine Übersäuerung des Körpers, diese Übersäuerung werde durch Hydrogencarbonat gepuffert, die eigenen Reserven im Körper reichten dazu nicht aus und daher sei die externe Zufuhr über das beworbene Mineralwasser sinnvoll und angezeigt. Der Senat kann dies aus eigener Sachkunde ohne Einholung eines Gutachtens beurteilen, da seine Mitglieder selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Die Aussage, dass bei der im Text beschriebenen Ernährungsweise eine Übersäuerung drohe und die körpereigenen Reserven zum Abpuffern nicht ausreichend seien, ist in dieser Allgemeinheit falsch. Der von dem Kläger zitierte Gutachter Prof. Dr. med....(c) hat in einem Sachverständigengutachten, das Bestandteil der Akten ist, zur Frage der Übersäuerung eindeutig Stellung genommen. Danach können Lebensmittel weder säuern noch entsäuern, da die Regulierung des Säurebasengleichgewichts bzw. noch vielmehr der ph-einstellung anderen Mechanismen unterliegt (Atmen, Nierenfunktion), die weitgehend unabhängig von der zugeführten Nahrung sind (Bl 31 der Anlagen). Zwar wird die Sichtweise, dass der Verzehr bestimmter Lebensmittel den Säure-Basen-Status im Körper nicht beeinflussen könne, von dem von der Beklagten zitierten Sachverständigen Prof. Dr.rer nat.... (D) in Zweifel gestellt. Er führt aus, dass sich die Einflüsse lediglich im Blut nicht bemerkbar machten, da die

physiologischen Regulationsmechanismen im Körper so ausgerichtet seien, dass wesentliche ph-schwankungen im Blut vermieden würden (ergänzende Stellungnahme vom 02.09.2011, Bl. 83 Anlageband). Die Regulation erfolge hierbei über die Niere mit dem Urin. Diese renale Nettosäureausscheidung verhindere eine Übersäuerung des Organismus. Demnach kann eine klinische Relevanz dann eintreten, wenn die Säureausscheidungskapazität niedrig ist, wie dies die von der Beklagten zitierte Ernährungswissenschaftlerin Frau...(E) darlegt. Erst bei einer nahezu erschöpften renalen Säureausscheidungskapazität kann der von der Beklagten als Übersäuerung beschriebene Effekt eintreten. Diese Begrenzung der Ausscheidungskapazität ist abhängig von der Funktionsfähigkeit der Niere. Eine eingeschränkte Säureausscheidungskapazität wird in der Regel jedoch nur bei Frühgeborenen, älteren Menschen oder Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion angenommen (vgl....(e) Anlage B3 "Einfluss der Ernährung auf den Säure-Basen- Haushalt, Bl. 91 der Anlage). Gleichlautend äußert sich Prof. Dr.rer.nat....(D) in der ergänzenden Stellungnahme (Bl. 85 der Anlagen). Danach kann der Körper in das saure Milieu geraten, wenn der tägliche Säureüberschuss nicht vollständig mit dem Urin ausgeschieden wird. Die Kapazität, Säuren zu eliminieren, könne danach insbesondere bei älteren Menschen auftreten, da mit zunehmenden Alter die Ausscheidungskapazität der Niere abnimmt (Bl. 85 der Anlage). Die von der Beklagten geschaltete Werbung enthält keinerlei dahingehende Einschränkungen. Vielmehr ist der Inhalt der Werbung geeignet, so verstanden zu werden, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen und der heute üblichen Ernährung unterschiedslos und ohne Differenzierung eine Übersäuerung des Körpers eintrete und diese Säure neutralisiert werden müsse, wobei die körpereigenen Reserven hierfür nicht ausreichen. In dieser Allgemeinheit ist die Aussage falsch. Soweit die zusätzliche Zufuhr von Hydrogencarbonat durch den Verzehr des angepriesenen Mineralwassers empfohlen wird, wird dadurch diesem Lebensmittel im Hinblick auf die heute übliche Ernährung eine Wirkung beigelegt, die ihm nicht zukommt. Es liegt daher ein Verstoß gegen 11 Abs. 1, Satz 2 Nr. 2 LVGB vor. Die Werbung suggeriert dem Verbraucher einen Bedarf, der in Wirklichkeit nicht besteht. Eine Einschränkung ergibt sich, soweit sich die Beklagte in der Unterlassungserklärung dazu verpflichtet hat, den Zusatz: "Damit der Körper keinen Schaden nimmt", künftig nicht weiter zu verwenden. Eine Wiederholungsgefahr besteht nicht mehr, sodass die weitergehende Berufung zurückzuweisen ist. Die Anschlussberufung ist als unbegründet zurückzuweisen.

Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte entgegen Artikel 10 Abs. 2 lit. a) HCVO nicht auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise hingewiesen hat. Gemäß Artikel 28 HCVO ist die Verordnung am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft getreten. Sie gilt ab dem 01.07.2007, so dass die Anforderungen an gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 2 HCVO gelten. Lediglich für das Verbot des Absatzes 1, nicht in der Liste nach Art. 13 und 14 zugelassene Angaben zu verwenden, gelten nach Art. 27 Abs. 5 und 6 HCVO Übergangsvorschriften. Für Art. 10 Abs. 2 HCVO sind solche Übergangsvorschriften nicht vorgesehen, so dass er uneingeschränkt anwendbar ist. Gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. a HCVO dürfen gesundheitsbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise enthalten. Die Angabe über das in dem beworbenen Mineralwasser enthaltene Hydrogencarbonat ist eine gesundheitsbezogene Angabe. Aus dem weiteren Zusammenhang, insbesondere der Behauptung der Beklagten, Hydrogencarbonat könne zwar im Körper selbst gebildet werden, die körpereigenen Reserven seien jedoch nicht ausreichend, weswegen eine externe Aufnahme durch den Konsum des Mineralwassers erfolgen solle, ergibt sich ein unmittelbarer Bezug auf die Gesundheit der angesprochenen Verbraucher im Sinne der laufenden Nummer 15 der Erwägungen zur HCVO. Diese gesundheitsbezogene Angabe darf daher nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung einen entsprechenden Hinweis enthalten. Der Senat legt Art. 10 Abs. 2 HCVO dahingehend aus, dass der Hinweis auf der Kennzeichnung und der Lebensmittelwerbung erfolgen muss. Die Verordnung dient dem Schutz des Verbrauchers vor irreführenden Angaben und soll ihm daneben die Wahl zwischen den verschiedenen Lebensmitteln erleichtern. Dieser Schutzzweck erfordert es, dass der gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. a) HCVO vorgeschriebene Hinweis auf der Kennzeichnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 lit. b) HCVO i. V. m. der Begriffsbestimmung in Art. 1 Abs. 3 a) der Richtlinie 2000-13 EG und in der Lebensmittelwerbung erfolgt. Nur für den Fall, dass eine Kennzeichnung fehlt, hat die Aufmachung der Lebensmittel den entsprechen-

den Hinweis zu enthalten, wodurch die Hinweispflicht in der Lebensmittelwerbung jedoch nicht berührt wird. Diese Auslegung, die sich am Wortlaut der Verordnung orientiert, findet auch in den zur Verordnung veröffentlichten Erwägungen ihren Niederschlag. Im Erwägungsgrund Nr. 3 wird Bezug genommen auf die Richtlinie 2000-13 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000. Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Richtlinie für die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln und die für sie durchgeführten Werbung gilt, somit für beide Bereiche nebeneinander. Mit der HCVO sollen die allgemeinen Grundsätze dieser Richtlinie ergänzt und spezielle Vorschriften festgelegt werden. Der Erwägungsgrund Nr. 13 geht von einer Vielzahl von Angaben aus, die "derzeit bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln und der Werbung hierfür" gemacht werden. Auch der Erwägungsgrund 23 geht von einem Nebeneinander von Kennzeichnung von Lebensmitteln und der Werbung aus. Somit hat der gemäß Art. 10 Abs. 1 lit. a) HCVO erforderliche Hinweis auch bei der Lebensmittelwerbung zu erfolgen. Die Beklagte hat den entsprechenden Hinweis nicht gemacht, so dass auch hieraus ein Unterlassungsanspruch des Klägers folgt, wobei es nicht Aufgabe des Senats ist im Tenor festzuhalten, unter welchen Bedingungen die beanstandete Werbung zulässig ist. Die Anschlussberufung erweist sich daher als unbegründet. Die Kostenentscheidung folgt aus 91, 92, 97 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,00 festgesetzt.