Wolfgang Gerstlberger Professur für Innovationsmanagement & Mittelstandsforschung Expertengespräche Arbeitskreis Dienstleistungen Mehr Qualität durch Privatisierung? Innovative Konzepte für öffentliche Dienstleistungen Expertengespräch I: Stadtwerke: Vom öffentlichen Versorger zum Akteur im freien Energiemarkt? Zwischenbilanz, Ausblick & Handlungsempfehlungen Berlin, 27. November 2008
Zur Einstimmung: Aktuelle Meldungen n-online/lokales vom 19.11.2008 Aufsichtsrat: Stadtwerke benötigen Geldspritze Lübeck - Gewinneinbruch, zu wenig Eigenkapital: Claus Möller, Chef des Stadtwerke-Aufsichtsrats, sieht die Hansestadt in der Pflicht, dem Versorger unter die Arme zu greifen. ZfK - Tagesticker Bern: Teilprivatisierung abgelehnt (vom 19.11.2008) Das Versorgungsunternehmen der Berner Landeshauptstadt, die Energie Wasser Bern (EWB), soll nach Beschluss des Stadtparlaments nicht teilprivatisiert werden. Damit bestätigte der Stadtrat einen Entscheid der Stadtregierung, die sich ebenfalls gegen einen Teilverkauf ausgesprochen hatte. Ein zuvor in Auftrag gegebenes Gutachten war zu dem Ergebnis gekommen, ein Teilverkauf könnte eine Möglichkeit sein, um das Unternehmen für den liberalisierten Markt möglichst gut vorzubereiten. Folie 2
Ver- & Entsorgung: Ausmaß der Privatisierung in deutschen Kommunen I 14,00% 12,00% 11,60% 11,00% Gemischtwirtschaftliche Unternehmen Betreibermodelle u.ä. Materielle Privatisierung 10,00% 8,70% 8,00% 6,00% 4,00% 6,20% 4,80% 4,30% 4,40% 7,10% 5,50% 2,50% 2,40% 2,00% 0,00% 0,80% Abfallentsorgung ÖPNV Wasserwirtschaft Energieversorgung Quelle: Bogumil et al. 2007, S. 338: Repräsentativen Befragung von (Ober-) Bürgermeistern (alle Gemeindegrößenklassen) & Landräten aus dem gesamten Bundesgebiet Folie 3
Ver- & Entsorgung: Ausmaß der Privatisierung in deutschen Kommunen II Ca. 55% der großstädtischen Stadtwerke mit privaten Kapitaleignern (Trapp 2006, S. 97f.) 80% der Kämmerer bewerten bisherige Ergebnisse / den Verlauf bisheriger (Teil-) Privatisierungen insgesamt positiv & 4% geben sehr negative Erfahrungen an (Janetschek 2007, S. 4) Vergleichswerte für Beschäftigte & Kunden fehlen bisher Folie 4
Privatisierung aus Sicht der Bürgerinnen & Bürger Dass viele öffentliche Dienstleistungen von privaten Unternehmen übernommen worden sind, finden weniger gut/ schlecht 50 47 gut Quelle: forsa/ Manfred Güllner, Januar 2008 Folie 5
Privatisierung aus Sicht der Bürgerinnen & Bürger Dass viele öffentliche Dienstleistungen von privaten Unternehmen übernommen worden sind, finden Erfahrungen mit gut weniger gut/schlecht Privatisierungen: -ja 45 52 -nein 51 47 Quelle: forsa/ Manfred Güllner, Januar 2008 Folie 6
Privatisierung aus Sicht der Bürgerinnen & Bürger Quelle: forsa/ Manfred Güllner, Januar 2008 Die Leistungen sind nach der Privatisierung geworden besser schlechter Telekommunikation 49 22 Paketdienst 45 12 Post 27 27 Müllentsorgung 23 14 Energieversorgung Bahn 17 13 37 46 Folie 7
Privatisierung aus Sicht der Bürgerinnen & Bürger Quelle: forsa/ Manfred Güllner, Januar 2008 Die Kosten sind nach der Privatisierung niedriger höher Telekommunikation 50 29 Paketdienst 17 37 Post Müllentsorgung 10 7 48 51 Energieversorgung 8 78 Bahn 3 74 Folie 8
Aktuelle Herausforderungen auf EU- & Bundesebene Trennung von Energieerzeugung & -verteilung um die Nutzungskosten für Stadtwerke zu senken Aufhebung des Regionalprinzips für Stadtwerke & damit bundes- bzw. EU-weite Betätigungsmöglichkeiten Unterbindung der Quersubventionierung zwischen unterschiedlichen Aufgabenbereichen (Energie, ÖPNV, Schwimmbäder) der Stadtwerke Folie 9
Wichtige Handlungsempfehlungen Vielfalt in Frage kommender Organisationsformen berücksichtigen (z.b. ÖPP, interkommunale Zusammenarbeit) Sorgfältige Prüfung des zukünftigen Wettbewerbsumfelds Ergebnisoffene Vor- & Machbarkeitsstudien sind unerlässlich Beschäftigte & Bürger möglichst frühzeitig mit einbeziehen Interne Veränderungs-Potenziale stärker nutzen Stadtwerke als Vorreiter für Klimaschutz positionieren Folie 10
Kurz die Kriterien zur Erinnerung Versorgungssicherheit Qualität und Preis von Energiedienstleistungen Beschäftigungssituation & entwicklung Haushaltseffekte für Kommunen betriebliche Kostenstrukturen & Wettbewerbsfähigkeit Umweltstandards (Energieeffizienz, Klimaschutz) politische Planungs-, Steuerungs- & Kontrollmöglichkeiten langfristige Handlungsspielräume für Stadtentwicklung Innovationsfähigkeit & Wissensmanagement Mittelstandförderung Folie 11