I. Vollstreckung ausländischer Urteile im Inland

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GRENZÜBERSCHREITENDE ZWANGSVOLLSTRECKUNG Martin Resch, LL.M. (Univ.) Dipl. Wirtschaftsjurist (FH) Akademischer Europarechtsexperte (Univ.) Einführung in die Thematik Im einer globalen Wirtschaft und immer weniger werdenden Hemmnissen bei internationalen Geschäften wird die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung immer wichtiger Gerade in grenznahen Gebieten ist die Zahl der Vollstreckungen im Ausland bzw. im Inland aus ausländischen Titeln enorm gestiegen EU bemüht sich, im Binnenmarkt möglichst eine effektive Vollstreckung zu ermöglichen I. Vollstreckung ausländischer Urteile im Inland Rechtsgrundlage Die Zwangsvollstreckung in Fällen mit Auslandsbezug wird durch das Internationale Zivilverfahrensrecht (IZVR) geregelt. Das IZVR befasst sich hauptsächlich damit, unter welchenvoraussetzungen deutsche Gerichte international zuständig sind und in welchen Fällen ausländische Entscheidungen im Inland wirksam sind. Rechtsquellen Rechtsquellen Die Rechtsquellen des IZVR befassen sich zwar mit internationalen Sachverhalten sind aber oft nationales Recht. So enthält die ZPO Regeln über die internationalezuständigkeit ( 606a ZPO) und die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen ( 328, 722, 723 ZPO) Diese Vorschriften werden immer mehr von vorrangig anzuwendenem Konventions- und Europarecht verdrängt Die ZPO umfasst seit dem Jahr 2003 ein elftes Buch, das die Umsetzungs- und Ausführungsbestimmungen zu Gemeinschaftsrechtsakten im Bereich der Justiziellen Zusammenarbeit zusammenführt und damit auch das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG) ergänzt. 1

Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile 722 ZPO Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile (1) Aus dem Urteil eines ausländischengerichts findet die Zwangsvollstreckung nur statt, wenn ihre Zulässigkeit durch einvollstreckungsurteil ausgesprochen ist. (2) Für die Klage auf Erlass des Urteils ist das Amtsgericht oder Landgericht, bei dem der Schuldner seinen allgemeinengerichtsstand hat, und sonst das Amtsgericht oder Landgericht zuständig, bei dem nach 23 gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann. Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile Nach 722 ZPO ist ein (Exequaturverfahren) zur Vollstreckung von ausländischen Urteilen notwendig (Grundfall) Diese Vorschrift wird häufig durch vorrangige Regelungen in EG-Verordnungen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen verdrängt Oft auch weitere Einschränkungen durch mulit- /bilaterale Staatsverträge sowie durch Ausführungsgesetze Definition Exequatur Exequatur (lat. ex(s)equatur : er vollziehe) bedeutet: Er möge ausüben. Im internationalen Zivilprozessrecht bezeichnet Exequatur die Vollstreckbarkeitserklärung im Inland eines in- oder ausländischen Schiedsspruchs oder eines ausländischen Urteils in einem Exequaturverfahren. Quelle: Wikipedia Vollstreckbarerklärungsverfahren ist ein streitiges Erkenntnisverfahren und wird durch Klageantrag eingeleitet Nach 722 Abs. 2 und 802 ZPO ist das Amtsoder Landgericht ausschließlich zuständig, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand ( 13-19 ZPO) hat. Hat der Schuldner keinen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, ist das Amts- oder Landgericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen des Schuldners befindet. Sachlich zuständig ist bis zu einem Wert der der mit der ausländischen Entscheidung zuerkannten und zu vollstreckenden Forderung von 5.000 Euro das Amtsgericht, darüber hinaus das Landgericht Der Klageantrag muss dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen und ist darauf zu richten, dass: das Urteil des (Gericht, Staat, Datum, Aktenzeichen), durch das der Beklagte zu verurteilt wurde, für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt wird. Es genügt dievorlage einer beglaubigten Kopie des ausländischen Urteils VollstreckungsfähigeUrteile nach 722 Abs. 1 ZPO sind alle vollstreckbaren Entscheidungen einschließlich Kostenfestsetzungsbeschlüssen, Vollstreckungsbescheidenentsprechende ausländische Staatsakte sowie konkursrechtlichetitel. Der Begriff Urteile ist weit auszulegen. Nicht darunter fallen allerdings Prozessvergleiche, vollstreckbare Urkunden, Entscheidungen des einstweiligen Rechtschutzes und ausländische Vollstreckbarerklärungen. DerenAnerkennung und Vollstreckbarkeit ist ausschließlich nach entsprechenden Staatsverträgen und EG-Verordnungen möglich. 2

Feststellungs- oder Gestaltungsurteile können mit Ausnahme der Kostenentscheidung nicht für vollstreckbar erklärt werden. Nicht für vollstreckbar erklärt werden auch ausländische Vollstreckungsurteile, die ihrerseits Entscheidungen aus Drittstaaten für vollstreckbar erklären (Verbot der Doppelexequatur); außer US-amerikanische Urteile die US-amerikanische Schiedssprüche für vollstreckbar erklären. Urteile, die nach der Rechtsordnung des Ursprungsstaates nicht oder unwirksam sind, sind nicht für vollstreckbar zu erklären. Die ausländische Entscheidung muss auch im Ursprungsstaat vollstreckungsfähig sein. Voraussetzung ist daher ein vollstreckungsfähiger und hinreichend bestimmter oder zumindest mit Hilfe ausländischer Gesetze oder sonstiger allgemein zugänglicher Quellen bestimmbarer Inhalt (z. B. gesetzliche Zinsen ) Vollstreckungsurteil ist prozessuales Gestaltungsurteil und ergeht aufgrund begründeter/zulässigervollstreckungsklage Ordentlicher Zivilprozess und nicht Verfahren der Zwangsvollstreckung Entscheidung über Vollstreckbarerklärung ist Grundlage der Zwangsvollstreckung; nicht dagegen der ausländische Titel selbst Die Umrechnung von Fremdwährungen in Euro ist Sache des Vollstreckungsorgans Das Vollstreckungsurteil ist mit den allgemeinen Rechtsmitteln der Berufung nach 511 ZPO und Revision nach 542 ZPO sowie mit dem Einspruch nach 338 ZPO anfechtbar. Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckbarerklärung werden durch 723 ZPO geregelt NebenVollstreckungsklage nach 722 ff. ZPO hat der Gläubiger nach der Rechtsprechung des BGH auch die Möglichkeit eine selbständige Leistungsklage auf den durch das ausländische Urteil festgestellten Anspruch zu erheben Vollstreckungsurteil 723 ZPO Vollstreckungsurteil (1) Das Vollstreckungsurteil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen. 3

Das Vollstreckungsurteil wird ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung erlassen Die ausländische Entscheidung darf nicht auf ihre formelle und materielle Richtigkeit hin geprüft werden. Dies betrifft auch die Tatsachenfeststellungen. DerSchuldner kann Einwendungen geltend machen, die die Vollstreckungsfähigkeit destitels im Ursprungsstaat betreffen sowie Anerkennungsversagungsgründe nach 328 ZPO und materiellrechtliche Einwendungen, wenn sie nach dem Schluss der mündlichenverhandlung entstanden sind und daher vor dem ausländischen Gericht nicht mehr geltend gemacht werden konnten. Vollstreckungsurteil 723 ZPO Vollstreckungsurteil (2) DasVollstreckungsurteil ist erst zu erlassen, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Recht die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urteils nach 328 ausgeschlossen ist. 723 Abs. 2 ZPO verweist auf 328 ZPO, welcher die Ausschlussgründe für die Anerkennung ausländischer Urteile festlegt Anerkennungsausschlussgründe nach 328 ZPO 328 ZPO Anerkennung ausländischer Urteile (1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: 1. wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte; 3. wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist; 4. wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist; 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Vollstreckung von Vollstreckungsurteilen nach 723 ZPO Die Durchführung der Zwangsvollstreckung erfolgt nach den nationalen, inländischen Vorschriften (8. Buch der ZPO) (2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war. Erleichterte Klauselerteilung bei bestimmten Ansprüchen (erleichtertes) nach AVAG ist möglich bei Zivil- und Handelssachen im Anwendungsbereich der EuGVVO (VO (EG) Nr. 44/2001, welche für EU-Mitgliedstaaten und Dänemark gilt sowie im Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens (LugÜ), welches für die Schweiz, Norwegen und Island gilt. Bei zwischenstaatlichen Verträgen mit Israel, Norwegen und Spanien ebenfalls erleichtertes nach AVAG möglich Erleichtertes nach AVAG Gliederung AVAG Allgemeiner Teil Anwendungsbereich 1 Begriffsbestimmungen 2 Verfahren zur Erteilung der Vollstreckungsklausel Besonderer Teil Spezielle Regelungen für einzelne erfasste Abkommen 4

Erleichtete Klauselerteilung nach AVAG Das richtet sich nach den Vorschriften in 2 ff. AVAG Ziel des Verfahrens ist die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für den ausländischen Titel zwecks einer Vollstreckung in Deutschland (Exequatur) DerTitel des Ursprungsstaats soll für die Zulassung zur Vollstreckung möglichst so behandelt werden, als sei er ein Titel des Vollstreckungsstaats Erleichtertes nach AVAG FormellerVollstreckungstitel ist auch hier die nationale Vollstreckbarerklärung und nicht der ausländischetitel AVAG geht als lex specialis den 722 ff. ZPO vor Ein ausländischertitel der in den Anwendungsbereich des AVAG fällt, kann nicht nach den 722 ff. ZPO für vollstreckbar erklärt werden Enthält AVAG oder Abkommen keine verfahrensrechtliche Regelung, gilt die ZPO Sachlich zuständig für Vollstreckbarerklärung ist nach 3 Abs. 1 AVAG ausschließlich das Landgericht Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen Amtsblatt Nr. L 12 vom 16.01.2001S. 1, berichtigt in Abl. EG Nr. L 307 vom 24.11.2001, S. 28, zuletzt geändert durchverordnung (EG) Nr. 280/2009 vom 06.04.2009,Abl. EG Nr. L 93 vom 07.04.2009, S. 13 Vollstreckung von Titeln mit Klausel aus erleichtertem des AVAG Die Durchführung der Zwangsvollstreckung erfolgt nach den nationalen, inländischen Vorschriften (8. Buch der ZPO) Kein Exequaturverfahren im Geltungsbereich bestimmter VO Das Exequaturverfahren wird nicht durchgeführt im Anwendungsbereich von EuVTVO (VO (EG) Nr. 805/2004 EuMahnVO (VO (EG) Nr. EuBagatellVO (VO (EG) Nr. 861/2007 Hier gelten die Ausführungsbestimmungen der 1079 1109 ZPO Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischenvollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen Amtsblatt Nr. L 143 vom 30.04.2004 S. 15-39 5

Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischenverfahrens für geringfügige Forderungen Wo finden wir die europäischen Rechtsquellen am leichtesten? www.eurlex.eu Amtsblatt Nr. L 199 vom 31.07.2007 S. 1 Vollstreckung von Titeln die ohne Exequatur vollstreckt werden können Die Durchführung der Zwangsvollstreckung erfolgt nach den nationalen, inländischen Vorschriften (8. Buch der ZPO) Übersicht Vollstreckung ausländischer Urteile im Inland Grundfall 722, 723 ZPO i. V. m. 328 ZPO Hauptsächlich bei Titeln aus Drittstaatenund bei nicht von speziellen EU-Verordnungen erfassten Ansprüchen Zeitraubendes und kompliziertes Erkenntnisverfahren (Gestaltungsklage) mit dem Ausspruch der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung in einem Vollstreckungsurteil, welches dann den Vollstreckungstitel darstellt Voraussetzungen: Rechtskraft und Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Urteils nach 328 ZPO mit erleichtertem Exequaturverfahren Anwendungsbereich der EuGVVO oder verschiedener internationaler Übereinkommen (EuGVÜ, LugÜ) eröffnet Ausnahmen: Zivil- und Handelssachen aus EU- Mitgliedstaat oder Titeln aus Staat mit dem Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag geschlossen wurde Erteilung einer Vollstreckungsklausel für ausländischen Titel (Exequatur) Titel des Ursprungsstaats soll wie deutscher Titel behandelt werden Verfahren nach AVAG geht als lex specialis 722 ff. ZPO vor; diese sind nur anwendbar, wenn AVAG oder Abkommen/VO keine Regelung enthalten Formeller Titel ist nat. Vollstreckbarerklärung ohne Exequaturverfahren Anwendungsbereich eröffnet von: -EuVTVO (europäische Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen) i. V. m. 1082-1086 ZPO -EuMahnVO (vom Ursprungsgericht für vollstreckbar erklärter Zahlungsbefehl = unmittelbarer Vollstreckungstitel gem. 794 (1) Nr. 6 ZPO) i. V. m. 1087 1096 ZPO - EuBagatellVO (europäischer Titel für geringfügige Forderungen) i. V. m. 1097-1109 ZPO keineanwendung des AVAG; kein Exequaturverfahren; unmittelbare Vollstreckung Vollstreckung nach nationalem, inländischen Recht (8. Buch der ZPO) Vollstreckung von Kostenentscheidungen DieVollstreckung von Kostenentscheidungen richtet sich vorrangig nach dem Haager Übereinkommen vom 01.03.1954 über den Zivilprozeß (HZ-PÜ) und dem Ausführungsgesetz vom 18.12.1958 Vollstreckung im Bereich des Familienrechts Im Bereich des Familienrechts einschließlich des Unterhaltsrechts sowie der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind die 722 ff. ZPO durch 110 FamFG verdrängt. Die Vollstreckbarerklärung ergeht hier durch Beschluss. Aber auch im Bereich des Familienrechts sind vorrangige EG-Verordnungen zu beachten. EheGVVO i. V. m. mit zahlreichen Spezialübereinkommen 6

Vollstreckung von Urteilen aus der früheren DDR Urteile aus der früheren DDR werden nach den 722 ff. ZPO vollstreckt, obwohl sie gem. Einigungsvertrag als inländische Titel anzusehen sind. Nach Einigungsvertrag ist die Überprüfung der DDR-Urteile auf Vereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vorgesehen. Die Überprüfung erfolgt auf Erinnerung nach 766 ZPO des Vollstreckungsschuldners. Vollstreckung von EuGH/EuG- Entscheidungen Die Entscheidungen des EuGH bzw. des EuG sind wie inländische Urteile vollstreckbar (Art. 280 und 299 AEUV) DieVollstreckungsklausel ist vom Bundesminister der Justiz zu erteilen. Exkurs Europarecht Europäische Rechtsnormen nach Art. 288 AEUV Verordnungen Hat allgemeine Geltung; ist in allen ihrenteilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat Richtlinien sind für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet sind hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form der Mittel Beschlüsse sind in allen ihren Teilen verbindlich; sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur für diese verbindlich Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich Anwendungsvorrang des Europarechts Europäisches Gemeinschaftsrecht hat Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten. Dieser Anwendungsvorrang kommt zum Tragen wenn sich Gemeinschaftsrecht und nationales Recht widersprechen. Achtung: nur Anwendungsvorrang; kein Geltungsvorrang II. Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland 7

1. Vollstreckung deutscher Urteile in EU- Mitgliedstaaten Die Vollstreckung deutscher Urteile in EU-Mitgliedstaaten richtet sich nach den bereits behandelten Verordnungen. 2. Vollstreckung deutscher Urteile in Drittstaaten Die Vollstreckung von deutschen Urteilen in Drittstaaten richtet sich nach deren nationalen Gesetzen bzw. vorrangigen völkerrechtlichen Vereinbarungen. Fragen? Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! 8