Ausbreitungsanalyse von epileptischen Anfällen durch automatische HFO-Detektion

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Transkript:

Ausbreitungsanalyse von epileptischen Anfällen durch automatische HFO-Detektion A. Graef 1, G. Matz 2, C. Flamm 1, S. Pirker 3, M. Deistler 1, C. Baumgartner 3 Wien, 24.11.2012 1 TU Wien, Institut für Wirtschaftsmathematik; Wien 2 TU Wien, Institut für Telekommunikation; Wien 3 Krankenhaus Hietzing mit NZR, Karl Landsteiner Institut für Klinische Epilepsieforschung und Kognitive Neurologie; Wien

Motivation: Ausbreitungsanalyse ist klinisch relevant Setting dieser Studie: Prächirurgische Epilepsie-Diagnostik bei therapierefraktären Patienten Prolongiertes Video-EEG-Monitoring mit Invasivelektroden (subdural) Ausbreitungsanalyse SOZ Initialer Seizure Spread Wo kommt die Aktivität her? Klar umschriebene SOZ Voraussetzung für erfolgreichen resektiven Eingriff Wohin propagiert die Aktivität? schlechterer Outcome bei kontralateraler Propagation z.b. Studien von Schulz et al., 2000 oder Lee et al., 2006 Wie schnell geschieht diese Propagation? schlechterer Outcome bei schneller Propagation Invasiv-Studien zu interhemispärischer Propagation: Lieb et al., 1986: 50s; Weinand et al., 1992: 8s 2

Iktale HFOs sind sehr gute Biomarker der SOZ Was sind HFOs? Hochfrequente, niedrigamplitudige und zeitlich kurz ausgedehnte Korrelate 2 Standard-Frequenzbänder im Omega-Bereich: Ripples: 80 250Hz Fast Ripples: 250 500 Hz Daher hohe Aufnahmerate im EEG notwendig Nachweis überwiegend in invasiven Ableitungen (Ausnahmen: Kinder bzw rezente Studie von Andrade-Valenca et al., 2011) Interiktal HFOs Ausgezeichnete Biomarker für die SOZ hohe Sensitivität und Spezifizität, besser als Spikes belegt durch eine Vielzahl von Studien (z.b. Jacobs et al., 2008, 2009) Iktale HFOs Nachfolgend von Interesse Ausgezeichnete Biomarker für die SOZ insbesondere für mtle mit HS (Usui et al., 2011) Auftreten wenige Sekunden vor konventionellem EEG-Onset, etwa Theta- Tätigkeit, etwa 8s (Khosravani et al., 2009) bis 20s (Imamura et al., 2011) Initiale Ausbreitung lässt sich auch hier nachvollziehen 3

Signalverarbeitung ist ein komplementärer Ansatz zur visuellen Analyse der Rohdaten Visuelle Analyse der Rohdaten Individuelle Erfahrung des Neurophysiologen wichtig Schwierig und langwierig, insbesondere bei HFOs Goldstandard wegen medizinischer Expertise HFOs Technischer Ansatz Klinischer Ansatz Idee: ECoG-Daten als Signale interpretieren und klassische Methoden der Signalverarbeitung anwenden Modellierung der medizinischen Aspekte erfordert interdisziplinären Ansatz Muss mindestens so gut sein wie der klinische Ansatz 4

Computerprogramm erlaubt automatische Detektion von HFOs Datenaufbereitung Datenexport aus klinischen Systemen Import in technische Software für nachfolgende Berechnungen (Matlab) Notwendige Datenaufbereitung (Filterung Netzfrequenz-Artefakte etc) Algorithmische Erkennung Detektion der HFOs mittels Methoden der Signalverarbeitung ( matched sub-space filters ) Frequenzbereich wählbar, hier: Erkennung von Ripples Unterdrückung von Fehlerkennungen: Mindestens 4 aufeinanderfolgende Schwingungen (dh 50ms durchgehende Markierung notwendig) Visualisierung Ausgabe der EEG-Traces am Bildschirm wie gewohnt Färbige Markierung der HFO-Bereiche pro Kanal 5

Patientendaten für vorgestellte Studie (1/2) Patient Aufnahme Männlich, 43 Jahre Langzeit-Video-EEG-Monitoring 2009 Invasives Video-EEG-Monitoring Nov. 2011 3 Subduralstreifen mit insgesamt 25 Elektroden Aufnahmefrequenz 1024 Hz Ableitedauer: 1 Woche 4 Anfälle registriert, davon 2 mit initialen HFOs 6

Patientendaten für vorgestellte Studie (2/2) Exemplarisch: 1. Anfall lt. visueller Analyse: 78Hz 1s 7

Ergebnisse: Ausbreitung der HFOs im Detail A1 A2 A3 A4 A5 A6 A7 A8 A9 A10 A11 A12 B8 B7 B6 B5 B4 B3 B2 C1 C2 C3 C4 C5 16:12:38.000 16:12:38.250 16:12:38.500 16:12:38.750 16:12:39.000 16:12:39.250 16:12:39.500 16:12:39.750 16:12:40.000 16:12:40.250 16:12:40.500 Exemplarisch: 1. Anfall Laut Programm: HFO-Onset auf B8, sehr schnelle (< 50ms) Propagation auf B7, weiter auf A5, A11 8

Ergebnisse: Ausbreitung der HFOs korreliert mit Theta-Aktivität A1 A2 A3 A4 A5 A6 A7 A8 A9 A10 A11 A12 B8 B7 B6 B5 B4 B3 B2 C1 C2 C3 C4 C5 16:12:38 16:12:39 16:12:40 16:12:41 16:12:42 16:12:43 16:12:44 16:12:45 16:12:46 16:12:47 16:12:48 Exemplarisch: 1. Anfall Laut Programm: HFO-Onset auf B8 Korreliert mit Theta-Onset auf B8 ca. 6s später 9

Conclusio: erste vielversprechende Ergebnisse HFOs Programm erlaubt Detektion der HFO-Ausbreitung Anfall 1: B8, gefolgt von B7, A5, A11 (wie gezeigt) Anfall 2: A9 Korrelation mit SOZ SOZ-Bestimmung der HFOs in sehr guter Übereinstimmung mit visueller Analyse des Onsets der Theta-Aktivität bei allen 4 Anfällen: 10

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen? Bei späteren Fragen: Andreas Graef: andreas.graef@tuwien.ac.at Institute of Mathematical Methods in Economics Research Unit: Econometrics and System Theory Argentinierstraße 8/2/105-2 1040 Wien