Hot Topics rund ums Impfen

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Transkript:

Infektionskrankheiten in der Praxis 3.12.2016 Hot Topics rund ums Impfen Christoph Berger Abteilung für Infektiologie und Spitalhygiene Universitäts-Kinderspital Zurich Annelies S Zinkernagel Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene USZ

Familie aus Herrliberg Mutter fragt, ob sie den 6 jährigen Sohn, der jetzt in die Pfadi gehen soll, gegen FSME impfen könne? Das sei ja kein Lebendimpfstoff, nur weil er eben Neurodermitis habe! FSME Impfung: Impfen Sie den Sohn? Nein, wegen der Neurodermitis Ja, aber nur bis im März Nein, nur wenn er mit der Pfadi nach Meilen ginge Ja, aber nicht nur das Bull BAG 2016;45:721 (Nov)

Impfungen für Risikogruppen/personen FSME Indikation: Die Impfung wird allen Erwachsenen und Kindern (im Allgemeinen ab 6 Jahren), empfohlen,die in einem schon bekannten Gebieten mit FSME-Impfempfehlungen wohnen oder sich zeitweise dort aufhalten. Impfschema: 3 Dosen zu den Zeitpunkten 0, 1 und 6 Monate für FSME-Immun CC ; 0, 1 und 10 Monate für Encepur. Auffrischimpfungen alle 10 Jahre empfohlen, die Notwendigkeit von häufigeren Auffrischimpfungen ist nicht belegt.

FSME: interaktive Schweizer Karten https://map.geo.admin.ch FSME Impfempfehlungen FSME Häufungen

Familie aus Herrliberg Mutter fragt, ob sie den 6 jährigen Sohn, der jetzt in die Pfadi gehen soll, gegen FSME impfen könne? Das sei ja kein Lebendimpfstoff, nur weil er eben Neurodermitis habe! FSME Impfung: Impfen Sie den Sohn? Nein wegen der Neurodermitis Ja aber nur bis im März Nein, nur wenn er mit der Pfadi nach Meilen geht Ja aber nicht nur das Bull BAG 2016;45:721 (Nov)

Familie aus Herrliberg Mutter fragt, ob sei den 6 jährigen Sohn, der jetzt in die Pfadi gehen soll, gegen FSME impfen könne? Das sei ja kein Lebendimpfstoff, nur weil er eben Neurodermitis habe! FSME Impfung: Sie impfen den Sohn und die 2 jährige Tochter, die bald in die Waldspielgruppe geht den Grossvater mit dem Schrebergarten in Meilen Die Mutter 1x (hat 3 Dosen bekommen vor 6 Jahren) den Vater (OL!) nochmals 3x, weil vor 8 Jahren die dritte Dosis vergessen wurde

FSME in der der Schweiz 4000 https://map.geo.admin.ch Bull BAG 2016;45:721 (Nov)

FSME in der Schweiz In der Schweiz über 5 Jahre: 55 FSME Fälle bei Kindern (< 16J) 84% bei > 5 jährigen Kindern Inzidenz Alter 6-15 J: 1.1/10 5 /J <6J: 0.4/10 5 /J 67% alleinige virale Meningitis 1 Mädchen mit Folgen > 6 Monate nach der FSME Stahelin PIDJ 2008.27:555 Data 02/16 FSME beim Kind < 6 Jahre ist sehr sehr selten Inzidenz per 100000: Knaben 1; Mädchen 0.4 (cave kleine Zahlen) Bull BAG 2016;41:619

FSME nach Impfstatus in der Schweiz! 3% Schuler M et al Eurosurveill 2014;19:pii 20756 Impfversager (1.8%) Vermeidbar durch frühe Boosterimpfung (1.8%)

Familie aus Herrliberg Mutter fragt, ob sie den 6 jährigen Sohn, der jetzt in die Pfadi gehen soll, gegen FSME impfen könne? Das sei ja kein Lebendimpfstoff, nur weil er eben Neurodermitis habe! FSME Impfung: Sie impfen den Sohn und die 2 jährige Tochter, geht bald in Waldspielgruppe den Grossvater mit dem Schrebergarten in Meilen Die Mutter 1x (hat 3 Dosen bekommen vor 6 Jahren) Neurodermitis: Keine Kontraindikation für Impfungen + zusätzlich Varizellenimpfung den Vater (OL Läufer) nochmals 3x weil, vor 8 Jahren die dritte Dosis vergessen wurde

HPV Impfung Tochter wurde vor 3 Jahren mit 14 in der Schule 1 x gegen HPV geimpft, wie weiter? HPV Impfung: Sie impfen junge Frauen > 15 Jahre: dh 3 x impfen junge Frauen > 15 Jahre, nur wenn < 2 Partner erste Impfung < 15 Jahre: dh 2 x impfen, eine zusätzl. Dosis ist notwendig

.. HPV Impfung Soll der 13 jährige Sohn jetzt auch geimpft werden? nein, nur junge Frauen impfen Knaben nur im Rahmen der Schulimpfprogramme ja Knaben nur auf Anfrage und nur mit Zusatzversicherung Schiller JT and Lowy DR. Nat Rev Microbiol 2012;10:681

Population-level impact and herd effects following HPV vaccination programmes Vacccine coverage > 50% Vacccine coverage < 50% Impfung bei Mädchen (coverage < 50%): Weniger anogenitae Warzen (HPV 16, 18) < 20 years of age, Aber kein Herdenschutz Drolet M et al. Lancet Infect Dis 2015 (March 3)

Angenommene HPV Karzinome in Europa bei Impfung 12 jähriger + versus nur Marty R et al. BMC Cancer 2013;13:10

30% der HPV assozierten Karzinome Perspective: Vaccinate boys too Stanley M. Nature 2012;488, S10

Direkter Impfeffekt bei geimpften jungen Männern (16-26J): Genitalwarzen

Schutz auch vor oropharyngealer Infektion

Durchschnittliche jährliche Anzahl / Inzidenz* neu diagnostizierter Krebserkrankungen Schweiz 2007 2011 *pro 100 000 Personenjahre, altersstandardisiert Bull BAG 2015; 10:141

HPV-Impfung: Empfehlung Alle Mädchen und Knaben 11 14 Jahre 2 Dosen: 0, 6 Monate (Minimalintervall 4 Monate) Mädchen/Frauen + Knaben/Männer 15 bis 25 J Eingeschränkte Immunität 3 Dosen, Schema 0, 1 2, 6 Monate Impfstoffe 4-valent (Gardasil ): Mädchen/Frauen, Knaben/Männer 2-valent (Cervarix ) nur für Mädchen/Frauen Kostenübernahme der Impfung im Rahmen kantonaler Programme (seit Juli 2016 auch für )

www.gd.zh.ch/hpv

1998 geborene Kinder ap vs wp 58 233 Kinder Outbreak 2009-2001 373 av annual rate 113 av annual rate Vaccine effectiveness

Pertussis: Todesfälle im 1. Lebensjahr England 2001-2011 Ziel der Pertussisimpfung Schutz der Säuglinge < 6 Monate van Hoek AJ et al. Euro Surveill. 2013;18(9):pii=20414.

Hospitalisationen wegen Pertussis 89% Säuglinge 50% BAG Bull 38/2011

Impfplan 2016: Impfungen in der Schwangerschaft Pertussis - Letale Verläufe Alter < 6 (-12) Monate, auch 2015 - Hospitalisation: Säuglinge: 80% < 6 Monate - Ansteckungsquelle: Eltern in ½ bis 2/3 der Säuglinge Pertussis Impfung (Pa) in Kombination mit D/dT Ziel: Schutz der kleinen Säuglinge - Säuglinge ab 6-8 Wochen, Impfschutz nach 2 Dosen Impfung mit 2,4,6 bzw. in Krippe* mit 2,3,4 Monaten - Schwangere, 2017: wenn nicht in jeder vor Schwangerschaft < 5 Jahren geimpft - Kontaktpersonen von Säuglingen jünger als 6 Monate -

Pertussis-Impfung: Prioritäten Ziel der Impfstrategie: Schutz der Säuglinge < 6 Monate - Letale Verläufe im Alter < 3-6 Monate, auch 2015 - Hospitalisation: Säuglinge: 80% < 6 Monate - Ansteckungsquelle: Eltern und enge Kontakte 1. dtap Impfung jeder schwangeren Frau im 2. Trimenon - Schutz durch mütterliche Antikörper - Keine Ansteckung durch kürzliche Impfung der Mutter 2. Rechtzeitige Pertussis-Impfung der Säuglinge (DTPaIPVHib(HB)) im Alter von 2,4,6 bzw. 2,3,4 Monaten 3. Schutz der Säuglinge durch Impfung der engen Kontakte (dtpa) - Eltern, Betreuungspersonen, Gesundheitspersonal für Säuglinge Booster alle 10 Jahre 4. Gute Durchimpfung der Bevölkerung (Kinder und Erwachsene)

Impfungen vor und in der Schwangerschaft Frau schwangere Frau Fetus Neugeborenes Familie (Cocooning) VOR IN Geburt Röteln (Masern, Mumps), Varizellen: Lebendimpfstoff 2x Tetanus (Diphtherie) Pertussis dtpa: Totimpfstoff 1x Influenza Totimpfstoff saisonal 1x Hepatitis B als PEP Totimpfstoff (+ passiv) MMR, Varizellen Pertussis, Influenza

Impfschutz von Risikopersonen begrenzt möglich: zusätzlich Cocoon Strategy Eltern Influenza Varizellen MMR Pertussis Geschwister Influenza, Varizellen, MMR, dtpa, Hib, PCV13 Gesundheitspersonal: Varizellen, Influenza MMR, Pertussis

Fragen? Weitere Informationen BAG: www.bag.admin.ch www.ekif.ch Pädiater/Infektiologen/Allgemeinpraktiker: www.infovac.ch Danke für Ihre Aufmerksamkeit