Einblicke in die Zahntechnik

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Transkript:

TOP AGRAR FACHWISSEN TECHNIK Einblicke in die Zahntechnik Foto: electriceye - Fotolia.com Moderne Schleppergetriebe sind mehr als einfache Untersetzungen. Landmaschinenmechaniker-Meister Reinhard Timpe hat uns Einblicke in die Welt der modernen Zahn(rad)technik gegeben. Natürlich kann der Motor nicht direkt am Schlepperrad drehen. Ein Getriebe reduziert (untersetzt) die Motorumdrehungen auf die passende Fahrgeschwindigkeit. Und je mehr Untersetzungen es bietet, desto besser kann man den Motor in seinen optimalen Drehzahlbereich halten. Damit der Vorteil durch die feine Untersetzung nicht direkt in der Zahnradbox verloren geht, sollen die bewegten Massen im Getriebe so gering wie möglich sein. Deshalb bauen die Konstrukteure die Getriebe möglichst filigran. Weil sich (Zug-)Leistung immer aus Drehzahl und Drehmoment zusammensetzt, arbeiten heutige Schaltgetriebe mit hoher Drehzahl und niedrigem Drehmoment. Erst kurz vor der Achse reduziert z. B. ein Vorgelege die Drehzahl, und das Drehmoment steigt. Um das Schaltgetriebe zusätzlich vor Überlastungen zu schützen, regeln viele Hersteller die Motorleistung bei niedriger Fahrgeschwindigkeit herunter, sie limitieren also das Drehmoment. Fährt der Schlepper schneller, steigt die Getriebedrehzahl und man kann eine Schüppe drauflegen. Was die Marketing- Strategen griffig Boost getauft haben ist also in Wirklichkeit eine Leistungsfreigabe und kein Leistungsaufschlag. Variabler Getriebeaufbau: Die meisten Getriebe setzen sich aus ähnlichen Komponenten zusammen: Gruppen, Gänge, Lastschaltstufen, Wendegetriebe und Endantrieb an der Achse. Die Reihenfolge dieser Teile ist teils variabel, hier gibt es unterschiedliche Lösungen der Hersteller. Ebenso variabel ist die Unterscheidung in Gruppen, Gänge und Lastschaltstufen teils hat hier das Marketing ganz eigene Bezeichnungen erfunden. Bei dem einen hat das Getriebe Gruppen und lastschaltbare Gänge. Bei absolut gleichem Getriebeaufbau nennt der Hersteller die synchronisierten Gruppen lieber Gänge und die weiteren Untersetzungen Lastschaltstufen. Die Zahl der Untersetzungen (oft Gangzahl genannt) ergibt sich aus der Zahl der Gruppen mal Zahl der Gänge mal Lastschaltstufen (LS-Stufen). Hat das Getriebe zwei Gruppen, vier Gänge und drei LS-Stufen ergeben sich 24 Untersetzungen (bzw. Gänge ). Eine Wendeschaltung macht daraus dann ein 24/24 Getriebe. Die Untersetzungen von Gängen und Lastschaltstufen bauen nicht direkt aufeinander auf, sie überlappen. So könnte z. B. die Untersetzung in Gang 1, Lastschaltstufe 4 und in Gang 2, LS-Stufe 2 gleich sein. So kann man die Arbeitsgeschwindigkeit besser anpassen, ohne gleich die Gruppe bzw. den Gang wechseln zu müssen. Lamellenkupplungen (im Bild: Verchromtes Modell) arbeiten in fast jedem modernen Schleppergetriebe. Sie können auf kompaktem Raum hohe Momente übertragen. Schnell mit weniger Drehzahl! Viele Getriebe sind auf die Charakteristiken der Motoren abgestimmt. Diese Schlepper erreichen ihre Höchstgeschwindigkeit dann im verbrauchsgünstigen mittleren Drehzahlbereich (1 600 bis 1 800 U/ min) und die Software der Einspritzanlage deckelt die Motordrehzahl. Manche Praktiker entscheiden sich bewusst für 114 top agrar 11/2012

Antriebsstrang eines modernen Großschleppers in Halbrahmen-Bauweise. Alle Getriebefunktionen lassen sich bequem per Fahrhebel steuern. Foto: Werkbild ein Getriebe in 50 km/h-ausführung und lassen es elektronisch auf 40 km/h begrenzen und als bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit bbh eintragen. Meist kuppeln Lamellen: Ein ganz zentrales Bauteil von Antrieben sind Lamellenkupplungen. Im Gegensatz zu klassischen Einscheiben-Trockenkupplungen lassen sich durch mehrere hintereinander liegende Scheiben (Lamellen) höhere Drehmomente auf kompakterem Raum übertragen. Die meisten Lamellenkupplungen laufen im Ölbad und sind damit relativ verschleißarm. Fast alle werden von innenliegenden Hydraulikzylindern betätigt. Bei geöffneter Kupplung brauchen die Lamellen Abstand (Spiel), damit das Öl zum Kühlen und Schmieren hindurchfließen kann. Der Abstand der Lamellen und die Ansteuerung des Hydraulikzylinders entscheiden darüber, ob die Kupplung ruckt oder sanft schaltet. Auch die Temperatur und Viskosität des Getriebeöls haben großen Einfluss auf die Feinfühligkeit. Deshalb ist gerade die Steuerung der Hydraulik äußerst anspruchsvoll: Erst fließt schnell Öl in den Zylinder bis die Lamellen anliegen, dann folgt ein pulsierender Ölstrom, um die Kupplung ohne Rucken kraftschlüssig zu machen. Noch feinfühliger geht es mit Proportionalventilen, die allerdings teuer sind (oft nur bei der Wendeschaltung im Einsatz). Wenn der Schlepper trotzdem ruckt, kann der Service per Laptop die Füllzeiten der Kupplungen einstellen. Und die Zapfwelle? Für das Zapfwellengetriebe führt meist direkt eine Welle vom Motor nach hinten, je einfacher und direkter der Antrieb, desto effizienter. Die Zapfwellenuntersetzungen sind meist unsychronisiert und werden per Muffe bzw. Klaue über einen Bowdenzug oder Hydraulikzylinder geschaltet. Eine hydraulische Lamellenkupplung macht die Zapfwelle kraftschlüssig. Moderne Zapfwellengetriebe erreichen die Normdrehzahl im günstigen Drehzahlbereich des Motors und nicht mehr bei durstiger Nenndrehzahl des Triebwerks. Wie geht s weiter? Die Getriebe-Ausgangsdrehzahl wird vor dem Rad herabgesetzt. Das übernehmen meist Planetensätze, die man besonders an Allrad- achsen an ihrem runden Gehäuse in der Felge erkennt. Planeten haben ein eingeschränktes Untersetzungsverhältnis von 1:2 bis 1:4. Deshalb sind Großschlepper sogar mit Doppelplaneten unterwegs. Wo kommt der Allradantrieb her? Für den Frontantrieb zweigen die Konstrukteure direkt am Tellerrad bzw. Kegelrad der Hinterachse Leistung ab. Eine Welle führt nach vorne, geschaltet wird per Lamellenkupplung. Das Übersetzungsverhältnis muss zur Radgröße passen. Die Einsteigerlösung: Die einfachsten Getriebebauformen (Schieberad-, Muffen- oder Ziehkeil-Getriebe) findet man top agrar 11/2012 115

in den modernen Schleppern seltener. Interessant ist aber das Ziehkeil-Getriebe: Hier wird ein Keil nach und nach innen durch Zahnräder gezogen. Diese Getriebe gibt es z.b. bei Rasenmähertreckern. Schieberad- oder Muffengetriebe übernehmen bei einigen Schleppern die Zapfwellen- oder Gruppenschaltungen. Heute meist synchron! Beim Synchrongetriebe bringt man Zahnräder vor dem Schalten auf gleiche Drehzahl (Gleichlauf). Die Synchronisierung übernehmen Reib- oder Konuselemente. Moderne Getriebe arbeiten meist mit Doppelkonus-Elementen, um höhere Momente übertragen zu können. Synchrongetriebe haben nicht zwangsläufig einen Schalthebel, teils werden die Gänge robotisiert von Automaten (Schaltzylindern) gewechselt. So läuft der Gang- bzw. Gruppenwechsel z. B. beim Claas Hexashift oder beim baugleichen Dyna6 von MF. Aber Achtung: Anders als bei den Lastschaltstufen wird der Kraftfluss dabei unterbrochen. Deshalb schaltet die Automatik dieser robotisierten Getriebe die Gänge nicht unter Last, sondern kuppelt kurz aus. Nur wenn der Schlepper auf der Straße genug Schwung hat, wechseln neben den Lastschaltstufen auch die Gänge automatisch. Steht bei Bergabfahrt ein Gangwechsel an, muss der Fahrer mit der Bremse unterstützen. Andernfalls nimmt der Konus des Synchronsatzes die komplette Energie auf, wenn die Zahnräder für einen Moment nicht im Eingriff sind und der Schlepper weiter schiebt. Dieser Fahrfehler kann ggf. zu Schäden an den robotisierten Getrieben führen. Schalten unter Last: Auch wenn bei einigen modernen Ausführungen die Gänge/Gruppen per Knopfdruck wechseln, der Kraftfluss wird immer unterbrochen. Unter schwerer Last gibt s dann entweder einen ordentlichen Ruck oder der Schlepper bleibt sogar stehen. Deshalb wurde die Lastschaltung (LS) entwickelt. Die Basis sind Planetensätze, die entweder über Lamellenkupplungen und/oder per Lamellenbremsen geschaltet werden. In älteren Bauweisen gibt es teils auch (verschleißanfälligere) Bremsbänder für die Planenten, z. B. beim Case Hydroshift. Wichtig ist der Unterschied von Vollund Teillastschalt-Getrieben. Teillastschalt-Getriebe haben synchronisierte Gänge, die durch eine oder mehrere Lastschaltstufen weiter aufgegliedert werden. Im einfachsten Fall sind die Gänge des Synchrongetriebes mit einer Untersetzung kombiniert, die das ursprüngliche Verhältnis meist von 1:1 auf etwa 1:1,2 reduziert. Das macht einen Geschwindigkeitsunterschied von 15 bis 20 % aus. Geht s beim Pflügen schwer, kann man damit einen Viertelgang herunter schalten. Diese Lastschaltstufen hatten unter anderem die bekannten John Deere Schlepper der 40er und 50er Serie, z.b. der 3650. Der bis heute übliche 15 bis 20 %-Sprung basiert auf dem begrenzten Bereich eines Planetensatzes. Moderne Schlepper mit Synchron-Getriebe bieten bis zu 6 oder sogar 8 Lastschaltstufen in einem Gang. Dazu werden gerne 4 Lastschaltstufen mit einer weiteren Untersetzung gekoppelt (4 x 2 = 8). Je nach Stufen müssen also eine oder zwei Kupplungen schalten. Als aufmerksamer Fahrer kann man das durchaus spüren. Etwas exotisch ist hier der Kubota 130 MX unterwegs: Er hat ein SemiPowershift mit zwei Gruppen und je acht LS-Stufen. Ein modernes Volllastschalt-Getriebe kommt ohne Synchrongetriebe oder Gruppen aus. Hier laufen mehrere Wellen parallel durchs Gehäuse, alle Zahnräder sind immer im Eingriff, die Gänge schalten über Kupplungen. Obwohl nicht kraftschlüssig, drehen alle Zahnräder durch das Schleppmoment des Öls zwischen den Lamellen der Kupplungen mit. Das geht auf Kosten des Wirkungsgrads und ist ein wichtiger Nachteil im Vergleich zu Synchrongetrieben mit begrenzter Zahl von LS-Stufen. Je mehr LS-Stufen, desto höher sind die Verluste durch Schleppmomente. Auch der Gangwechsel ist aufwändig. Die Antriebsleistung nimmt teils einen komplett anderen Weg durchs Getriebe und bis zu drei Kupplungen müssen gleichzeitig betätigt werden. Volllastschaltgetriebe sind recht sperrig und deshalb meist Großschleppern vorbehalten. Weil es hier um richtig ausgewachsene Leistung geht, gibt es auch keine lastschaltbare Wendeschaltung für alle Gänge die abzubremsenden Massen wären einfach zu hoch. Diese Getriebe haben vier bis sechs klassische Rückwärtsgänge. Schneller mit zwei Kupplungen: John Deere hat kürzlich das Doppelkupplungsgetriebe DirectDrive vorgestellt. Hier liegen zwei Wellen parallel, die eine Getriebe arbeiten mit hoher Drehzahl um das Moment gering zu halten. Vor dem Rad reduzieren Planeten die Drehzahl. Foto: Timpe Schaltmuffe eines Synchrongetriebes: Vor dem Gangwechsel müssen die Zähnräder auf Gleichlauf gebracht werden. Schalthebel eines Viergang-Synchron- Getriebes. Die Knöpfe auf dem Hebel schalten die Lastschaltung. Foto: Heil 116 top agrar 11/2012

mit geraden Gängen, die andere mit ungeraden. Fährt man z. B. im ungeraden Gang, ist auf der anderen Welle bereits der nächste gerade Gang geschaltet (das übernehmen in Sekundenbruchteilen elektromagnetische Schaltelemente). Beim Gangwechsel öffnet die Kupplung des ungeraden während die andere Kupplung den geraden Gang kraftschlüssig macht. Dieser Vorgang läuft zeitgleich elektronisch gesteuert und nahezu ohne Zugkraftunterbrechung. Vorteil: Das Getriebe hat nur zwei Lamellenkupplungen, es treten weniger Schleppmomente als bei klassischen Lastschaltgetrieben auf, die Verluste sollen geringer sein. Natürlich ist die Zahl der Gänge auf den beiden parallelen Wellen begrenzt, bei John Deere auf acht. Deshalb schließt sich hinter dem Doppelkupplungsgetriebe noch ein Gruppengetriebe mit drei Stufen an, um die Gangzahl auf 24 zu erhöhen. Der Gruppenwechsel läuft per Knopfdruck, allerdings mit Unterbrechung der Zugkraft und deshalb nicht unter Last. Doch bei höherer Fahrgeschwindigkeit, also wenn der Schlepper genug Schwung hat, läuft der Gruppenwechsel fast ohne Rucken. Blick in das neue Doppelkupplungsgetriebe Direct- Drive von John Deere. Das Gestänge für die Schaltmuffen wird von Elektromagneten bewegt. Das sorgt für besonders kurze Schaltzeiten. top agrar 11/2012 117

Wendeschalthebel bei einem Deutz-Fahr. Über den Schieber lässt sich die Aggressivität der Schaltung (Füllzeiten der Lamellenkupplung) einstellen. Variabel mit Stufen. Stufenlose Antriebe nennt man CVT-Getriebe (Continiously Variable Transmission). Beim Schlepper haben sich lastverzweigende CVT durchgesetzt, bei denen sich der Kraftfluss aus einem hydraulischen und einen mechanischen Teil zusammen setzt. Der hydraulische Anteil sorgt für das stufenlose Regeln, der mechanische für einen höheren Wirkungsgrad. Ein Summierungs-Planetensatz führt beides zusammen. Dabei soll der hydraulische Anteil im Hauptarbeitsbereich so gering wie möglich bleiben. Die Hersteller integrieren deshalb zwei oder mehr Fahrstufen in den Antrieb. Das ML-Getriebe (Marschall Lastverzweigend) beim Fendt hat ab der Baureihe 400 Vario zwei Fahrbereiche, die von 0 bis 32 für den Ackereinsatz bzw. von 0 bis 50 (60) km/h für Straßenfahrten reichen. Die beiden Stufen sind nicht lastschaltbar. Generell kommt das Fendt-Getriebe durch die direkte Kombination von Hydraulikpumpe und motor mit der geringsten Anzahl mechanischer Teile aus. ZF verwendet im Eccom-Getriebe (z. B. AutoPowr im John Deere 6R) mehrere Planetensätze, die elektronisch per Lamellenkupplung schalten. In den vier Stufen variieren der hydraulische und mechanische Anteil. Beim ZF-Getriebe C-matic oder S-matic (z. B. Claas Axion 800, Deutz-Fahr 630TTV) schalten die Planetensätze über Klauenkupplung. Dazu muss die Drehzahl genau abgestimmt sein und beim Richtungswechsel geht es nicht ohne kurzzeitigen Stillstand. Auf vier Stufen mit Doppelkupplung setzt Case IH beim Puma bzw. New Holland beim T7 Auto Command. Das IVT- Getriebe der großen John Deere Schlepper der 7R und 8R stammt aus dem amerikanischen Waterloo. Es hat zwei Fahrstufen, die automatisch schalten. Nächste Fahrt rückwärts! Die meisten Schlepper sind heute mit Wendegetrieben ausgestattet entweder synchronisiert (eine direkte Zahnraduntersetzung) oder lastschaltbar per Lamel lenkupplung. Auch wenn der Richtungswechsel ohne anzuhalten möglich ist: Die Fahrenergie (Beschleunigung) muss neutralisiert werden bevor es in Gegenrichtung weiter geht. Bei den Synchrongetrieben nimmt nur der Konus die volle Energie auf. Lamellenkupplungen bieten viel mehr Reibfläche und halten deshalb länger. Trotzdem verschleißen auch sie wenn man ständig aus voller Fahrt die Richtung wechselt (das hält nur ein Wandler aus, der keine feste Verbindung hat). Übrigens: Bei einigen Getrieben wie z. B. dem ZF-Getriebe mit dreistufiger LS (u.a. im Deutz-Fahr Agrotron Vierzylinder) stehen die Lastschaltstufen nur vorwärts zur Verfügung. Zwar gibt es einen Wendeschalthebel wie beim echten Wendegetriebe. Doch der Hebel schaltet in einen Rückwärtsgang und wechselt nicht die Drehrichtung des kompletten Getriebes. Schnell gelesen Elektronik macht Getriebe schlau! Wenn sich die Gänge schon elektro-hydraulisch wechseln lassen, liegt eine elektronische Steuerung bzw. eine automatische Schaltung nahe. Bei den aktuellen Traktoren gibt s dazu unterschiedliche Ansätze, die aufeinander aufbauen: Speedmatching: Die Elektronik wählt beim Wechsel der Gänge automatisch die passende Lastschaltstufe zur aktuellen Geschwindigkeit. Automatische Schaltung: Die Elektronik schaltet Lastschaltstufen und teils auch die (Synchron-)Gänge automatisch. Die Schaltpunkte sind abhängig von der Geschwindigkeit, dem Motordrehmoment bzw. der aktuellen Drehzahl und meist auch von der Gaspedal-Stellung. Je nach Ausstattung sind die Schaltpunkte fest vorgegeben oder der Fahrer kann selber seine Fahrstrategie wählen: Soll der Motor auf möglichst konstanter Drehzahl gehalten werden, wechselt das Getriebe schneller die Untersetzung (meist Power genannt, vor allem für Zapfwellenarbeiten). Möchte der Fahrer den Motor in den effizienteren Drehzahlbereich drücken, schaltet die Elektronik früher hoch und später runter (heißt bei den meisten Eco, bei Zug- oder Transportarbeiten). Motor-Getriebe-Management: Bei einer automatischen Schaltung steuert der Fahrer die Motordrehzahl selber (Fuß- oder Handgas bzw. programmierbarer Drehzahlspeicher). Ein Motor-Getriebe-Management (z.b. TMS beim Fendt, APM beim Case IH oder GSM beim New Holland) übernimmt komplett das Regiment und steuert Getriebeuntersetzung plus Motordrehzahl. Der Fahrer gibt die gewünschte Fahrgeschwindigkeit per Handhebel, Fahrpedal oder Tempomat vor. Je nach gewählter Fahrstrategie reduziert die Elektronik die Motordrehzahl wenn möglich. Das kann sogar so weit gehen, dass der Schlepper noch beschleunigt während die Motordrehzahl reduziert wird. G. Höner Je feiner das Getriebe abgestuft ist, desto besser lässt sich der Motor im optimalen Drehzahlbereich halten. Die meisten Schlepper sind mit Synchrongetrieben unterwegs. Einige davon lassen sich zwar per Knopfdruck schalten, doch die Zugkraft wird dabei immer unterbrochen. Lastschaltungen arbeiten ohne Zugkraftunterbrechung. Mit der Zahl der Lastschaltstufen steigen aber die Verluste im Getriebe. Auch stufenlose Antriebe haben mechanische Fahrbereiche. Automatische Schaltprogramme steigern den Komfort der Getriebe. 118 top agrar 11/2012