Was braucht Mann? Machen spezielle Beschäftigungsangebote für Männer sinn? Wenn ja, welche? Vortrag im Rahmen der 8. Berger Runde in Essen Durch: Johannes van Dijk, Fachreferent für Gerontopsychiatrie und DCM Frank Wagner Holding - Hamburg
Argumente für spezielle Angebote für Männer: 1: Die Orientierung am Hausgemeinschaftsprinzip hätte eine hauswirtschaftliche Ausrichtung der Beschäftigung bewirkt. 2: Tische decken und abräumen, Abwasch, Kuchen backen, Kochen, Obstsalat machen und Ähnliches seien für Männer uninteressant und unpassend, weil sie traditionell biografisch mit der Erlebenswelt von Frauen verbunden werden. 3: Es gibt nur selten traditionell männliche Angebote.
1 - Ist Beschäftigung hauswirtsch. ausgerichtet? Pflege überwiegend von Frauen durchgeführt..(schwieger-) Töchter, die die Versorgung der pflegebedürftigen Männer übernehmen. Ideen zur Aktivierung demenzkranker Menschen...häufig an Lebenswelt von Frauen orientiert wie Handtücher falten, in der Knopfkiste kramen, Kartoffeln schälen oder Trockentücher bügeln. (Aus: Männer haben besondere Bedürfnisse - Curendo-Magazin-Demenz) Es gibt keine verlässliche Zahlen über ob-, wie oft-, welcheund wie viele Frauen (und Männer) hauswirtschaftlich aktiv sind und sein wollen (!). Aus DCM-Beobachtungen besteht die Vermutung: Es betrifft nur gelegentlich, wenige Frauen mit leichter bis mittelschwerer Demenz. (C.Müller-Hergl, 2010)
Stimmt diese Vermutung? Aus eigene DCM-Daten in 4 station. Altenpflegeeinrichtungen (2009-2015) - je 1 Wohnbereich an insges. 54 Tage (je 5-6 Stunden) gab es hauswirtschaftliche Aktivität: Als Gruppenaufgabe MA + Bewohner: 6% (0-17%) = ca. 3 Tage Als indiv. Aktivität (MA +) Bewohner: 12% (7-16%) = ca. 6 Tage Hauswirtsch. Aktiv. nur durch MA: 82% (76-90%) = ca. 45 Tage Selbständiges Ordnen der eigene Lebensumgebung durch Bewohner: festgestellt an 20% (5-33%) = ca. 11 Tage Männer und Frauen verhältnismäßig gleich (un)beteiligt.
2 - Sind hauswirtschaftliche Aktivitäten unpassend / uninteressant für Männer? Auch hier keine verlässliche Zahlen, nur vereinzelte Eindrücke / Erfahrungen / Vermutungen, die aufzeigen das sich Männer und Frauen genauso (wenig) gerne beteiligen. Wenn sie gerne mitmachen, freuen sie sich eine Aufgabe / etwas zu tun zu haben / gebraucht zu werden und über ein Dankeschön / Lob Manche Frauen mögen nicht mehr abräumen /abwaschen, weil sie das ihr ganzes Leben immer mussten Mein Vater hat sehr gerne abgewaschen Zuhause sprechen wir (M+F) uns ab / verteilen die Aufgaben Hauswirtschaftl. Aktivität ist nicht grundsätzlich unpassend / uninteressant für Männer
Verschiedene Rollen...!? Der Mann Die Frau
Verschiedene Rollen...!? Der Mann Die Frau
Unterschiede Mann und Frau?? Biologisch, Aussehen, physische Ressourcen Frauen können Kinder bekommen und kümmern sich i.a. mehr um Kinder und Familie Männer sind i.a. mehr außerhalb im Beruf aktiv Ab 65 Jahre: gemeinsamen Haushalt.erst danach ins APH Mann: hätte mehr Handlungswirksamkeit weniger reden eher machen mehr Einzelgänger Frau: hätte mehr Beziehungswirksamkeit mehr reden erst dann machen mehr Gesellschaftsmensch Genauso große Unterschiede in Verhalten, Interessen, Leistungsfähigkeit zw. Männer untereinander als zw. Mann und Frau. Demenz kann diese Unterschiede verringern.
3 - Selten tradit. männl. Aktivitäten - Angebote? Aus Internet: Männer haben besondere Bedürfnisse (Curendo-Magazin-Demenz): Nehmen Sie Bezug auf den Beruf, den der Demenzkranke ausgeübt hat. Viele Männer haben Briefmarken gesammelt. Männer haben sich häufig für Autos, LKW s, Bau- oder Landmaschinen interessiert. Stellen Sie Ihrem Angehörigen eine Werkzeugkiste mit Werkzeugen, Nägeln, Schrauben, Leim und Holz zur Verfügung. Besorgen Sie Bauteile von Elektrogeräten, Ist Mann körperlich dazu in der Lage: Rasen mähen, Laub fegen, Schnee räumen, Auto polieren oder Glühbirnen auswechseln - zuschauen / Anweisungen geben
3 - Selten tradit. männl. Aktivitäten - Angebote? Auch hier immer noch keine verlässliche Zahlen! Trotz Feststellung von C.Müller-Hergl in 2010: Gender-Perspektive in Veröffentlichungen zu Tätigsein / Aktivität von Menschen mit Demenz fehlt fast vollständig, bzw. es wurden keine besonderen Erkenntnisse erzielt. Eigene Erhebung: (51 verschiedene Angebote) Es gab 2 Angebote speziell für eine Männergruppe: Ballspiel mit nur mit Männern und Tauziehen Es gab nur 3 Angebote speziell für / mit nur Frauen: Wäsche zusammenlegen, Handtasche ordnen, Kuchen backen. Es gab 46 Angebote für alle (M+F-gemeinsam)!
Fazit: 1- Männer und Frauen verhältnismäßig gleich (un)beteiligt bei hauswirtschaftlichen Aktivitäten 2- Männer und Frauen beteiligen sich genauso (wenig) gerne. Hauswirtschaftl. Aktivität ist nicht grundsätzlich unpassend / uninteressant für Männer 3- Es gab genauso wenig Angebote speziell für Frauen, als für Männer. Die meisten Angebote waren für alle geeignet, Gender-unspezifisch Die Frage: Machen spezielle Beschäftigungsangebote für Männer sinn? (JA!) Wenn ja, welche? ist m.e. genauso für Frauen zu beantworten, jedoch heute nicht mein Thema.
Angebote für Männer C.Müller-Hergl (2010) Themenbereiche für die (Gruppen-) Arbeit mit demenzkranken Männern: Aktivitäten rund um Sport, Autos, Eisenbahn, Flugzeuge, Werkzeuge, technische Geräte, Radios, Holzbearbeitung, Berufe, Militär, Objekte sammeln, finanzielle und wirtschaftliche Themen Mit Magazinen, Büchern, Prospekten, Radio- / Filmaufnahmen, Fotos, Geschichten, Gedichten, Sprüchen, Liedern und Gebrauchsgegenständen zu Gesprächen anregen / Aktivitäten gestalten, wenn erwünscht in Männergruppen - innerhalb d. Einrichtung oder als Männerausflug außerhalb
Modellprojekt: DemOS - AG - Aktivitäten für Männer Demenz-Organisation-Selbstpflege : gefördert vom BMfA+S, Projektdurchführung: Demenz Support Stuttgart Reflexion: Welche Angebote kommen bei Männer gut an? Info sammeln: zu Beruf, Freizeitakt., Vorlieben, Gewohnheiten Wissensbestand anlegen zu Zeit- + Alltagsgeschichte Ideen zu biograf. Aktiv., Gesprächsthemen, berufl. Werkzeuge und Materialien, persönliche Neigungen und Hobbies Themen für Einzel- und Gruppenangebote systematisiert
Angebote für Männer (DemOS) Hauswirtschaftlich: Schuhe putzen, Hof kehren, Getränkewagen schieben, Tische + Stühle (mit)tragen, Türe ölen Handwerklich: Vogelhäuschen, Windspiel, Holzspielzeug machen Kraft zeigen können: Krafttraining, Hände-drücken, Wagen schieben, tragen von Getränkekisten Bewegung: Kegeln, Ballspiele, Tanzen, Spaziergänge im Haus / Garten / Markt, Ausflüge berufsbezogene Ziele, Sportveranstaltungen Gartennutzung: Gemeinschaft im Garten, gemeinsame Aufgaben wie Blumen gießen, Polster einsammeln, Tierpflege Gespräche und Erinnerungspflege: siehe Themen C.Müller-Hergl Zeitung / Broschüren: Tageszeitung, Sportzeitung, Playboy Gegenstände: Tragen / Schieben / Sortieren / Anfassen / Anschauen
Fazit: Die Auswahl von Aktivitäten Angeboten soll auf Grundlage der individuellen Wünschen und Bedürfnissen der einzelnen Personen (Mann und Frau) mit Rücksicht auf der individuellen Biografie gemacht werden. Bei der Planung / Vorbereitung der Aktivitäten für Bewohnergruppen und individuelle Bewohner sollten männliche Themenbereiche bewusst (!) einbezogen werden Bei Bedarf können auch- / weiterhin hauswirtschaftliche Aktivitäten für Frauen und Männer angeboten werden! Bei der Durchführung von Gruppenaktivitäten und individuellen Angeboten sollen Männer und Frauen gleichermaßen beachtet und einbezogen werden..
Worauf kommt es bei AA an? Was bewirkt LQ - Wohlbefinden? Was ist Person-stärkend? Geht es Männer besser mit speziell männlichen Angeboten? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Personen : Mitarbeiter, Mitbewohner, Angehörige. Zusammenstellung der Bewohnergruppe (Integrativ / Domus) Räumlichkeiten (nur 1 Wohnzimmer? Mehrere Räume?) Arbeitsorganisation (Zahl der MA, deren Qualifikation, Zusammenarbeit, Arbeitszeiten ) Tagesstruktur und Flexibilität sich an W + B anzupassen; Planung der AA und Flexibilität davon abzuweichen Raum schaffen / lassen für Bewohner selbst aktiv zu werden
Bezugspersonen haben viel Wirkung! Allgemein: Die Auswirkung des AA auf Wohlbefinden hängt maßgeblich ab von der Art und Weise wie MA es macht : Macht MA das AA (un)gerne? (Un)Lust überträgt sich! MA kann negative Auswirkungen von Rahmenbedingungen kompensieren; umgekehrt ist es schwierig Grundhaltung spielt große Rolle: sich einlassen können, Akzeptanz und Verständnis von- und für MmD Vertrauensbasis, Bezug, sich gegenseitig kennengelernt haben, hilft MmD Ressourcen zu nutzen (bei Stress nicht) Präsenz, so da sein, dass MmD es bemerken, spüren, fühlen Geschlecht des MA.spielt auch eine Rolle..
Beispiele Mann-Mann Hr.A. hat sich nicht rasiert, MA Hr.Z. auch nicht. Hr.A. reagiert kaum auf Ansprache weibl. MA. Bei MA Hr.Z. sofort da! Hr.B. ist genervt/ sagt nichts als weibl. MA ihn ansprechen, bei MA Hr.Y. reagiert er sofort offen und redet.. Frecher Ton (Humor / einem Lächeln), sich Anstoßen, auf Schulter klopfen durch MA Hr.X. bewirkt (weckt?) bei Hr.C. Lebendigkeit/Wachheit/Aktivität, die es mit weibl. MA nicht gab MA Hr.W. macht mit 6 Männern-mD in Gruppe alle 14 Tage 1,5 Stunden Holzspielzeug. Einzelgänger fangen nach einigen Monaten zunehmend wieder an sich gegenseitig zu helfen
Beispiele Mann-Frau Hr.D. spielt Klavier, wird von Mitbewohnerinnen als Hahn im Korb angehimmelt und liebevoll verwöhnt. Er genießt es. MA Hr.V. macht Bewohnerin humorvoll einen Heiratsantrag. Sie und alle Mitbewohner(innen) im Raum haben Spaß. Bis dann eher Langeweile Fr.Helene meint BezugsMA Hr.U. sei August, ihren möglich früheren (geheimen) Liebhaber. Sie lehnte jeden Kontakt zu anderen MA ab. Bei August reagierte sie offen und heiter.
Beispiele Frau-Mann: Charme einsetzen: - weibliche MA kann männliche Bewohner zum Helfen / Mitmachen bewegen ( wie verführen ) In manchen Konflikten mit männl. Bewohnern kann eine weibliche MA die Situation deeskalieren: Männer schlagen keine Frauen Was sich liebt, dass neckt sich: Humor wird angeregt
Schluss-Fazit Wie können passende Aktivitäten Angebote bei Männern deren Lebensqualität / Wohlbefinden steigern? Rahmenbedingungen und Angebote auf einander abstimmen: passende Bewohnergruppe (Zusammensetzung + Größe), geeigneten Raum und Milieu, Bezugsbetreuungskräfte unterstützt vom Restteam Arbeits-, Tagesstruktur und BT-Plan flexibel anpassen an Wünschen + Bedürfnissen der MmD, vielleicht sogar in BT-Plan die Angebote ersetzen durch Namen MA BD!? Bewohner kommen oder bleiben für MA?
Schluss-Fazit Bei der Planung der BT-Aktivitäten neben grundsätzlicher Beachtung der individuellen Wünschen und Bedürfnissen aller Bewohner, gezielt auch speziell männliche / weibliche Aktivitäten berücksichtigen Bei Planung von Aktivitäten und Teilnehmergruppen, bewusst MA nach Bezug zu den Bewohnern- und nach Geschlecht einteilen, wenn dadurch positive Auswirkungen erzielt werden können in der Pflege (AEDL 10 - sich Mann oder Frau fühlen) wird das selbstverständlich beachtet, warum nicht bei BT?!!!