Vereinigung der Metall- Berufsgenossenschaften BGI 743. BG-Information. Nitrose Gase beim Schweißen und bei verwandten Verfahren

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Vereinigung der Metall- Berufsgenossenschaften BG-Information BGI 743 Nitrose Gase beim Schweißen und bei verwandten Verfahren

Weitere Informationsschriften finden Sie auf der DVD Prävention Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

Vilia Elena Spiegel-Ciobanu Nitrose Gase beim Schweißen und bei verwandten Verfahren Verantwortlich für den Inhalt: BG Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd

Besonderer Dank gilt Herrn Dr. Schmittner (Bau-BG) und Herrn Dr. Zschiesche (BGFE) für die eingebrachten Erfahrungen aus der arbeitsmedizinischen Praxis. 2

Inhaltsverzeichnis Vorwort..................................... 4 1 Entstehung von nitrosen Gasen in der Schweißtechnik.......... 5 2 Gesundheitsgefahren und Vergiftungssymptome............. 6 3 Gefährdung durch nitrose Gase....................... 7 4 Schutzmaßnahmen und persönliche Schutzausrüstungen........ 9 4.1 Verringerung der Emission von nitrosen Gasen............. 9 4.2 Wasserschutzeinrichtungen....................... 9 4.3 Lüftungstechnische Maßnahmen.................... 9 4.4 Zusätzliche Schutzmaßnahmen in engen Räumen........... 10 4.5 Unterweisung, Betriebsanweisung................... 10 5 Erste Hilfe bei Vergiftungen......................... 11 5.1 Allgemeines............................... 11 5.2 Verdacht auf überhöhte Einwirkung durch nitrose Gase......... 11 5.3 Maßnahmen im Vergiftungsfall...................... 11 6 Vorschriften und Regeln........................... 13 6.1 Unfallverhütungsvorschriften...................... 13 6.2 BG-Regeln und BG-Informationen.................... 13 6.3 Verordnungen.............................. 13 6.4 Sonstige Publikationen......................... 13 Anhang 1..................................... 14 Anhang 2..................................... 16 3

Vorwort Die vorliegende BG-Information wurde mit Unterstützung des Arbeitskreises Schadstoffe in der Schweißtechnik im Fachausschuss Metall und Oberflächenbehandlung der Berufsgenossenschaftlichen Zentrale für Sicherheit und Gesundheit BGZ des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften erarbeitet und aktualisiert und wird von der Vereinigung der Metall-Berufsgenossenschaften herausgegeben. In der BG-Regel Schweißrauche (BGR 220), siehe Abschnitt 5.4, wird darauf hingewiesen, dass bei der Anwendung von Verfahren der Schweißtechnik insbesondere in engen Räumen mit einer hohen Gesundheitsgefährdung zu rechnen ist. Somit ist auch bei Verfahren der Autogentechnik in engen Räumen damit zu rechnen, dass nitrose Gase (Stickstoffoxide) in unzuträglicher Konzentration entstehen können. Die vorliegende Broschüre beschreibt die dadurch entstehenden Gefahren und gibt Hinweise auf erforderliche Schutzmaßnahmen. Sie konkretisiert insoweit die BGR 220 sowie die Unfallverhütungsvorschrift Grundsätze der Prävention (BGV A 1). Der Deutsche Verband für Schweißen und verwandte Verfahren (DVS) hat dazu beigetragen, dass wertvolle Hinweise aus der Praxis enthalten sind. 4

1 Entstehung von nitrosen Gasen in der Schweißtechnik Stickstoffmonoxid entsteht am Rand der Flamme oder des Lichtbogens bei Temperaturen über 1000 C aus dem Sauerstoff (O 2 ) und dem Stickstoff (N 2 ) der Luft 1 ). Das Stickstoffmonoxid oxidiert danach bei Raumtemperatur zu Stickstoffdioxid 2 ): 1) N 2 + O 2 2 NO (siehe Anhang 2) In Abhängigkeit von den schweißtechnischen Verfahren und von den jeweiligen Arbeitsbedingungen entstehen Stickstoffoxidgemische (NO X ) unterschiedlicher Menge und Zusammensetzung. Diese werden als nitrose Gase bezeichnet. 2) 2 NO + O 2 2 NO 2 5

2 Gesundheitsgefahren und Vergiftungssymptome Nitrose Gase wirken toxisch und haben bei höherer Konzentration einen beißenden, stechenden Geruch. Nach dem Einatmen wirken nitrose Gase insbesondere auf die tieferen Atemwege und die Lunge, weniger auf die oberen Atemwege (Nase, Rachen, Luftröhre, große Bronchien). Der Kontakt mit den Schleimhäuten kann zu einer schweren Schädigung der Schleimhäute, der tieferen Atemwege und des Lungengewebes führen. Folgende Symptome deuten auf ein Anfangsstadium einer Vergiftung durch nitrose Gase hin: Reizung der Schleimhäute von Augen, Nase und Rachen, mehr oder weniger starker Husten, Engegefühl bei der Atmung, Schwindel und Kopfschmerzen, Übelkeit und Abgeschlagenheit. Allerdings treten diese Symptome nicht immer auf; eine verlässliche Warnwirkung ist daher nicht gegeben! Folgende Symptome deuten auf ein fortgeschrittenes Stadium einer Vergiftung durch nitrose Gase hin: Atemnot, rasselnde Atemgeräusche, blassbläuliche Verfärbung der Haut, Erbrechen, Angst- und Erstickungsgefühl. Typisch für dieses lebensbedrohliche Krankheitsbild ist, dass diese Symptome oft erst nach einer Latenzzeit von einigen Stunden bis wenigen Tagen auftreten. Sie sind Ausdruck einer Wasseransammlung im Lungengewebe (Lungenwassersucht, Lungenödem), welche die Sauerstoffversorgung des Organismus beeinträchtigt und zum Tode führen kann. Auftreten und Ausmaß vorgenannter Symptome hängen von der Konzentration und der Einwirkungsdauer (Expositionsdauer) der eingeatmeten nitrosen Gase ab. 6

3 Gefährdung durch nitrose Gase Der Grad der Gefährdung durch nitrose Gase hängt insbesondere ab von den angewandten Schweißverfahren und den jeweiligen Arbeitsbedingungen. Insbesondere bei folgenden Verfahren der Schweißtechnik ist in Abhängigkeit von der Größe der Reaktionsfläche der Flamme oder des Lichtbogens mit dem Auftreten nitroser Gase zu rechnen: Autogenverfahren: Flammwärmen, Flammrichten, Flammhärten, Flammstrahlen, Flammspritzen, Gasschweißen, Brennschneiden, Flammlöten; Plasma- und Laserverfahren: Plasmaschmelzschneiden und Laserstrahlschneiden jeweils mit Druckluft oder Stickstoff. Folgende Faktoren können bei den Autogenverfahren zu einer verstärkten Bildung von nitrosen Gasen führen: große Brenner/Brennereinsätze mit Flammen über 20 cm Länge, vor allem auch frei brennende Flammen, großer Abstand zwischen Brenner und Werkstück (bedingt große Flammen!), Anzahl der Brenner pro Anlage und Raum und Flammentemperatur des Gases. Achtung: Acetylen ist kritischer zu bewerten als andere Gase! Aus den vorgenannten Gründen ist auch das Erwärmen der Raumluft mit Autogenbrennern verboten, da hierbei sehr hohe Mengen nitroser Gase entstehen und es in der Vergangenheit häufig zu schweren Vergiftungen gekommen ist. Folgende Faktoren können beim Plasmaschmelz- und Laserstrahlschneiden zu einer verstärkten Bildung von nitrosen Gasen führen: Verwendung von Luft oder Stickstoff, hohe Stromstärke bzw. hohe Laserstrahlleistung und hohe Schneidgeschwindigkeit. Eine hohe Gefährdung besteht beim Flammwärmen, Flammrichten, Flammhärten, Flammstrahlen und Flammspritzen. Es sind sehr hohe Emissionen an nitrosen Gasen mit mehrfachen Grenzwertüberschreitungen zu erwarten. Eine mittlere Gefährdung besteht beim Plasmaschmelzschneiden mit Druckluft oder Stickstoff. Es sind relativ hohe Emissionen an nitrosen Gasen mit Grenzwertüberschreitungen zu erwarten. Eine geringere Gefährdung besteht beim Laserstrahlschneiden mit Druckluft oder Stickstoff, beim Gasschweißen sowie beim Brennschneiden; Grenzwertüberschreitungen sind nur in Extremfällen zu erwarten. In jedem Fall wird die Gefährdung durch nitrose Gase höher, wenn die genannten Verfahren angewendet werden in engen Räumen, unzureichend belüfteten Bereichen, ungünstigen Arbeitspositionen. 7

Grundsätzlich sind nach dem Arbeitsschutzgesetz die Gefährdungen am Arbeitsplatz zu ermitteln. Dabei ist für Gefährdungen durch nitrose Gase eine Arbeitsbereichsanalyse nach den Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 402 Ermittlung und Beurteilung der Konzentrationen gefährlicher Stoffe in der Luft in Arbeitsbereichen erforderlich. Messungen im Rahmen einer Arbeitsbereichsanalyse können mittels elektrischer Direktanzeigegeräte oder Prüfröhrchen durchgeführt werden (siehe auch BG- Information Schadstoffe beim Schweißen und bei verwandten Verfahren [BGI 593]). Der Luftgrenzwert am Arbeitsplatz beträgt für Stickstoffmonoxid 25 ml/m 3 und für Stickstoffdioxid 5 ml/m 3. Diese Grenzwerte sind dringend einzuhalten. Bild 3-1: Brennschneiden in der Atmosphäre (Quelle: SK Mönchengladbach GmbH) 8

4 Schutzmaßnahmen und persönliche Schutzausrüstungen 4.1 Verringerung der Emission von nitrosen Gasen Nach der BG-Regel Schweißrauche (BGR 220) sind jeweils diejenigen Verfahren auszuwählen, bei denen die Freisetzung nitroser Gase gering ist. Dies ist z. B. der Fall bei kleinen Brennergrößen und Flammenlängen, Vermeidung von frei brennenden Flammen, kleinem Abstand zwischen Brenner und Werkstück, begrenztem Sauerstoffverbrauch, niedriger Stromstärke und Spannung (siehe Herstellerangaben in der Betriebsanleitung für das Schweißgerät), geringen Schneidgeschwindigkeiten und Verwendung von Brenner-Ablegeeinrichtungen mit selbsttätig wirkenden Gasabsperrungen (an ortsfesten Arbeitsplätzen der Autogentechnik). 4.2 Wasserschutzeinrichtungen Die Konzentration von nitrosen Gasen im Atembereich wird durch folgende Wasserschutzeinrichtungen verringert: Plasmaschmelzschneiden mit Wasserabdeckung, Brenn- und Plasmaschmelzschneiden im Wasser-Schneidbecken mit zusätzlicher konzentrischer Absaugung um den Brenner und Plasmaschmelzschneiden mit Wasservorhang in Verbindung mit einem Wasser-Schneidtisch und einem Wasserinjektions-Schneidbrenner. 4.3 Lüftungstechnische Maßnahmen Nach der Gefahrstoffverordnung und in Verbindung mit der BG-Regel Schweißrauche (BGR 220) müssen Arbeitsplätze unter Berücksichtigung von Verfahren, Werkstoffen und Einsatzbedingungen so eingerichtet sein, dass die Atemluft der Beschäftigten von gesundheitsgefährdenden Stoffen freigehalten wird. Diese Forderung wird primär durch die Verwendung einer Absaugung im Entstehungsbereich bzw. weiteren lüftungstechnischen Maßnahmen wie technische Raumlüftung, freie Lüftung, andere geeignete Einrichtungen, eine Kombination aus vorgenannten Einrichtungen erfüllt. 9

Lüftungseinrichtungen sind so einzurichten, dass die Beschäftigten im Zuluftstrom arbeiten; Erfassungseinrichtungen sind so zu gestalten und zu positionieren, dass die nitrosen Gase möglichst im Entstehungsbereich abgesaugt werden. Siehe auch BG-Regel Arbeitsplatzlüftung Lufttechnische Maßnahmen (BGR 121). 4.4 Zusätzliche Schutzmaßnahmen in engen Räumen Bei schweißtechnischen Arbeiten in engen Räumen ist nach der BG-Regel Schweißrauche (BGR 220) sicherzustellen, dass eine Absaugung oder technische Raumlüftung die Konzentration von Schadstoffen, somit auch nitrosen Gasen, auf ein ungefährliches Maß verringert. Für eine ausreichende Frischluftzufuhr, z. B. durch Zuluftgebläse, ist zu sorgen. Eine Belüftung mit Sauerstoff ist verboten. Soweit im Einzelfall eine Absaugung oder technische Raumlüftung nicht möglich oder nicht ausreichend ist, müssen geeignete Atemschutzgeräte, unabhängig von der Atmosphäre, z. B. Frischluftschlauchgeräte, zur Verfügung stehen und benutzt werden. Siehe auch BG-Regel Benutzung von Atemschutzgeräten (BGR 190) sowie BG-Information Zertifizierte Atemschutzgeräte (BGI 693). Filtergeräte sind wegen eines möglichen Sauerstoffmangels ungeeignet. Regenerationsgeräte mit Sauerstoffpatronen dürfen nicht verwendet werden. 4.5 Unterweisung, Betriebsanweisung Mitarbeiter, die nitrosen Gasen ausgesetzt sein können, müssen über die auftretenden Gefahren sowie über die erforderlichen Schutzmaßnahmen vor der Beschäftigung und danach mindestens einmal jährlich unterwiesen werden (siehe Anlage). Die Inhalte der Unterweisung sind in einer Betriebsanweisung zusammenzufassen. Siehe auch 14 Gefahrstoffverordnung. 10

5 Erste Hilfe bei Vergiftungen 5.1 Allgemeines Ist durch das Auftreten der in Abschnitt 2 genannten Symptome oder anderer Anzeichen mit einer Vergiftung durch nitrose Gase zu rechnen oder besteht der Verdacht auf die Einatmung hoher Konzentrationen an nitrosen Gasen, sind unverzüglich Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten und eine ärztliche Versorgung zu veranlassen. Schon das Einatmen geringer Mengen nitroser Gase kann zu schweren Gesundheitsschäden führen. Die Wirkungen zeigen sich häufig erst nach mehreren beschwerdefreien Stunden. Deshalb ist ärztliche am besten klinische Beobachtung unbedingt erforderlich. Der Betriebsarzt soll entscheiden, ob medizinischer Sauerstoff bzw. cortisonhaltiges Inhalationsspray mit Inhalationshilfe bevorratet werden soll. 5.2 Verdacht auf überhöhte Einwirkung durch nitrose Gase Besteht auch ohne eindeutig erkennbare Symptome der Verdacht, dass ein Beschäftigter nitrosen Gasen in gesundheitsgefährdendem Ausmaß ausgesetzt war, ist die Tätigkeit sofort einzustellen und der Beschäftigte in einen Bereich ohne atemwegsbelastende Stoffe zu bringen. Der Beschäftigte ist unverzüglich einem Arzt (möglichst Internist oder Arzt für Lungen- und Bronchial-Heilkunde) oder in einem Krankenhaus vorzustellen. Der Hinweis auf eine mögliche Vergiftung durch nitrose Gase durch schweißtechnische Arbeiten ist für die ärztliche Behandlung zwingend erforderlich. Daher muss bei der Vorstellung des Beschäftigten auf diese Möglichkeit und die Gefahr eines verzögert eintretenden toxischen Lungenödems hingewiesen werden. Diese Druckschrift sollte dem behandelnden Arzt mitgegeben werden. 5.3 Maßnahmen im Vergiftungsfall Beim Auftreten der in Abschnitt 2 beschriebenen Symptome oder anderer Anzeichen, die auf eine Vergiftung durch nitrose Gase hinweisen, müssen die folgenden Maßnahmen unverzüglich ergriffen werden: Beschäftigten unter Selbstschutz (persönliche Schutzausrüstungen) aus dem Gefahrenbereich bringen, Beschäftigten in atemerleichternde Sitzhaltung bringen, Notruf auslösen, 11

Beschäftigten ständig betreuen, Beschäftigten vor Wärmeverlust schützen, für Körperruhe sorgen, notwendiger Transport nur liegend mit Hochlagerung des Oberkörpers, Anwendung eines cortisonhaltigen Inhalationssprays (am Anfang 4 Hübe, dann alle 5 bis 10 Minuten 2 Hübe) so früh wie möglich und bis zum Eintreffen des Arztes, zweckmäßigerweise über eine Inhalationshilfe, bei Atemnot möglichst medizinischen Sauerstoff inhalieren, möglichst keine Getränke verabreichen, ärztliche Behandlung vor Ort oder unverzüglicher Krankentransport durch einen Rettungsdienst in die nächstgelegene internistische Klinik oder Klinik mit Intensivstation. Auf die Möglichkeit einer Vergiftung durch nitrose Gase mit Entwicklung eines toxischen Lungenödems ist hinzuweisen. Diese Druckschrift sollte dem behandelnden Arzt mitgegeben werden. Von der betroffenen Person bzw. durch den Betrieb sollte in Erfahrung gebracht werden, ob Kollegen in unmittelbarer Umgebung gearbeitet haben und sich eventuell auch vergiftet haben könnten. 12

6 Vorschriften und Regeln 6.1 Unfallverhütungsvorschriften Grundsätze der Prävention (BGV A 1) 6.3 Verordnungen Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) 6.2 BG-Regeln und BG-Informationen Arbeitsplatzlüftung Luftechnische Maßnahmen (BGR 121) Benutzung von Atemschutzgeräten (BGR 190) Schweißrauche (BGR 220) Schadstoffe beim Schweißen und bei verwandten Verfahren (BGI 593) Zertifizierte Atemschutzgeräte (BGI 693) 6.4 Sonstige Publikationen Kraume und Zober Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der Schweißtechnik Bezugsquelle: DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf Holleman-Wiberg Lehrbuch der anorganischen Chemie Bezugsquelle: Walter de Gruyter Verlag, Berlin Moeschlin, Sven Klinik und Therapie der Vergiftungen Bezugsquelle: Georg Thieme Verlag, Stuttgart 13

Anhang 1 Merkpunkte für die Unterweisung der Beschäftigten über die Gefahren durch nitrose Gase (Stickstoffoxide, NO X ) 1 Gefährdung durch nitrose Gase Hohe Gefährdung: Flammwärmen, -richten, -härten, -strahlen, -spritzen. Mittlere Gefährdung: Plasmaschmelzschneiden mit Druckluft/Stickstoff. Geringere Gefährdung: Gasschweißen, Brennschneiden, Laserstrahlschneiden mit Druckluft/ Stickstoff. Erhöhung der Gefährdung: in engen und schlecht belüfteten Räumen sowie bei ungünstigen Arbeitspositionen. Vergiftungssymptome: I. Reizung der Schleimhäute (Augen, Nase, Rachen), Engegefühl bei der Atmung, Schwindel, Übelkeit, Abgeschlagenheit. Achtung: Diese Symptome können auch fehlen, sodass eine verlässliche Warnwirkung nicht gegeben ist! II. Atemnot, Verfärbung der Haut, Erbrechen; Wasseransammlung in der Lunge (Lungenwassersucht, Lungenödem), in schweren Fällen Tod. 2 Schutzmaßnahmen und persönliche Schutzausrüstungen Verringerung der Entstehung von nitrosen Gasen: möglichst kleinen Brenner benutzen und Flamme möglichst kurz halten, Abstand zwischen Brenner und Werkstück möglichst klein halten, frei brennende Flamme vermeiden, Brenner-Ablegeeinrichtungen mit selbsttätiger Gasabsperrung benutzen, möglichst geringe Schneidgeschwindigkeit wählen, möglichst niedrige Spannung und Stromstärke einstellen (bei Plasmabrennern), Anwendung von Wasserschutzeinrichtungen (bei Plasmaschmelzoder Brennschneiden). Lüftungstechnische Maßnahmen: geeignete Lüftungseinrichtungen benutzen, für ausreichende Frischluftzufuhr am Arbeitsplatz sorgen, niemals Sauerstoff einblasen! Lüftungseinrichtungen so einrichten, dass die Beschäftigten im Zuluftstrom arbeiten, Absaugeinrichtungen müssen nitrose Gase möglichst im Entstehungsbereich erfassen (siehe BGR 121). 14

Persönliche Schutzausrüstungen: ist der Einsatz von Lüftungseinrichtungen nicht ausreichend oder nicht möglich, muss Atemschutz verwendet werden, z. B. Frischluftschlauchgeräte (siehe BGR 190). Achtung: Keine Regenerationsgeräte mit Sauerstoffpatrone verwenden! 3 Verhalten im Gefahrfall, erste Hilfe Bei Störung der Lüftung sind die Arbeiten einzustellen und der Vorgesetzte ist zu informieren. Wenn Symptome einer Vergiftung durch nitrose Gase vorliegen, besteht immer Lebensgefahr, selbst wenn sich der Betreffende scheinbar schnell erholen sollte. Deshalb: Beschäftigten aus dem Gefahrenbereich bringen; dabei darauf achten, dass der Retter selbst gegen die Einwirkung nitroser Gase durch persönliche Schutzausrüstungen geschützt ist, Beschäftigten in atemerleichternde Sitzhaltung bringen, Notruf auslösen, Beschäftigten ständig betreuen, Beschäftigten vor Wärmeverlust schützen, für Körperruhe sorgen, notwendiger Transport nur liegend mit Hochlagerung des Oberkörpers, Anwendung eines cortisonhaltigen Inhalationssprays (am Anfang 4 Hübe, dann alle 5 bis 10 Minuten 2 Hübe) so früh wie möglich bis zum Eintreffen des Arztes, bei Atemnot möglichst medizinischen Sauerstoff inhalieren lassen, möglichst keine Getränke verabreichen, ärztliche Behandlung vor Ort oder unverzüglicher Krankentransport durch einen Rettungsdienst in die nächstgelegene internistische Klinik oder eine Klinik mit Intensivstation. Achtung: Die Symptome können auch erst nach mehreren Stunden auftreten (z. B. nachts). Dann schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen und Hinweise auf Kollegen geben, die ebenfalls in dem Arbeitsbereich tätig waren! 15

Anhang 2 Bild 1: Temperaturabhängigkeit der Stickstoffmonoxidausbeute bei der Synthese aus Luft NO in Vol.-% 5 4 3 2 1 NO ist metastabil NO-Zerfall NO-Bildung Quelle: Hollemann Wiberg 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 absolute Temperatur Wie aus Bild 1 hervorgeht, befinden sich bei 2000 Grad absolut ca. 1 Vol.-% und bei 3000 Grad absolut ca. 5 Vol.-% Stickstoffmonoxid mit Luft im Gleichgewicht. Beim Abkühlen des Reaktionsgemisches in unmessbar kleiner Zeit wird sich das der niedrigeren Temperatur entsprechende Gleichgewicht einstellen. Die Kurve entspricht den Gleichgewichtskonzentrationen von NO bei den verschiedenen Temperaturen. Rechts der Kurve erfolgt somit zusätzliche NO-Bildung, links der Kurve teilweiser NO-Zerfall bis zur Erreichung der für die betreffende Temperatur gültigen Gleichgewichtskonzentration an NO. 16

Notizen 17

Notizen 18

Notizen 19

Baden-Württemberg 20

Vereinigung der Metall- Berufsgenossenschaften Federführung: Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft 40210 Düsseldorf Kreuzstraße 45 Telefon 0211 8224-0 Telefax 0211 8224-444 und 545 Internet: www.vmbg.de 11.08 Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft 40210 Düsseldorf Kreuzstraße 45 Telefon 0211 8224-0 Telefax 02 11 8224-444 Internet: www.mmbg.de www.hwbg.de Präventionsabteilung 40210 Düsseldorf Kreuzstraße 45 Telefon 0211 8224-0 Telefax 0211 8224-545 E-Mail: praevention@mmbg.de Außendienststellen der Präventionsabteilung 33602 Bielefeld Oberntorwall 13/14 Telefon 0521 967047-4 Telefax 0521 96704-99 E-Mail: ad.bielefeld@mmbg.de 06842 Dessau-Roßlau Raguhner Straße 49 b Telefon 0340 2525-104 Telefax 0340 2525-362 E-Mail: ad.dessau@mmbg.de 44263 Dortmund Semerteichstraße 98 Telefon 0231 4196-128 Telefax 0231 4196-199 E-Mail: ad.dortmund@mmbg.de 01109 Dresden Zur Wetterwarte 27 Telefon 0351 886-3213 Telefax 0351 886-4576 E-Mail: ad.dresden@mmbg.de 40239 Düsseldorf Graf-Recke-Straße 69 Telefon 0211 8224-838 Telefax 0211 8224-844 E-Mail: ad.duesseldorf@mmbg.de 51065 Köln Berg. Gladbacher Straße 3 Telefon 0221 6784-265 Telefax 0221 6784-222 E-Mail: ad.koeln@mmbg.de 04109 Leipzig Elsterstraße 8 a Telefon 0341 12991-17 Telefax 0341 12991-11 E-Mail: ad.leipzig@mmbg.de 39104 Magdeburg Ernst-Reuter-Allee 45 Telefon 0391 53229-13 Telefax 0391 53229-11 E-Mail: ad.magdeburg@mmbg.de Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd (BGM) Präventionshotline 55130 Mainz Wilh.-Theodor-Römheld-Str. 15 Telefon 0800 999 0080-2 Telefax 06131 802-12800 E-Mail: best@bgmet.de Internet: www.bg-metall.de

Herausgeber: Vereinigung der Metall-Berufsgenossenschaften Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd Ausgabe 2006 Druck 02.2009/4.000 Bestell-Nr. BGI 743 Für Mitglieder anderer Berufsgenossenschaften zu beziehen durch Carl Heymanns Verlag GmbH, Luxemburger Straße 449, 50939 Köln.