Kosten- und Erlösrechnung (Nebenfach) Sommersemester 2013 Mitschrift der Vorlesung vom 15.05.2013 Dr. Markus Brunner Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre Controlling Technische Universität München
Daten für Abschreibungsberechnung Ausgangsbasis (z.b. Anschaffungswert) Nutzungsdauer Restwert Abschreibungsverlauf Verfahren nach Zeit linear degressiv (geometrisch oder arithmetisch) progressiv nach Leistung Kostenrechnung: Kapitel 2 2
Beispiel: Abschreibung eines LKW Für den Transport einzelner Komponenten der Windkraftanlagen unterhält die Windenergie Atlantik AG einen Fuhrpark mit mehreren Lkw. Die Fahrzeuge werden neu gekauft, vier Jahre genutzt und anschließend wieder verkauft. Anfang Januar 2010 soll ein Lkw beschafft werden, dessen Kaufpreis 80.000 beträgt. Der Restwert nach vier Jahren wird auf 20.000 geschätzt. Außerdem geht die Windenergie Atlantik AG davon aus, dass der Lkw im Laufe der Zeit immer häufiger benötigt wird. Für die kommenden vier Jahre schätzt sie bei einer Gesamtleistung von 150.000 km folgende jährliche Laufleistung. Jahr Laufleistung 2010 30.000 km 2011 35.000 km 2012 40.000 km 2013 45.000 km Summe 150.000 km Kostenrechnung: Kapitel 2 3
Lineare Abschreibungen In der Praxis die bedeutendste zeitabhängige Abschreibungsform Gleichmäßiger Abschreibungsbetrag Höhe des Abschreibungsbetrages: a = (I - L)/T mit: a Abschreibungsbetrag I Anschaffungswert L Restwert T Nutzungsdauer Kostenrechnung: Kapitel 2 4
Geometrisch-degressive Abschreibung Abschreibungsbeträge fallen im Zeitverlauf Höhe des Abschreibungsbetrages: p Abschreibungsprozentsatz I Anschaffungswert L Restwert T Nutzungsdauer Kostenrechnung: Kapitel 2 5
Arithmetisch-degressive Abschreibung Abschreibungsbeträge fallen jährlich um einen konstanten Betrag Höhe des Abschreibungsbetrages: bzw. d Abschreibungsbetrag I Anschaffungswert L Restwert T Nutzungsdauer Kostenrechnung: Kapitel 2 6
Leistungsabhängige Abschreibung Orientierung an Inanspruchnahme Höhe des Abschreibungsbetrages pro Leistungseinheit: Abschreibungsbetrag je gefahrenem Kilometer: (80.000-20.000 ) / 150.000 km = 0,40 /km. Die jährlichen Abschreibungsbeträge lassen sich aus folgender Tabelle ablesen: Kostenrechnung: Kapitel 2 7
Anlagekosten: Kalkulatorische Zinsen Neben den Abschreibungen stellen Zinskosten die zweite wichtige Kostenart von Anlagekosten dar Zinskosten = betriebsnotwendiges Kapital * Zinssatz Schritte zur Bestimmung der kalkulatorischen Zinskosten 1. Ermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens 2. Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens 3. Ermittlung des betriebsnotwendigen Kapitals 4. Bestimmung des Zinssatzes Kostenrechnung: Kapitel 2 8
auf gesamtes betriebsnotwendiges Kapital Eigenkapital und Fremdkapital betriebsnotwendiges Kapital: keine Privatgebäude Berechnung in der Regel aus Bilanz Jahresdurchschnittswerte keine Zinsen für zinslos bereitgestelltes Kapital Abzugskapital: Zinslos überlassenes Kapital, z.b. Lieferantenkredite Zinssatz Aus der Investitionsrechnung Alternativrendite als Benchmark Praxis: Weighted Average Cost of Capital (WACC) Kostenrechnung: Kapitel 2 9
Beispiel: Zinskosten bei der Windenergie Atlantik Schritt 1: Ermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens Aktiva Passiva Vorjahr Geschäftsjahr Geschäftsjahr Vorjahr Gewerbliche Schutzrechte 40 10 Gezeichnetes Kapital 2.000 2.000 Grundstück mit Fabrikhalle 1.100 1.150 Kapitalrücklage 450 450 Unbebautes Grundstück 400 430 Gewinnrücklagen 1.900 1.100 Maschinen 900 780 Bilanzgewinn 2.690 2.170 Beteiligungen 500 580 Rückstellungen 3.400 3.900 Vorräte 4.500 4.200 Darlehen 1.500 30 Forderungen 7.000 6.400 Erhaltene Anzahlungen 0 1.200 Kassenbestand 500 700 Lieferantenverbindlichkeiten 3.000 3.400 Summe 14.940 14.250 Summe 14.940 14.250 Prüfen der Betriebsnotwendigkeit für jede Position der Aktivseite Kostenrechnung: Kapitel 2 10
Schritt 2: Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens Bewertung auf Basis von Wiederbeschaffungskosten oder Anschaffungs- und Herstellkosten? Verwendung von Durchschnittswerten an Stelle von stichtagsbezogenen Daten Aktiva Geschäftsjahr Vorjahr Durchschnitt Gewerbliche 40 10 25 Schutzrechte Fabrikhalle 1.100 1.150 1.125 Unbebautes Grundstück Nicht betriebsnotwendig Maschinen 900 780 840 Beteiligungen Nicht betriebsnotwendig Vorräte 4.500 4.200 4.350 Forderungen 7.000 6.400 6.700 Kassenbestand 500 700 600 Betriebsnotwendiges Vermögen 13.640 Kostenrechnung: Kapitel 2 11
Schritt 3: Ermittlung des betriebsnotwendigen Kapitals Eliminierung des zinslos zur Verfügung gestellten Fremdkapitals Bewertung des Abzugskapitals erfolgt ebenfalls auf Basis von Durchschnittswerten Geschäfts -jahr Vorjahr Durchschnitt Betriebsnotwendiges 13.640 Vermögen - Rückstellungen 3.400 3.900 3.650 - Erhaltene Anzahlungen 0 1.200 600 - Lieferantenverbindlichkeiten 3.000 3.400 3.200 Betriebsnotwendiges Kapital 6.190 Kostenrechnung: Kapitel 2 12
Schritt 4: Ermittlung des Zinssatzes Weighted Average Cost of Capital (WACC) GK EK FK r EK r FK s Gesamtkapital Eigenkapital Fremdkapital Eigenkapitalkosten Fremdkapitalkosten Steuersatz Capital Asset Pricing Model (CAPM) r f Risikoloser Zinssatz r m r f Marktrisikoprämie β Beta-Faktor Kostenrechnung: Kapitel 2 13
Beispiel: Zinskosten bei der Windenergie Atlantik Buchwert des Eigenkapitals von 7,04 Mio. Zinsberechtigte Fremdkapital beträgt 1,5 Mio. Zinssatz von 6% für das Fremdkapital aus Darlehensvertrag Zinssatz für das Eigenkapital über CAPM Risikoloser Zinssatz 5% Marktrisikoprämie 5% β Faktor 1,2 Der Steuersatz beträgt 35%, daher ergibt sich ein gewichteter Kapitalkostensatz von Die Zinskosten betragen 9,8% x 6,19 Mio. = 607 Tausend Kostenrechnung: Kapitel 2 14
Weitere Kostenarten Kalkulatorischer Unternehmerlohn und kalkulatorische Miete Wichtig bei Personengesellschaften Basis: Alternativeinkommen Kalkulatorische Wagniskosten Kosten für die Unsicherheit Alternative: Rechnen mit unsicheren Daten Kalkulatorische Wagnisse Einzelwagnisse Fremdversicherungen Allgemeines Unternehmerrisiko - Debitorenwagnisse - Bestandswagnis - Anlagewagnisse - Gewährleistungswagn. - Mehrkostenwagnisse - Zahlungen für Prämien - keine Kosten - aus Gewinn zu tragen Kostenrechnung: Kapitel 2 15
Sonstige Kostenarten Fremddienste Rechtsgüter (Lizenzen, Patente,...) Informationskosten (Hardware, Software) Gebühren, Beiträge und Steuern Verbrauchssteuern (z.b. Branntweinsteuer) Kostencharakter unproblematisch Verkehrssteuern (z.b. Grunderwerbsteuer) Einkommensteuer Kostencharakter umstritten Mindermeinung: Keine Kosten, da aus Gewinn zu tragen Gängige Meinung: Kostencharakter gegeben, da sie das Erfolgsziel des Unternehmens mindert Körperschaftsteuer Gewerbesteuer Kostenrechnung: Kapitel 2 16
Aufgabe zu Kapitel 2 Die Färber AG möchte wissen, welchen Betrag sie an kalkulatorischen Zinsen kostenrechnerisch zu erfassen hat. Sie erhalten folgende Informationen über verschiedene Anlagegüter und über deren kalkulatorische Buchwerte und Abschreibungen: Anlagegut Kalkulatorischer Buchwert zu Periodenbeginn [ ] Kalkulatorische Abschreibungen im Lauf der Periode (vom kalkulatorischen Buchwert) [%] Grundstück mit Fabrikhalle 1.400.000 10 Maschinen 2.000.000 25 Betriebs- und Geschäftsausstattung 630.000 10 Fuhrpark 240.000 20 Kostenrechnung: Kapitel 2 17
Aufgabe zu Kapitel 2 Das durchschnittlich gebundene Umlaufvermögen setzt sich aus folgenden Positionen zusammen: Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe: 440.000,- Fertigerzeugnisse: 600.000,- Forderungen: 800.000,- Kasse: 100.000,- Wertpapierbesitz: 300.000,-. Es wird angenommen, dass Lieferantenkredite (320.000,- ) zinslos zur Verfügung stehen. Kunden haben Anzahlungen in Höhe von 63.000,- geleistet. Kostenrechnung: Kapitel 2 18
Aufgabe zu Kapitel 2 a) Berechnen Sie das betriebsnotwendige Vermögen. Bei der Berechnung ist zu berücksichtigen, dass bei den abzuschreibenden Anlagegütern der durchschnittliche kalkulatorische Buchwert anzusetzen ist. b) Wie hoch ist das zinsberechtigte betriebsnotwendige Kapital? c) Mit welchem Betrag sind die kalkulatorischen Zinsen bei einem Zinssatz von 8% anzusetzen? d) Warum rechnet man in der Kostenrechnung nicht mit den tatsächlich gezahlten Zinsen? Kostenrechnung: Kapitel 2 19
Lösung zu Kapitel 2 a) Berechnen Sie das betriebsnotwendige Vermögen. Bei der Berechnung ist zu berücksichtigen, dass bei den abzuschreibenden Anlagegütern der durchschnittliche kalkulatorische Buchwert anzusetzen ist. Anlagegut Aktiva kalk. Buchwert zu Periodenbeginn kalk. Abschreibung in % kalk. Buchwert am Periodenende Durchschnittliches Kapital Grundstück mit Fabrikhalle 1.400.000 10% 1.260.000 1.330.000 Maschinen 2.000.000 25% 1.500.000 1.750.000 Betriebs- und Geschäftsausstattung 630.000 10% 567.000 598.500 Fuhrpark 240.000 20% 192.000 216.000 Roh-/ Hilfs- und Betriebsstoffe 440.000 Fertigerzeugnisse 600.000 Forderungen 800.000 Kasse Betriebsnotwendiges Kapital 100.000 5.834.500 Kostenrechnung: Kapitel 2 20
Lösung zu Kapitel 2 b) Wie hoch ist das zinsberechtigte betriebsnotwendige Kapital? Durchschnitt Betriebsnotwendiges Vermögen 5.834.500 Lieferantenkredit 320.000 Kundenanzahlungen 63.000 Zinsb. betriebsnotwendiges Kapital 5.451.500 c) Mit welchem Betrag sind die kalkulatorischen Zinsen bei einem Zinssatz von 8% anzusetzen? Kalkulatorische Zinsen = Betriebsnotwendiges Kapital * Zinssatz = 5.451.500*0,08 = 436.120 d) Warum rechnet man in der Kostenrechnung nicht mit den tatsächlich gezahlten Zinsen? Auch für das eingesetzte Eigenkapital sollen Zinsen angesetzt werden, wobei mit dem kalkulatorischen Zinssatz eine Mindestverzinsung zum Ausdruck gebracht wird. Die Zinsen haben den Charakter von Opportunitätskosten, die den Gewinn einer anderweitigen Verwendung des Kapitals angeben. Darüber hinaus soll die Kosten- und Erlösrechnung von kurzfristigen Zinsschwankungen freigehalten werden. Kostenrechnung: Kapitel 2 21