Analyse eines EU-weiten Mindestpreises für CO 2

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Transkript:

Analyse eines EU-weiten Mindestpreises für CO 2 Auswirkungen auf Emissionen, Kosten und Renten Dr. Harald Hecking, Dr. Jürgen Kruse, Frank Obermüller ewi Energy Research & Scenarios ggmbh Köln, Januar 2017

Inhaltsverzeichnis S Zusammenfassung 1 Hintergrund, Motivation, Methodik 2 CO 2 -Einsparungen 3 Effekte auf den EU-Strommarkt 4 Gewinner und Verlierer 5 Deutschland und Frankreich im Fokus 6 Qualitative Diskussion eines CO 2 -Mindestpreises

S Zusammenfassung

Zentrale Ergebnisse: Effekte eines CO 2 -Mindestpreises im EU-Strommarkt zwischen 2017 und 2025 1. Ein EU-weiter CO 2 -Mindestpreis vermeidet 943 Mio. t an CO 2 -Emissionen in der EU, bzw. im Schnitt 105 Mio. t pro Jahr. Der CO 2 -Ausstoß in Deutschland reduziert sich um 249 Mio. t. 2. Die Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohle reduziert sich in 2017 um 28% in der EU, bzw. um 20% in Deutschland und wird i.w. durch Erdgas ersetzt. Die jährliche EU-Erdgasnachfrage steigt um bis zu ca. 25 Mrd. Kubikmeter oder 5,5%. 3. Ein CO 2 -Mindestpreis verursacht im EU-Strommarkt Mehrkosten in Höhe von ca. 23 Mrd. Euro oder, umgerechnet auf die Stromnachfrage, 0,08 ct/kwh el. Die Mehrkosten in Deutschland betragen 1,5 Mrd. Euro oder 0,03 ct/kwh el. Die größten Belastungen trägt Italien mit 4 Mrd. Euro, während Frankreich mit 2,3 Mrd. Euro profitiert. 4. Ein CO 2 -Mindestpreis ist kosteneffizient, d.h. keine andere Maßnahme vermeidet die entsprechende Menge CO 2 im Stromsektor zu geringeren Kosten. Die durchschnittlichen CO 2 -Vermeidungskosten betragen etwa 24 EUR/t CO 2. 5. Ein CO 2 -Mindestpreis erhöht den deutschen Großhandelspreis für Strom um 8-11 EUR/MWh. 6. Europäische Stromproduzenten (insb. die Betreiber von Erneuerbaren Energien und Kernkraftwerken) profitieren in Summe mit ca. 61 Mrd. Euro an zusätzlichen Erlösen, wobei die Betreiber von Stein- und Braunkohlekraftwerken mit ca. 24 Mrd. Euro belastet werden. Europäische Konsumenten werden mit ca. 170 Mrd. Euro belastet. 7. Die Mehreinnahmen aus den Zertifikatserlösen von ca. 87 Mrd. Euro könnten genau wie die Zusatzerlöse der Kraftwerksbetreiber zur teilweisen Kompensation der Belasteten verwendet werden.

1 Hintergrund, Motivation, Methodik

Hintergrund und Motivation: Aktuelle Überlegungen zur Einführung von CO 2 -Mindestpreisen Die Bundesregierung spricht sich in ihrem Klimaschutzplan für Maßnahmen zur Stärkung der Anreizwirkung im EU-ETS aus. Während der Verhandlungen um den Klimaschutzplan im Oktober/November 2016 war zwischenzeitlich von einem CO 2 -Mindestpreis die Rede, der aber in der verabschiedeten Version dann letztlich nicht mehr enthalten war. Die französische Regierung hat die Einführung eines Mindestpreises für CO 2 Emissionen aus inländischen Kohlekraftwerken diskutiert mit der Perspektive auf eine Ausweitung auf Teile der EU bzw. die gesamte EU. Von zunächst 30 im Jahr 2020 war ein Anstieg auf 50 bis 2030 geplant.

Aufbau der Untersuchung Die Studie analysiert die ökonomischen Effekte eines technologieneutralen CO 2 -Mindestpreises. Die Analyse betrachtet einen Nicht cap-neutralen Mindestpreis: - Cap-neutral: Durch den Mindestpreis eingesparte CO 2 -Emissionen stehen in der Zukunft zur Verfügung, dadurch Vorverschiebung und Verstetigung von Emissionsreduktionen über die Zeit. - Nicht cap-neutral: Durch den Mindestpreis eingesparte CO 2 -Emissionen stehen in der Zukunft nicht zur Verfügung, sondern werden dem Zertifikatehandel dauerhaft entnommen. Dadurch Vorverschiebung und Verstetigung von Emissionsreduktionen über die Zeit bei gleichzeitiger Reduktion des langfristigen CO 2 -Ausstoßes. Die Effekte eines Mindestpreises werden anhand einer Gegenüberstellung zweier Szenarien errechnet: - Ein EU-weiter technologieneutraler CO 2 Mindestpreis EU Carbon Price Support () -, der in der Höhe den französischen Vorschlägen entspricht; verglichen mit - einem Referenzszenario (No ) Folgende Effekte werden untersucht: - CO 2 -Reduktion - Mehrkosten, Mehrerlöse - Gewinner und Verlierer nach Kraftwerkstyp und nach Land

Methodik, Modellierung und Annahmen Die Analyse basiert auf DIMENSION, dem europäischen Strommarktmodell des ewi: - Zeitraum: 2017-25, betrachtete Länder: EU-28 + Schweiz + Norwegen Zypern Malta (im Folgenden vereinfachend als EU bezeichnet) Stromnachfrage: - Deutschland: Szenariorahmen 2025 des Netzentwicklungsplans 2015 - Restliche EU: ENTSO-E Scenario Outlook & Adequacy Forecast 2015, sowie EU Energy Trends to 2050 der EU-Kommission Ausbau Erneuerbarer Energien: - Deutschland: Ziele der Bundesregierung (EEG) - Restliche EU: Endogen; minimaler Ausbau entspricht ENTSO-E Scenario Outlook & Adequacy Forecast 2015 Brennstoffpreise:

2 CO 2 -Einsparungen

Ein Mindestpreis reduziert die europäischen CO 2 -Emissionen 2017-25 um insgesamt 943 Millionen Tonnen. Auswirkungen eines Mindestpreises auf die jährlichen CO 2 -Emissionen des europäischen Stromsektors Reduktion europäischer CO 2 Emissionen 2017-25: - Kumuliert 943 Mio. t CO 2 - Jährliche Reduktion schwankt im Bereich 68-123 Mio. t

Mehr als 55% der gesamten Emissionseinsparung 2017-25 werden von 4 Ländern erbracht: DE, CZ, PL und NL. Auswirkungen eines Mindestpreises auf die länderweisen CO 2 -Emissionen im Stromsektor, 2017-25 kumuliert Anteil einzelner Länder an der Gesamtreduktion 2017-25: - Deutschland 26% - Tschechien 11% - Polen 10% - Niederlande 9% - Frankreich 5%

3 Effekte auf den EU-Strommarkt

Der Anteil von Gas und Kernenergie an der Stromerzeugung steigt - zulasten von Stein- und Braunkohle. Auswirkungen eines Mindestpreises auf die Bruttostromerzeugung in der EU, 2017-25 (+) Steigt mit Sinkt mit (-) Veränderungen der EU-Bruttostromerzeugung im CPS-Szenario in 2020: Gas (+161 TWh), Nuklear (+33 TWh), Steinkohle (-129 TWh), Braunkohle (-67 TWh) Veränderung des EU-Brennstoffverbrauchs im CPS-Szenario in 2020: Gas (+25 bcm), Steinkohle (-43 Tonnen Steinkohleäquivalent), Braunkohle (-28 Tonnen Steinkohleäquivalent)

Ein CO 2 -Mindestpreis lässt den Großhandelsstrompreis steigen in Deutschland stärker als in Frankreich. Auswirkungen eines CO 2 -Mindestpreises auf den Großhandelspreis Strom (Jahresdurchschnitt) in Frankreich und Deutschland, 2017-25 In Deutschland erhöht ein CO 2 -Mindestpreis den Großhandelspreis Strom um 8-11 Euro/MWh. Der Effekt auf den französischen Großhandelsstrompreis ist kleiner mit 5-8 Euro/MWh.

Ein CO 2 -Mindestpreis führt 2017-25 zu Zusatzkosten i. H. v. 22,9 Mrd. Euro im europäischen Strommarkt. Kostenwirkungen eines Mindestpreises für europäische Stromproduzenten und konsumenten, 2017-25 kumuliert (+) Steigt mit Sinkt mit (-) Zusätzliche Kosten für europäische Stromproduzenten und -konsumenten belaufen sich auf 22,9 Mrd. Euro Steigende Kosten: Brennstoffkosten (+20,8 Mrd. Euro), Kapitalkosten (+4,3 Mrd. Euro) Sinkende Kosten: andere variable Kosten sowie fixe Betriebs- und Wartungskosten (sog. FOM) (-2,2 Mrd. Euro) Die höheren CO 2 -Preise verursachen zusätzliche CO 2 -Kosten für Produzenten und Konsumenten, welche zu staatlichen Mehreinnahmen führen. Diese könnten wiederum an Produzenten und Konsumenten zurückverteilt werden. Legt man die gesamten Zusatzkosten eines Mindestpreises von insgesamt 22,9 Mrd. Euro anteilig auf die europäische Stromnachfrage 2017-25 um, so entspricht dies 0,08 ct/kwh (bzw. 0,4 ct/kwh unter Berücksichtigung von CO 2 -Kosten).

4 Gewinner und Verlierer

Europäische Kraftwerksbetreiber sind die Gewinner eines Mindestpreises, Endverbraucher zahlen ihn. Aber: Großer Spielraum zur Umverteilung aufgrund von Mehreinnahmen aus den CO 2 -Zertifikaten. Ökonomische Effekte für Endkunden und Kraftwerksbetreiber (gemessen in Konsumenten- und Produzentenrente), 2017-25 kumuliert (+) Vorteil durch Belastung durch (-) Zwischen 2017 und 2025 führt ein CO 2 -Mindestpreis zu Umverteilungseffekten zwischen Stromproduzenten und Endverbrauchern: Europäische Stromproduzenten profitieren mit 61 Mrd. Euro, wobei Kraftwerksbetreiber in Frankreich den größten Vorteil ziehen. Europäische Endverbraucher werden mit 170,3 Mrd. Euro im Gesamtzeitraum belastet. Ein höherer CO 2 -Preis bewirkt 86,4 Mrd. Euro an zusätzlichen Erlösen aus dem Zertifikateverkauf, welche z.b. an Endkonsumenten zurückverteilt werden könnten.

5 Länder profitieren von einem CO 2 -Mindestpreis, kein Land trägt mehr als 4,1 Mrd. Euro an Zusatzbelastungen. Ökonomische Auswirkungen eines CO 2 -Mindestpreises nach Land, 2017-25 kumuliert (+) Vorteil durch Belastung durch (-) Zwischen 2017 und 2025 führt ein CO 2 -Mindestpreis zu Umverteilungseffekten zwischen den betrachten Ländern: Frankreich profitiert mit einem Mehrerlös von 2,3 Mrd. Euro, verursacht durch die großen Mehreinnahmen der französischen Kraftwerke Hohe Mehrkosten für deutsche Konsumenten werden nahezu kompensiert durch größere CO 2 -Einnahmen, Gesamteffekt: -1,5 Mrd. Euro Italien erleidet den größten Gesamtverlust mit ca. 4,1 Mrd. Euro Polen und die Niederlande tragen jeweils eine Belastung von 3,1 Mrd. Euro

Ein CO 2 -Mindestpreis begünstigt Kernenergie, Erneuerbare und Gas, zulasten von Stein- und Braunkohle. Ökonomische Auswirkungen eines CO 2 -Mindestpreises nach Kraftwerkstyp in der EU (gemessen in Produzentenrente), 2017-25 kumuliert DE: 9,2 IT: 4,7 FR: 3,3 (+) Vorteil durch FR: 22,2 SE: 3,9 DE: 3,8 Belastung durch (-) Zwischen 2017 und 2025 findet eine durch den Mindestpreis ausgelöste Umverteilung zwischen Kraftwerkstechnologien statt: Verlierer: Braunkohlekraftwerke (-17,2 Mrd. Euro) und Steinkohlekraftwerke (-6,9 Mrd. Euro) Gewinner: Kernkraftwerke (+48,5 Mrd. Euro), Erneuerbare Energien (+33,4 Mrd. Euro) und Gaskraftwerke (+3,2 Mrd. Euro)

5 Deutschland und Frankreich im Fokus

Deutschland: Kohleverstromung ist kurzfristig stark rückläufig und wird i.w. ersetzt durch Gas. Auswirkungen eines Mindestpreises auf die Bruttostromerzeugung in Deutschland, 2017-25 (+) Steigt mit Sinkt mit (-) Ökonomische Effekte für Endkunden und Kraftwerksbetreiber nach Technologie in Deutschland, 2017-25 kumuliert (+) Vorteil durch Belastung durch (-)

Frankreich: Betreiber von KKW und EE profitieren vom Mindestpreis, Frankreich mit positivem Gesamteffekt. Auswirkungen eines Mindestpreises auf die Bruttostromerzeugung in Frankreich, 2017-25 (+) Steigt mit Sinkt mit (-) Ökonomische Effekte für Endkunden und Kraftwerksbetreiber nach Technologie in Frankreich, 2017-25 kumuliert (+) Vorteil durch Belastung durch (-)

6 Qualitative Diskussion eines CO 2 -Mindestpreises

Pro und Contra: Ein CO 2 -Mindestpreis im europäischen Emissionshandelssystem EU-ETS Gründe für einen CO 2 -Mindestpreis Große Unsicherheit bzgl. der Business-as-usual Emissionen (Wirtschaftskrisen, EE-Maßnahmen, Brennstoffpreise,...) Preisspitzen bei fortgeschrittener Dekarbonisierung wahrscheinlich (geringe Preiselastizität von CO 2 -Vermeidungsoptionen) Verminderung von Preisvolatilität und Preisspitzenanfälligkeit Verminderung von Preisunsicherheit für Investitionen in Dekarbonisierungstechnologien Verringerung des Risikos und damit der Kapitalkosten für Dekarbonisierungstechnologien Weniger nationale Maßnahmen zur Erreichung nationaler Klimaschutzziele notwendig Falls die EU mehr CO 2 im Stromsektor mindern möchte, ist ein Mindestpreis vglw. einfach zu implementieren Zusätzliche Ambitionssteigerungen einzelner Staaten werden nicht durch eine preissenkende Wirkung im EU-ETS konterkariert

Pro und Contra: Ein CO 2 -Mindestpreis im europäischen Emissionshandelssystem EU-ETS Gründe gegen einen CO 2 -Mindestpreis Mehrkosten für Endverbraucher (z.b. Industrie, Haushalte) führen zu noch nicht absehbaren und noch zu erforschenden gesamtwirtschaftlichen Effekten Gefahr von Carbon Leakage in der Industrie Politischer Markteingriff in den EU-ETS und dadurch Schwächung der langfristigen Investitionssicherheit Gefahr einer künftigen politisch willkürlichen Änderung des CO 2 -Mindestpreises EU-weite politische Realisierung ist komplex aufgrund der großen Verteilungseffekte des Instruments Kompensation der Verteilungseffekte, z.b. durch Mehrerlöse aus dem Zertifikateverkauf, könnte das Instrument anfällig für Lobbyismus machen

Abschließende ökonomische Einordnung eines EU-weiten Mindestpreises Es handelt sich um ein technologieneutrales Instrument für eine kosteneffiziente Emissionsvermeidung Eine Umsetzung hätte unmittelbare Auswirkungen auf den Strommarkt sowie direkte CO 2 Vermeidungseffekte Zwischen Ländern, Stromproduzenten sowie zwischen industriellen und anderen Verbrauchern kommt es zu substanziellen Verteilungseffekten Ein europaweiter Mindestpreis ist äquivalent zu einem Ersatz des EU-ETS durch eine CO 2 Steuer (vorausgesetzt, der Mindestpreis liegt oberhalb des Marktpreises für Zertifikate) Ein Mindestpreis, der die EU nicht vollständig abdeckt bspw. nur eine Untergruppe von Ländern führt nur zu Emissionseinsparungen, wenn die Zertifikatsmenge im EU- ETS entsprechend reduziert wird.

Analyse eines EU-weiten Mindestpreises für CO 2 Dr. Harald Hecking, Dr. Jürgen Kruse, Frank Obermüller ewi Energy Research & Scenarios ggmbh 9. Januar 2017 presse@ewi.research-scenarios.de +49 (0)221 27729 108

Disclaimer ewi Energy Research & Scenarios ist eine gemeinnützige GmbH, die sich der anwendungsnahen Forschung in der Energieökonomik widmet und Beratungsprojekte für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft durchführt. Der wissenschaftliche Betrieb wird finanziert durch Einnahmen aus Forschungsprojekten, Analysen und Gutachten für öffentliche und privatwirtschaftliche Auftraggeber sowie Zuwendungen einer gemeinnützigen Förderergesellschaft, die gegenwärtig mehr als vierzig Mitglieder zählt u.a. Energieversorger, Industrieunternehmen, Banken, Beratungsfirmen und Verbände. Eine Einflussnahme auf die wissenschaftliche Arbeit oder die Beratungstätigkeit von ewi ER&S durch die Förderergesellschaft ist ausgeschlossen.