KUNSTFLUGREGELUNG IN EUROPA UND DER SCHWEIZ

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Transkript:

KUNSTFLUGREGELUNG IN EUROPA UND DER SCHWEIZ, Rechtsanwalt und Fluglehrer, Staad Präsident des Center for Aviation Competence an der Universität St.Gallen 1. Begriffsbestimmung Was Kunstflug ist, wird international in der EU-Verordnung Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011(EASA FCL) unter der Ziffer FCL.010 definiert: Kunstflug bezeichnet ein absichtliches Manöver in Form einer abrupten Änderung der Fluglage eines Luftfahrzeugs, eine abnorme Fluglage oder eine abnorme Beschleunigung, die für einen normalen Flug oder für die Unterweisung für Lizenzen oder Berechtigungen ausser der Kunstflugberechtigung nicht notwendig sind. Art. 1 der Verkehrsregelverordnung (VVR, SR 748.121.11) hat diese Begriffsbestimmung wie folgt ins nationale Recht umgesetzt: "Mit einem Luftfahrzeug absichtlich ausgeführte Flugbewegungen, die mit einer plötzlichen Änderung seiner Fluglage, mit einer anormalen Fluglage oder einer anormalen Geschwindigkeitsänderung verbunden sind." Als anormale Fluglage wird in der Praxis bereits eine Querlage von mehr als 60 Grad oder eine Sink- bzw. Steigfluglage von mehr als 45 Grad erachtet. Evolutionen oder Stall- Übungen, bei denen diese Grenzen überschritten werden, dürfen deshalb nur von Piloten mit einer entsprechenden Kunstflugberechtigung ausgeübt werden. 2. Zulässigkeit Unter dem Titel "Schutz von Personen und Sachen" wird in Art. 11 VVR der Kunstflug in der Schweiz wie folgt eingeschränkt: "In den Luftraumklassen B, C und D sowie über Flugplätzen dürfen Kunstflüge nur mit Bewilligung der zuständigen Flugverkehrsleitstelle oder, wenn eine solche fehlt, mit Bewilligung des Flugplatzleiters ausgeführt werden. Die Mindestflughöhe bei Kunstflügen mit Flugzeugen oder Helikopter beträgt 500m über Grund, bei Kunstflügen mit Segelflug 300m über Grund. Über dichtbesiedelten Zonen von Ortschaften sowie bei Nacht sind Kunstflüge untersagt. Das Bundesamt kann Ausnahmen bewilligen, wobei es die im Interesse der Sicherheit gebotenen Auflagen festlegt." Grundsätzlich ist Kunstflug in den Luftraumklassen G und E über schweizerischem Gebiet überall zulässig, ausgenommen über Flugplätzen und dichtbesiedelten Zonen von Ortschaften. Die Flugplätze wurden ausgenommen, um den dortigen Verkehr nicht zu stören; herrscht kein Verkehr oder wird eine genügende Höhe eingehalten, so kann der Flugverkehrsleiter den Kunstflugbetrieb zulassen. Bei zahlreichen Flugplätzen ist der Kunstflug über dem Platz zusätzlich im Betriebsreglement bezüglich Zeit, Ort und Höhe weiter eingeschränkt. Die Luftraumklasse G reicht gemäss Art. 38 VVR in der Schweiz bis auf eine Höhe von 600m über Grund. Die Luftraumklasse E ist im Mittelland auf Flugfläche 100 bzw. 3'050m über Meer begrenzt, im Jura und Alpengebiet auf Flugfläche 130 während den militärischen Flugbetriebszeiten bzw. Flugfläche 150 ausserhalb der militärischen Flugbetriebszeiten. Beim Kunstflug werden hohe Anforderungen an die Treibstoff- und Schmiersysteme des Flugzeuges gestellt. Auch wenn die heutigen Systeme sehr robust und zuverlässig sind,

- 2 - so sollte dennoch der Kunstflug nur dort ausgeführt werden, wo eine Notlandemöglichkeit besteht. Dies ist über dichtbesiedelten Zonen von Ortschaften nicht der Fall, weshalb dort kein Kunstflug zulässig ist. Über nicht dicht besiedelten Zonen von Ortschaften, die eine Notlandemöglichkeit bieten, ist dagegen Kunstflug ebenso zulässig wie über Wald, Strassen, Seen und Flüssen. Auf den Anflugkarten (VAC) von zahlreichen Flugplätzen sind sogenannt lärmempfindliche Gebiete gelb markiert. Kunstflug über diesen Gebieten ist gemäss Art. 11 VVR nicht verboten. Hingegen sind Kunstflüge über solchen Gebieten in einer Höhe durchzuführen, welche nicht mehr zu einer relevanten Lärmbelästigung am Boden führt. Die Mindestflughöhe von 500m über Grund für Motorkunstflug bzw. 300m über Grund für Segelkunstflug kann nur mit einer Sonderbewilligung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) unterschritten werden. Diese Bewilligung wird in der Regel nur auf ein Jahr befristet ausgestellt, jedoch auf Gesuch hin wieder um ein Jahr verlängert. Kunstflugpiloten, welche an Meisterschaften teilnehmen wollen, benötigen für die Kategorie Advanced mindestens eine Sonderbewilligung bis 200m über Grund und für die Kategorie Unlimited eine solche bis 100m über Grund. In Einzelfällen wird vom BAZL auch eine Sonderbewilligung für 0m über Grund ausgestellt. Die bereits heute geltenden restriktiven Vorschriften zum Kunstflug gewährleisten, dass diese international anerkannte Flugart ohne Gefährdung für die Bevölkerung und ohne übermässige Lärmbelastung ausgeführt wird. Es ist aber eine Tatsache, dass ungewohnte Flugbewegungen von einzelnen Personen unabhängig vom Lärm als störend empfunden werden. Über dem gleichen Gebiet sollte deshalb nur zeitlich begrenzt trainiert werden. 3. Voraussetzungen im Allgemeinen Die EASA FCL setzt unter Ziff. FCL.800 für die Kunstflugberechtigung mit Motorflugzeugen folgendes voraus: (1) mindestens 40 Flugstunden als PIC in der entsprechenden Luftfahrzeugkategorie, absolviert nach Erteilung der Lizenz (2) einen Ausbildungslehrgang bei einer Approved Training Organisation (ATO), der Folgendes umfasst: (i) einen für die Berechtigung angemessenen theoretischen Unterricht (ii) mindestens 5 Stunden oder 20 Flüge Kunstflugausbildung mit der entsprechenden Luftfahrzeugkategorie Nach Art. 58 VAF muss der Bewerber zum Erwerb einer Erweiterung für Kunstflug mit einem Flugzeug in 2 Flügen folgende Figuren ausführen: - 2 normale Loopings - je 2 Renversements nach links und nach rechts - je 2 langsame Rollen nach links und nach rechts - je 2 Retournements nach links und nach rechts - je eine Vrille von drei Umgängen nach links und nach rechts - einen Rückenflug von wenigstens 10 Sekunden, sofern es das Flugzeugmuster zulässt Die vom Anfang der ersten Kunstflugfigur bis zum Ende der letzten gemessenen Zeit soll bei keinem Flug 8 Minuten überschreiten. Vor jedem Flug muss der Bewerber dem Sachverständigen ein schriftliches Programm aushändigen. Der Flug gilt als misslungen, wenn der Bewerber von seinem Programm abweicht. Jeder Flug ist mit einer einwandfreien Landung in den ersten 150m der Landefläche zu beenden.

- 3 - Gemäss EASA FCL sind die Rechte einer Kunstflugberechtigung auf die Luftfahrzeugkategorie beschränkt, in der die Flugausbildung absolviert wurde. Die Rechte werden auf eine andere Luftfahrzeugkategorie erweitert, wenn der Pilot Inhaber einer Lizenz für diese andere Luftfahrzeugkategorie ist und mindestens 3 Schulungsflüge mit einem Fluglehrer absolviert hat, die den vollen Kunstflug-Lehrplan in dieser Luftfahrzeugkategorie umfassen. 4. Voraussetzungen nach den EASA AMC In den Acceptable Means of Compliance und im Guidance Material der EASA FCL vom 15. Dezember 2011 werden folgende Empfehlungen für theoretische und praktische Kunstflugausbildung abgegeben: (a) Das Ziel der Kunstflugausbildung ist es, den Lizenzinhaber zu qualifizieren, Kunstflugmanöver durchzuführen. (b) Die Flugschule soll eine Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zur Kunstfluglizenz ausstellen. (c) Theoretische Kunstflugausbildung Die theoretische Ausbildung zur Kunstflugausbildung soll folgende Punkte abdecken: (1) Menschliche Leistungsfähigkeit und körperliche Grenzen: (i) räumliche Desorientierung (ii) Luftkrankheit (iii) körperliche Belastung sowie positive und negative Beschleunigungskräfte (iv) Grauschleier und Blackouts (2) Technische Belange: (i) Gesetzgebung bezüglich Kunstflug inklusive Lärm- und Umweltschutz (ii) Prinzipien der Aerodynamik inklusive Langsamflug, Strömungsabriss sowie Flach und Rückenflug-Vrillen (iii) Flugzeug- und Triebwerklimiten im Allgemeinen (3) Spezifische Flugzeuglimiten: (i) Geschwindigkeitslimiten (ii) Maximal zulässige Lastvielfache (iii) Lastvielfache beim Rollen (4) Einleitung und Ausleitung von Kunstflugmanövern: (i) Einleitungsparameter (ii) Kunstflugplanung und Kunstflugprogramm (iii) Rollen (iv) Looping (v) Kombinationen (vi) Normale Vrillen, Flachvrillen, Rückenvrillen

- 4 - (5) Notfall-Massnahmen: (i) Wiederherstellung des normalen Flugzustandes aus abnormalen Fluglagen (ii) Benutzung des Fallschirmes (sofern getragen) und Verlassen des Flugzeuges (d) Praktische Kunstflugausbildung Die einzelnen Übungen der praktischen Ausbildung sollen nach einem vorgegebenen Programm erfolgen und so oft wiederholt werden bis der Kandidat einen sicheren und kompetenten Stand erreicht hat. Wenn die praktische Ausbildung abgeschlossen ist, soll der Kandidat in der Lage sein, ein Kunstflugprogramm allein zu absolvieren. Die Ausbildung am Doppelsteuer und die Soloflüge unter Aufsicht sollen auf das verwendete Ausbildungsflugzeug zugschnitten sein und nur Kunstflugfiguren umfassen, die auf diesem Flugzeugzulässig sind. Die praktische Ausbildung soll mindestens folgende Trainingslektionen enthalten: (1) Angewöhnungsflüge und Wiederherstellung der normalen Fluglage aus folgenden Situationen: (i) Langsamflug und Strömungsabriss (ii) Steilkurven (iii) Glissaden (iv) Triebwerkstart im Flug (v) Vrillen Ein- und Ausleitung (vi) Ausleitung eines Spiralsturzes (vii) Ausleitung von abnormalen Fluglagen (2) Kunstflugfiguren: (i) Hochgezogen Fahrtkurve (Chandell) (ii) Evolutionen (iii) Rollen (iv) Looping (v) Rückenflug (vi) Renversement (vii) Immelmann 5. Flüge mit Passagieren Der Träger einer Kunstflugerweiterung ist gemäss Art. 59 VAF berechtigt, nichtgewerbsmässige Kunstflüge mit Passagieren nach den Weisungen des BAZL und unter der Aufsicht des Flugplatzleiters oder eines Fluglehrers durchzuführen. Das BAZL hat die entsprechenden Weisungen erlassen. Danach muss das Flugzeug für Kunstflug zugelassen sein, der Pilot mit den Flugeigenschaften und den Leistungen des Flugzeuges vollständig vertraut sein, der Pilot in den letzten Tagen vor dem Passagierflug das Kunstflugprogramm trainiert haben, der Passagier über das Programm orientiert und im Flugzeug sicher angegurtet sein. Passagiere können den Piloten in der Aufmerksamkeit beeinträchtigen. Aus diesem Grunde wurde zusätzlich die Aufsicht durch den Flugplatzleiter oder einen Fluglehrer vorge-

- 5 - schrieben. Werden Flüge mit Passagieren über einem Flugplatz durchgeführt, so ist der Flugplatzleiter entsprechend zu informieren. Ausserhalb von Flugplätzen sollen mit Passagieren nur solche Kunstflugfiguren bzw. Kunstflugprogramme geflogen werden, welche vorher mit einem Fluglehrer (bevorzugter Weise mit einem Kunstfluglehrer) abgesprochen wurden. Unter Aufsicht ist keine dauernde bzw. individuelle Überwachung gemeint, sondern die vorausschauende und allgemeine Kontrolle bezüglich Passagierflüge. Kunstflugpiloten ist deshalb zu empfehlen, sicher eine Kunstfluggruppe mit eigenen Kunstfluglehrern anzuschliessen, um dieser Vorschrift zu genügen. 6. Sicherheit Früher bestand in der Schweiz eine Vorschrift, wonach bei der Durchführung von Kunstflügen ein Fallschirm zu tragen sei. Die heutigen Kunstflugzeuge sind derart zuverlässig, dass diese Regelung aufgehoben wurde. Dennoch benutzen die meisten Kunstflugpiloten während Kunstflügen immer noch einen Fallschirm. Dies bedeutet aber nicht, dass Kunstflug besonders gefährlich oder risikoreich sein. Im Gegenteil! Die Unfallstatistik der vergangenen Jahrzehnte beweist, dass nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland nur sehr wenige Unfälle bei der Durchführung von Kunstflügen vorkommen. Analysiert man diese Unfälle genauer, so stellt man fest, dass dabei meistens Piloten mit geringer Kunstflugerfahrung und vor allem ohne Wettbewerbserfahrung betroffen sind. Da ein Pilot mit einer Kunstflugausbildung anerkanntermassen ein sicherer Pilot ist, weil er das Flugzeug auch in abnormalen Flugsituationen beherrschen kann, haben verschiedene Länder zum Erwerb der Privatpilotenlizenz eine minimale Kunstflugausbildung vorgeschrieben. In der Schweiz war dies nie der Fall, doch wurde früher für den Erwerb einer Fluglehrerberechtigung die Kunstflugerweiterung vorausgesetzt. Verschiedene Linienflugunternehmen und Rettungsorganisationen schreiben zudem für ihre Piloten einen jährlichen Kunstflugcheck vor. Insbesondere für Passagiere von Kleinflugzeugen ist deshalb eine höhere Sicherheit garantiert, wenn der Pilot nicht nur eine Kunstflugausbildung absolviert hat, sondern den Kunstflug auch regelmässig Kunstflug betreibt. Der Unfall des Airbus A330-200 der Air France am 31.5.2009 auf dem Linienflug AF 447 von Rio de Janeiro nach Paris, bei dem alle 228 Insassen ihr Leben verloren, hat mit erschreckender Deutlichkeit gezeigt, wie wichtig eine Pilotenausbildung auch in ungewohnten Fluglagen ist. Das Center for Aviation Competence wird die Problematik der heutigen Pilotenausbildung anlässlich des Forums Safety, Security and Risk Management am 28.3.2012 in Kloten thematisieren und den Vorschlag einbringen, eine minimale Kunstflugausbildung für Piloten wieder als obligatorisch einzuführen, so wie dies in anderen Staaten der Fall ist. ********** Staad, den 27.5.2012